Brenz, Johannes - Sonntag Exaudi.

Brenz, Johannes - Sonntag Exaudi.

1542.

Joh. 15,26-16,4.
Wenn aber der Tröster kommen wird, welchen ich euch senden. werde vom Vater, der Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht; der wird zeugen von mir. Und ihr werdet auch zeugen; denn ihr seid von Anfang bei mir gewesen. Solches habe ich zu euch geredet, dass ihr euch nicht ärgert. Sie werden euch in den Bann tun. Es kommt aber die Zeit, dass, wer euch tötet, wird meinen, er tue Gott einen Dienst daran. Und solches werden sie euch darum tun, dass sie weder meinen Vater noch mich erkennen. Aber solches habe ich zu euch geredet, auf dass, wenn die Zeit kommen wird, dass ihr daran gedenkt, dass ich es euch gesagt habe. Solches aber habe ich euch von Anfang nicht gesagt; denn ich war bei euch.

Wir haben vor etlichen Tagen von Christi Himmelfahrt vernommen, und was es damit für eine Bewandtnis habe. Lasst uns jetzt aus dem heutigen Evangelio hören, welche Form oder welche Gestalt seines Reiches Christus auf Erden hinterlassen habe. Denn bevor er gen Himmel fuhr, hat er viel über die Gründung seines Reiches hienieden geredet, und die Apostel meinten überhaupt, dasselbe würde ein fleischliches sein, wie ein Reich der Herrscher dieser Erde ist. Daher wollen wir aus dem heutigen Evangelio lernen,

welche Gestalt Christi Reich auf Erden hat,

ehe denn der letzte Tag dieser Welt kommt. Die Erkenntnis dieses Stückes ist gar notwendig, auf dass wir uns nämlich (wie Christus sagt) nicht ärgern, wenn wir sehen, dass Alles in dieser Welt noch verkehrt, ungeregelt und ungeordnet ist.

Christus spricht nun: „Wenn der Tröster kommen. wird, welchen ich euch senden werde vom Vater, der Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht, der wird zeugen von mir.“ Das ist ein Stück aus der Rede, welche Christus bei seinem letzten Mahl gehalten hat; in diesem Abschnitte aber lehrt er: erstens, dass er zur Gründung seines Reiches hienieden kein großes, zahlreiches Heer gepanzerter Reiter, sondern die öffentliche Predigt seines Evangeliums herstellen wolle. Der Tröster (spricht er), welchen ich euch senden werde vom Vater, der wird zeugen von mir oder von meinem Evangelio. Und ich will solche Predigt öffentlich bestätigen durch den heiligen Geist, den ich am Tage der Pfingsten unter den größten Wundern auf euch herabsenden werde, und will selbige Predigt durch euch, die ihr von Anfang an bei mir gewesen seid, über den ganzen Erdkreis ausbreiten. Die Wunder des heiligen Geistes werden am Pfingsttage die Wahrheit meines Evangeliums bezeugen. Desgleichen werdet auch ihr Zeugen sein, dass mein Evangelium das wahrhaftigste und gewisseste ist. Das Evangelium Christi ist aber: dass Jesus, Marias Sohn, der wahre Messias ist; dass er uns mit Gott dem Vater versöhnt hat, auf dass Alle, die an ihn glauben, Vergebung der Sünden, Erlösung von allem Übel und ewiges Leben haben. Dieses Evangelium ist am Pfingsttage also durch den heiligen Geist bekräftigt worden, dass es nichts Gewisseres, nichts Festeres auf dem ganzen Erdkreise gibt, wie am Pfingstfeste, so es dem Herrn gefällt, gezeigt werden soll. Darum mussten die Apostel nach der Himmelfahrt Christi den heiligen Geist erwarten, und auch wir dürfen jetzt keine andere Gestalt des Reiches Christi auf Erden aufsuchen, als den Dienst des vom heiligen Geiste bestätigten Evangeliums.

Zweitens lehrt Christus, welches Schicksal, welches Glück das Evangelium in dieser Welt haben werde, und sagt: „Sie werden euch in den Bann tun; es kommt aber die Zeit, dass, wer euch tötet, wird meinen, er tue Gott einen Dienst daran.“ Ihr erwartet vielleicht, weil mein Evangelium eine Kraft Gottes zum Heile jedes Gläubigen ist, dass der ganze Erdkreis euch mit offenen Armen aufnehmen und euch nicht sowohl alle Ehre erzeigen, als alle Macht zu irdischen Reichen überantworten werde; allein eure Ansicht wird euch täuschen. Denn die Leute werden euch samt euerem Evangelio empfangen mit den allergrößten Anfechtungen und Trübsalen, die Frommen jedoch sowohl das Evangelium als euch selbst mit höchster Ehrfurcht und Gehorsam annehmen, soviel sie nur können. Der Hauptmann Kornelius fiel, da Petrus zu ihm eintrat, demselben zu Füßen und betete ihn an (Ap.-Gesch. 10,25 ff.), nahm ihn also mit größeren Ehren auf, als er vielleicht den römischen Kaiser empfangen hätte. Und Paulus schreibt an die Galater (4,14.15) und spricht: „Als einen Engel Gottes nahmt ihr mich auf, ja als Christum Jesum. Ich bin euer Zeuge, dass, wenn es möglich gewesen wäre, ihr hättet eure Augen ausgerissen und mir gegeben.“ Da aber der größte Teil der Menschen Frevler und Verächter Gottes und der wahren Religion sind, pflegen sie das Evangelium und dessen Prediger mit aller nur möglichen Schmach aufzunehmen. Man hat bisher von Etlichen oft gehört, dass kein Glück in deutschen Landen gewesen sei, so lange dies Evangelium, das wir jetzt predigen, verkündigt ist; allein das ist keineswegs etwas Neues. Im heutigen Evangelium nämlich redet Christus hauptsächlich davon, dass die Predigt des Evangeliums kein Glück in dieser Welt haben, sondern mancherlei Widerwärtigkeiten mit sich bringen werde, nicht bloß für die Prediger, sondern auch für die Hörer, die ihm wahren Glauben schenken.

Christus zählt aber an dieser Stelle die zwei größten Übel auf, welche die Frommen in dieser Welt um des Evangeliums und des wahren Glaubens willen erwarten müssen. Das erste ist der Bann: „Sie werden euch in den Bann tun.“ Das ist eine Schmach, wie dem Menschen keine größere kann angetan werden. Zu dieser Zeit scheint nun zwar der öffentliche Bann des römischen Papstes gar wenig Gewicht zu haben, zumal bei denen, welche dessen Tyrannei nicht anerkennen; vor der Offenbarung des Evangeliums indessen galt unter dem Papsttume und im Judentum der Bann als die höchste Schmach und Not. Denn Die, welche die Leute in den Bann taten, rühmten sich, Gottes Volk und Kirche zu sein. Was also von ihnen ausgeschlossen war, schien von Gott geschieden, vom Leibe der Kirche abgeschnitten und ganz dem Satan überliefert zu sein. Und sobald das öffentlich verkündigt war, wollte kein Mensch mehr in Verkehr und Gemeinschaft mit dem Gebannten stehen; denn er war ja für unwürdig erklärt, dass die Erde ihn trüge. Vom bürgerlichen Gemeinwesen ausgeschloffen zu werden ist zwar sehr hart, aber dennoch erträglich, weil man da immer noch mit anderen öffentlichen Verhältnissen in Berührung sein und der Zahl der Frommen angehören kann. Wer aber von denen in den Bann getan wird, die den Namen und die Ehre des Volkes Gottes haben, der scheint ganz verloren und in die Hölle verwiesen, was die allergrößte Schande unter den Leuten ist. Das pflegt aber sowohl den Aposteln zu geschehen, als denen, die ihrem Evangelio glauben. Ebendarum ist Christi Reich kein irdisches, und sein Evangelium hat kein großes Glück in dieser Welt.

Wir wollen aber von dem Banne mit etlichen wenigen Worten reden, vornehmlich um derer willen, die Gottes Wort verachten und öffentlich versichern, der Wein schmecke ihnen darum nicht schlechter, ob sie auch in den Bann getan werden. Ein anderer nämlich ist der priesterliche Bann, der mit öffentlicher Wirkung verbunden ist, wie Solches im israelitischen Staate und im Papsttum der Fall war. Mag dieser Bann nun wahr oder falsch gewesen sein, so brachte er doch die größten Kümmernisse unter die Leute, da er mit öffentlicher Schande verknüpft war. Denen nun, die so in den Bann getan waren, schmeckte der Wein nicht gar sehr, wenn sie auch unschuldig waren. Ein anderer ist der apostolische Bann, der allein durchs Evangelium geschieht, und davon spricht Christus: „Welchen ihr die Sünden behaltet, denen sind sie behalten.“ Dieser Bann aber trifft alle Gottlosen und unbußfertigen Sünder, ja alle Menschen. Denn so man die zehn Gebote predigt, so werden alle Menschen in den Bann getan und dem Satan überantwortet. Solchen Bann verachten und verlachen die Gottlosen, er ist aber vor Gott kein Kinderspiel. Wird sodann das Evangelium Christi gepredigt, so werden die, so dem Evangelio glauben, vom Banne losgesprochen, die aber, welche nicht glauben, in demselben gebunden oder befestigt. Auch dieser Bann wird von Frevlern verachtet, sie werden jedoch endlich sehen, dass er das tiefste Verderben ist. Daher muss sich ein Jeglicher wohl vorsehen, dass er nicht apostolischer Weise in den Bann getan werde, d. h.: dass er nicht unbußfertig sei, sondern dem Evangelio Glauben schenke und Buße tue. Soviel von dem ersten Übel, das sowohl den Aposteln widerfährt, als denen, die dem apostolischen Evangelio glauben.

Das zweite Übel ist die leibliche Tötung: „Es kommt die Zeit (spricht er), dass, wer euch tötet, wird meinen, er tue Gott einen Dienst daran.“ Diese Trübsal ist in ähnlicher Weise so groß, dass sich keine größere finden lässt. Denn wer um seine öffentlichen Verbrechen den Tod leiden muss, der hat Solche, die ihn bemitleiden. Der Richter möchte wünschen, dass der Verbrecher nie in seine Hände gekommen, sondern viele Meilen entfernt wäre, um nicht gezwungen zu werden, das Bluturteil wider ihn zu fällen. Die Zuschauer, die ihn zum Tode führen sehen, werden von Mitleid gegen ihn bewegt und, könnte es in rechtlicher Weise geschehen, so möchten sie ihn von der Strafe befreien. Allein weit anders geht es mit Christo, mit den Aposteln und denen, die dem apostolischen Worte glauben. Denn der Richter vermeint, er gehorche und diene Gott, wenn er einen Bekenner des Evangeliums tötet, und die gottlosen Zuschauer empfinden die größte Freude. Ein Beispiel hast du am Leiden Christi, desgleichen an der Steinigung des Stephanus. Ebenso riefen einst die Heiden über die Christen: Zu den Löwen! Denn die Christen galten als Auswurf und Unflat. Welche größere Trübsal aber lässt sich erdenken, als nicht bloß einfach getötet zu werden, sondern unter dem Beifall der Widersacher! Hieraus aber müssen wir lernen, dass es beim Gottesdienste nicht genügt, eine sogenannte gute Meinung oder Absicht zu haben, sondern wir müssen den rechten Glauben aus Gottes Wort haben. Die Gottlosen, welche die Frommen töten, meinen Gott einen Dienst daran zu tun. Diese Meinung scheint die beste zu sein und ist dabei doch die grausamste. Was aber nennst du als den Grund so arger Verfolgung? Das Folgende: „Weil sie weder meinen Vater noch mich erkennen.“ Sie erkennen Gott nicht, sie rühmen sich Gottes und kennen ihn doch nicht. Was heißt denn Gott kennen? Es heißt: wissen, dass er der Vater ist, der seinen Sohn gesandt hat, um unsere Sünden zu sühnen. Also erkennen Gott weder die Juden, noch die Türken, noch die Heuchler. Doch zu welchem Zwecke hat Christus Solches gepredigt? „Dass ihr euch nicht ärgert,“ spricht er; denn wir müssen festhalten, dass Christi Reich nicht auswendig ist, und dass wir in dieser Welt leiden müssen. Das wahrhaftige Glück soll ja erst kommen in der zukünftigen Welt, durch Christum Jesum, unseren Herrn, der uns schenken mag, dass wir in Verfolgung nicht von ihm abfallen, sondern freimütig bekennen. Amen.

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autoren/b/brenz/evangelien-predigten/brenz_evangelienpredigten_exaudi.txt · Zuletzt geändert: von aj
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