Besser, Wilhelm Friedrich - Predigt am Karfreitag 1878. Psalm 22,1.

Besser, Wilhelm Friedrich - Predigt am Karfreitag 1878. Psalm 22,1.

Text: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen.

Geliebte Gemeinde! Wir kommen von einem schönen, erbaulichen, tief innerlich uns mit Segenstau beschüttenden Vormittags-Gottesdienste und dem Anhören alles dessen her, was zu unserer Versöhnung geschehen, und wer nicht mit gebetet hat, als wir zu dem stillen Gebet am Kreuzesstamm niederknieten, der betet überhaupt nicht mehr und kann nicht beten! Warum erinnere ich euch und mich daran? Nun darum, dass es mir so ums Herz ist, dass ich wünschte, wir kämen auch heut Nachmittag nur zum Anbeten zusammen! „Meine Stimm ist viel zu schwächlich, und die Sache unaussprechlich, und mein Herz auch viel zu blöde, dass ich würdig davon rede.“

Das ist wahr, aber Gottes Wort ist auch wahr, das da spricht: „Der Glaube kommt aus der Predigt,“ und so lasst es mich wagen auch heute euch wieder zu predigen das Wort von der Versöhnung. Dieses Wort klingt aus dem Kreuzesworte hervor, das der Heiland ausgesprochen hat, als Er am äußersten Tiefpunkte Seines Leidens angekommen war. Es war finster geworden auf Golgatha. „Und es war um die sechste Stunde, und ward eine Finsternis über das ganze Land bis an die neunte Stunde und die Sonne verlor ihren Schein,“ so hatte auch die heilige Seele des HErrn alles Licht verloren! „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen.“ Nicht als sie Ihn ans Kreuz nagelten, hat Er sich dies Psalmwort angeeignet, da flehte Seine Seele noch für Seine Feinde: „Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“, und darauf hat Er zu dem Schächer noch ein Segenswort gesprochen als der in der Erinnerung an Sein Reich: „Gedenke an mich, wenn Du in Dein Reich kommst“, ein Trostwort Ihm unbewusst zugewandt - „Wahrlich Ich sage dir, heute wirst du mit Mir im Paradiese sein.“ Und dann hat Er mit zarter Hand das Band gelöst, das ihn an die Mutter, die ihn geboren, knüpfte, und welches nach dem vierten Gebot Ihm 33 Jahre ein heiliges Band war, und vermacht ihr den Jünger, den Er lieb hatte: „Weib, siehe das ist dein Sohn“ und sprach zu diesem: „Siehe, das ist deine Mutter“. Und nun tritt die Stunde der Finsternis ein. Um die sechste bis um die neunte Stunde nach unserer Rechnung um zwölf Uhr bis um die Stunde, wo wir hier versammelt sind, um drei Uhr. Drei Stunden hindurch erduldet nun unser Hohepriester, der sich selbst geopfert hat für uns, Schmerzen, Marter, Qualen, die wir nicht verstehen! Und um die neunte Stunde da ruft Er: „Eli, Eli, lama asaphthani,“ das ist verdolmetscht: „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“ Geht es freilich über unser Verständnis und werden wir es erst in der Ewigkeit einmal ganz ergründen, was für ein Leiden sich darin ausspricht, so hat doch der Heiland dazu dieses Wort gesprochen, dass wir ihm nachdenken, uns darin vertiefen sollen mit betrachtender Seele. „Warum hast Du mich verlassen?“ Nach Gottes Wort erhalten wir darauf die doppelte Antwort: 1. darum o HErr, darum, weil wir Gott verlassen hatten und 2. darum o HErr, darum, dass wir sollten gewiss sein, Gott wollte uns nun nimmermehr verlassen.

Wie der König David in der Saulschen Verfolgung so rufen konnte: „Mein Gott,“ das vermögen wir wohl zu verstehen, denn David hatte gegen Saul ein gutes Gewissen. Darum klammert er sich an Gott, denn er hatte diesen Gott nicht verlassen mit seinem Herzen, das wusste er. Und nun aber fühlt er, dass Gott die Hand von ihm abgetan, Sein Angesicht von ihm abgewendet hat und in diesem Gefühle ruft er: „Mein Gott, mein Gott…“ Und doch, wenn wir in den 22. Psalm weiter hinein sehen und in die anderen Passionspsalmen, namentlich den 40., da gibt David eine Antwort, welche Christus nicht geben konnte. „Es haben mich meine Sünden ergriffen, dass ich nicht sehen kann; ihrer ist mehr, denn Haare auf meinem Haupte und mein Herz hat mich verlassen;“ und so fühlt er auch in dem Kreuze, welches er durch die Verfolgung Sauls litt, das was er litt, als Strafe seiner eignen Sünde und auf sein „Mein Gott“ wird er innerlich von Gott so gelehrt, dass er sprechen muss: „Mein Gott, gehe nicht ins Gericht mit Deinem Knecht. Seht, hier öffnet sich nun die tiefe Kluft zwischen David und dem Sohne Davids, der auch sein Herr ist! Wenn unser Heiland spricht: Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen,“ so ist schon in dem zweimaligen „mein Gott“ die ganze Liebe des Sohnes zum Vater ausgedrückt. Aber wenn wir es mit dem zusammenhalten, wie Er so oft vorher bezeugt hat „Ich und der Vater sind Eins“ und „Ich bin nicht allein, denn der Vater ist bei mir,“ so stimmt das nicht mit diesen Worten; nun fühlt Er Sich doch allein, von Gott verlassen! Und Er spricht hiermit eine Empfindung und ein Gefühl aus, welches in Ihm gar nicht entstehen konnte, welches Ihm fremd war, ebenso fremd wie der Tod. O Tod, du fremder Erdengast, wie warst du ein' so bittre Last dem allersüßten Herzen! Dich hat ein Weib der Welt gebracht, und machst dem, der die Welt gemacht, so unerhörte Schmerzen.“ Ist aber der Tod Ihm ein fremder Gast gewesen, der bei uns nicht in die Fremde kommt war der Tod Ihm etwas Fremdes o wie vielmehr noch dies: von Gott Verlassensein!

Die Gemeinschaft mit Gott, mit Seinem Vater nicht zu fühlen, das war Ihm ein ganz fremdes Gefühl und darum fragt Er: „Warum hast Du mich verlassen?“ Die heilige Schrift antwortet darauf: Darum, weil unser Heiland die heilige Passion nicht gelitten hat als ein Heiliger, sondern als ein Sünder, „die Strafe liegt auf Ihm, auf dass wir Frieden hätten.“ Wie deckt sich aber die Schuld mit der Strafe? Will ich die Schuld erkennen, so brauche ich nur der Strafe ins Gesicht zu sehen. Fühlt nun unser Heiland Sich von Gott verlassen, so wird das eine Strafe sein, die wir verdient haben, wie St. Paulus davon spricht, dass Gott Jesum Christum uns vorgestellt hat zu einem Gnadenstuhl, durch den Glauben in Seinem Blut, damit Er die Gerechtigkeit, die vor Ihm gilt, darbiete,“ also an dem Gnadenstuhl offenbart ist die Gerechtigkeit, das ist eine Strafgerechtigkeit. Nun hat unser Heiland Sich aus großer Liebe von unsern Sünden ergreifen lassen, um unsre Strafe dafür auf Sich zu nehmen, so werden wir auf das „Warum hast Du mich verlassen“ unter Seinem Kreuze recht antworten mit dem: Darum o HErr, darum, weil wir Gott verlassen hatten.

„Mein Volk tut eine zwiefache Sünde; Mich, die lebendige Quelle, verlassen sie, und machen ihnen hie und da ausgehauene Brunnen, die doch löchricht sind und kein Wasser geben.“ Meine Sünde ist eine zwiefache, denn sie ist etwas widergöttliches und etwas abgöttisches; sie ist Abneigung gegen Gott und Hinneigung zu dem, was Ihn nicht will in mir; eine zwiefache Sünde, weil ich meine Liebe von dem, was allein liebenswürdig ist, ab- und dem zuwende, was verabscheuungswürdig ist. Es ist immer der Gegensatz wie zwischen der Quelle und dem Sumpf. O, der Mensch ist in Sachen seiner Seligkeit viel törichter als irgend ein Wandrer in der Wüste, der sich hüten wird, selbst eine löchrichte Zisterne zu graben, um schließlich sumpfiges Wasser zu trinken, wenn er das frische Wasser aus dem Quell, der daneben sprudelt, genießen kann!

„Mein Volk tut aber diese zweifache Sünde: Mich, die lebendige Quelle verlassen sie.“ Jawohl, unser Gott ist die lebendige Quelle der Sein volles Genügen in Sich selber hat und auch alle dürftigen Seelen allein damit tränken will und kann. Aber wir irdisch Gesinnten, wir Abgöttischen, wir Selbstverliebten, wir wenden uns weg von Ihm und wählen den Sumpf! Schätze im Himmel, Freude der Engel, die nicht vergehen kann, kommen aus der lebendigen Quelle; aber Sinnenlust und alles, was unsrem Fleische gelüstet, ist aus dem Sumpfe! Wir haben Gott verlassen, das ist der Grundzug in aller unsrer Sünde, und dass Christus von Gott verlassen wurde, das ist die Strafe dafür, dass wir Gott verlassen haben. Und nicht sage ich das zu denen, die schon ganz heraus sind aus allem Christentum, aus allem Verkehr mit Gott! Nein, uns allen gilt dies Wort! Ich wende mich an euch, die ihr es aus Erfahrung wisst, wie die lebendige Quelle schmeckt! Fühlt es einmal wieder, wie es ist, wenn ihr hingeht und lebt nach den Lüsten und Begierden eures Herzens ohne Gott, fühlt es einmal, wie abscheulich es doch ist, dass wir also hingehen können und verlassen die lebendige Quelle, und gehen hin in den Sumpf, um unsre Seelen zu verderben! Wir blicken empor zu dem Kreuze, von dem herab unser Heiland ruft: „Mein Gott, warum?“ und antworten Ihm: „Darum o HErr, darum, weil wir Gott verlassen haben.“ Oder willst du es leugnen? Du hättest keinen Teil an der Versöhnung, wenn du leugnen wolltest, dass du Gott verlassen hast!

Du kannst es nicht leugnen, das ist die Schuld, und was haben wir verdient? Dass er uns wieder verließe. Und das ist die Predigt von der Versöhnung, dass es nicht so ist; Christus hat es für uns erduldet. Aber wir haben es verdient! O, meine Lieben! Der Mensch ist eine gar bedürftige Kreatur, er ist nicht selbständig. Von allem, was ihn umgibt, ist er abhängig, und ist ihm auch die ganze Natur zum Dienst gegeben, so wäre er doch dahin, sobald Gott die Hand von ihm abzöge. Ja, jeden Odem, den wir ziehen, danken wir Ihm, aber wir haben es verdient, dass Er uns von Sich wegstieße und dass Er eine Kluft zwischen Ihm und uns aufrichtete. Können uns nun schon die äußerlichen Dinge, wenn Gott Sich uns entzöge, so zunichte machen; wie würde es um uns stehen, wenn Gott im innerlichen Leben Seine Hand von uns abzöge? Wie würde es dem Menschen sein, wenn Gott ihn seinen Leidenschaften überließe, wenn Er ihn nicht mehr hinderte, nicht mehr warnte, wenn Er ihm keinen Engel mehr schickte, der sich ihm wie Bileam mit gezücktem Schwert in den Weg stellte?

Ja, wir wären allesamt verloren, wenn Gott uns verließe. Es klingt so wehmütig, ja wie eine Trauerpredigt, wenn der HErr sagt: „Mich, die lebendige Quelle verlassen sie“; aber Seine Trauerworte sind auch Donnerworte der Anklage, und einmal wird es auch endlich kommen, wo der HErr wieder verlässt, die Ihn verlassen, und wer ohne Jesum stirbt, und wer dann keinen gnädigen Gott hat, der wird von Gott verlassen - und das ist die Hölle?

Mögen wir uns Verdammtsein und Unseligkeit so schrecklich denken als wie wir wollen, lassen wir aber dieses weg, von Gott verlassen“, so fehlt die Hauptsache: Abgeschiedenheit von Gott. Wenn wir uns eine Seele denken, die ganz in Verzweiflung gerät und die sich für verdammt erkennt, der dies aber noch in diesem Leben widerfährt, so lange sie noch nicht in den Abgrund verstoßen ist, das Urteil noch nicht gefällt ist, so lange sie Gott noch reden hört, so kann eine solche Seele noch nicht in Wahrheit sagen: „ich weiß, was es heißt verdammt zu sein“, denn Gott ist noch in der Nähe. Aber wenn der Richterspruch geschehen ist, da endlich fühlt sich die verdammte Seele ganz allein, denn auch der letzte Faden. zwischen ihr und Gott ist zerrissen. In dem Gleichnis, was der HErr uns von dem reichen Mann in der Hölle und dem armen Lazarus in Abrahams Schoße erzählt, da wünschte der reiche Mann wohl einen Tropfen zu haben von dem himmlischen Wasser, um seine Zunge zu kühlen aber hat er Gott darum angerufen? Davon lesen wir nichts, er konnte es nicht mehr, er war von Gott verlassen und doch nicht vernichtet. Die Seele wird nicht vernichtet - sie vernichtet das wäre ihr eine Wohltat aber nein, sie lebt lebt im Tode, in der Hölle, in der Qual, von Gott verlassen! Geliebte! Haben wir es verdient? Glaubst du es nicht verdient zu haben o Seele, dann brauchst du keinen Karfreitag. Knie nieder und sprich: „Nun, was Du HErr, erduldet, ist alles meine Last, ich hab es selbst verschuldet, was Du getragen hast! Schau her, hier steh ich Armer, der Zorn verdient hat,“ habe namentlich das verdient, dass Gott mich verließe. Und frage ich mich mit bebendem Herzen: wie war es möglich, dass dies Verlassen Ihn treffen konnte? ach, mit allem könnte ich mich noch zurecht finden, was Er in Seinem heiligen Leiden gelitten hat, wenn Er dabei innerlich voller Frieden gewesen wäre, aber nun höre ich: Er ist von Gott verlassen gewesen, keine Tröstung hat Seine heilige Seele empfunden, wie war das möglich? Es war möglich, weil Er die Liebe ist! Die Liebe kann sich so ganz versenken in ein andres Ich, sich ganz hingeben an ein andres Ich, darum war es möglich! Und welche Liebe ist wohl größer als Mutterliebe? Kann nicht eine Mutter sich so ganz versenken in die Schmerzen ihres Kindes, besonders eines so armen gemarterten Würmleins, dass es ist, als trüge sie die Schmerzen selbst? Aber ich fühle es wohl, alle Gleichnisse reichen hier nicht aus, weil es nur eine vollkommene Liebe gibt: Kann auch ein Weib ihres Kindleins vergessen, dass sie sich nicht erbarme über den Sohn ihres Leibes? Und ob sie desselbigen vergäße, so will Ich doch dein nicht vergessen; eine vollkommene Liebe, die Liebe des dreieinigen Gottes!

Als die Liebe des Vaters, der den eingeborenen Sohn für uns alle dahingab, die Liebe des Sohnes, der für uns ein Fluch ward, die Liebe des heiligen Geistes, die uns nachgeht und uns lockt und bittet: Lass dich lieben, lass dich versöhnen mit Gott, so wollen wir unserm Heiland zur Ehre und uns zum Leben das Wort fassen: „warum hast du mich verlassen?“ Wir werden von Gott nun nicht verlassen, nicht in der Zeit und nicht in der Ewigkeit, weil Er für mich verlassen wurde, darum werde ich nicht verlassen. Schauet doch hinein in euer Leben! Ihr Alten und ich selber nun schon als ein alter Seelsorger wir haben wohl oftmals an Sterbebetten gestanden und auch hie und da wohl die Bitte und den Seufzer gehört: „Ach, dass ich nicht klagen müsste „Gott hat mich verlassen“. Aber haben wir das erlebt, dass Gott eine solche Christenbitte unerhört gelassen, dass Gott einen Christen an seinem letzten Ende verlassen hätte? Gewiss nicht. Du wirst nie und nimmer verlassen, meine Seele; sei getrost, dein Heiland hat das für dich getragen! Und Seine Liebe ist eine suchende Liebe.

Erinnert euch an die goldene dreifältige Schnur der drei Gleichnisse zuerst vom verlornen Schaf! Der selige Valerius Herberger sagt davon: „Der gute Hirte kreucht uns nach in unser Elend, und zeucht uns hervor aus dem Dornbusche des Zornes Gottes, darüber ist ihm zum Gedächtnis ein Dornast an seinem Haupte hangen geblieben, das ist seine dornene Krone. Ach, wie hat Er seinen Schäferrock darüber zerrissen.“ Er sucht auch dich wieder, liebe Seele, die du von Ihm fortgelaufen bist und dich verirrt hast; Er nimmt dich auch heute wieder auf Seine Arme und legt dich auf Seine Schulter! Und das Weib! Sie muss den Groschen haben, er ist ihr unentbehrlich, sie kehrt und sucht und muss wohl viel Staub dabei schlucken; aber sie ruht nicht eher, bis sie ihn gefunden. Und das dritte Gleichnis: vom verlornen Sohn. Seht, da wartet der Vater auch nicht, bis der Sohn kommt, sondern er läuft ihm entgegen und fällt ihm um den Hals. Es musste ihm schlecht gehen in der Fremde, denn der Vater hatte ihn nicht verlassen, sondern er den Vater, und es musste ihm alles missglücken, damit er sich wieder sehnen lernte nach dem Vaterhause; aber so wild und schnell er hinweggeeilt war, so langsamen Schrittes kommt er nun wieder, und der Vater ist es, der ihm entgegen eilt. Siehe, liebe Seele, so hat auch dich Gott niemals verlassen, ob du es zwar wohl verdient hast. Er wird dich nicht und kann dich nicht verlassen. Dein Heiland ist an deiner Statt verlassen gewesen; wird es auch immer dunkler um dich her, löscht dir auch Gott ein Licht nach dem andern aus von dem, was deines Lebens Freude und Wonne war, verlassen. wird Er dich deshalb doch nicht. Er hat es zugesagt, besonders auch zugesagt euch Alten: „Ich will dich nicht verlassen und will dich tragen, wenn du alt und grau wirst“ so antwortet Er auf die Bitte: „Verlass mich nicht im Alter“. Mag es Abend werden, das „Licht am Abend“ wird euch nicht fehlen, denn Er bleibt bei euch! Und endlich die Todesstunde, sollte die uns schrecken?

„Wenn ich einmal soll scheiden so scheide nicht von mir
und reiß mich aus den Ängsten kraft Deiner Angst und Pein,“

kraft der Angst, in welcher Er rief: „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“ Das Gesicht für alles andre wird uns vergehen, aber Ihn werden wir mit Herzensaugen sehen und Ihm das Ohr zuneigen, dass Er uns zuflüstere: „Ich will euch zu mir nehmen, auf dass ihr seid, wo Ich bin“ da, wo auch das letzte Gefühl der Furcht vor Verlassenheit ein Ende haben wird, denn wir werden Ihn sehen, wie Er ist, und ausruhen in Seinen Wunden.

Wohlan, Er hat sich das Recht erworben, uns niemals, niemals zu verlassen. Und wir? Wollen wir nun nicht alles meiden und verabscheuen, womit wir Ihn von uns treiben und von Ihm uns scheiden? Vor allen Dingen heute, hier unter Seinem Kreuze: willst du es leugnen, dass du, du Gott verlassen hast, ach wie oft? und wie lange? Bekenne es, sonst wäre ja Christus vergeblich für dich in der Angst der Verlassenheit gewesen! Verflucht sei alle Selbstgerechtigkeit! Und fliehe alle Abtrünnigkeit von Christo! Sollte wirklich noch eine Neigung in uns herrschen, den zu verlassen, dem den Rücken zu kehren, das Herz zu verschließen, der das für uns gelitten hat? Nein, HErr, nein! Wie könnte ich Dich fliehen, der Du mich Verlornen suchst und selig machen willst! O, hefte mich an Dich so fest, wie Du für mich ans Kreuz gestorben warst und ganz stille hieltest! Erlöse mich von der Neigung zu mir selbst, denn die ist der Stein, der mich von Dir weg nach unten zieht!

O, selig der Mensch, der durch Gnade sich selbst verlässt, um Christum nie zu verlassen! Amen.

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besser_predigten/besser_predigten_karfreitag.txt · Zuletzt geändert: von aj
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