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Brenz, Johannes - Himmelfahrtstag.

Brenz, Johannes - Himmelfahrtstag.

1540.

Luk. 24,50-53.
Er führte sie aber hinaus bis gen Bethanien; und hob die Hände auf, und segnete sie. Und es geschah, da er sie segnete, schied er von ihnen, und fuhr auf gen Himmel. Sie aber beteten ihn an, und kehrten wieder gen Jerusalem mit großer Freude; und waren allewege im Tempel, priesen und lobten Gott.

Der heutige Tag verdient es gar wohl, dass er mit vorzüglicher Pracht gefeiert und ausgezeichnet werde; denn wir geben heut öffentlich Kunde von der überaus herrlichen und preiswürdigen Himmelfahrt unseres Herrn Jesu Christi. Das ist eine Auffahrt, die immerhin die Gottlosen veranlassen mag, Gott zu verachten und Böses aller Art zu begehen, die aber den Frommen dennoch den höchsten Schatz der Seligkeit darbietet. Und dieser Artikel unserer Religion lehrt, dass die Frommen mit Christo zugleich in den Himmel entrückt sind. Darum ist es ganz recht, dass wir den heutigen Tag mit besonderen Feierlichkeiten begehen, nicht zwar um des Tages selber willen, der an sich von den anderen in Nichts sich unterscheidet, sondern wegen der öffentlichen Lehre von Christi Himmelfahrt, auf dass wir nämlich, durch solche Herrlichkeit erinnert,

das Wesen der Himmelfahrt Christi

recht verstehen lernen. Als Mose das Passafest einsetzt und gewisse Gebräuche vorschreibt, da fügt er den Zweck solcher Gebräuche hinzu: „Wenn ihr ins Land kommt, das euch der Herr geben wird, wie er geredet hat, so haltet diesen Dienst. Und wenn eure Kinder werden zu euch sagen: Was habt ihr da für einen Dienst? sollt ihr sagen: Es ist das Passaopfer des Herrn, der vor den Kindern Israel überging in Ägypten, da er die Ägypter plagte und unsere Häuser errettete“ (2. Mose 12,25-27). Da hörst du, wie Gebräuche eingeführt worden sind zur Zucht der Kinder, auf dass sie die Religionslehre auffassen. Aus einem ähnlichen Grunde begehen auch wir den heutigen Tag mit besonderen Weisen und Liedern, auf dass die Kinder an die Lehre von der Himmelfahrt Christi gemahnt und in diesem Artikel der Religion unterwiesen werden. Und wenn Solches ohne Aberglauben und mit Nüchternheit geschieht, so gefällt es gewiss Gott wohl, nicht um des Werkes selbst willen, sondern ob der Lehre, welche allein unter allen gelernt werden muss. Lasst uns nun zuerst die Geschichte der Tatsache hören und sodann Etliches über den Nutzen der Auffahrt Christi hinzufügen.

Als der vierzigste Tag nach der Auferstehung gekommen war und Christus mit mancherlei Beweisen es bekräftigt hatte, dass er wahrhaftig von den Toten erstanden sei: ließ er die Jünger in der Stadt Jerusalem sich versammeln und redete mit ihnen Einiges von seinem Reiche. Danach führte er sie hinaus gen Bethanien, an den Ölberg. Daselbst redete er mit ihnen, hub die Hände auf und segnete sie; und indem sie zusahen, ward er aufgehoben in die Höhe, eine Wolke nahm ihn auf, er ward gen Himmel getragen und sitzt nun zur Rechten Gottes. Während aber die Jünger nachblickten und sich verwunderten, standen zwei Männer da, welche sagten, er werde so wiederkehren zum jüngsten Gerichte. Das ist Christi Himmelfahrt, welche auf dem Ölberge geschehen ist. Denn dass Christus an selbigem Orte den Jüngern seine letzten Gebote auf Erden geben und gen Himmel fahren würde, das war schon zuvor angezeigt durch den Propheten Sacharja (14,4): „Seine Füße werden stehen zu der Zeit auf dem Ölberge, der vor Jerusalem liegt gegen Morgen. Und der Ölberg wird sich mitten entzwei spalten vom Aufgang bis zum Niedergang, sehr weit von einander, dass sich eine Hälfte des Berges gegen Mitternacht und die andere gegen Mittag geben wird.“ Das ist zu verstehen von der Ausbreitung des Evangeliums auf dem ganzen Erdkreise, nach der Auffahrt Christi und der Sendung des heiligen Geistes. Da nun das Evangelium ausgesät ist gen Morgen, gen Abend, gen Mittag und gen Mitternacht, so heißt es mit Recht, dass der Ölberg in Stücke geteilt worden sei. Soviel über die Geschichte.

Nun aber lasst uns von dem Nutzen der Himmelfahrt Christi vernehmen. Er wollte nämlich vor seinen Jüngern sichtbar gen Himmel fahren, zum Zeichen, dass er auf dieser Welt hinfort nicht sichtbar erscheinen werde bis zum jüngsten Gerichte. Zwar ist er danach von Stephanus und von Paulus geschaut worden, jedoch in seiner himmlischen Majestät. Niemals aber wird er fürder hienieden in äußerlicher Gestalt erblickt werden bis zum jüngsten Tage. Das eben ist es, was wunderbarer Weise die Gottlosen und Ungläubigen ärgert. Denn da viel die Rede ist von Christo und seinem Reiche, sie jedoch sehen weder, dass er herrsche, noch, dass die Welt sich ändere: verlachen sie trefflich das Evangelium Christi und achten es für eitel Possen. Sie sehen ja die Gottlosen blühen, die Frommen verwelken, sehen den alten Lauf dieser Welt. Darob verhärten sie sich und tun Übles ohne Furcht, weil nicht alsbald das Gericht wider die Frevler naht. Die Frommen aber erlangen durch Christi Himmelfahrt die höchste Majestät. Denn wie wir von Christi Auferstehung geredet haben, dass zwar Christus allein als der Erstling von den Toten erstanden, aber dennoch auch ganz erstanden ist: also ist Christus zwar allein, aber auch ganz gen Himmel gefahren. Der ganze Christus jedoch ist nicht nur jene Person, die sichtbar gen Himmel gefahren ist, sondern es ist der ganze Leib zugleich nach Haupt und Gliedern, an welchem Leibe Christus das Haupt ist, die Gläubigen aber die Glieder. So hat denn Christus mit sich zugleich Alle, die an ihn glauben, in den Himmel eingeführt. „Da wir tot waren in den Sünden, hat er uns samt Christo lebendig gemacht (denn aus Gnaden seid ihr selig geworden), und hat uns samt ihm auferweckt, und samt ihm in das himmlische Wesen gesetzt in Christo Jesu“ (Eph. 2,5.6).

Doch man wird sagen: Wie mag Solches zugehen, da wir noch hienieden aufs Elendeste leben? Denn sind wir mit Christo zugleich gen Himmel gefahren, so werden wir auch jetzt mit Christo eines seligen, himmlischen Lebens genießen; allein wir sind die bei Weitem Allerelendesten. Wie sind wir also mit Christo gen Himmel gefahren? Ich antworte: Es heißt, dass wir aufgefahren sind, nicht, dass wir jetzt in äußerlichem Sinne der himmlischen Güter genössen, sondern weil, da Christus, unser Bruder, gen Himmel gefahren ist, das Erbe der himmlischen Güter auch uns zukommt. „Wir sind nun Gottes Kinder, und ist noch nicht erschienen, was wir sein werden“ (1. Joh. 3,2). „Ihr seid gestorben, und euer Leben ist verborgen mit Christo in Gott“ (Kol. 3,3). D. h.: es ist bei Christo verwahrt; denn wie den Kindern, bis sie mündig sind, Vormünder bestellt werden, denen man die Güter der Kinder überantwortet, so ist Christus unser Vormund und hat die Himmelsgüter bei sich in Verwahrung. Wenn irgend Jemand einen Schatz hat, den er zu verlieren fürchtet, so legt er denselben an einem sicheren, festen Orte nieder. Also haben auch wir einen Schatz von himmlischen Gütern, den Gott der Vater in unserem Namen bei Christo im Himmel niedergelegt hat, damit wir ihn nicht auf Erden verlieren. Was also der Nutzen eines irdischen, bei einem Freunde und an sicherem Orte niedergelegten Schatzes in irdischen Geschäften ist, das ist der Nutzen des himmlischen bei Christo verwahrten Schatzes in himmlischen Dingen. Wer einen irdischen Schatz an sicherem Orte geborgen hat, und ob er denselben auch nicht im Beutel bei sich trägt, der tut doch Alles so und handelt in Geschäften und beim Einkaufe, als ob er ihn in seinen Händen hielte. So sollen auch die Christen tun, welche, da sie einen bei Christo aufgehobenen Schatz himmlischer Güter haben, in den Angelegenheiten ihres Heils nicht anders handeln dürfen, als ob sie bereits in äußerlichem Sinne dieser Güter genössen.

Der Tod z. B. ficht uns an; wir haben ein Geschäft mit dem Tode, bedürfen aber zu diesem Geschäfte des Lebens, sonst wird der Tod unser Verderben sein. Allein weil wir einen bei Christo im Himmel geborgenen Schatz des Lebens haben, müssen wir mit dem Tode nicht anders handeln, als hielten wir das Leben schon in den Händen; d. h.: wir müssen nicht verzweifeln, sondern vertrauen, nicht leidtragen, sondern uns freuen. Ferner: der Satan setzt uns zu und heißt uns verzweifeln um der Sünde willen. Er spricht: Du hast nicht allein vor etlichen Jahren gesündigt, sondern trägst auch die Sünde in deinem Busen umher; du bist nicht frei von Sünde, wirst also umkommen. Hier haben wir mit dem Satan zu schaffen ob der Sünde, und dazu ist uns Gerechtigkeit vonnöten. Weil wir jedoch einen bei Christo im Himmel niedergelegten Schatz der Gerechtigkeit haben, müssen wir kein anderes Vertrauen hegen, als ob wir die Gerechtigkeit in der Tat in uns spürten.

Da siehst du, wie groß der Nutzen der Himmelfahrt Christi ist; wir müssen uns daher bemühen, den Schatz, welchen Christus durch seine Himmelfahrt zur Verwahrung überkommen hat, nicht zu verderben oder zu verraten. Wir verraten ihn dem Satan, so wir seiner Eingebung gehorchen. Der Satan ist ein Räuber und stellt diesem Schatze nach; wer aber sündigt, der verrät den Schatz. Darum müssen wir uns der Sünde enthalten und wandeln in Gottes Beruf, auf dass wir unseren Schatz bewahren bei Christo, unserem Herrn, welcher Gott ist, gesegnet in Allen von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

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autoren/b/brenz/evangelien-predigten/brenz_evangelienpredigten_himmelfahrt.txt · Zuletzt geändert: von aj
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