Ahlfeld, Friedrich - Andachten - Matthäusevangelium

Ahlfeld, Friedrich - Andachten - Matthäusevangelium

Matthäus 2,1.2.

Da Jesus geboren war zu Bethlehem im jüdischen Land, zur Zeit des Königs Herodes, siehe, da kamen die Weisen vom Morgenland gen Jerusalem und sprachen: „Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern gesehen und sind gekommen, ihn anzubeten.“

Fast in allen Abschnitten der Geschichte tauchen auch unter den Heiden Zeugen auf, welche mit klarem oder unklarem Wort oder Vorbild hindeuten auf den Erlöser. Wir denken an Melchisedek, den König der Gerechtigkeit, der von Salem kam, Abraham zu segnen; oder an den Midianitischen Seher Bileam, der gedungen war, Israel zu verfluchen, der aber segnen musste und rief: „Es wird ein Stern von Jakob aufgehen und ein Zepter von Israel kommen.“ Solche Züge in der Heidenwelt kommen uns vor, wie wenn ein Kranker im Traume redet von der Gesundheit, wie wenn er den rechten Arzt im Traum kommen sieht. Auf eine Weile knüpft sich die Hoffnung daran, dass er wieder gesund werde. Und doch sind solche Erscheinungen in der Heidenwelt Werke Gottes, der über den Menschen wacht, wenn sie schlafen und träumen. So ließ denn auch Gott zu der Zeit, da in der Welt so viel Gerede war von einem herrlichen König, der im Morgenland geboren werden sollte, unter den Völkern, die sich so gern mit Sternkunde beschäftigten, einen neuen Stern aufgehen, der seinen Weg nimmt vom Morgen zum Abend. Es ist ein unklarer Bote, aber jene Weisen verstanden die Sprache Gottes und zogen dem Stern nach. O dass wir doch auch allezeit bereit wären, dem Herrn, seinem Wort, seinen Boten zu folgen, wie jene Heiden!

Barmherziger Gott, wir danken dir, dass du auch für uns den Stern aus Jakob hast aufgehen lassen, dass auch uns dein lieber Sohn gekommen ist, und dass du auch zu unseren Vätern so frühe die Boten mit dem lieblichen Evangelium gesendet hast. Herr, womit haben wir es verdient, dass wir selbst gleich als Christenkinder geboren sind? Es ist ja nur deine unverdiente, herzliche Barmherzigkeit. Darum rüste heute, an dem alten Feste deiner Erscheinung in der Heidenwelt, unsere Herzen zu fröhlichem Dank. Und allezeit lass uns auch damit danken, dass wir fleißige Fürbitten für die Bekehrung der Heiden vor deinen Thron bringen. Dazu mache uns treu, der du Israel dein Wort und Jakob deine Treue gehalten hast. Amen.

Matthäus 2,3.

Da das der König Herodes hörte, erschrak er und mit ihm das ganze Jerusalem.

Als die Weisen aus dem Morgenlande am Ziel zu sein glaubten, stießen sie auf ganz unerwartete Hindernisse. Sie suchten das Kind in der Hauptstadt und im königlichen Palast. Als sie aber der Stadt nahten, da verschwand der liebe Wegweiser, der sie bis dahin geführt hatte. Als sie in die Stadt eintraten, wusste Niemand von dem neugeborenen König. Sie traten in die Burg des Herodes. Da sahen sie ein Angesicht, das ihre Freude und Hoffnung gründlich niederschlug. In dem ganzen Angesicht stand nur Erde und Welt und Selbstsucht, und wieder Erde, Welt und Selbstsucht geschrieben. Da war kein Wiederschein des heiligen Sterns zu sehen. Schrecken über den neugeborenen König lief dem alten Sünder übers Gesicht. Und mit ihm erschrak die ganze in Sünden und pharisäische Sicherheit versunkene Stadt. Schon vor dem Kindlein bebt die abgefallene Welt. Wie wird sie einst beben, wenn dieser Jesus kommt in seiner Macht und Herrlichkeit, und alle seine heiligen Engel mit ihm! Schon sein Geburtstag ist ein Gerichtstag. Wie wird das Gericht erst sein, wenn er in der Tat zum letzten Gericht kommt!

Herr Jesu Christ, du zeigst uns heute, wie, wo du erscheinst, die Welt erschrickt. Daran lässt du uns erkennen, wir sollen uns nicht wundern, wenn du auch jetzt noch bei der Welt scheele Blicke und drohende Worte findest. Wo der Glaube zum Leben kommt, wo du geboren wirst in der Menschen Herzen und in der Gemeinde, erschrickt und grollt ja noch heute die Welt. Vor deiner Reinheit und Liebe zittert die Sünde und Selbstsucht. Sie sieht in dir den Überwinder kommen, der sie einst vom Throne stoßen und das Urteil über sie sprechen wird. O töte in uns allen Herodessinn, der dein Regiment fürchtet, allen Sündendienst, der sich nicht von dir will bezwingen lassen, alle Selbstgerechtigkeit, die in dir ihr Urteil findet. Lass den Schrecken des Herodes zu einem heilsamen Schrecken werden, der uns aufrüttele aus unserer Sicherheit und Trägheit zur rechten Freude deiner Glieder, die nur in dir Heil und Leben sehen. Amen.

Matthäus 2,4.5.

Und Herodes ließ versammeln alle Hohepriester und Schriftgelehrten unter dem Volk, und erforschte von ihnen, wo Christus sollte geboren werden. Und sie sagten ihm: „Zu Bethlehem im jüdischen Lande; denn also steht es geschrieben durch den Propheten.“

Auch der Sünder, selbst wenn er für sich dabei nur Gedanken der gottlosesten Selbstsucht hat, muss dem Herrn dienen. Die Weisen wussten nicht wohin, ihre Leuchte war erloschen. Sie wollten wissen, wo das Kind zu finden sei; Herodes auch, freilich aus ganz anderem Grund. Da beruft er die Hohenpriester und Schriftgelehrten, und erforscht von ihnen, wo Christus sollte geboren werden. Mit klugem Verstand versteht er, um was es sich handelt. Er gibt dem Kind gleich den rechten Namen. Er weiß, dass der Held gemeint ist, auf den die Propheten geweissagt haben. Die Hohenpriester und Schriftgelehrten sind auch schriftkundig genug, um die rechte Antwort zu geben: Bethlehem im jüdischen Lande. Sie wissen es, aber sie selbst hatten nichts davon. Wegweiser konnten sie sein, aber sie selbst gingen den Weg nicht. Gott möge uns behüten, dass wir bei aller Schriftkenntnis nicht in solches Gericht verfallen, wie sie. Lasst uns nur das Eine von jenen Hohenpriestern und Schriftgelehrten lernen, alle suchenden Seelen hinzuweisen auf das Wort Gottes. Aus ihm nahmen sie ihre Antwort, die Antwort war richtig, ob ihr Herz auch falsch war. Es ist dieselbe Antwort, die noch heute die einzig richtige ist: Gehe um deinen Heiland zu finden nach Bethlehem. Nur dort ist er dir geboren.

Herr, barmherziger Heiland, du bist gekommen mit deinem hellen, klaren Wort, mit deiner vollen Liebe und ganzen Tat. Da haben wir mehr denn den stummen Stern, den man deuten kann und der wieder verschwindet. Wir haben die helle, volle Sonne der Gerechtigkeit. Dich kann ein Jeder sehen und verstehen, der seine Augen nicht mit Willen verblendet. O so demütige du die stolze Weisheit, welche an dir vorbeigeht und andere Ziele sucht. Nimm die stolze Vernunft gefangen in den Gehorsam des Glaubens. Lehre uns recht einfältig suchen in der Schrift. In ihr finden wir das ewige Leben, und sie ist's die von dir zeugt. Und wenn wir dich gefunden haben, so lass uns zugreifen mit ganzem Glauben. In dir haben wir doch erst die Gewissheit, dass für uns und die Unseren dies Erdenleben ein köstliches, Ziel hat, zu dem keine Erdengelehrsamkeit und äußere Schriftgelehrsamkeit uns führt. Amen.

Matthäus 2,11.

Und sie gingen in das Haus und fanden das Kindlein mit Maria, seiner Mutter, und beteten es an, und taten ihre Schätze auf und schenkten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhen.

Der Heiden Heiland ist gefunden. Die Weisen bringen ihm ihre Gaben: Gold dem König, Weihrauch dem Gott, Myrrhen dem Mittler, der für uns den bitteren Kreuzestod stirbt. Dann kehren sie wieder um in ihr Land. Wie bringen doch noch jetzt die Neugewonnenen in der Heidenwelt dem Herrn diese drei Geschenke. Gold ist von alten Zeiten her das Bild des Glaubens gewesen. Unter den neuen Christen finden wir oft einen Glauben, wie wir ihn in der alten Kirche umsonst suchen. Einem Häuptling auf Neuseeland, der fast sein ganzes Leben im Krieg zugebracht hatte, sagte in seinem gottseligen Alter ein Freund: „Du, die Schanzen deiner Burg sind recht baufällig, sie fallen zum Teil ein.“ „Lass sie fallen“, antwortete der Alte, „Jesus Christus ist meine Schanze!“ Weihrauch ist durch die ganze Schrift das Bild des Gebets. Und wie oft beschämen uns auch im Gebet die neuen Christen. Ein blinder Häuptling auf einer der Südseeinseln war von heidnischen Nachbarn seiner Vorräte beraubt worden und litt Not. Der Missionar Williams fragte ihn, ob er sich nicht bei der Obrigkeit beklagt habe. Der Blinde antwortete, er habe nur mit Gott darüber geredet; bei Menschen hätte er nicht klagen wollen, weil sonst sein Glaube verlästert werden könnte. - Myrrhen endlich weisen auf das Kreuz des Herrn; sie haben einen gar bitteren Geschmack. In deiner Seele bedeuten sie die Bußtränen, welche du dem Herrn als Opfer bringen sollst, mit denen du es dir sauer werden lassen musst, um deine Sünden zu überwinden.

Gnadenreicher, treuer Gott, was könnten wir dir anders bringen, als Herzen voll Glaube, Gebet und Buße. Andere Opfer gefallen dir nicht, und anderer Gaben bedarfst du nicht. Aber wir bitten dich, mache auch uns immer treuer, dir uns selbst zum Opfer zu bringen, dass unser Leben im Glauben und in der Liebe auch Andere erwecke, sich loszumachen vom Dienste des eigenen Menschen und vor dir sich zu beugen. Jeder neue Tag soll neuen Glauben, neue Lust zum Beten, neue Buße bei uns finden, denn ein jeder verkündet ja deine grundlose Barmherzigkeit. - O bleibe auch heute mit ihr unser Schutz im Hause und Berufe, dass nach vollbrachtem Tagewerk wir wiederum dich preisen können mit freudig dankendem Herzen. Amen.

Matthäus 2,13.

Da sie aber hinweggezogen waren, siehe, da erschien der Engel des Herrn dem Joseph im Traum und sprach: „Stehe auf, und nimm das Kindlein und seine Mutter zu dir, und fliehe in Ägyptenland.

Gott sendet seinen Boten, der geht sicher: Kein Wächter des Herodes kann ihn aufhalten, kein Laurer kann ihn ausfragen. Gott befiehlt dem Joseph im Traum, zu fliehen, und dieser säumt nicht lange. Er dachte nicht: „Morgen ist auch noch ein Tag“, er gehorcht gleich in derselben Nacht. Gottes Befehl war sein Pass, Gottes Engel sein Geleit, und so zog er in die Weite nach Ägypten. Dies Land brauchte Gott zur Bergestätte seiner Heiligen. Dem römischen Reich war es die Brotkammer in Hungerjahren; dem Reich Gottes musste es ein Zufluchtsort werden für den heiligen Samen, aus dem der Welt das Brot des Lebens erwachsen sollte. Dahin ist Abraham geflohen in teurer Zeit, da Jakob errettet von den sieben Hungerjahren. Dahin flieht Joseph mit Maria und dem Kind, und sie bleiben allda, bis Herodes gestorben ist.

Lieber Vater im Himmel, wieder dürfen wir es erfahren: „Weg hast du allerwegen, an Mitteln fehlt dir's nicht.“ Wenn Israel im Gedränge steht, hinter sich die Feinde, vor sich das Meer, dann muss auch das Meer eine Bahn geben. Wenn Moses im Schilfkästchen auf dem Nil liegt, und du willst ihn retten, dann muss die Tochter des Pharao baden gehen, sie mag gewollt haben oder nicht; dann muss sie Erbarmen haben mit dem weinenden Knäblein, und wenn ihr Herz bisher von Stein gewesen wäre. Wenn David in der Höhle ruht, und Saul setzt sich in den Eingang, und du willst David retten, dann muss Saul schlafen mit seinen Leuten, und wenn er eben erst vom Schlaf aufgestanden wäre. Wenn du den Daniel erhalten willst in der Löwengrube, so müssen die Löwen satt sein, und wenn sie sieben Tage gehungert hätten. Auch für deinen Sohn wusstest du Rat; die Wüste machst du ihm zum Weg und Ägypten zur Herberge. O lass uns nicht verzagen. Auch für deine angefochtene Kirche hast du Rat und Wege; und für deine angefochtenen Kinder findest du Schutz und Herberge. Darum befehlen wir uns und die Unsern dir, treuer Gott, für heute und allezeit. Amen.

Matthäus 2,16.

Da Herodes nun sah, dass er von den Weisen betrogen war, ward er sehr zornig, und schickte aus, und ließ alle Kinder zu Bethlehem töten, die da zweijährig und drunter waren, nach der Zeit, die er mit Fleiß von den Weisen erlernt hatte.

Hatte denn Gott für die Rettung dieser Kinder keinen Traum, keinen Menschen, keinen Engel? Wie lieblich wäre es gewesen, wenn diese Kindsgenossen des Herrn, mit ihm herangewachsen, als seine ersten Bekenner um ihn gestanden hätten! Sei stille Herz und hadere nicht! Wir können nicht ergründen die Tiefe des göttlichen Rates, aber etliche Zeilen am Rande können wir lesen. Diese Kinder sind die ersten Märtyrer gewesen, sie haben zuerst ihr Blut für Christum vergossen. Sie sind vor Gott getreten mit dem Freibrief in der Hand: „Vater, wir sind für deinen lieben Sohn gestorben.“ Im Kalender steht der Gedenktag dieser Ungenannten gleich nach Weihnachten neben den ersten und treuesten Freunden Jesu Christi, neben Johannes und Stephanus. Aber nicht allein im Kalender, sondern auch im Reich der Gnade und Herrlichkeit stehen sie neben ihnen. Ein seliges Kind ist besser, denn ein unseliger Alter. Dr. Luther war im Jahre 1542 sein Töchterchen Magdalena 13 Jahre alt in fröhlichem Glauben gestorben. Nach ihrem Tod sagte er, als die erste Trauer gewichen war: „Wenn meine Tochter Magdalena wieder sollte lebendig werden, und sollte mir das türkische Kaisertum mitbringen, so wollt' ich's nicht tun. O sie ist wohlgefahren. Selig sind die Toten, die in dem Herrn sterben. Wer also stirbt, der hat das ewige Leben gewiss.“

Herr, himmlischer Vater. Du hast jedem sein Ziel gesteckt, das er nicht überschreiten wird. Wenn das kommt, ist er reif. Du rufst so manches Kind aus der Welt, vom Vater- und Mutterherzen hinweg, und wir trauern. Und doch, wo wüssten wir sie besser aufgehoben als bei dir. Du führst als guter Hirte ja gern ein Lämmlein von der Weide in den sicheren Stall, ehe die Wetter hereinbrechen. In deinem Schoß bewahrst du die Deinen vor Unglaube und Leichtsinn ebenso wie vor Unglück und bitteren Erfahrungen. Du nimmst wohl hier so manche liebe Hoffnung und so manche Freude hinweg, aber doch nur um sie uns droben bei dir im vollsten und schönsten Maß wiederzugeben. Darum, wo deine Hand hier schlägt, halte uns aufrecht und stärke uns allzeit mit Trost und Hoffnung. Amen.

Matthäus 2,23.

Und Joseph kam und wohnte in der Stadt, die da heißt Nazareth, auf dass erfüllt würde, das da gesagt ist durch die Propheten: „Er soll Nazarenus heißen.“

Ein guter Musiker fasst alle Stimmen und Töne zusammen, dass sie ein Ganzes, eine Harmonie werden. Freilich die falschen Töne schreien hervor, sie lassen sich nicht mit hineinbinden. So fasst Gott aller Menschen und Völker Taten und Gedanken zusammen, dass sie auch eine Harmonie werden. Er vermag aber noch mehr, denn jener Musiker. Bei ihm müssen auch die falschen Töne, die gottlosen Gedanken, die ruchlosen Taten mit in seinen Chor. Und dieser Chor lautet: „Allein Gott in der Höh' sei Ehr.“ Sie müssen alle mit am Reich Gottes bauen. Siehe, wie er diesen Herodes braucht. In dem Propheten Haggai, da steht ein Wörtlein: „Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen.“ Herodes treibt das Kind nach Ägypten, und der Lügner offenbart wider seinen Willen Gottes Wahrhaftigkeit, denn nach seinem Tod kehrte Joseph mit dem Kind zurück. Wiederum sagen andere Prophetenworte: „Er soll Nazarenus heißen.“ Aber Maria und Joseph wären wohl gern wieder nach Bethlehem gezogen, denn auf dieser Stadt ruht für sie das heiligste Andenken. Da steht in Judäa ein anderer Tyrann auf. Der alte Herodes war gestorben. Sein Sohn Archelaus war nicht besser denn er. Aus Furcht vor diesem zieht Joseph nach Nazareth in Galiläa. Wie also Herodes in seiner Grausamkeit das eine Wort des Propheten wahr gemacht hatte, so machte sein Sohn das andere wahr.

Herr, du kannst deine Feinde dir untertan machen, dass sie ohne es zu wissen und zu wollen deinen Siegeszug mit bereiten helfen. Lass uns, auch wenn noch so viele Feinde sich gegen dich erheben, nicht an der Hoffnung auf deinen vollen Sieg irre werden. Behüte aber vor allem uns selbst, dass wir nicht auch uns denen anschließen, die dir eine Heimat auf Erden verweigern. Wir tun es, so bald unser Herz sich dir verschließt; darin willst du ja auch heranwachsen.

Wir tun es, sobald wir dich verleugnen und sitzen da die Spötter sitzen. so leite denn auch heute unsere Gedanken, Worte und Werke, dass der Tag uns nicht einst vor dir verklage, sondern dass er uns immer tiefer hineinführe in deine heilige Gemeinschaft. Amen.

Matthäus 3,1.2.

Zu der Zeit kam Johannes, der Täufer, und predigte in der Wüste des jüdischen Landes, und sprach: Tut Buße, das Himmelreich ist nahe herbeigekommen.

Wo Gott ein Neues macht, da räumt er zuvor auf unter dem Alten. Wenn der Frühling kommen soll, räumt er auf unter dem alten Eis und Schnee. Er räumt auf auf dem Feld, denn die dürren Stoppeln müssen zuvor verwesen. Auf den Wiesen muss das alte Gras verwelken, und auf den Bäumen bricht er die dürren Zacken durch die Frühlingsstürme weg. Anders macht er es in dem Menschengeschlecht auch nicht. Er pflüget ein Neues. Er will sein heiliges Samenkorn nicht unter die Hecken und Dornen werfen. Der Herr konnte nicht kommen, ohne dass ein Johannes voranging und in dem Herzen des Volkes aufräumte. Er musste erst mit der scharfen Axt des Gesetzes die alten Dornen abhauen. Auch heute noch muss Johannes vorangehen, wenn Christus bei dir einziehen soll. Der Herr kann dir nicht zum Segen kommen im heiligen Abendmahl, wenn dir nicht das Gesetz deine Sünde aufgedeckt und in dem armen Herzen Klarheit gemacht hat. Siehe, so kann er auch bei dir nicht einziehen zum heiligen Christfest, wenn Johannes nicht vorangegangen ist. Da ist keine Weihnachtsfeier, da ist das Herz keine Krippe, wo wir alle unsere Selbstsucht, alle unsere alte Sündenbequemlichkeit behalten haben.

O treuer Heiland, gib Gnade, dass wir recht angetan hinkommen vor deinen Herold Johannes. Behüte uns, dass wir nicht vornehm vor dem treuen Gesetzesprediger hintreten, als ob seine Predigt für uns überflüssig sei. Behüte uns, dass wir nicht denken: Wir haben Christum, was brauchen wir da Johannes? Wir haben den freundlichen Heiland, was brauchen wir den harten Mann? Wo wir an einem Tag das Gesetz nicht fühlen mit seinen Drohungen und mit seinem Gericht, da haben wir auch dich nicht recht. So erbarme dich unser, dass wir uns erst in der Wüste holen das zerbrochene und zerschlagene Herz, damit wir dann auch an deiner Wiege singen können: „Meine Seele erhebe den Herrn und mein Geist freue sich Gottes meines Heilandes. Du hast angesehen das Elend deines Knechts, und hast seine Seele errettet von den Ketten des Todes, dir sei Preis und Dank und Anbetung in Ewigkeit!“ Amen. (Fr. Ahlfeld)

Matthäus 3,3.

Er ist der, von dem der Prophet Jesajas gesagt hat: Es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste, bereitet dem Herrn den Weg und macht richtig seine Steige.

Als Predigtstätte hatte sich Johannes die Wüste erwählt. Warum denn diese? Warum predigte er denn nicht in der Nähe von Jerusalem oder etwa in einem Palmenhain bei Jericho? Konnte er denn dem Volk nicht ein Wenig entgegenkommen, dass sie es bequemer, dass sie eine gemütliche Beköstigung und gute Herberge in der Nähe gehabt hätten? dass es zugleich eine kleine Lustpartie gewesen wäre? Nein, das wollte er nicht, das sollte er nicht. Er wäre nicht Johannes, er wäre nicht der neue Elias gewesen, wenn er es anders gemacht hätte. Heraus sollte das Volk aus seinen Städten, heraus aus dem Tageslauf seiner Geschäfte, heraus aus der Bequemlichkeit des Sündenlebens, in welches es durch lange Gewohnheit hineingewachsen war. Zu Fuß musste es durch die lange Wüste gehen, da hatte es Zeit sich zu besinnen. Die Wüste sollte ihm ein Spiegel werden zur Erkenntnis des eignen Herzens, in ihr liegt Alles voll von totem Gestein, da die Sonnenglut jedes Kräutlein ausdorrt, welches seinen dürftigen Stängel emporrecken will. Da ist kein Quell, kein Baum, kein Schatten, keine Frucht. dieser Wüste strömt der Jordan von den Bergen hernieder. Name bedeutet ein Strom der von oben herniederwallt. sichtbaren Lettern hatte es Gott der Herr dahingeschrieben: „Du Volk bist in deinen Sünden eine Wüste, dürr und unfruchtbar und versengt von der Sonnenglut meiner Gerichte. Aber es wallt jetzt hernieder von den Bergen des Heils, hernieder in diese Wüste und in das tote Meer der Gnadenstrom, der Leben gibt, und der seine Ufer bekränzt mit Bäumen und Früchten der Gerechtigkeit.“

Lieber himmlischer Vater. Es ist heute Rüsttag auf den Sonntag, da gibt's zu rüsten und zu reinigen im Hause. Es sind aber auch Rüsttage auf dein Kommen im Sohne; das lass uns in aller äußeren Arbeit, in allen Welt- und Geschäftsgedanken nicht vergessen. Gib uns stille Stunden, wo wir unser Herz reinigen und rüsten. In seinen Sünden, seiner Decke, gleicht es der Wüste ohne Quell, ohne Schatten. Unsere Schuld brennt darin wie glühend Feuer. Doch du kannst dies Feuer löschen mit dem Blute Christi, du gießt Ströme auf die Wüste. Dein Tau ist wie der Tau des grünen Feldes. Der Durstige kann zur Quelle kommen. Lass deinen Gnadenstrom auch in meiner Herzenswüste fließen und lass es davon grünen und blühen, dass wenn du kommst du grüne Auen findest und richtige Steige. Amen. (Fr. Ahlfeld)

Matthäus 3,13.

Zu der Zeit kam Jesus aus Galiläa an den Jordan zu Johannes, dass er sich von ihm taufen ließe.

Unsere ganzen Andachten haben sich in der Weihnachts- und Neujahrszeit mit dem Kindlein beschäftigt. Nun werden wir plötzlich hinübergerückt in das dreißigste Jahr des Herrn! Als ein Mann steht er vor uns. Die ganze Jugend liegt, den einen Lichtpunkt im Tempel zu Jerusalem ausgenommen; verborgen und verschlossen dazwischen. Der neugierige Mensch möchte gern wissen, wie diese dreißig Jahre ausgefüllt worden sind, wie diese echte Lilie Sarons in der Stille erblüht ist. Die Schrift schweigt. Wir glauben, dass zwar in der Jugendzeit das verborgene göttliche Wesen in manchem Wort aus der Tiefe herausgeleuchtet habe. Wir kennen ein solches Wort: „Wisst ihr nicht, dass ich sein muss in dem, das meines Vaters ist?“ Aber zum vollen, klaren Bewusstsein seines göttlichen Wesens kommt er erst, als er auch menschlich die volle Mannsreife erlangt hatte. Da steht denn der vollkommene Mensch und der vollkommene Gott in zwei Naturen, in doppeltem Geist, und doch in einem Geist, in doppeltem Willen, und doch in einem Willen, vor dem Geschlecht, das so lange geharrt hatte. Diese Zeit der vollen Mannsreife, wo er sich selbst ganz begriffen hat, erwählt Gott, um ihn vor der Welt als seinen Sohn zu beglaubigen.

Herr, himmlischer Vater, du lässt uns sehen, wie dein lieber Sohn heranreift zu dem Helfer und Heiland der Welt. Mache uns reif, dass wir ihm nachwandeln auf seinem Weg. Wir gleichen so oft den unreifen Kindern, die bald da bald dort suchen was ihnen gefällt, und über den Blumen am Weg das Ziel vergessen. O lass uns an Christo lernen, mit klarem Bewusstsein dem Ziel entgegenzugehen, ob auch der Weg dahin durch die Wüste und das Taufwasser des Jordan, durch Trübsal und Buße führt. Willst du uns Freude und Glück schenken, gib uns auch ein dankbares Herz dazu, das durch deine Liebe nur immer enger sich an dich binden lässt. Soll die Trübsalshitze uns drücken, so lass auch in ihr uns nicht verdorren, sondern heranreifen und Frucht geben. Dazu ordne unseren Willen dem deinen unter und mache uns zu gehorsamen Gliedern deines Reiches. Amen.

Matthäus 3,14.15.

Johannes wehrte ihm und sprach: Ich bedarf wohl dass ich von dir getauft werde; und du kommst zu mir? Jesus aber antwortete und sprach zu ihm: Lass es also sein; also gebührt es uns, alle Gerechtigkeit zu erfüllen.

Das ist ein unerschöpfliches Wort über sein Amt. Horcht, der Sohn Gottes ist in die Welt gekommen, alle Gerechtigkeit zu erfüllen und das ganze Gesetz zu halten. Er ist von einem Weib geboren, und unter das Gesetz getan. Er ist wie jedes Knäblein aus Israel am achten Tag beschnitten worden. Er ist wie jeder Erstgeborene bei der Darstellung im Tempel von seiner Mutter gelöst worden, ob er gleich der Erlöser aller Welt ist. Er ist in die Synagoge und in den Tempel gekommen, ob er gleich selbst der Tempel und der Altar ist, in dem und auf dem fort und fort das Opfer der Versöhnung brennt. Doch fragt ihr wohl, was dann die Taufe Christi bedeuten solle. Schuld war an ihm nicht abzuwaschen. Vergesst nie, dass er nicht für sich allein da steht. Er ist der Vertreter unseres ganzen Geschlechtes, des Menschen Sohn. Er ist der Anfänger des neuen Geschlechtes, der neue Adam. In ihm steigt das ganze Geschlecht hinunter in die Jordansflut, um als ein reines und neues wieder emporzusteigen. An Allem will er mit uns und für uns Teil haben außer an der Sünde. Er deutet uns ferner damit an, dass er für uns hinuntersteigen will in die Todestiefe, um unsere Unreinigkeit und unseren Tod hinunterzutragen, und die Gerechtigkeit und das Leben wieder heraufzubringen. Alle unsere Gerechtigkeit will er erfüllen.

Herr unser Gott, erhalte uns in der Demut. Wenn wir voll sind von uns selber, haben wir keinen Raum für dich, und deine Gnade und Herrlichkeit hat keine offene Tür in unser Herz. Wenn wir aber unsere Armut fühlen und unsere Hände nach dir ausstrecken, dann bist du barmherzig und treu und füllst die Elenden mit großem und ewigem Gut. Herr, unser Gott, alles dessen sich Menschen rühmen aus sich selber und aus der Welt, ist Schein und vergeht wie ein Hauch und Rauch. Der Mensch ist in seinem Leben wie Gras, und alle seine Herrlichkeit ist wie des Grases Blume. Nur was du uns schenkst, bleibt in Ewigkeit. Lass uns von deinem lieben Sohne, unserem Herrn und Heiland, lernen, deinem Geist Raum zu geben und unser Herz deiner Gnade und Herrlichkeit offen zu halten. Amen.

Matthäus 3,16.

Und da Jesus getauft war, stieg er bald herauf aus dem Wasser; und siehe, da tat sich der Himmel auf über ihm. Und er sah den Geist Gottes gleich als eine Taube herabfahren, und über ihn kommen.

Jedes Wort in diesem Bericht ist hier ein güldenes Kleinod. Zuerst heißt es: „Siehe da tat sich der Himmel auf.“ Wer will sich dies vorstellen? Wenn wir sagen: „Eine heilige, leuchtende Kluft ward in das Dunkel da oben gerissen, o so reden wir doch nur mit armen menschlichen Worten. Aber fest und klar können wir sagen: „Der Himmel ist offen geblieben.“ Er ist offen, denn der Sohn Gottes ist vom Himmel ausgegangen und gekommen in die Welt. Und wie über dem erstgeborenen von vielen Brüdern, so ist er auch über diesen Brüdern offen. Auch dir ist er offen, wenn du ein Kind Gottes bist und Glauben hast. Zum Anderen hören wir, „und Johannes sah den Geist Gottes gleich als eine Taube herabfahren und über ihn kommen.“ Jetzt noch allein über ihn. Bald sollten die Tage kommen, wo er ausgegossen wurde über Alle, die an ihn glaubten. Warum aber erscheint der Geist dem Auge des gläubigen Täufers wie eine Taube? Darin soll sein schnelles Kommen abgebildet werden, denn er ist an den Pforten des Menschenherzens, man weiß nicht wie. Damit soll aber auch die Sanftmut und Lauterkeit des heiligen Geistes im Gegensatz zum Geist der Welt und des Fleisches abgebildet werden. Der Geist der Welt und des Fleisches schwingt sich auch schnell dahin. Aber wenn er einmal eine Gestalt gewönne vor unseren Augen, dann möchte er wohl wie Raben und Raubvögel dahinfahren.

Lieber himmlischer Vater! In der heiligen Taufe hast du auch uns den Himmel erschlossen, wir danken dir, dass du ihn uns um deines Sohnes willen nicht wieder zugeschlossen hast. Ob wir es auch nicht verdient haben, du hältst in deiner Gnade uns doch allezeit den Zugang zu dir offen und segnest uns aus deinem Himmel mit unverdienter Barmherzigkeit. Du willst ihn offen halten, damit wir als reuige Kinder dich immer wieder finden, wenn uns die Erde lieber geworden als der Himmel. O lass ihn uns offen finden, so oft wir dich suchen. Und wenn einst die Welt uns die Türe zuschließt, dann führe uns in den offenen Himmel, dass wir allezeit darin bleiben. Dazu stärke aber auch in uns deinen Geist, der ja auch in der Taufe uns geschenkt ist. Lass ihn die Taube sein, die das Ölblatt des Friedens uns reicht, wenn die Fluten des Verderbens hoch gehen und das Herz nach Erbarmung sich sehnt. Seiner Leitung befehlen wir uns heute und allezeit. Amen.

Matthäus 3,17.

Und siehe, eine Stimme vom Himmel herab sprach: Dies ist mein lieber Sohn, an welchem ich Wohlgefallen habe.

In der Hauptsache war diese große Offenbarung ein Zeugnis für das Menschengeschlecht. Wir sollten eine feste Urkunde haben. Dem wahrhaften Mann, jenem Johannes, der auch vor den Königen und Mächtigen der Erde von der Wahrheit keinen Finger breit abwich, war das große Geheimnis anvertraut. Er sollte es ausbreiten unter dem Volke Israel. Er hat es auch getan, denn wir sehen bald von seinen eigenen Jüngern einen nach dem andern zu Jesu Christo kommen. Von ihm ist die Botschaft zu uns herübergelangt. Alle Menschen suchen Gewissheit über ihr Heil. Du willst wissen, wer dieser Jesus Christus sei, der nun bald von einem Ende der Erde bis zum andern gepredigt wird. Wer soll es dir sagen? Soll dir dein eigener Verstand antworten? Er ist nicht im Himmel gewesen, er kann auch nicht reden von himmlischen Dingen. Hier ist das Zeugnis. Der wahrhaftige Gott hat seinem Sohne selbst eine Beglaubigung mitgegeben. Der Stern, die tote Kreatur hat von dem Herrn zeugen müssen; die Propheten, Simeon und Johannes zeugen von ihm, und endlich hat dir Gott selbst unter alle diese Zeugnisse das Siegel gedrückt. Darum freue dich und rühme, wie einst Philippus gegen Nathanael rühmte: „Wir haben den gefunden, von welchem Moses im Gesetz und die Propheten geschrieben haben, Jesum, Josephs Sohn, von Nazareth.“

Treuer, barmherziger Gott, lass heute mit dem neuen Morgen auch wieder den Morgenstern der Gnade über uns aufgehen. Fache das matte Licht unseres Glaubens mit dem hellen Glanz deines Zeugnisses an. Und so Eines Herz noch hin- und herschwankt in Zweifeln an seinem Heiland und seinem Heil, den nimm du mit an die Ufer des Jordans, den lass den Himmel offen sehen und deine Stimme hören: „Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.“

Gieße ihm dabei in sein Herz den Geist der Demut, dass er sage: „Ich kann, ich will meinen Gott nicht zum Lügner machen. Sein Zeugnis muss wahr sein, und wenn alle Welt dagegen streiten wollte. Es soll auch an meinem Herzen wahr werden.“ So walte du in Gnaden über uns, und mache in deinem Sohne auch uns immer mehr zu deinen Kindern. Amen.

Matthäus 5,17.

Ihr sollt nicht wähnen, dass ich gekommen bin, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen; ich bin nicht gekommen aufzulösen, sondern zu erfüllen.

Es werfen sich viele zu Reformatoren auf, ohne von Gott einen Beruf dazu zu haben. Ihre erste Kunst besteht in der Regel darin, dass sie das Alte tadeln. Sie wollen es niederreißen und ein Neues nach ihrem eigenen Plan bauen. Bald aber zeigt es sich, dass sie auf falschem Grund begonnen haben, und ihr Bauwerk bleibt als ein Trümmerhaufen liegen. Ein solcher Neuerer war der Herr nimmer. Ja, er wollte Neues schaffen. Es sollte aber erbaut werden auf dem Grund, den Gott durch das Gesetz und die Propheten gelegt hat. Das von Gott gegebene Gesetz war gut und durchläutert wie reines Gold. Dennoch konnte es Niemand selig machen, denn Niemand hat es erfüllt. Er, der Gottes- und Menschensohn, der Heilige und Gerechte, der von keiner Sünde wusste, er hat es getan. Er hat es gemacht zu einem heiligen Ganzen; denn die Pharisäer hatten es in lauter einzelne Satzungen zersplittert. Er stellt in die Mitte aller Gebote das Wort: „Du sollst lieben Gott, deinen Herrn, von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüte.“ Das ist der heilige Brunnen mit lebendigem Wasser. Um ihn stehen die zehn Gebote als Bäume, welche ihre Wurzeln da hineinsenken und Kraft und Leben in sich aufsaugen. So gibt Christus dem Gesetz die rechte Fülle. Doch auch aus seinem Leben heraus erfüllt er das ganze Gesetz, mit dem Gehorsam gegen seinen himmlischen Vater. Sein ganzes Leben ist ein großer, heiliger Gottesdienst. Er erfüllt die Propheten. Von all ihrer Weissagung auf ihn ist auch nicht ein Tittelchen unerfüllt geblieben von ihm, dem großen Helfer, dem Gerechten, auf dessen Tag wir uns jetzt rüsten.

Lieber, barmherziger Herr, lass uns recht erkennen und innerlich erfahren, was du für uns getan hast. Du hast die ganze Last unsrer Pflicht auf dich genommen und das Gesetz erfüllt. Du hast dir die ganze Last unsrer Schuld aufgebürdet. Du bist der Freund der die Verlorenen vom Abgrund, der uns Alle wie einen Brand aus dem Feuer gerettet hat. So gib uns nun Gnade, dass wir uns auch diese deine Heilstat fest aneignen. Stärke, du Gottes- und Menschensohn den neuen Menschen in uns. Gib ihm Kraft im heiligen Geist, dass es ihm eine Freude sei, das Gesetz zu erfüllen und den Willen zu tun deines und unseres Vaters im Himmel. Amen. (Fr. Ahlfeld)

Matthäus 5,18.

Denn ich sage euch wahrlich: Bis dass Himmel und Erde zergehe, wird nicht zergehen der kleinste Buchstabe, noch ein Tittel vom Gesetz, bis dass es Alles geschehe.

Seht diesen gewaltigen Gegensatz. Auf der einen Seite steht das große, ungemessene Weltgebäude, die Massen der Schöpfung, von denen sich Menschengedanken kein Bild machen können. Auf der andern Seite steht der kleinste Buchstabe vom Gesetz, das i. Das Weltgebäude, Himmel und Erde werden zergehen, aber jener Buchstabe vom Wort wird nicht zergehen. So groß ist der Abstand zwischen der wandelbaren Kreatur und dem ewigen Worte vom Vater.

Wenn sich denn dies i mit seinem Tippelchen vor dem ganzen Weltgebäude nicht zu fürchten hat, wenn es den Kampf mit ihm aufnehmen kann: dann hat sich sicher die Schrift auch nicht vor ihren Klugen Richtern zu fürchten, welche sie ganz auflösen, welche Christum, ihre Seele, herausnehmen, oder hier und dort mit dem Zahn menschlicher Klugheit ein Stück herausnagen möchten. Gesetz und Propheten werden aufgelöst mit Unglauben, mit falscher Lehre und Verflachung. Aber wer nur eins von diesen kleinsten Geboten auflöst und lehrt die Leute also, der wird der kleinste heißen im Himmelreich. Da wird mancher große Gelehrte der kleinste heißen, oder kaum der kleinste; denn viele haben es nicht bei einem von diesen kleinsten Geboten bewenden lassen.

Herr, unser Gott, habe Dank für dein teures Wort, diese einzige feste Insel mitten in dem wogenden Meer des menschlichen Irrtums. Ach Herr, was hätten wir denn, wenn wir dein Wort nicht hätten? Aus einer Meinung und Vermutung würden wir der andern in die Arme geworfen. Unser Heil wäre verborgen und ungewiss, und der Weg dahin noch ungewisser. Aber du hast dich unserer erbarmt. Du hast auf die Klippe den Leuchtturm gebaut, der immer gleichen Schein gibt, und der uns deutlich die Straße nach der seligen Heimat zeigt. In deinem Lichte sehen wir das Licht. Nun gib uns nur Demut und Glauben, dass wir solches Licht auch für dein Licht nehmen, uns desselben freuen, und durch die tausend Irrlichter aus dem Pfuhl der Welt nicht irre machen lassen und endlich in Kraft dieses Lichtes als die Kinder des Lichtes auch im Lichte wandeln. Amen. (Fr. Ahlfeld)

Matthäus 5,19.

Wer nun Eins von diesen kleinsten Geboten auflöst, und lehrt die Leute also, der wird der Kleinste heißen im Himmelreich.

Das Gesetz ist für die in dem Herrn Wiedergebornen eine Anweisung, wie sie zu seiner Ehre wandeln sollen. Da heißt es denn für uns: „Wir haben das Gesetz zu erfüllen!“ Es ist aber den Kindern Gottes kein Gesetz mehr, sondern es ist der gute und gnädige Wille ihres lieben Vaters im Himmel. Wir aber antworten in unserer Schwachheit: „Wie soll ich es erfüllen? Mag es ein Gesetz oder väterlicher Wille sein, ich bin, wenn auch ein Kind, doch ein armes schwaches Kind. Wer gibt mir Kraft zu solchem Leben in Gott?“ Hier stehen wir an den offnen Weihnachtspforten. Er, von dem es heißt: „Ich bin gekommen“, ist nicht allein gekommen, er kommt noch. Die Christzeit ist vor der Tür. Der Herr hat das Gesetz und die Propheten vor dir und für dich erfüllt, er erfüllt sie auch in dir und durch dich. Seine Kraft ist in dem Schwachen mächtig. Was dem Gesetz unmöglich war, nämlich ein neues Herz zu schaffen zu fröhlichem Gehorsam, das tut der Sohn Gottes, der heilige Erneuerer. Der Herr will es in dir tun, wenn du nur glaubst, wenn du nur seine Gnadenmittel fleißig brauchst, wenn du nur fleißig bittest um seinen heiligen Geist. Er ist deine Stärke. Er ist es, welcher in dir wirkt Beides, das Wollen und das Vollbringen, nach seinem Wohlgefallen.

Herr Jesu Christe, du bist der, der da kommen soll. Wir wollen und können keines Andern warten. Durch deine gnädige Zukunft soll das Land der Gerechtigkeit voll werden wie Wasser, die das Meer bedecken. So komm denn, zeuch ein zu deinen Toren, sei meines Herzens Gast, Der du die ganze arme Erde nicht verschmähet hast, verschmähe auch diese arme Welt nicht. Erfülle unsere Herzen mit deinem köstlichsten Gut. Gib Gnade, dass wir dich im Glauben annehmen und in dir ergreifen die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt. Und dann feiere in uns deinen Advent auch damit, dass diese Gerechtigkeit immer mehr unsere eigne werde, und unser Leben erneuert und gestaltet werde in dein heiliges Leben. Ja komm, Herr, führe uns und die Unsern auch heute auf deinen Wegen. Amen. (Fr. Ahlfeld)

Matthäus 7, 15.

Seht euch vor vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen, inwendig aber sind sie reißende Wölfe!

HErr JEsus Christus, erbarme Dich über uns, dass wir herauskommen aus allerlei Schein, Lüge und Heuchelei! Pflanze und gründe uns in die Wahrheit: denn wir sind Dein, und Du bist die Wahrheit. HErr, gib uns eine gründliche Erkenntnis unseres Heils, gib uns auch einen rechten Ernst, Dich zu bekennen und Dir nachzuwandeln! Befreie Du uns von Menschenknechtschaft! Lass uns nicht mehr abhängen von der Meinung, vom Wort und dem Augenwinken der Leute! Gib uns in Dir die gottselige, evangelische Freiheit und Klarheit, welche hindurchschaut durch die Maske, welche mit dem Schwert des Wortes den Nebel aller Lüge und Heuchelei durchschneidet und unbeirrt vor Deinem heiligen Angesicht ihren Gang geht! „Hüter, wird die Nacht der Sünden Nicht verschwinden? Hüter, ist die Nacht schier hin? Wird die Finsternis der Sinnen Bald zerrinnen, Darin ich verwickelt bin? Möcht ich, wie das Rund der Erden lichte werden! Seelensonne gehe auf! Ich bin finster, kalt und trübe: JEsu, Liebe, Komm, beschleunige den Lauf.“ Amen. (F. Ahlfeld.)

Matthäus 8,1.2.

Da er aber vom Berge herabging, folgte ihm viel Volks nach. Und siehe, ein Aussätziger kam, und betete ihn an, und sprach, „Herr, so du willst, kannst du mich wohl reinigen.“

Der Herr hatte auf dem Berge seine Antrittspredigt gehalten. Du kannst sie lesen in den drei Kapiteln, die unserem Text vorangehen. Sie war nun aus. Jesus stieg vom Berge, von seiner Kanzel, herab. War er nun fertig? Er hatte ja eine so treffliche Predigt gehalten, war denn das nicht genug? Nein. Ins Leben muss das Evangelium hinein. Er hatte gepredigt: „Selig sind, die da Leid tragen, denn sie sollen getröstet werden.“ Da kommt ein Leidträger, ein Aussätziger, und er tröstet ihn; nicht mit armen schalen Worten, sondern mit tatsächlicher Hilfe. Zumeist ergreifen wir das Evangelium zuerst mit dem Kopf, mit dem Verstand. Wir erkennen seine Wahrheit mit unserem Denken. Und wenn wir nicht Alles damit ergründen können, erscheint uns doch das, was wir begreifen, so groß und herrlich, dass wir darum das, was wir noch nicht begreifen, gern glauben. Unser Christentum ist zuerst meistenteils ein Christentum in Gedanken, im Kopf. Das ist auch die Weisheit auf dem Berge. Dabei kann es aber nicht stehen bleiben. Herunter muss es von dem Berge in die Ebene. Und wo ist die Ebene? Das Herz, das Leben, die lebendige Tat ist die Ebene. Ist nun Christus bei dir von dem Berge schon herabgegangen? Er muss aber herunter kommen ins Herz, wenn in dir wirklich neues Leben gedeihen soll. Ihr seid oft in der Kirche gewesen. Ihr habt euch an mancher Predigt erbaut und habt ihr etwa nachgerühmt: „Die ging recht ins Herz, die traf recht!“ Aber wenn ihr nach Hause. kamt, nahm dann euer Leben eine andere Gestalt und Farbe an? Sah man es denn, dass Christus euer Herz gerührt hatte? In den meisten Fällen müsst ihr antworten: „Nein, ich stimmte ganz wieder meine alte Weise an.“ Es war nachher wie vorher. Das Herz blieb in der Welt. Da seid ihr mit oben gewesen bei Christo auf dem Berge, aber er ist nicht mit heruntergekommen.

Ja Herr, das Leben, das ganze Leben muss dein heiliges Evangelium durchdringen. Wie die Luft den ganzen Körper durchzieht, wie sie in die Tiefen der Erde und des Meeres Wege findet, soll dein heiliger Lebensodem Alles erfüllen und heiligen. Ach, Herr, gib uns heute das Gefühl deiner heiligen Nähe. Gib uns solch Wohlgefallen an deinem Geleite, dass wir dich immer bei uns haben wollen, auch wo wir nicht durch den Sonntag, den Glockenklang und das Evangelium in deine Nähe gerufen sind. Amen.

Matthäus 8,3.

Und Jesus streckte seine Hand aus, rührte ihn an, und sprach: „Ich will es tun, sei gereinigt!“ Und alsobald ward er von seinem Aussatz rein.

Ein Aussätziger steht vor Jesu. Er hätte eigentlich nicht herankommen dürfen. Nach der Ordnung durfte er nur von ferne stehen, und ihn um Hilfe anschreien. Er meint aber, wenn er ihm recht unter die Augen trete, wenn Jesus seinen jämmerlichen Zustand recht klar sähe, werde er ihm desto sicherer helfen. Doch stellt er es in Demut ihm anheim. Es ist leicht, sich im Allgemeinen zu Christo zu bekennen, und ihn seinen Heiland, seinen Helfer zu nennen. Aber gerade in jeder einzelnen Not, sie sei so klein, sie sei so groß, wie sie wolle, in ihm den Helfer zu glauben und zu sehen, das ist schwer. Deinem Arzte zeigst du jedes kranke Glied, und wenn es ein Nagel am kleinen Finger wäre, vor. So sollst du auch mit jedem einzelnen Übel vor deinen Herrn hintreten. Es drückt uns da ihm gegenüber eine törichte Vornehmheit. Wir meinen, wir wollen es bloß im Allgemeinen sagen. Wir wollen ihn nicht behelligen mit allen unseren kleinen Klagen. Woher rührt aber diese Vornehmheit? Aus Unglauben. Wir glauben noch nicht fest an ihn als unseren Heiland. Er hat in uns noch keine Gestalt gewonnen. Ein Kind klagt seinen Eltern all sein kleines Leid. Oft ist die Reihe gar lang. Es fürchtet aber nicht, dass sie die Geduld verlieren; es fürchtet nicht, dass ihnen Etwas zu klein sei. Es meint, die Liebe, die sie zu ihm haben, macht Alles groß. Und Elternliebe zum Kind ist nur ein armer Funken von der Liebe des Heilandes zu dir. Schütte du auch dein Herz vor ihm aus. Behalte nichts dahinten. Du selbst kannst dir in keinerlei Not helfen.

Herr Jesu Christe, dein ganzes Leben legt Zeugnis ab, dass du gern hilfst. Hat dich doch gejammert der armen Menschheit, dass die Liebe dich trieb, ihr Helfer und Heiland zu werden. Und wie oft haben wir es schon an uns erfahren dürfen, wie jener Aussätzige, dass du auch heute noch helfen willst und kannst über alles Bitten und Verstehen. Ach, es gibt so manche Sorgen, die uns bewegen. Du kennst sie wohl, auch ohne dass wir sie dir nennen. Aber gib uns doch das rechte kindliche Herz, dass wir sie betend vor dich bringen. Auch für den heutigen Tag bitten wir dich um dein Erbarmen, gehe du mit uns und allen den Unsern. Lass uns auch im Kleinsten, was uns begegnen wird, deine heilige Nähe spüren, die du dem Aussätzigen nicht entzogen, und sprich zu unseren Bitten dein gnädiges: „Ich will es tun.“ So treten wir denn mit dir von neuem an unsere Arbeit und befehlen uns der Führung deiner Hände. Amen.

Matthäus 8,5.6.

Da aber Jesus einging zu Kapernaum, trat ein Hauptmann zu ihm, der bat ihn, und sprach: „Herr, mein Knecht liegt zu Hause und ist gichtbrüchig, und hat große Qual.

Der Glaube schreitet fort von Israel zu den Heiden. Dieser Hauptmann war ein Heide. Israel hatte ein Recht an Christum. Dieser nimmt sich im fröhlichen Glauben das Recht. Er kann seinen Kranken nicht persönlich vor Jesum bringen, er bringt ihn in der Fürbitte. Er bittet nicht für sich, er bittet für seinen Knecht. An diesem Hauptmann sehen wir eine köstliche Völligkeit des Glaubens an Christum. Ihr habt schon Lilien gesehen, wo drei oder vier Blumen in einem schönen Büschel zusammengewachsen waren. Solche evangelische Blumenkrone sehen wir hier vor uns. Die Hauptblume ist sein Glaube. Der Mann hatte der Abkunft nach keinen Teil an Christo. Aber durch Nichts ließ er sich abhalten. Er wollte auch Teil an ihm haben, und sein armer, kranker Knecht auch. Und die zweite Blume war die brüderliche Liebe. Sein Knecht lag todkrank. Es mag ein frommer Knecht gewesen sein. Aber der Herr ist solches Knechtes wert. Sieh, er geht selbst. Er hätte Andere schicken können. Aber er geht selbst. Es mag ihn auch die Sehnsucht getrieben haben, Jesum selbst zu sehen. Hast du denn um Knecht und Magd, um Gehilfen und Diener und Lehrling deinen Herrn auch schon gebeten? Bist du denn um deine Leute auch schon einen Weg an die Himmelspforte gegangen? Siehe, jener römische Hauptmann tut es, er hat Liebe genug dazu, du sollst sie auch haben. Die dritte Blume an der Krone ist die Demut. „Ich bin nicht wert, dass du unter mein Dach gehst“, spricht der Hauptmann. Aber die Juden, die sonst den Römern nicht wohl redeten, sprachen: „Er ist es wert, dass du ihm dieses erzeigst.“ O wohl dem, der sich selbst nicht wert achtet, den aber die Nachbarn wert achten und rühmen.

Lieber treuer Herr, stärke auch in uns den Glauben an deine allmächtige Hilfe. Wir wollen so oft verzagen, weil wir denken, du bist ferne. Aber deine Hand ist nicht schwach geworden. Wie sie hinreichte an das Krankenbett jenes Knechtes, so reicht sie noch vom Himmel bis zur Erde, bis in das verborgenste Häuschen.~ Stärke auch in uns die brüderliche Liebe, die sich auch der Armen und Untergebenen fürbittend annimmt, und dich auch für sie aufsucht. Du weist den fürbittenden Heiden nicht ab, du wirst uns, deine Glieder, um so mehr annehmen. Stärke aber auch die Demut in uns, die alle deine Gnadenerweisungen als unverdiente Hilfe erkennt und immer dankbarer dich bekennt als den, in welchem das Heil der ganzen Welt gekommen ist. Amen.

Matthäus 8,26.

Da sagte Er zu ihnen: Ihr Kleingläubigen, warum seid ihr so furchtsam?

Ist der HErr Jesus der Steuermann in unserem Lebensschifflein, dann brauchen wir Sturm und Wellen nicht zu fürchten. Wie oft haben wir schon Seine rettende Macht erfahren dürfen! Wenn die kalten Nordwinde der Sorge durch dein Herz wehten, sind Sabbatsstunden gekommen, wo der Glaube dir sagt: „Er lebt und regiert ja noch.“ Da ward es ganz still. Wenn die Angst vor Gottes Gericht dein Herz durchwühlte, wie ein Sturm die Tiefen des Meeres durchwühlt, und du konntest Christum in dir aufwecken, konntest gläubig zurückkehren zu Ihm, der Sich um unserer Sünde willen dahingegeben hat, dann ward es ganz still. Sobald Er am Steuer steht, bekommt das Schiff die rechte Richtung. Er steuert mit den Jüngern dem Land zu. Das Land, das einzig feste Land ist die Gnadenheimat der Kinder Gottes. Keine Flut zerstört dieselbe. Vor dem Ufer dieses Landes müssen wir noch einmal durch eine harte Brandung schiffen. Hoch gehen da die Wellen. Doch habe nur Deinen HErrn im Schiff und auch hier wird es still werden! Wenn endlich die Stimmen der Angst in Dir schweigen, dann wird laut die Stimme des Lobes und Preises: „Was ist das für ein Mann, dem Wind und Meer gehorsam ist!“ Dann ist dein Herz erfüllt von dem Ruhm:

„Du hast mir die Bahn gebrochen,
Hast die Fluten überwunden,
Hast mich aus der Stürme Nacht
Sicher an das Land gebracht!
Preis sei Deiner Gnad und Macht!“ Amen. (Fr. Ahlfeld.)

Matthäus 11,2.

Da aber Johannes im Gefängnis die Werke Christi hörte, sandte er seiner Jünger zwei und ließ ihm sagen: Bist Du, der da kommen soll, oder sollen wir eines Anderen warten?

Soll nach dem Wunsch deines Herzens wirklich Einer kommen? Erscheint es dir denn als nötig, dass ein solcher Ungenannter und doch heiß Ersehnter in das Menschengeschlecht eintrete? Welche Antworten wird es da geben, wenn wahr geantwortet wird! Wir haben ganze Scharen von Namenchristen, welche sagen: „Es ist mir ganz gleichgültig, ob Einer gekommen ist, oder ob noch Einer kommen wird. Wenn Einer käme, der mir ankündigte: Du hast das große Los gewonnen, oder du sollst ein reiches, einträgliches Amt haben, oder du sollst überhaupt so mit Gütern dieser Welt ausgestattet werden, dass allem Mangel für alle Zeit abgeholfen und für alle Fülle und Lust auf alle Zeit gesorgt ist: der wäre der, der da kommen sollte.“ Nach solchem Mann schlagen die Herzen jetzt viel mehr hin als nach dem Mann des Heils. weg mit diesen elenden Fragen! Wenn dir alle deine andern Fragen und Wünsche mit Ja beantwortet sind, so bleibt diese große Frage: „Ist denn wirklich ein Heiland gekommen? Ist denn mein Heiland gekommen?“ doch übrig. Es ist die erste und die letzte Frage in der Geschichte.

Alle Geschlechter haben an ihr gearbeitet. Kein Einzelner kommt über sie hinweg. Jedem muss sie einmal Lebensfrage werden. Wenn du sie auch lange bei Seite geschoben hast, es kommt doch eine Stunde, wo dir, gerade wie dem Johannes, keine andere mehr übrig bleibt. Wehe dem, der zu spät fragt, wenn der Tod eben an die Tür pocht, sich erst nach dem Helden umsehen will, in dessen Kraft er Tod, Teufel und Hölle überwinde.

Herr Jesu Christ, wir sind Glieder deiner Kirche, wir sind dein teuer erkauftes Eigentum. Du hast unser Leben eingeschlossen in dein gnädiges Heilsjahr. Wir wissen, wie mächtig sich die Zeit neigt, und wie es dem Abend, und dem Gericht entgegengeht. Und doch sind wir so lau. Und doch ist so wenig Danken für deine Geburt und so wenig Zittern vor deiner Zukunft in der Gemeinde. Leben doch die meisten Christen, als ob sie ewig lebten, als ob das Wort von deiner Zukunft und deinem Gericht ein Märlein wäre. O lieber Herr, erbarme dich unserer Aller. Lass uns durch dein Wort im heiligen Geist recht lebendig erkennen, wer wir sind, und wer du bist. Und wenn wir beides wissen, dann ziehe uns mit deiner göttlichen Majestät und Liebe in die Demut, auf dass wir uns dir in die Arme werfen, uns von dir nehmen lassen, und dich nehmen und dich behalten, bis wir ewig dein Eigentum geworden sind. Amen.

Matthäus 11,4.5.

Geht hin und sagt Johanni wieder was ihr seht und hört: Die Blinden sehen und die Lahmen gehen, die Aussätzigen werden rein und und die Tauben hören, die Toten stehen auf und den Armen wird das Evangelium gepredigt.

Der Prophet Johannes musste wissen, was seine Vorgänger, die Propheten, von Christo geweissagt hatten, darum musste ihn auch diese Antwort befriedigen; denn sie weist hin auf die Verheißungen des Jesaias von dem der da kommen sollte. Und wahrlich, die Erfüllung passt auf die Weissagung wie die rechte Hand auf die linke, ja sogar in zwiefachem Sinne. Die Blinden sehen. Die, denen Star und Nacht auf dem auswendigen Auge lag, bekamen Licht, und um die, so in Finsternis und Schatten des Todes gewandelt hatten, schien es helle. Die, denen kein Laut mehr in die Ohren drang, hörten recht; und die, welche bisher gegen Gottes Wort so taub gewesen waren wie Kieselstein, hatten Ohren dafür. Der Leibesaussatz ward geheilt; und der alte Aussatz der Seele, die Sünde, wich auch vor dem Arzt. Die da lahm waren an den Füßen, konnten gehen; und die vorher nach beiden Seiten gehinkt, die halb Gott und halb der Welt gedient hatten, die wandelten recht. Die Toten stehen auf. Wir kennen drei, die der Herr vom leiblichen Tod erweckt hat. Wer will aber die zählen, die er geistlich auferweckt hat? Ja, er hat solche auferweckt, über denen die Erde und ihre Last höher und schwerer lag, denn die Grabesdecke über den Begrabenen.

Gott, wir danken dir, dass du uns heute von neuem den Tag erleben lässt, und dass nach treu bewachter Nacht wir wieder gesund und frisch erwacht sind, unser Werk zu treiben auf Erden. Lass aber neben der alten Sonne, die heute wieder neu über uns aufgeht, uns die rechte Lebenssonne nicht vergessen. Denn, so wahr du die Sonne am Himmel dazu bestimmt hast, die Erde zu erleuchten und zu erwärmen, und zu geben Zeichen, Zeiten, Tage und Jahre: so wahr ist Christus die einzige Sonne der Gerechtigkeit, von dir gesetzt und geordnet, den inwendigen Menschen zu erleuchten und zu erwärmen, und ihm zu geben Zeichen, Zeiten, Tage und Jahre. Es geht keine andere Gnadensonne auf. Sie hat mit ihrem Lichte genugsam von sich gezeugt. so hilf, dass sie auch uns allezeit mit ihrem Glanze ins Herz scheine. Amen.

Matthäus 11,6.

Selig ist der sich nicht an mir ärgert.

Die Jünger des Johannes hatten Jesum erkannt. Sie hatten gefragt, sie hatten seine Antwort gehört und gesehen. Sie waren überwunden. Sie gehen mit festem Schritt zu ihrem Meister zurück. Der glaubt auch. Sein Zagen ist gestillt, der Versucher ist zurückgeworfen. Er fragt nie wieder. Willst du mehr als Johannes? Willst du noch am Wege stehen und auf das Wetter warten, bis ein wärmerer Odem dich anwehe? Es gibt keine Wahrheit über diese Wahrheit, keine Majestät über diese Majestät, keine Liebe über diese Liebe. Willst du eines Andern warten? Sage doch an, wie soll er denn sein? was soll er denn bringen? Ärgerst du dich an Christi Lehre, so liegt die Schuld an deiner eigenen trotzigen Weisheit, die sich von Gott nicht will zurechtweisen lassen. Ärgerst du dich an seiner armen Gestalt, so ärgerst du dich an der Liebe Christi, der sich so tief erniedrigte. Ärgerst du dich an seinem Mittlerverdienst, so ärgere dich lieber an deinem Hochmut, der die Gnade nicht annehmen will und doch kein eigenes Verdienst hat, mit dem er vor Gott bestehen könnte. Ärgerst du dich an Christi Forderungen, dass du dich selbst verleugnen und dein Kreuz auf dich nehmen sollst, so ärgere dich lieber an deinem Stolz, der dich behalten will wie du bist, der von Selbstverleugnung Nichts hören will. - Es heißt hier einmal: „Entweder diesen Heiland oder keinen.“ Christus ist der Weg, die Wahrheit und das Leben.

Herr, mein Gott und Heiland, du bist unser Bruder geworden, und doch hat die Fülle der Gottheit in dir leibhaftig gewohnt. Und so ist es noch. Du bist erhöht zur Rechten Gottes nach deiner ewigen Gottheit und nach deiner verklärten Menschheit. Das danken wir dir und sind fröhlich in unserer Armut und in deiner Herrlichkeit. Wir haben dich, unsern Bruder, zur Rechten Gottes. Du kennst unsere Schwachheit und die Anfechtung des alten Feindes. Doch hast du Mitleid mit unserer Schwachheit. Du bist der ewige Gottessohn. Darum hast du Macht, deine armen Gläubigen zu erretten aus allen Trübsalen des Leibes und der Seelen. Darum rufen wir dich an, du Gottmensch, schaffe und hilf im heiligen Geist, dass wir rechte Menschen Gottes werden. Amen.

Matthäus 11,10.

Dieser ist's, von dem geschrieben steht: Siehe, ich sende meinen Engel vor dir her, der deinen Weg vor dir bereiten soll.

Als die heilige und selige Einigkeit mit Gott durch die Sünde zerstört war, da war es auch im Paradies aus mit dem Paradies. Sie konnten übrigens auch nicht an der alten Stätte bleiben. Wer will denn in den Ruinen eines niedergebrannten Hauses sitzen bleiben? Und hier waren ganz andere Ruinen. Jeder Baum, jedes Tier und jeder Hauch des Abendwindes redete von der verlorenen Herrlichkeit, jedes Blatt war ein flüsterndes Gewissen geworden. Es trieb sie hinaus. Der Engel mit dem blanken hauenden Schwerte vollendete nur, was in ihnen selbst vorgegangen war. Der Engel rief unsern Stammeltern zu: „Geht hin und erfahrt, was ihr euch mit eurer Sünde erworben habt. Fühlt, wie die Dornen und Disteln drinnen und draußen stechen!“ Aber der Gott, welcher nicht ewiglich hadert, noch immerdar Zorn hält, hat ein neues Eden gebaut, horch, er hat wieder einen Engel, welcher die Dornen und den Verhau vor dem neuen Paradies wegräumen soll. Johannes ist der Engel. Er hat gerufen ehe der Herr kam. Er ruft jede Adventszeit. Er steht eben vor dem neuen Paradies. Er ruft Jung und Alt, er ruft auch dich, der du in der Sünde alt und grau geworden bist. O lass ihn nicht vergeblich rufen.

Herr Jesu Christe! In dieser heiligen Zeit jubelt die Kirche deiner Ankunft entgegen. Die alten, hohen Prophetenstimmen erklingen: Zion du Predigerin, steige auf einen hohen Berg. Jerusalem, du Predigerin, hebe deine Stimme auf mit Macht; hebe auf, und fürchte dich nicht; sage den Städten Juda: „Siehe hier ist dein Gott.“ Auch wir stimmen mit ein in deinen Preis, weil du uns die Pforte des Paradieses öffnen willst. Mache uns denn eifrig auf die Worte dessen zu hören, den du als deinen Engel vor dir hersendest. Erwärme unsere Herzen zu rechtem kindlichen Glauben, es ist ja darin oft viel kälter und winterlicher als jetzt in unserm Lande, ja als im kältesten Winter, dass es uns mit seligen und unauslöschlichen Buchstaben ins Herz geschrieben stehe: „Jesus ist der Christ, mein Mittler, mein Lösegeld, mein Gnadenstuhl, meine Vergebung der Sünden, meine Gerechtigkeit, mein neues Leben und meine Tür in das ewige Leben.“ Amen.

Matthäus 16,24.

Da sprach Jesus zu seinen Jüngern: Will mir Jemand nachfolgen, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich, und folge mir.

Wir wollen Jesu nachfolgen. Also müssen wir auch, wenn es anders unser Ernst ist, unter seine Fahne. Seine Fahne ist das Kreuz. Das Kreuz ist eine durchbrochene Welt; der Strahl von oben hat sie zerspalten. Wie kommt es aber, dass Kreuz und Christus so eng zusammengehören? Du wirst es erfahren, wenn du anfängst dich selber zu verleugnen. In dir sind zwei Personen, von denen die eine die andere verleugnen soll; das ist der alte und der neue Mensch, das ist die Welt und Christus in dir. Jedes ist ein Ich in dir. Das eine sagt: Leben, gewinnen, genießen, an heute denken, den Tag in seinen Freuden auskaufen, seinen Willen haben, sich Nichts abgehen lassen. Dieses falsche Ich, das dir der Feind in deine Seele gepflanzt hat, sollst du verleugnen. Du sollst ihm sagen: „Ich kenne dich nicht, ich will nichts von Dir wissen, du bist nicht mein wahres Wesen und Leben.“ Das ist saure Arbeit. Wenn der alte Spötter oder Wüstling oder Hoffärtige oder Geizhals oder Neidhard, oder wie er geheißen hat, an die Tür deines Herzens pocht und herein will, dann schlage sie zu und sprich zu ihm: „Ich kenne dich nicht.“ Treibst du die Verleugnung so, dann kommt das Kreuz ganz von selbst. Kein Christ kann sich über Mangel desselben beklagen. Jede Verleugnung der alten Sünde kostet Herzblut. Aber sei nur getrost und unverzagt. Halte nur aus im Gebet und Kampf, dann ist Christus selbst im Kampfe dir der treueste Helfer.

Herr Jesu Christe! Gib uns den rechten Mut, das Kreuz zu tragen, und uns selbst unter das Kreuz zu wagen. Lass uns erfahren, dass am Kreuzesbaum köstliche Früchte reifen. Weil du dich verleugnet hast und gehorsam geworden bist bis zum Tod, ja zum Tod am Kreuze, darum hat dich auch Gott erhöht und hat dir einen Namen gegeben, der über alle Namen ist, in welchem sich beugen sollen aller Derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind, und alle Zungen bekennen sollen, dass du der Herr seiest, zur Ehre Gottes des Vaters. So willst du uns auch durch das Kreuz zur Krone führen. Was darum der heutige Tag und jeder folgende uns bringen möge, lass es uns in deiner Kraft tragen und mache uns das Kreuz immer lieber als das Zeichen in dem wir siegen sollen. Amen.

Matthäus 21,5.

Sagt der Tochter Zion: Siehe, dein König kommt zu dir sanftmütig, und reitet auf einem Esel, und auf einem Füllen der lastbaren Eselin.

Es ist ein eigener Königszug, den der heutige Sonntag uns vorstellt. Der Herr zieht von Jericho her nach Jerusalem. Es ist aber keine Gestalt noch Schöne, die uns gefallen hätte. Das Tier auf dem er einzieht ist ein geborgtes. Zwei Jünger müssen eine Eselin in Bethphage ablösen und zu ihm führen. So zieht er nicht ein auf prächtigem Königsrosse, sondern wie Sacharja es geweissagt hatte, auf verachtetem Tiere. Wenn sonst die Könige in ihre Stadt oder Burg zogen, wurden die Wege belegt mit köstlichem Tuch und Decken, dass sie darüber hinritten. Hier breitete das arme Volk seine Kleider, die wenig gemein hatten mit Königsteppichen, auf den Weg. Sonst gingen und ritten dem König seine Herolde voran. Hier ziehen arme Kinder voran, sie ziehen mit ihm zur Stadt und zum Tempel hinein, und verkündigen seine Ehre. Und doch, wer die stillen, verborgenen Züge aus diesem Bilde herauslesen kann, muss sagen: es war ein wunderbarer Zug. Was zog diese Haufen an ihn? Was scharte die Kinder um ihn? Was bewog jenen Mann, auf das bloße Wort: „der Herr bedarf ihrer“, sein Tier zu lassen? Es war die in Christo verborgene Fülle der Gotteskraft: die Alle fühlen ließ: Siehe, dein König kommt zu dir!

Herr, barmherziger Heiland, wir danken dir, dass du in solcher Niedrigkeit zu uns kommst. Du hast deine Herrlichkeit verlassen um unsertwillen. In deinem Leiden willst du ja meine Sünde tilgen und meine Schuld tragen, darum wählst du die Dornenkrone statt der Ehrenkrone. Du willst unsern Glauben an dich wecken, darum kommst du nicht in Macht und Herrlichkeit, nicht in der Majestät, die Welt und Herzen zerscheitert wie der Blitz einen dürren Baum, sondern sanftmütig. Du willst uns anzeigen, welcher Art dein Reich sei. Es ist nicht von dieser Welt. Hoch und groß kann darin nur sein, was um des Herrn willen klein geworden ist. Lass uns auch klein werden angesichts deiner Niedrigkeit, dass du auch uns mit sammelst zu deinen Untertanen und uns eine Stätte gibst in deinem ewigen Reich. Dazu segne diese Adventszeit, dazu das ganze heute beginnende Kirchenjahr aus Gnaden. Amen. (Fr. Ahlfeld)

Matthäus 21,8 u. 9

Aber viel Volks breitete die Kleider auf den Weg; die andern hieben Zweige von den Bäumen und streuten sie auf den Weg. Das Volk aber das vorging und nachfolgte schrie und sprach: Hosianna dem Sohne Davids; gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn! Hosianna in der Höhe!

Gehe einmal in den Garten deines Herzens, da steht ein Palmenbaum mit hohem, schwanken Schaft, das ist dein Hochmut, deine Meinung von dir selbst, dein Stolz auf deine Tugend, auf deine Kunst, auf deine Güter. Da steig hinauf, brich ihm die Zweige ab, brich ihm die Krone aus, dass er nicht mehr wachsen kann. Und alles streue dem Herrn auf den Weg. Du trägst ein Staatskleid, das ist das Kleid deiner eigenen Gerechtigkeit. Es ist eine falsche Hülle. Ziehe es aus und wirf hin das alte Kleid. Und er wird über die abgerissenen Zweige, über das abgeworfene Kleid lieber einziehen in dein Herz, als er über Palmen und Kleider einzog in die alte Stadt Jerusalem. Dazu rufe dein Hosianna! das heißt: „Hilf doch.“ Hilf doch, denn ich kann mir selber nicht helfen; errette mich; denn ich kann mich nicht erretten! Dies Hosianna müssen wir erst rufen lernen, ehe wir Halleluja rufen dürfen. Und zum zweitenmal schallt es: Hosianna in der Höhe! Das ist der Ruf der Engel, die für dich den Herrn um Hilfe bitten. Ihm folgt das Loblied: Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn! Singe es mit aus Herzensgrund und mit fröhlichem Mund. Brich weg des Hochmuts stolze Zweige; Dass sich dein Herz in Demut neige, Ruf deinen Heiland brünstig an, Er ist's allein der helfen kann. Und lobe freudig Jesum Christ, Der dir zum Heil gekommen ist. Bist du demütig, arm und klein, So zieht er in dein Herz hinein.

Herr Jesu Christe! Kein Menschenname kann mir helfen: denn an allen Menschennamen klebt Sünde und Schuld. Keiner kann mir helfen der in seinem eigenen Namen kommt. Er muss kommen in Gottes Namen; an ihm, an ihm allein hab' ich gesündigt; von ihm, von ihm allein kommt auch die Gnade. Und du, Gottessohn, hast einen Namen, der über alle Namen ist. Du kommst im Namen dessen, der die Handschrift zerreißen kann, der das Wehe des Gesetzes hinwegnehmen kann. Hab Dank für dein so heißes Lieben, das dich zu mir herabgetrieben. Lass mich dies Lieben nicht vergessen in der Arbeit und Unruhe des Tages, dass diese Zeit eine stille Rüstzeit werde auf dein heiliges Kommen. Amen. (Fr. Ahlfeld)

Matthäus 25,19.

Über eine lange Zeit kam der Herr der Knechte und hielt Rechenschaft mit ihnen.

Wir sind am letzten Tage des alten Jahres angelangt, und wenn wir hineinblicken in die Gedanken des Tages, so bewegen sie sich großenteils um: „Jahresschluss, Rechnungsschluss.“ Nur wenige überschreiten die Grenze des Jahres, ohne sich über die irdische Frage klarzumachen: „Bin ich vorwärts gekommen oder ist's rückwärts gegangen?“ Das aber ist nur eine irdische Frage. Es gibt eine größere. Du bist ein Bürger des Himmelreiches. Dein Heiland hat dir Schätze anvertraut, die mit den irdischen gar nicht gemessen werden können. Gold ist gegen sie Staub, Silber ist Asche, und Wertpapiere sind Spreu und Stoppeln. Vergiss nicht, dass es auch über deine Haushaltung mit diesen Gütern einen Jahresschluss gibt, dass der Herr kommen wird und Rechenschaft halten. Bei diesem letzten Abschluss gibts nur ein zweifaches Ergebnis, entweder Alles gewonnen oder Alles verloren. Ein Drittes, so ein armes Mittelding, wo Einer meinen möchte: „Bei mir deckt der Gewinn den Verlust,“ gibt es dort nicht. Auf diesen letzten Abschluss kommt Alles an; an ihm hängt entweder ewiges Leben, ewiger unermesslicher Reichtum in den unschätzbaren Gottesgütern, oder ewiger Tod und eiskalte Armut. Darum forsche heute, wie es mit deinem Reichtum in himmlischen Gütern steht: Bist du vorwärts gekommen, oder rückwärts?

Treuer, barmherziger Heiland, aus freier Gnade hast du uns alle leiblichen und geistlichen Güter gegeben. Alles was wir Gutes haben, ist von dir gekommen. Herr, lass uns das doch nie vergessen. Wenn wir die anvertrauten Pfunde missbrauchen oder ungenützt liegen lassen, versündigen wir uns an dir. Du willst einst Rechenschaft von uns fordern. Wie wollen wir da bestehen? Du bist treu gewesen wieder dies ganze Jahr hindurch bis zu diesem letzten Tag. Wir aber sind untreu gewesen. Herz und Gewissen klagt uns vor dir an. Anstatt dir zu dienen, haben wir uns und der Welt gedient. O Herr, geh mit uns nicht ins Gericht. Komm noch nicht mit deiner letzten Rechenschaft. Gib uns noch so viel Zeit, dass wir unserem Herzen, Willen und Gute dein Siegel aufprägen können. Mache uns treu darin und ernst dazu heute an dem ernsten Tag des Jahresschlusses, dann ist das Jahr, das wir heute vollenden, ein Segensjahr gewesen. Amen.

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