Gerok, Karl von - Andachten zum Psalter - Psalm 59.

Gerok, Karl von - Andachten zum Psalter - Psalm 59.

(1) Ein goldenes Kleinod Davids, dass er nicht umkäme; da Saul hinsandte, und ließ sein Haus bewahren, dass er ihn tötete. (2) Errette mich, mein Gott, von meinen Feinden, und schütze mich vor denen, so sich wider mich stehen. (3) Errette mich von den Übeltätern, und hilf mir von den Blutgierigen. (4) Denn siehe, Herr, sie lauern auf meine Seele; die Starken sammeln sich wider mich, ohne meine Schuld und Missetat. (5) Sie laufen ohne meine Schuld, und bereiten sich. Erwache und begegne mir und siehe darein. (6) Du Herr, Gott Zebaoth, Gott Israels, wache auf, und suche heim alle Heiden; sei derer keinem gnädig, die so verwegene Übeltäter sind, Sela. (7) Des Abends lass sie wiederum auch heulen wie die Hunde, und in der Stadt umherlaufen. (8) Siehe, sie plaudern miteinander, Schwerter sind in ihren Lippen: Wer sollte es hören? (9) Aber du, Herr, wirst ihrer lachen, und aller Heiden spotten. (10) Vor ihrer Macht halte ich mich zu dir; denn Gott ist mein Schutz. (11) Gott erzeigt mir reichlich seine Güte; Gott lässt mich meine Lust sehen an meinen Feinden. (12) Erwürge sie nicht, dass es mein Volk nicht vergesse; zerstreue sie aber mit deiner Macht, Herr, unser Schild, und stoße sie hinunter. (13) Ihre Lehre ist eitel Sünde, und verharren in ihrer Hoffart, und predigen eitel Fluchen und Widersprechen. (14) Vertilge sie ohne alle Gnade; vertilge sie, dass sie nichts seien, und inne werden, dass Gott Herrscher sei in Jakob, in aller Welt, Sela. (15) Des Abends lass sie wiederum auch heulen wie die Hunde, und in der Stadt umherlaufen. (16) Lass sie hin und her laufen um Speise, und murren, wenn sie nicht satt werden. (17) Ich aber will von deiner Macht singen, und des Morgens rühmen deine Güte; denn du bist mein Schutz und Zuflucht in meiner Not. (18) Ich will dir, mein Hort, lobsingen; denn du, Gott, bist mein Schutz, und mein gnädiger Gott.

Der Mensch denkt's und Gott lenkt's! Dies Sprichwort ist einst dreimal hintereinander gar merkwürdig in Erfüllung gegangen zu Davids Zeit, in seinen stürmischen Jugendjahren. David spielte vor Saul auf der Harfe, da kam der böse Geist über den König und er warf den Speer nach dem friedlichen Sänger, um ihn an die Wand zu spießen. Aber der Mensch denkt's, Gott lenkt's. Gott lenkte auch das mörderische Eisen, dass es an Davids Schläfen vorbei unschädlich in die Wand fuhr. David entfloh.

Aber der König in seiner wilden Wut sandte ihm seine Henker nach, dass sie sein Haus umstellten über Nacht und am Morgen, wenn er arglos aus der Tür träte, ihn töteten. Aber der Mensch denkt's und Gott lenkt's. Gott lenkte das Ohr und Herz von Michal, Davids Gemahlin, dass sie die Todesgefahr inne ward, in der ihr Mann schwebte, und ihn heimlich bei Nacht zum Fenster hinabließ; David entfloh nach Ramah zum Propheten Samuel.

Auch dorthin sandte ihm Saul seine Mörder nach, ihn zu holen aus dem frommen Chor der Prophetenschüler und zum König zu schleppen. Aber der Mensch denkt's und Gott lenkt's. Er lenkte auch das Herz der rauen Krieger. Als sie nach Ramah kamen und hörten von weitem die Chöre der Prophetenschüler ihre frommen Lieder singen, da wurden sie überwältigt von der Macht der heiligen Töne, wie man selbst vom Wolf und vom Bären sagt, dass sie auf Augenblicke beschwichtigt werden können durch die Macht der Musik; die rauen Krieger stehen still, sie lassen die Hand sinken mit dem gezückten Schwert, sie horchen auf, ja sie öffnen den Mund und stimmen selber mit ein in die frommen Lieder, die sie vielleicht von ihrer Kindheit her noch kannten. Noch zweimal sendet Saul seine Boten nach Ramah, noch zweimal geht es so, dass der Geist Gottes über sie kommt; ja als endlich Saul selber hingeht, seinen Feind zu holen, da kommt auch über ihn der Prophetengeist, auch ihm lenkt Gott das harte grimmige Herz, er legt die Waffen ab und fängt an zu weissagen, also dass man verwundert fragte und es ein Sprichwort ward in Israel: „Ist Saul auch unter den Propheten?“ - Der Mensch denkt's und Gott lenkt's!

Auf diese merkwürdige Geschichte deutet unser Psalm hin in der Aufschrift:

V. 1: „Ein goldenes Kleinod Davids, dass er nicht umkäme; da Saul hinsandte und ließ sein Haus bewahren, dass er ihn tötete.“ Damals wahrscheinlich, als er zu Samuel sich geflüchtet hatte unter die Prophetenkinder und noch das Herz ihm gleichsam klopfte, noch der Angstschweiß ihm gleichsam auf der Stirne stand von jener schauerlichen Nacht, wo die Mordknechte Sauls sein Haus umstanden wie hungrige Wölfe, damals hat er wohl diesen Angstpsalm gedichtet, in dem er ausspricht, wie ihm in jener Angstnacht zu Mut gewesen, den wir überschreiben:

„Hilferuf in der Not.“

Zwei Hauptgedanken sind's, um die der Psalm sich dreht: 1) Die Bitte: Herr, hilf mir von meinen Feinden! 2) Die Zuversicht: Ja, ja, du machst sie zu Schanden! Zweimal kehren diese beiden Hauptgedanken wieder: V. 2-11 und V. 12-18.

1) V. 2-11. Da begegnet uns zuerst die flehentliche Bitte: Herr, hilf mir von meinen Feinden!

V. 2: „Errette mich, Gott, vor meinen Feinden und schütze mich vor denen, so sich wider mich sehen.“ Zu mancher Zeit und an manchem Ort und in mancherlei Nöten hat David also müssen rufen; aber niemals vielleicht hat er's mit so bangem Herzen gerufen, als da er ein Gefangener war in seinem eigenen Hause. Lieber wär er als Flüchtling umhergeirrt im wilden Wald, auf öder Heide, zwischen Schluchten und Felsen, - da hätte er doch Gottes Himmel über sich und die offene Welt vor sich gehabt; aber so im eigenen Haus umstellt und umgarnt zu sein wie ein gefangener Vogel, das kann auch ein Heldenherz zaghaft machen, das war ein Gedränge, das unserem David wohl auspressen mochte den brünstigen Hilferuf: „Errette mich, Gott, von meinen Feinden!“ Diesen Notruf desto dringender zu machen, beruft er sich auf dreierlei: der Feinde Bosheit, seine eigene Unschuld, Gottes Treue. Auf der Feinde Bosheit:

V. 3: „Errette mich von den Übeltätern und hilf mir von den Blutgierigen.“ Es war ja kein gerechtes Gericht, das man mit ihm im Sinne hatte, das hätte David nicht zu fürchten gehabt. Übeltäter waren's, die ihm nachstellten; ein von Gott abgefallener und von Gott verworfener König, ein blutgieriger Feind, der in seiner wilden Wut nicht mehr wusste, was er tat, - und seine rohen Henkersknechte, denen es eine Lust war, seinen Mordbefehlen nachzukommen. Das waren seine Verfolger; sollte er denen in die Hände fallen und zum Opfer werden, er der Gesalbte Gottes, er der Schuldlose? Nimmermehr! Das ist nun das zweite, worauf er sich beruft bei seinem Hilferuf: seine eigene Unschuld:

V. 4. 5: „Denn siehe, Herr, sie lauern auf meine Seele; die Starken sammeln sich wider mich, ohne meine Schuld und Missetat. Sie laufen ohne meine Schuld und bereiten sich. Erwache und begegne mir und siehe darein.“ Was hatte David dem Saul Übles getan? Er hatte ihm seine Feinde besiegt, seine Schlachten gewonnen, seinen Thron errettet durch sein Schwert und seine trüben Stunden erheitert durch sein goldenes Saitenspiel. War das eine Sünde? Verdiente das Strafe? Nein, getrost konnte David das gerechte Urteil Gottes anrufen: „Erwache und siehe darein.“ Wohl uns, Geliebte, wenn wir gegenüber von unsern Feinden, Neidern, Lästerern, Verfolgern auch Gott anrufen dürfen: Erwache du ewige Gerechtigkeit; siehe du darein, allwissender Gott! Ach, wir müssen oft fürchten, dass die ewige Gerechtigkeit erwache; wir müssen oft wünschen, dass Gott nicht dreinsehe, ein Auge zutue gegen uns, weil uns unser Gewissen sagt: Du bist nicht rein, und wenn der Herzenskündiger hinter deine Sache kommt, so wird er dich schuldig finden so gut als deine Widersacher. Aber wer sich sehen lassen darf vor Gott, der darf sich auch vor ihm hören lassen; wer sein Herz getrost austun darf vor dem Allwissenden, der darf auch keck seinen Mund gegen ihn auftun und um Hilfe rufen gegen die Feinde; denn Gott ist ein gerechter und ein treuer Gott. Das ist das dritte, worauf sich der bedrängte David beruft:

V. 6: „Du Herr, Gott Zebaoth, Gott Israels, wache auf und suche heim alle Heiden.“ Da nennt er Gott bei den rechten Namen und fasst ihn gleichsam bei seiner Ehre. Du Herr, Gott Zebaoth, d. h. du allmächtiger Herr der himmlischen Heerscharen, dem mehr denn zwölf Legionen Engel zum Dienste bereit stehen, solltest du dich und deinen Gesalbten zu Schanden machen lassen von einer Rotte Bösewichter? Du Gott Israels, d. h. du treuer Bundesgott, der du seit uralten Tagen den Deinen so treulich beigestanden, der du einst das Häuflein Jakob trockenen Fußes durchs rote Meer geführt und seinen Dränger Pharao zu Schanden gemacht mit Ross und Wagen, hast du deine Verheißungen vergessen und deinen Sinn gewechselt? Nein, weil du noch Gott bist, der alte Gott, so suche die Heiden heim, d. H. die Ungläubigen, die Gottesverächter heute wie einst, und strafe ihren Übermut. Und nun, da er so der Bosheit der Feinde gedacht und seiner eigenen Unschuld und der heiligen Namen Gottes nun geht ihm mitten im Bitten die Zuversicht auf:

2) Ja, ja, du machst sie zu Schanden. Diese Schande sagt er seinen Widersachern voraus:

V. 7: „Des Abends lass sie wiederum auch heulen wie die Hunde und in der Stadt umherlaufen.“ Vergebens sollen sie Wache halten vor Davids Haus und an der Türe scharren wie hungrige Hunde. Wie hungrige Hunde, die niemand einlässt, sollen sie bei Nacht in der Stadt umherlaufen und den nicht finden, nach dem sie bellen und die Zähne blecken. So ist's ja damals geschehen und sonst noch oft. Ja wahrlich, wie der Herr gebeut: Ihr sollt das Heiligtum nicht den Hunden geben, so tut er auch selber; er gibt seine Heiligen nicht den Hunden zur Beute und wirft seine edlen Perlenseelen nicht vor die Säue; das hat er wahr gemacht hundertmal an seinen Auserwählten: an Josef in der Zisterne und an David in Ramah, an Daniel in der Löwengrube und an Elias bei Ahab, an Paulus unter den Juden und an Petrus im Gefängnis. Des wollen auch wir uns trösten, wenn die Verleumder bellen und die Verfolger lauern:

Hab ich das Haupt zum Freunde und bin geliebt bei Gott,
Was kann mir tun der Feinde und Widersacher Rott?

Da gilt das Wort: Selig sind, die seine Gebote halten; draußen aber sind die Hunde. (Offenb. 22.) Wohl stehen sie zusammen und halten bösen Rat:

V. 8: „Siehe, sie plaudern miteinander, Schwerter sind in ihren Lippen: Wer sollte es hören?“ Wohl denken sie, sie haben's fein angefädelt unterm Deckmantel der Nacht und niemand wisse von ihren argen Gedanken. Aber im Himmel ist ein Ohr, das kennt eure Gedanken von ferne, ihr Übeltäter. Und wie Gott dort einer Michal die Ohren auftat, dass sie in stiller Nacht das Geflüster der Mordgesellen hörte an der Schwelle des Hauses, und ihren David warnte: so weiß Gott noch allezeit den Rat der Bösen zunichte zu machen, wie David triumphierend rühmt:

V. 9: „Aber du, Herr, wirst ihrer lachen und aller Heiden spotten.“ Der im Himmel wohnt lacht ihrer und der Herr spottet ihrer, so hat's schon im zweiten Psalm geheißen. Wohl dem, der diesen Gott kennt, an diesen Gott sich hält, wie David tut mit fröhlichem Aufschwung des Glaubens:

V. 10: „Vor ihrer Macht halte ich mich zu dir; denn Gott ist mein Schutz.“- Ein schönes Wort, ebenso kühn als fromm. Es ist nicht ohne, sagt dazu unser alter, schon mehrfach angeführter Ausleger, dass Menschenmacht dem Herzen oft erschrecklich genug fällt, wenn man bedenkt, wie sie damit so gewaltig drucken und weh tun können; aber da musst du Davids Vorteil praktizieren lernen, der da spricht: „Vor ihrer Macht halte ich mich zu dir.“ Aber nicht bloß dass du dich äußerlich zum Herrn hältst im äußerlichen Gottesdienst mit Beten, Kirchgehen und dergleichen, wie von den Juden einst Gott klagen musste: Dies Volk nahet sich zu mir mit seinen Lippen, aber ihr Herz ist ferne von mir. Nicht also, sondern wenn du dich willst zu Gott halten, so musst du auf seine verheißene Gnade allweg sehen, ihn stets vor Augen haben, sein Wort halten, ein gut Gewissen bewahren, das kann ein getrostes Herz machen, alsdann kann man sagen: Das ist meine Freude, dass ich mich zu Gott halte; und rühmen mit David Psalm 3: Ich fürchte mich nicht vor viel hunderttausenden, die sich umher wider mich legen. Und nun wird's ganz Sonnenschein in Davids Herzen.

V. 11: „Gott erzeigt mir reichlich seine Güte;“ oder eigentlich: Gott kommt mir entgegen mit seiner Gnade; wie das schöne Sprüchlein sagt: Tust du zu Gott nur einen Schritt hin, so kommt er dir gleich tausend Meilen entgegen. Da freut man sich dann der Treue seines Gottes, freut sich am Ende selbst der Trübsal und Verfolgung, die man erduldet hat; freut sich seiner Feinde selbst, weil sie uns zu der Erfahrung verholfen: Selbst falscher Brüder Neid und Tücke gereicht am Ende mir zum Glücke: Gott ist getreu!

Und nun in ruhigerem, gefassterem Ton beginnt noch einmal der Psalm seinen Kreislauf; und abermals vernehmen wir zuerst die Bitte:

1) Herr, hilf mir von meinen Feinden. Aber hört, wie?

V. 12: „Erwürge sie nicht, dass es mein Volk nicht vergesse, zerstreue sie aber mit deiner Macht.“ Ein merkwürdiges Wort: Erwürge sie nicht, dass es mein Volk nicht vergesse. Ein frommer Mann und ein weiser Mann, nein der bittet nicht: Erwürge meine Feinde, vertilge sie vom Erdboden. Warum nicht? Schon aus Liebe und Edelmut nicht, um der Feinde willen nicht. Sie sollen noch Gnadenfrist haben, damit sie sich können bekehren und leben. Darum mach ihre Anschläge zunichte, binde ihnen die Hände, aber erwürge sie nicht, lass ihnen das Leben; so betet ein frommer königlicher Geist. Aber nicht nur um der Feinde willen sollen wir bitten: erwürge sie nicht; sondern auch um der Freunde, um unser selbst willen. „Auf dass es mein Volk nicht vergesse.“ Zum warnenden Beispiel, zum abschreckenden Exempel, zur Übung in der Geduld, zur Prüfung im Glauben ist es uns gut, Geliebte, wenn die Widersacher und die Widerwärtigkeiten nicht ganz aufhören. Sonst könnte es uns gehen wie den Schafen dort in der Fabel. Die meinten, einen ärgeren Feind gebe es nicht für sie als den Schäferhund, weil der sie oft so unsanft auftrieb von der grünen Waide und hinter ihnen her war mit seinem Bellen, und ein größeres Glück gäbe es nicht für sie, als wenn einmal kein Schäferhund mehr da wäre. Gut, der Hund kam und was geschah? Die Herde hatte keinen Hüter und keinen Wächter mehr und über Nacht kam der Wolf und würgte die Schafe nieder und niemand wehrte ihm. Was der Hund der Herde ist, das sind die Widersacher der Seele; sie scheuchen sie auf aus falscher Sicherheit, sie treiben sie immer aufs neue hin zum guten Hirten. Darum wollen wir nicht bitten: Herr, verschon uns ganz mit Widersachern, sondern nur: Lass sie nicht Meister werden; nicht bitten: Herr, erspare uns alle Anfechtung, sondern nur: Lass die Versuchung so ein Ende gewinnen, dass wir's können ertragen! Abermals schildert nun David sie in ihrer Bosheit (V. 13) und bittet um ihre Züchtigung:

V. 14: „Vertilge sie ohne alle Gnade; vertilge sie, dass sie nichts seien, und inne werden, dass Gott Herrscher sei in Jakob, in aller Welt, Sela.“ Aber auch da wieder mitten im gerechten Unwillen das milde Maß. Sie sollen zunichte werden nach ihrer Macht und Bosheit, aber so, dass auch an ihnen noch Gott sich verherrlichen kann und sie inne werden, dass Gott Herrscher sei in aller Welt. Nun geht die Bitte: Herr, hilf! abermals über in die Zuversicht:

2) Ja, ja, du machst sie zu Schanden. Abermals vergleicht er sie mit hungrigen Hunden, die heulend in ihrer vergeblichen Wut die nächtlichen Straßen durchirren:

V. 15. 16: „Des Abends lass sie wiederum auch heulen wie die Hunde und in der Stadt umherlaufen. Lass sie hin und her laufen um Speise, und murren, wenn sie nicht satt werden.“ Aber nun das liebliche Gegenbild, die selige Zuversicht des Gläubigen:

V. 17. 18: „Ich aber will von deiner Macht singen, und des morgens rühmen deine Güte; denn du bist mein Schutz und Zuflucht in meiner Not. Ich will dir, mein Hort, lobsingen; denn du, Gott, bist mein Schutz und mein gnädiger Gott.“ Seht den schönen Gegensatz! Die Feinde heulen die Nacht hindurch wie gierige Hunde, die um ihre Beute betrogen sind; er aber singt Gott sein Loblied im hellen Morgenschein wie ein Vogel auf dem grünen Zweig. So ist's ja damals gegangen. Saul knirschte voll Wut, als ihm seine Spürhunde den Rapport brachten: wir haben ihn nicht bekommen; David aber sang in Samuels väterlicher Nähe, im friedlichen Kreis der Prophetenschüler sang er Lobpsalmen, auch diesen Psalm dem Gott, der sein Schuh und Zuflucht war in der Not. Wir wollen's auch so halten. Ja schwing dich auf zu deinem Gott, du betrübte Seele. Sei auch ein Vögelein, das ihm nach trüber Nacht sein Loblied singt am goldenen Morgen. Hast ja auch Flügel, dich aufzuschwingen über Gram und Not, Flügel des Glaubens und des Gebets; hast ja auch einen grünen Zweig, darauf du sicher sitzen kannst und dich fröhlich wiegen, das sind die unverwelklichen, immergrünen Verheißungen des göttlichen Worts. Hast ja auch eine Stimme, deinen Gott zu loben, deine Kräfte Leibs und der Seele. Und ein goldenes Morgenlicht ist ja auch dir doch immer wieder angebrochen nach der Trübsalsnacht, um in diesem Morgenlichte zu singen, denn Gottes Güte ist alle Morgen neu und seine Barmherzigkeit hat noch kein Ende. Nun Herr, mein Gott: Ich will dir, mein Hort, lobsingen, denn du, Gott, bist mein Schutz und mein gnädiger Gott. Ich will dir lobsingen hienieden an jedem neuen Morgen, bis einst droben mir anbricht nach der Erdennacht der große helle Morgen der Ewigkeit!

Gott lebt! wohlan, ich merke das;
Gott hört! ich will's ihm klagen;
Gott sieht! er setzt den Tränen Maß;
Gott führt! ich darf nicht zagen.
Gott gibt und liebt: Nur unbetrübt!
Er wird mir endlich geben,
Auch dort mit ihm zu leben.

Amen.

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