Harms, Theodor - Das dritte Buch Mose - Das 19. Capitel.

Harms, Theodor - Das dritte Buch Mose - Das 19. Capitel.

Und der HErr redete mit Mose, und sprach: Rede mit der ganzen Gemeinde der Kinder Israel, und sprich zu ihnen: Ihr sollt heilig sein; denn Ich bin heilig, der HErr, euer Gott. Ein Jeglicher fürchte seine Mutter und seinen Vater. Haltet Meine Feiertage; denn Ich bin der HErr, euer Gott. Ihr sollt euch nicht zu den Götzen wenden, und sollt euch keine gegossenen Götter machen; denn Ich bin der HErr, euer Gott. Und wenn ihr dem HErrn wollt Dankopfer thun, so sollt ihr opfern, das Ihm gefallen könnte. Aber ihr sollt es desselben Tagen essen, da ihr es opfert, und des andern Tages; was aber auf den dritten Tag überbleibet, soll man mit Feuer verbrennen. Wird aber Jemand am dritten Tage davon essen, so ist er ein Gräuel und wird nicht angenehm sein. Und derselbe Esser wird seine Missethat tragen, daß er das Heiligthum des HErrn entheiliget, und solche Seele wird ausgerottet werden von ihrem Volk. Wenn du dein Land einerntest, sollst du es nicht an den Enden umher abschneiden, auch nicht alles genau aufsammeln. Also auch sollt du deinen Weinberg nicht genau lesen, noch die abgefallenen Beeren auslesen; sondern dem Armen und Fremdling sollst du es lassen; denn Ich bin der HErr, euer Gott. Ihr sollt nicht stehlen, noch lügen, noch fälschlich handeln, Einer mit dem Andern. Ihr sollt nicht falsch schwören bei Meinem Namen, und entheiligen den Namen deines Gottes; denn Ich bin der HErr. Du sollst deinem Nächsten nicht Unrecht thun, noch berauben. Es soll des Tagelöhners Lohn nicht bei dir bleiben bis an den Morgen. Du sollst dem Tauben nicht fluchen, du sollst dem Blinden keinen Anstoß sehen; denn du sollst dich vor deinem Gott fürchten, denn Ich bin der HErr. Ihr sollt nicht unrecht handeln am Gericht, und sollst nicht vorziehen den Geringen, noch den Großen ehren; sondern du sollst beinen Nächsten recht richten. Du sollst kein Verläumder sein unter deinem Volk. Du sollst auch nicht stehen wider deines Nächsten Blut; denn Ich bin der HErr. Du sollst deinen Bruder nicht hassen in deinem Herzen; sondern du sollst deinen Nächsten strafen, auf daß du nicht seinethalben Schuld tragen müssest. Da sollst nicht rachgierig sein, noch Zorn halten gegen die Kinder deines Volks. Du sollst deinen Nächsten lieben, wie dich selbst; denn Ich bin der HErr. Meine Satzungen sollt ihr halten, daß du dein Vieh nicht lassest mit anderlei Thier zu schaffen haben, und dein Feld nicht besäest mit allerlei Samen; und kein Kleid an dich komme, das mit Wolle und Leinen gemenget ist. Wenn ein Mann bei einem Weibe liegt, und sie beschläft, die eine leibeigene Magd, und von dem Mann verschmähet ist, doch nicht erlöset, noch Freiheit erlanget hat: das soll gestraft werden, aber sie sollen nicht sterben, denn sie ist nicht frei gewesen. Er soll aber für seine Schuld dem HErrn vor die Thür der Hütte des Stifts einen Widder zum Schuldopfer bringen; und der Priester soll ihn versöhnen mit dem Schuldopfer vor dem HErrn, über die Sünde, die er gethan hat; so wird ihm Gott gnädig sein über seine Sünde, die er gethan hat. Wenn ihr ins Land kommt, und allerlei Bäume pflanzet, davon man isset, sollt ihr derselben Vorhaut beschneiden, und ihre Früchte. Drei Jahre sollt ihr sie unbeschnitten achten, daß ihr sie nicht esset; im vierten Jahre aber sollen alle ihre Früchte heilig und gepriesen sein dem HErrn; im fünften Jahre aber sollt ihr die Früchte essen, und sie einsammeln; denn Ich bin der HErr, euer Gott. Ihr sollt nichts mit Blut essen. Ihr sollt nicht auf Vogelgeschrei achten, noch Tage wählen. Ihr sollt euer Haar am Haupt nicht rund umher abschneiden, noch euren Bart gar abscheren. Ihr sollt kein Mal um eines Todten willen an eurem Leib reißen, noch Buchstaben an euch pressen; denn Ich bin der HErr. Du sollst deine Tochter nicht zur Hurerei halten, daß nicht das Land Hurerei treibe, und werde voll Lasters. Meine Feier haltet, und fürchtet euch vor Meinem Heiligthum; denn Ich bin der HErr. Ihr sollt euch nicht wenden zu den Wahrsagern, und forschet nicht von den Zeichendeutern, daß ihr nicht an ihnen verunreiniget werdet; denn Ich bin der HErr, euer Gott. Vor einem grauen Haupt sollst du aufstehen, und die Alten ehren; denn du sollst dich fürchten vor deinem Gott; denn Ich bin der HErr. Wenn ein Fremdling bei dir in eurem Lande wohnen wird, den sollt ihr nicht schinden. Er soll bei euch wohnen, wie ein Einheimischer unter euch, und sollst ihn lieben, wie sich selbst; denn ihr seid auch Fremdlinge gewesen in Egyptenland. Ich bin der HErr, euer Gott. Ihr sollt nicht ungleich bandeln am Gericht, mit der Elle, mit Gewicht, mit Maß. Rechte Waage, rechte Pfunde, rechte Scheffel, rechte Kannen sollen unter euch sein; denn Ich bin der HErr, euer Gott, der euch aus Egyptenland geführet hat, daß ihr alle Meine Satzungen, und alle Meine Rechte haltet und thut; denn Ich bin der HErr.

In unserm heutigen Text gibt uns der HErr eine ganze Reihe von Gesetzen, über die man oft leicht hinweggeht, als gingen sie uns Christen nichts an. Wir müssen aber nicht vergessen, daß der HErr gesagt hat, kein Tittel des Gesetzes solle vergehen, und daß Christus nicht gekommen ist, das Gesetz aufzulösen, sondern es zu erfüllen. Alle diese einzelnen Gebote sind nur Ausflüsse und Entfaltungen der zehn Gebote in ihrer Anwendung auf das Leben. Israel sollte ein heiliges Volk sein, nicht nur vor Gott im Herzen, sondern auch vor den Menschen in seinem ganzen Thun. Darum stellt sich uns (V. 2) der HErr zum Muster, und fordert, daß Seine Heiligkeit unsere Heiligkeit sei. Wenn Israel diese Heiligkeit recht betrachtete, mußte es sich sagen, daß es durch sein eigen Thun nicht einen einzigen Tag nicht ein einziges dieser Gebote halten konnte, selbst nicht in ganz äußerlicher Weise. Sie mußten sich sagen, daß diese geforderte Gesetzeserfüllung hinwies auf etwas Anderes, auf Christi Gesetzeserfüllung, welche die unsrige wird, wenn wir sie uns im Glauben aneignen. Dann sind wir heilig. Sind wir aber heilige Gotteskinder, so müssen wir auch, wie unser Katechismus so schön sagt, fortwährend anfangen, heilig zu wandeln. Ist es aber nicht ein Quälleben, sich so fortwährend zu überwachen und sich im Zaum zu halten? Ja, wenn wir unter dem Gesetz ständen, aber nicht, wenn wir unter der Gnade stehen. So lange man unter dem Gesetz steht, ist es geboten, gut zu sein, und man quält sich; aber wenn man unter der Gnade steht, so ist es gegeben, gut zu sein, und man freut sich. Dann sind des HErrn Gebote nicht schwer, und es ist eine Freude, das Leben darnach einzurichten. Wir wollen nun Einzelnes betrachten. Zunächst das Gesetz über das Dankopfer (V. 5-8). Damit will der HErr offenbar dem Mißbrauch des Heiligen wehren; das Opfer soll nicht ausarten, oder in Verwesung übergehen. Im Dankopfer sollte Israel die Versöhnung genießen, und sich ihrer erfreuen, aber es sollte kein Mißbrauch damit getrieben werden, was so leicht mit dem Heiligen geschieht. Wir Christen haben uns wohl in Acht zu nehmen, das heilige Abendmahl nicht zu mißbrauchen. Manche nehmen es als Arznei gegen leibliche Krankheiten, oder als eine Art Zaubermittel gegen den Teufel und seine Anfechtungen. Solche versündigen sich schwer. Wir dürfen nur das heilige Abendmahl nehmen, wenn uns der Heilige Geist dazu treibt. Ich habe einen Menschen gekannt, der hatte sich vorgenommen, die Bibel in der Ursprache auswendig zu lernen, und weil er wußte, daß er das nicht aus eigener Kraft konnte, nahm er zu diesem Zweck sonntäglich das heilige Abendmahl. Das war eine Versündigung. Viel Mißbrauch wird auch getrieben mit dem Taufwasser, das aus der Kirche mitgenommen wird, als Mittel gegen allerlei Krankheiten. Darum hat auch die Kirche verordnet, es gleich nach dem Gebrauch fortzugießen.

Weiter sagt uns der HErr (V. 9-10). Gilt uns dies Gesetz nicht mehr? Ja, wenn wir es erfüllen im Geist und in der Wahrheit: An unserm Erndtesegen sollen Arme und Fremdlinge Theil haben; sie haben ein göttliches Recht darauf. Wohl dürfen wir die Erndte ganz einbringen, aber sollen reichlich davon mittheilen, und (V. 13) des Tagelöhners Lohn nicht verkürzen in keinerlei Weise. -

Weiter fordert (V. 14) der HErr von uns, daß wir uns der Gebrechlichen annehmen, und eben darum in Ehren halten, weil sie der HErr mit einem Gebrechen belegt hat. Es zeugt von einer entsetzlichen Rohheit, sie hülflos zu lassen, oder ihrer wohl gar zu spotten.

Wir sehen aus all diesen einzelnen Bestimmungen, wie so außerordentlich sorglich sich der HErr über alle Verhältnisse ausläßt. Seine Gebote sind so fern davon, uns ein Joch aufzulegen; sind sie doch aus dem herzlichen Erbarmen gegen uns gegeben.

Vers 19 sagt der HErr offenbar zu dem Zweck, daß Israel das von einander liege, was er gesondert, und so Gottes Ordnungen respektiere; es könnte sonst leicht geschehen, was Gott bei der Schöpfung nicht wollte, als Er sprach, daß jede Art ihren eigenen Samen bei sich selbst habe. Heutzutage wird aus Gewinnsucht oder Vorwitz diese Vorschrift wenig beobachtet, und die Menschen verhungern und verpfuschen, was Gott gemacht. Das thut der Teufel, aber die Christen sollen es ihm nicht nachmachen, und nicht zusammen bringen, was Gott nicht zusammengebracht haben will. Die Gärtner vermischen die Samen auf die verschiedenste Weise, ja, Alles wird jetzt so verfälscht, so weit ist es gekommen, daß fast kein Kleid, was man trägt, aus unvermischtem Stoff besteht, daß die Christenheit Gottes Ordnungen geradezu umkehrt. Viel besser wäre es, wenn man auch in den unvermischten Kleiderstoffen Gottes Ordnungen heilig hielte; man sollte nicht Alles durcheinanderwirren auch in der unvernünftigen Creatur.

Vers 23-25 hat offenbar den Zweckt, zu verhüten, daß Bäume nicht durch zu frühzeitiges Tragen verkrüppeln; dann soll die erste Frucht Gott gebracht werden, und hernach das Volk selbst davon essen. Es soll im Naturleben sein wie mit einem Kind, das frisch und gesund aufwächst, und durch keine Frühreife verdorben wird. Eine frühreife Erziehung hemmt den Lauf der Natur und verkrüppelt das Kind. Heilig, wie die Israeliten ihren Leib ansehen sollten, so auch die Bäume der leblosen Creatur; sie sollten ja ihren Leib nicht nach der Weise der Heiden behandeln. Da liegt uns zunächst das Haupthaar. Das sollten sie nicht nach Weise der Heiden heute so, morgen so tragen; ohne weitere Vorschriften sagt der HErr nur, daß sie nicht der Mode folgen sollen, nicht wechseln, sondern ihr Haar einfach nach Landessitte tragen. Heute treiben die Christen gerade am Haar ein albernes Modespiel, die Frauen tragen bald geraden, bald schiefen Scheitel, bald es kraus, bald glatt, und die Männer bald einen Schnauzbart, bald einen am Kinn, bald einen Backenbart, bald nicht, bald das Haar kurz, bald lang, und sind somit alberne Narren der Mode. Ein Christ aber soll sein Haar nicht zur Schau tragen, sondern zu Gottes Ehre. Zu Gottes Ehre soll er seinen ganzen Leib halten, und nicht zu Satans Ehre. Darum soll er ihn (V. 28) auch nicht zerschneiden in keinerlei Weise, auch nicht, wie oft die Matrosen thun, allerlei Zeichen oder Buchstaben darauf einbrennen. Im Aeußern auch soll der Christ die innerliche Heiligkeit zeigen.

Dann folgen noch einzelne Bestimmungen, zuerst gegen das Alter (V. 32), was man ehren soll. Wie sehr ist es uns Christen noth. dies Gebot dem jungen Volk einzuschärfen. Wie roh und rücksichtslos sind heut zu Tage die Jungen gegen die Alten; wie dreist räsonieren sie, und lassen in ihrer Weisheit die Weisheit der Alten nicht aufkommen. Mit großem Ernst ist es ihnen einzuschärfen, daß sie demüthig schweigen, wenn die Alten reden wollen.

Vers 33 und 34 sagt, daß auch die Heiden, die unter Israel wohnten, dessen Segens theilhaftig werden sollten. Das können wir uns auch merken. Auch hier kommen oft Fremde, und bleiben auch wohl bei uns; aber solche Fremdlinge soll man nicht benutzen, nicht den guten Ruf benutzen, den Hermannsburg hat, oder die Unbekanntschaft der Fremden mit den einzelnen Bewohnern, soll ihnen nichts abborgen, um es lässig oder gar nicht wieder zu bezahlen. Mancher behandelt sie auch wohl grob, schnauzt die Fremden an, und macht ihnen in der Kirche die Plätze streitig. Wir sollen sie achten, und uns freuen, daß die Liebe zu Gottes Wort sie herführt.

Vers 33-34 stellten sie in besondern Schutz unter Gottes Wort. - Nun, das sind die einzelnen Bestimmungen, wie wir sie bisher noch nicht gehabt haben. Bedenkt, daß ihr die Heiligkeit Gottes an euch beweisen sollt, nicht nur innerlich, sondern auch äußerlich. „Stellet euch nicht dieser Welt gleich,“ das zeige sich im Hause, in der Kleidung, in der ganzen Lebensweise. Möge der HErr uns ein scharfes Gewissen und ein klares Auge geben. Amen.

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