Zeller, Samuel - Haus-Andachten - XI.

Zeller, Samuel - Haus-Andachten - XI.

Nehemia 4.

Dieses Kapitel ist mir besonders wichtig geworden. Es sind vier verschiedene Punkte, die wir da betrachten wollen.

In der Geschichte des Zachäus finden wir Hindernisse bei dem Kommen zu Jesu, hier im Bau Jerusalems oder des Reiches Gottes in uns. Es gibt Hindernisse im Anfang und Fortgang der Bekehrung. An Zachäus sehen wir aber, wie ein sehnend Herz durch alles hindurchdringt und zu Jesu kommen muss. Bei dem reichen Jüngling war ein Hindernis der Reichtum, und mit Schmerz sah ihm Jesus nach, weil er ihn lieber ließ als seinen Götzen. O es ist einem Kinde Gottes ein großer Schmerz, wenn es sieht, wie so viele vor den Hindernissen zurückweichen und so nicht weiter kommen; doch noch niederschlagender ist es, wenn man die Macht der Finsternis sieht, welche Seelen, die schon dem Rufe gefolgt, wieder abwendig macht. Drei Hindernisse werden uns hier in diesem Kapitel gezeigt, die sich dem Gnadenwerke Gottes in uns entgegenstellen, und zum Schluss (V. 23) eine Mahnung des Nehemia, die wir recht zu Herzen nehmen wollen; ein Wort, das uns zeigt, dass ein Kind Gottes andere Gesetze hat, als ein Weltkind, und anders wandeln muss. Es gibt so vieles, wobei man fragt: Ist dieses erlaubt oder nicht? und die Antwort liegt nicht im Buchstaben sondern im Geist. Ihr Lieben, unser Leben ist nicht nach einem Model gemacht. Hunderte kommen nicht zu Jesu, weil sie durch Hindernisse sich abhalten lassen! andere dringen durch und kommen zu Ihm. Der Bau des geistlichen Tempels geht bei manchen anfangs leicht, und es wäre Unrecht, zu behaupten, dass das, was anfangs nicht durch große Kämpfe geht, unecht und nicht gesund sei. Manchen lässt Satan anfangs in Ruhe; man staunt, dass man so ungestört bauen kann; doch der Zorn, der Spott und Hohn Satans und der Welt bleibt nicht aus. Wir sehen es hier (V. 1. 2), und wie viele sind dadurch schon geschlagen worden! Zorn und Spott des Feindes sind von einander zu unterscheiden; beides aber sind Hindernisse, die von außen kommen. Dem einen tut der Zorn, dem andern der Spott weher. Das ungerechte Urteil, das die Welt fällt, und die vielen Spottnamen gehen so sauer ein, und viele lassen lieber Jesum fahren. Wie manche rücken da nicht offen mit ihrer Meinung heraus, weil sie denken: Was werden die Leute dazu sagen! die meinen, wir wollten es besser wissen, und halten uns für hochmütig! und verstecken sich wie Adam hinter den Bäumen. Lieber Christ, so viel du dich noch getroffen fühlst vom Vorwurf des Hochmuts, so viel Hochmut steckt noch in dir. Wenn eine Seele mit der Bekehrung Ernst macht, so erwacht der Zorn des Satans und der Welt, da heißt es (V. 2): „Wird man sie so lassen?“ Mann Satan das zulassen, ohne seine Pfeile auf sie zu schießen? Ein spöttisches Lächeln hat schon von manchem Guten abgehalten. Da gilt es, dass man sich beugt und ein andermal es besser macht. Auf eine andere Gefahr lasst mich auch noch aufmerksam machen. Wenn eine Seele von der Welt los wird, so droht ihr kein Scheiterhaufen und Märtyrertum mehr; wir haben andere Zeiten. Die Welt spricht mit Tobia (V. 3): „Lasst sie nur machen, sie sind ein wenig angehaucht, in acht Wochen haben wir sie wieder, die Mauern sind nicht so fest.“ O, Tobia hat oft recht. Bange kann es einem werden, wenn man Aufgeweckte so ruhig zu Haus weiter wandeln lässt; das Werk ist leider nicht so fest. „Das Schweigen und Gehen-lassen von Seiten der Welt bringt oft größere Gefahr, als wenn sie alle Wetter. Losließe. Wir lesen im Evangelium Lukas (Kap. 11,24.25): „Wenn der unsaubere Geist von dem Menschen ausfährt, so durchwandelt er dürre Stätten, sucht Ruhe und findet ihrer nicht; so spricht er: Ich will wieder umkehren in mein Haus, daraus ich gegangen bin; und wenn er kommt, so findet er es mit Besen gekehrt und geschmückt.“ Was ist das geschmückte Haus? Es ist die Seele, über deren Bekehrung man jubiliert, die gelobt, geliebt, erhoben wird. O die armen, geschmückten Häuser, von denen bald Saneballat und Tobia sagen: Die haben wir umgestoßen! Was schadet der Zorn und Spott der Welt, wenn es doch heißt (V. 6): „Wir bauten?“ Nur fortgefahren mit Wachen und Beten, es bringt zum Sieg. Wenn die Seele gewahr wird, dass es geht, so bekommt sie Mut. Wir sollten nur immer mehr die Taten und Siege des HErrn erkennen, nicht anschauen, was noch werden soll, sondern was schon geschehen ist, und so recht ein Herz bekommen zur Arbeit im Reiche Gottes. Nun wird ein neues Hindernis angegeben (V. 7. 8): „Die Feinde wurden über den guten Fortgang des Werkes sehr zornig, und machten einen Bund zu Hauf, dass sie stritten wider Jerusalem, und machten darin einen Irrtum“ (eigentlich einen Wirrwarr). Zu dem Hindernis von außen kommt nun eins von innen. Die größte Gefahr liegt in uns.

Sie wollen in der Stadt einen Irrtum machen.“ Es ist des Teufels Erzfreude, wenn er Herzen, die in einem Bunde sind, irre machen und zerspalten kann. Wie ist in einem Hause alles Kreuz so leicht zu tragen, wenn die Herzen Eins sind, Gin Glaube, Eine Liebe ist! Aber wie schrecklich ist es, wenn ein Irrtum herrscht, eins das andere falsch beurteilt! Die innere Not ist die größte Not; wir müssen am meisten vor den inneren Feinden auf der Hut sein. Ich fürchte den Spott und Hohn der Welt nicht so sehr, als die kräftigen, finsteren Irrtümer, die uns prophezeit sind, und sie werden kommen. Ein Irrtum im Herzen, und das Leben ist wie dahin, und dahin gebracht, Jesum zu lassen. Ich warne, dass man keine Nebensache zur Hauptsache mache. Ein jedes achte doch recht auf diese Gefahr, denn jedes hat einst für sich Rechenschaft abzulegen. Ich muss oft staunen, wenn ich Freunde höre, die doch Jesum lieben, wie sie so ein Steckenpferd haben können. Der Irrtum unserer Zeit besteht darin, dass bei vielen Jesus verdrängt wird und Sachen und Sächlein an seine Stelle kommen. Wehe dem, der sich auf eine Zeremonie hinlenken lässt und mehr Wert darauf legt, als auf das Wesen, auf Jesum und das Leben in Ihm! Ist es nicht ein Irrtum, wenn man, statt Jesum den Gekreuzigten zu suchen, so nach Wundern und Gebetserhörungen verlangt? Lasst uns ins Zentrum eindringen. Man muss dem alten Wesen absterben: das ist die Aufgabe eines jeden Christen. Wenn wir dies Ziel im Auge behalten, so bleiben wir nüchtern. Nur Jesum wollen, muss die Hauptsache bei einem jeden sein. Ja, hütet euch vor Irrtum, der besonders dann der Herzen sich gerne bemächtigt, wenn schon an der Mauer gebaut ist. Doch noch tiefer sitzt die Not im Herzen.

Bisher haben nur die Feinde beratschlagt, jetzt fängt Juda an zu reden (V. 10): „Die Kraft der Träger ist zu schwach und des Schuttes zu viel, wir können an der Mauer nicht bauen.“ O wie bald heißt es auch bei uns im Kampf mit der Sünde: „Des Schutts ist zu viel, wir sind zu schwach.“ Es ist wahr, wenn man ein zerfallenes Haus anfängt zu bauen, so muss man erst wegräumen, und da gibts viel Schutt und Staub. Erschreckt nicht, wenn bei dem Bau der Mauern Zions auch in euch der Staub euch schwarz macht; sprecht doch nicht: „Zu viel Staub, zu schwach!“ Es ist die Gefahr der Mutlosigkeit und Verzagtheit viel größer, als man glaubt, und bei uns so viel daheim. „Die Kraft der Träger ist zu schwach, des Staubes ist zu viel; wir können nicht.“ Ich weiß, das ist das Klagelied unsrer Zeit. „Wir sind so willensschwach, unser Glaube ist so schwach.“ Es ist doch traurig, dass das Herz auf diese Klage kommt! Verlangt denn Gott, dass man bauen soll, ohne auch die Kraft dazu zu geben? Denkt an die Kundschafter: zwei von den zwölf kamen nach Kanaan, die übrigen mussten alle sterben um ihrer Mutlosigkeit willen. So sprecht nicht: „Des Staubes ist zu viel, wir können nicht.“ Der HErr bewahre uns in seiner Gnade, wenn Spott und Hohn und Zorn kommt! Wenn Irrtümer herandringen und Mutlosigkeit uns ergreifen will, da denkt: Gott ist getreu und wird uns Treue geben, und wenn um uns her Feinde sind, so wird ein Kind Gottes wohl zehnmal gewarnt, wie Nehemia (V. 12). Die Liebe lässt sich warnen; schlagt das nicht in den Wind. Nehemia nimmt es an und stellte mehr Wächter auf (V. 13). Es hat schon Kinder Gottes gegeben, die auf Höhen standen, und andere sagten ihnen: Mir ist bange um dich. O, wenn die Freunde so warnen, müssen wir darauf achten und auf der Hut sein, denn die Not ist oft groß. Da gilt es, recht zu wachen.

Die drei Hindernisse im Christenleben haben wir nun betrachtet und wollen zum Schluss noch V. 23. betrachten: „Aber ich und meine Brüder und meine Knaben und die Männer an der Hut hinter mir, wir zogen unsere Kleider nicht aus; ein jeglicher ließ das Baden anstehen.“ Es gibt heutzutage so viele Anlässe, und wird immer mehr geben, wobei Christen nicht wissen, wie sie sich dabei verhalten sollen und ob sie sich dabei beteiligen dürfen. Jetzt z. B. tönt's wieder von Volksfesten und Vaterlandsliedern; gar manchen zieht es hin und er findet nichts Böses daran. Der eine Christ sagt: Da gehe ich nicht hin, das darf man nicht; und der andere sagt: Du musst ein weites Herz bekommen, du nimmst es zu streng. Da stehen Christen auf verschiedenem Standpunkte; wer hat Recht? Ihr Lieben, es gibt ein Mittel, beide Auffassungen zu verstehen, nicht lieblos zu urteilen und nicht Schaden zu leiden an der Seele. Manche Leute können viel mitmachen, aber sie bekommen durchlöcherte Herzen und Gewissen, durch Untreue zerfetzt und verdreht. O, sagt da Eins, ich kann beten, nicht nur in der Turnhalle, ich kann auch beten beim Tanz, und ein anderes sagt: Welchen Eindruck habe ich im Theater bekommen! O das Herz ist doch ein recht verdrehtes Ding. Es gibt Dinge, die an sich sündlich sind, dagegen haben wir Gottes heilige Gebote; aber es gibt auch so viele Sachen, von denen man sagen muss, sie sind gerade keine Sünde, z. B. weltliche Musik, Vergnügungsreisen, Gesellschaften u. dgl. Der Komponist Haydn hat wenige Nachfolger, der in einer Gesellschaft sagte, seine Erholung bestehe in seinem Gebetkämmerlein. Aber meine Lieben, ein Gesetz gibt es, das wie ein Schwert alle Bedenken durchhaut, und das wollen wir zu Herzen nehmen. Nehemia wiegt hier nicht ab, was zu schwer oder zu leicht sei; in seinem Innern ist etwas, das ihn zeigt die Feinde vor sich, die schaden wollen; er sieht vor sich das zerstörte Jerusalem, die verfallenen Hallen, die gebaut werden sollen, und die viele Arbeit; da heißt es: „Nun bade ich nicht.“ Es gibt leider nicht viele Herzen, die mit Jesu auf dem Ölberge stehen und über den Jammer Jerusalems weinen; aber wer Augen hat, den Weinberg des HErrn zu sehen, der von den Säuen zerwühlt ist, kann der solche Sachen tun? Ein Christ hat ein Gebot, das heißt: Ich habe keine Zeit. Je mehr das Herz der Ewigkeit zugewandt ist und voll Jammer über das Verderben und Elend der Welt, desto weniger Zeit hat es zu solchen Dingen. Wie viele versäumen das Gebet, das Forschen in Gottes Wort! Wie mancher Hausvater sollte mehr Priester in seiner Familie sein! Was zu andern Zeiten nicht schädlich wäre, das ist bei denen, die an Zion bauen, ein Schaden. Der HErr gebe uns recht zu verstehen und zu beherzigen das Wort: „Kauft die Zeit aus.“ Wenn du spürst, der HErr hat in dir angefangen zu bauen, bedenke: die Zeit ist kurz. Wir wollen denen von der Welt sagen: „Ich habe nicht Zeit zu solchen Dingen,“ wie sie ja immer sagt, wenn von der Kirche und Gottes Wort die Rede ist. Wir sagen nicht: „Ich habe einen Acker gekauft, darum kann ich nicht kommen, sondern: „Ich arbeite im Weinberge des HErrn, ich soll Jesu Seelen zuführen, ich habe keine Zeit.“

Der HErr Jesus gebe, dass unser Leben ein rechtes Ewigkeitsleben werde, dann wird kein ewiger Tod kommen, dem wir verfallen. Wir können, ohne hochmütig zu sein, vieles lassen, was andere noch tun, weil wir keine Zeit dazu haben. Der HErr gebe uns Mut beim Spott und Hohn der Welt, und innere Kraft und Stärke bei den Irrtümern und der Mutlosigkeit! Er schenke uns das rechte Erbarmen mit Zion, ja ein ganzes Meer von Liebe in unser Herz! Amen.

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autoren/z/zeller_samuel/zeller_hausandachten/zeller_hausandachten_xi.txt · Zuletzt geändert: von aj
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