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Brenz, Johannes - XXVIII. Zweiter Osterfeiertag.

1543.

Luk. 24,13-35.
Und siehe, zwei aus ihnen gingen an dem selbigen Tage in einen Flecken, der war von Jerusalem sechzig Feldweges weit, des Name heißt Emmaus. Und sie redeten mit einander von allen diesen Geschichten. Und es geschah, da sie so redeten, und befragten sich mit einander, nahte Jesus zu ihnen, und wandelte mit ihnen. Aber ihre Augen wurden gehalten, dass sie ihn nicht kannten. Er aber sprach zu ihnen: Was sind das für Reden, die ihr zwischen euch handelt unterwegs, und seid traurig? Da antwortete einer, mit Namen Kleophas, und sprach zu ihm: Bist du allein unter den Fremdlingen zu Jerusalem, der nicht wisse, was in diesen Tagen darinnen geschehen ist? Und er sprach zu ihnen: Welches? Sie aber sprachen zu ihm: Das von Jesu von Nazareth, welcher war ein Prophet, mächtig von Taten und Worten, vor Gott und allem Volk; wie ihn unsere Hohenpriester und Obersten überantwortet haben zur Verdammnis des Todes, und gekreuzigt. Wir aber hofften, er sollte Israel erlösen. Und über das alles ist heute der dritte Tag. Auch haben uns erschreckt etliche Weiber der Unsern, die sind frühe bei dem Grabe gewesen, haben seinen Leib nicht gefunden, kommen und sagen, sie haben ein Gesichte der Engel gesehen, welche sagen, er lebe. Und etliche unter uns gingen hin zum Grabe, und fanden es also, wie die Weiber sagten; aber ihn fanden sie nicht. Und er sprach zu ihnen: O ihr Toren und trägen Herzens, zu glauben allem dem, das die Propheten geredet haben; musste nicht Christus solches leiden, und zu seiner Herrlichkeit eingehen? Und fing an von Mose und allen Propheten, und legte ihnen alle Schriften aus, die von ihm gesagt waren. Und sie kamen nahe zum Flecken, da sie hingingen; und er stellte sich, als wollte er weiter gehen. Und sie nötigten ihn, und sprachen: Bleibe bei uns, denn es will Abend werden, und der Tag hat sich geneigt. Und er ging hinein, bei ihnen zu bleiben. Und es geschah, da er mit ihnen zu Tische saß; nahm er das Brot, dankte, brach es, und gab es ihnen. Da wurden ihre Augen geöffnet, und erkannten ihn. Und er verschwand vor ihnen. Und sie sprachen unter einander: Brannte nicht unser Herz in uns, da er mit uns redete auf dem Wege, als er uns die Schrift öffnete? Und sie standen auf zu derselbigen Stunde, kehrten wieder gen Jerusalem, und fanden die Elfe versammelt, und die bei ihnen waren, welche sprachen: Der Herr ist wahrhaftig auferstanden, und Simoni erschienen. Und sie erzählten ihnen, was auf dem Wege geschehen war, und wie er von ihnen erkannt wäre an dem, da er das Brot brach.

Das heutige Evangelium bietet uns zwei hauptsächliche Vorteile dar. Der eine ist der, dass es uns ein Zeugnis von der Auferstehung Christi aufzeichnet; denn es ist notwendig, dass Christi Auferstehung durch die gewissesten Zeugnisse bestätigt sei. Wäre nämlich Christus nicht auferstanden, so wären wir die Elendesten unter allen Menschen, wie Paulus schreibt (1. Kor. 15,12 ff.): weil unser Glaube vergeblich wäre, die apostolischen and prophetischen Predigten vergeblich wären, die Toten nicht auferstünden, kurz, es für die Frommen keine Glückseligkeit gäbe. Ist er aber auferstanden, dann sind die, so an ihn glauben, bei Weitem die Allerglücklichsten, haben allein die wahre Religion und werden in Christo zu der ewigen Seligkeit auferstehen. Ist denn nun die Auferstehung Christi von so großer Bedeutung, so muss sie durchaus gehörig und fest bekräftigt sein. Und weil das heutige Evangelium uns ein Zeugnis vorhält, dass Christus wahrhaftig von den Toten erstanden ist, darum muss es uns von großem Werte sein. Der zweite Vorteil ist, dass es uns ein Beispiel aufschreibt zur Lehre, wie Diejenigen, die von der wahren christlichen Religion abgefallen sind, zum wahren und rechten Wege und Glauben zurückgebracht werden.

Hier werden nämlich zwei Jünger beschrieben, die vom Christentum abgefallen sind und von Christo so unterwiesen werden, dass sie wieder anderen Sinnes werden und dem Evangelio gehorchen, teils als Jünger, teils als Lehrer. Gar passend aber wird solches Evangelium zu dieser Zeit verlesen. Das Volk pflegt nach Ostern zu seinen alten Sünden zurückzukehren, wie diese beiden Jünger nach der Kreuzigung und dem Tode Christi ihre Geschäfte betreiben und nicht viel danach fragen, was aus Christo werde. Denn obschon sie gehört hatten, dass er auferständen sei, verabsäumen sie dennoch eine sorgfältige Nachforschung und gehen an ihre Geschäfte. So nimmt ein großer Teil der Menschen nach Ostern nur den Betrieb der bürgerlichen Angelegenheiten wieder auf; um die Geschäfte ihres Heils indessen bekümmern sie sich aufs Nachlässigste. Darum ist dies ein geeignetes und sehr gutes Beispiel, dadurch wir entweder im wahren Glaubensgehorsam erhalten oder zum rechten Wege zurückgebracht werden, von dem wir abgewichen sind. Lasst uns nun den Hergang der Sache betrachten.

Zwei von Christi Jüngern gehen am Auferstehungstage Christi nach Emmaus. Obwohl sie nämlich durchs Gerücht vernommen hatten, er sei von den Toten erstanden, so werden sie dennoch durch solches Gerücht nicht sehr ergriffen, sondern besorgen ihre Angelegenheiten. Diese Jünger haben in der Christenheit gar viele Nachfolger und Nachkommen. Denn zu dieser Zeit wird viel über den Religionsstreit und über die Predigt des Evangeliums gesprochen, und dennoch tut ein großer Teil der Menschen dasselbe, was in dem Gleichnisse (Matth. 22,1-14) steht: Der Eine hat einen Acker, der Andere Joche Ochsen gekauft, ein Anderer ein Weib genommen, und die Hochzeit haben sie verachtet. Das ist große Trägheit; denn das muss die erste Sorge eines jeden Menschen sein, dass er von Gott recht glaube und recht handle. Trachtet am ersten, spricht Christus, nach dem Reiche Gottes. Jene aber sorgen allererst für den Bauch, zuletzt für die Erkenntnis Gottes. Oder ist es nicht das erste der zehn Gebote, dass wir keine anderen Götter haben, d. h., den wahren Gott wahrhaft erkennen und ehren sollen? Das letzte von allen aber ist, dass wir keine fremden Dinge begehren sollen, sondern ein Jeglicher mit dem Seinigen soll zufrieden sein. Sogar als der Mensch eben erschaffen und in das Paradies gesetzt ist, wird ihm alsbald ein Gebot Gottes gegeben, auf dass er demselben gehorche; und damit hat Gott selbst angezeigt, der Mensch sei dazu erschaffen, dass er vornehmlich und zu allererst Gott erkennen und dem Worte Gottes gehorchen lerne.

Was hat nun Christus mit solcher Trägheit seiner Jünger zu schaffen? Nachdem er von den Toten erstanden und dem Petrus erschienen war, um ihn zu trösten, erschien er auch diesen beiden Jüngern. Eine große Huld Christi! Obschon er in der Herrlichkeit des Vaters war und gerechten Grund hatte, diese Jünger zu verdammen und zu verlassen, entäußert er sich dennoch, um sie wieder zu gewinnen, in gewisser Weise seiner Majestät und erscheint ihnen wie ein Fremder. Das hat er aber nicht bloß für diese Beiden, sondern auch für die ganze Kirche getan. Denn welches verachtete Leute sind, die meinen, dass Gott nicht für sie sorge. Deshalb lehrt Christus durch das heutige Beispiel, dass die Verachtetsten ihm am Meisten am Herzen liegen, und dass er um ihretwillen sich seiner Majestät zu entäußern und bisweilen die Natur der Dinge zu wandeln pflege, um Jenen zu helfen. Ferner siehst du, wie Christus das zerstoßene Rohr nicht zerbricht und den glimmenden Docht nicht auslöscht.

Indem übrigens Christus die irrenden Jünger auf den rechten Weg zurückbringen will, was tut er da? Obgleich er die Gesinnung ihres Herzens kennt, erforscht er doch sorgfältig, was sie im Sinne haben, um sie bei dieser Gelegenheit belehren zu können. So legen sie ihm denn ebenso wohl ihre Unerfahrenheit, als ihren Unglauben und ihre Nachlässigkeit dar. Denn sie bekennen frei heraus und sagen: „Wir hofften, er sollte Israel erlösen; auch haben uns erschreckt etliche Weiber der Unseren“ usw. Da hast du also an diesen Jüngern fürs Erste Unerfahrenheit in Bezug auf das Reich Christi; denn sie meinen nach jüdischer Weise, Christus solle auf dem Erdkreis leiblich herrschen. Sodann ihren Unglauben; denn nachdem sie Christum gekreuzigt erblickt haben, da halten sie ihn nicht für den Christus. Endlich ihre Nachlässigkeit und Sorglosigkeit; denn obzwar sie gehört haben, Christus sei auferstanden, suchen sie ihn doch nicht sorgsam auf, sondern gehen ihren Geschäften nach. Deswegen müssen wir sie zu denen rechnen, die vom Christentum abfallen; sie werden jedoch von Christo auf den rechten Weg zurückgebracht. Auf welche Weise?

Es folgt nun Christi Predigt: „O ihr Toren und träges Herzens, zu glauben alle Dem, das die Propheten geredet haben.“ Das ist der Hauptteil unseres Evangeliums und auf das Sorgfältigste zu beachten. Denn Christus hält uns den Weg oder die Art vor, wie der Sünder oder Abtrünnige zur Buße zurückgeführt wird. Erstlich also beschuldigt er sie der Unwissenheit, der Torheit und des Unglaubens; denn das ist der erste Schritt zur Buße. Sodann legt er ihnen die Schriften von Christo aus, d. h., er lehrt den wahren Glauben an Christum. Das ist der zweite Schritt zur Buße. So spricht er auch bald darauf: „In seinem Namen muss gepredigt werden Buße und Vergebung der Sünden und Glaube“ (Luk. 24,47). Allein außerdem legt Christus uns auch die Bedeutung der heiligen Schrift nahe. Denn hat er, der König des Himmels und der Erde, nach seiner Auferstehung die Heilige Schrift einer so eingehenden Behandlung gewürdigt, was sollten wir nicht tun, die wir uns noch auf Erden befinden? Die Schrift ist ja ein Schatz der Kirche. Als eine große Wohltat würden wir es betrachten, ließe der Kaiser uns seinen Schatz nur ansehen, geschweige denn betasten; viel größer aber ist die Wohltat, dass Gott uns gestattet, die Schrift zu treiben, welche ein himmlischer Schatz ist. Ferner lehrt Christus, dass sich die ganze Schrift vornehmlich auf Ihn bezieht. So hast du nun hier die Erklärung zur heiligen Schrift, dass Christus in derselben zu finden ist.

Was tun nun dabei die Jünger? Sie fahren nicht auf wider Christum, sondern entbrennen in Liebe zu ihm und halten ihn zurück, als er fortgehen will. Wie unähnlich sind sie Jenen, die zu dieser Zeit weder getadelt noch unterwiesen werden mögen! Vor dem Abendmahle ist es üblich, die Lossprechung zu erbitten. Redest du hierbei den Sünder etwas zu hart an, so zürnt er alsbald; allein Solche, die sich nicht wollen strafen lassen, gehören dem Papsttum und nicht dem Christentum an. Endlich erkennen Jene Christum am Brotbrechen. Da gibt es nun Leute, die lehren, Christus habe das Mahl des Herrn nur unter Einer Gestalt hier eingesetzt. Aber zum Ersten ist es nicht gewiss, dass Christus hier sein Mahl gefeiert hat. Zweitens muss, selbst wenn das gewiss wäre, dessen Form von der früheren Einsetzung entnommen werden. Denn das Sakrament muss überhaupt unter beiderlei Gestalt gespendet und empfangen werden. Unsere Altvordern haben, weil sie aus Unwissenheit taten, was sie getan haben, Barmherzigkeit dafür erlangt. Wir dagegen haben keine Entschuldigung bei dem so hellen Lichte des Evangeliums. Denn wer das Sakrament des Abendmahles nach Anordnung des Papstes nur unter Einer Gestalt empfängt, der macht sich mit solchem Empfange aller Verbrechen und aller Ruchlosigkeiten der Papisten teilhaftig. Denn erstens sagen die Päpste, sie könnten das Testament Christi ändern. Das aber ist eine Lästerung, deren diejenigen teilhaftig werden, die von den Päpstlern nur die Eine Gestalt annehmen. Zweitens haben Jene viel Fromme getötet, weil sie die Gottlosigkeit der Päpste gestraft haben. Drittens verbieten sie die Ehe und Leben aufs Unflätigste. Endlich haben sie den Sprengeln ihre Zehnten und Besitztümer entrissen. All' dieser Sünden werden Die teilhaftig, die mit ihnen das Abendmahl nehmen. Daher müssen wir sie fliehen, auf dass wir nicht mit ihnen besudelt und in das ewige Feuer geworfen werden.

Da hast du ein Zeugnis von der Auferstehung und ein Beispiel der Buße, dadurch wir erinnert werden, nicht nur in Christo unser Heil zu suchen, sondern auch, an unseren Abfall und unsere Gottlosigkeit gemahnt, uns auf den Weg zurückführen zu lassen, da wir aller Wohltaten, die Christus uns durch seine Auferstehung gebracht hat, ewiglich genießen können. Amen.

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