Seckendorff-Gutend, Henriette Freiin von - Hausandachten - 39. Andacht.

Seckendorff-Gutend, Henriette Freiin von - Hausandachten - 39. Andacht.

Psalm 116.

Aus diesem Danklied sehen wir, wie sich der Psalmist in allen Umständen an den Herrn gewandt hat und immer bei Ihm geblieben ist; wir bekommen einen Blick in das Herz eines seligen Kindes Gottes, das immer mit dem Heiland umgeht und in Ihm lebt und webt; wir sehen, dass sich eine solche Seele durch Anfechtungen und Nöte nicht niederdrücken lässt, sondern aufblickt zu Dem, der ihre Hilfe und ihr Schild ist.

Vers 1 und 2. „Das ist mir lieb, dass der Herr meine Stimme und mein Flehen hört, dass Er Sein Ohr zu mir neigt, darum will ich mein Leben lang Ihn anrufen.“. Wie gewiss ist der Psalmist davon überzeugt, dass der Herr sein Gebet nicht nur hört, sondern erhört! Wie viel wird gewohnheitsmäßig gebetet! Man meint damit etwas ausgerichtet zu haben und denkt, um des Gebetes willen werde uns der Herr erhören. O nein, nie um unseres Gebetes willen, sondern um des Wortes Willen erhört uns der treue hochgelobte Herr und Heiland. Welche falsche Begriffe hat die heutige Christenheit vom Gebet! Man betet, als tue man Gott einen Dienst damit, während es doch das herrlichste Vorrecht der Menschen ist, mit dem Gott, der Himmel und Erde geschaffen hat und Alles was darinnen ist, reden zu dürfen von Mund zu Mund, Ihm alles an Sein liebendes Vaterherz legen zu dürfen durch unseren hochgelobten Heiland. Welch eine Gnade ist es, überzeugt zu sein, dass ihm die schwierigste Angelegenheit nicht zu schwer und die kleinste Sache nicht zu geringfügig ist, sie zu ordnen nach Seinem heiligen Wohlgefallen und zum Heil unserer unsterblichen Seelen! Wir wollen dieses herrliche Vorrecht nicht missbrauchen, ihr lieben Seelen, sondern es anwenden. Wir sind so arm, so hilfsbedürftig in allen Stücken. Lassen wir es uns aufdecken, wo es bei uns im Gebetsleben fehlt, damit auch etwas dabei herauskommt! Bitten wir den Lehrer der Einfältigen, dass Er uns beten lehre; auch diese heilige Gerechtigkeit hat Er uns erworben im Garten Gethsemane. Knie im Geiste an Seiner Seite nieder und bitte Ihn um den Geist des Gebets. Kolb sagt: man müsse planmäßig beten, und ich finde das sehr richtig. Welch herrliche Erfahrungen darf man dann im Gebetsleben machen. Das Erste beim Gebet ist, dass dein Wille gebrochen zu den Füßen des Heilandes liegt, und dann darfst du die Umstände nie ansehen, sie seien, wie sie wollen, sondern du musst auf den Herrn und Seine Verheißungen blicken und zwar mit Freudigkeit.

Im 12. Vers heißt es: „Wie soll ich dem Herrn vergelten alle Seine Wohltat, die Er an mir tut?“ Im Gebetsleben haben wir das Danken nicht zu vergessen; von welchem Dankgefühl strömte das Herz des Psalmisten über; und wahrlich, es gibt ja so viele Wohltaten, für die wir dem Herrn zu danken haben! Wie steht es da auch bei dir, liebe Seele? Dankst du auch dafür, dass dir durch Jesum Christum der Zugang ins Allerheiligste geöffnet ist und Jesus dich im Gebet bei Gott vertritt? Mein lieber Urgroßvater von Pfeil sagt:

„Betet, aber anders nicht, als in Jesu Namen;
Was der Sohn zum Vater spricht, Das ist Ja und Amen!“

Dankst du dafür, dass du ihn bitten darfst wie die lieben Kinder ihren lieben Vater? Wollt ihr denn dieses selige Vorrecht, erhörlich beten zu können, nicht benützen? Ich bitte euch, liebe Seelen, geht in die Ordnung ein und opfert vor Allem Gott Dank; denn „wer Dank opfert, sagt der Herr durch Assaph im 50. Psalm Vers 23, der preist Mich; und das ist der Weg, dass ich ihm zeige das Heil Gottes!“ Durch Danksagung kannst du dir die Bahn zu dem Herzen Gottes brechen, und du darfst dann bitten was du willst, du findest ein offenes Vaterherz. Bitte den Hohepriester Jesu, dass Er dir Freudigkeit schenkt zum Danken im Gebet; denn Paulus sagt im Hebräerbrief, Kap. 4, 16.: „Lasst uns hinzutreten mit Freudigkeit zu dem Gnadenstuhl,“ und wenn wir wissen, dass der Hohe und Erhabene uns in väterlicher Liebe hört, wenn wir unser Herz vor Ihm ausschütten, so gibt es ja nichts Köstlicheres, wenn wir so in kindlichem Zutrauen und Freudigkeit vor ihn treten dürfen, wie Johannes in seiner 1. Epistel, Kap. 5, Vers 14 und 15 sagt: „Das ist die Freudigkeit, die wir haben zu Ihm, dass, so wir etwas bitten nach Seinem Willen, so hört er uns. Und so wir wissen, dass Er uns hört, was wir bitten, so wissen wir, dass wir die Bitte haben, die wir von Ihm gebeten haben.“ Wenn du ein Anliegen auf dem Herzen hast, bleibe nur stille, ganz stille vor dem Herrn; um diese Stille des Herzens hast du besonders zu bitten, und der Herr wird es dir bald klar machen, ob deine Bitte oder dein Anliegen nach Seinem heiligen Willen ist. Fasse festes Vertrauen zu Jesu und halte das Wort der Verheißung in beiden Händen. Mein lieber Urgroßvater von Pfeil verstand dies herrlich, und wie werde ich ihm nächst dem Herrn in der Ewigkeit für seine Anleitung zum Gebet danken! Er hielt dem Herrn Sein Wort vor und sprach:

„Siehe da Dein Wort!
Sind das nicht Reden Deines Mundes?
Bist Du es nicht, o Gott, mein Hort,
Der dies verheißen hat, was da
Geschrieben steht? Du bist es ja!“

Er konnte darum auch sagen:

„Er tats, der liebe gute Herr,
Der immer tut, was ich begehr.“

Behalte deinen Herrn und Heiland fest im Auge und traue auf Sein Wort. Erbitte dir vom Gnadentisch den Glauben Jesu, den Er dir erworben hat, ergreife durch denselben im Gebet das Wort und danke Ihm im Voraus für die Erhörung deiner Bitte. Jesus, unser Hohepriester, gab uns an Lazarus Grab ein herrliches Beispiel: Er dankte für die Auferweckung des Lazarus, während derselbe noch in der Verwesung im Grabe lag. Oft werde ich innerlich getrieben, bei einem Kranken zu danken, ehe sie noch gesund sind, worauf der Herr mir bald die Kraft Seines Wortes zeigte. So kam einmal eine liebe Kranke, die seit 8 Jahren lahm war, eine Herzerweiterung und ein schweres Lungenleiden hatte, wodurch sie körperlich sehr heruntergekommen und elend war. Diese liebe Kranke wurde von den Ärzten in verschiedene Bäder geschickt und dann noch nach Italien, was aber alles ohne Erfolg war. Ihr Mann brachte sie zu mir, und als sie aus dem Wagen getragen wurde, übermannte mich beim Anblick ihres blassen zarten Gesichts ein solcher Trieb zum Danken und Loben für ihre schon völlige Genesung, dass ich ganz davon überwältigt wurde, was ich nie vergessen werde. Sie kam am 23. Oktober bei mir an und ging völlig gesund und hergestellt am 23. November mit ihrem Gatten nach Berlin ab, von wo aus sie mir schrieb, dass sie die sehenswerten Orte Berlins besucht und endlose Kunstsäle mit ihrem Manne durchwandert habe.

Kannst du danken, liebe Seele, ehe du noch deine Bitte hast, allein auf die Verheißung blickend? Es ist etwas Herrliches, auch in diese Übung, die der Natur ganz entgegen ist, einzugehen. Nach dem Herzen Gottes zu beten, ist eine Kunst, aber übt sie nur fleißig, so bleibt der Erfolg nicht aus; denn mein lieber Urgroßvater von Pfeil sagt:

„Betet, denn wer beten kann,
Der kann Alles machen,
Auch das Schwerste sieht Er an
Als geringe Sachen.'

Im 17. Vers heißt es: „Dir will ich Dank opfern und des Herrn Namen predigen.“ So oft wir unsere eigenen Wege einschlagen und unseren eigenen Willen durchsetzen, machen wir uns eitel Unfrieden und Herzeleid. Wenn wir aber unseren Willen völlig dem Herrn opfern, unverrückt bei Ihm bleiben, dann haben wir Leben und volle Genüge, Friede und Freude im heiligen Geist; dann wird uns das Danken leicht und wir können mit Freudigkeit des Herrn Namen preisen, wie wir eben vom Psalmisten gehört haben. Wenn uns etwas fehlt oder misslungen ist, so wollen wir uns fragen: haben wir es im Namen des Herrn getan und waren wir mit Ihm? Viel Schmerz und Herzeleid könnten wir uns ersparen, wenn wir in Jesu bleiben würden! Vor allem muss es unser erstes Anliegen sein: „Herr, errette meine Seele!“ Dann kommt uns der Herr eilends zu Hilfe; denn es ist ja Seine Freude, unsere Seele vom Verderben zu erlösen. Der Psalmist hat es erfahren, was Er am Anfang des Kapitels im 5. und 6. Vers sagt: „Der Herr ist gnädig und gerecht und unser Gott ist barmherzig. Der Herr behütet die Einfältigen. Wenn ich unterliege, so hilft Er mir.“ Das wollen wir durch unser ganzes Leben hindurch uns merken und festhalten, so wird unser Lauf ein seliger sein bis ans Ende. Ja, Seine Barmherzigkeit möge über uns walten und durch Sein Erbarmen wolle Er uns Kraft schenken, in einem neuen Leben mit großer Treue zu wandeln. Das schenke uns der dreieinige Gott in Gnaden. Amen.

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/s/seckendorff/seckendorff-hausandachten/seckendorff_hausandachten_39_andacht.txt · Zuletzt geändert: von aj
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain