Harms, Theodor - Das dritte Buch Mose - Das 10. Capitel.

Harms, Theodor - Das dritte Buch Mose - Das 10. Capitel.

Und die Söhne Aarons, Nadab und Abihu, nahmen ein jeglicher seinen Napf, und thaten Feuer darein, und legten Räuchwerk darauf, und brachten das fremde Feuer vor den HErrn, das Er ihnen nicht geboten hatte. Da fuhr ein Feuer aus von dem HErrn, und verzehrete sie, daß sie starben vor dem HErrn. Da sprach Mose zu Aaron: Das ist es, das der HErr gesagt hat: Ich werde geheiliget werden an denen, die zu Mir nahen, und vor allem Volk werde ich herrlich werden. Und Aaron schwieg stille. Mose aber rief Misael und Elzaphan, die Söhne Usiels, Aarons Vettern, und sprach zu ihnen: Tretet hinzu, und traget eure Brüder von dem Heiligthum hinaus vor das Lager. Und sie traten hinzu, und trugen sie hinaus mit ihren leinenen Röcken vor das Lager, wie Mose gesagt hatte. Da sprach Mose zu Aaron und seinen Söhnen, Eleazar und Ithamar: Ihr sollt eure Häupter nicht blößen, noch eure Kleider zerreißen, daß ihr nicht sterbet, und der Zorn über die ganze Gemeinde komme. Lasset eure Brüder des ganzen Hauses Israel weinen über diesen Brand, den der HErr gethan hat. Ihr aber sollt nicht ausgehen von der Thür der Hütte des Stifts; ihr möchtet sterben. Denn das Salböl des HErrn ist auf euch. Und sie thaten, wie Mose sagte. Der HErr aber redete mit Aaron, und sprach: Du und deine Söhne mit dir sollt keinen Wein, noch stark Getränke trinken, wenn ihr in die Hütte des Stifts gehet, auf das ihr nicht sterbet. Das sei ein ewiges Recht allen euren Nachkommen. Auf daß ihr könnet unterscheiden, was heilig und unheilig, was unrein und rein ist; und das ihr die Kinder Israel lehret die Rechte, die der HErr zu euch geredet hat durch Mose. Und Mose redete mit Aaron und mit seinen übrigen Söhnen, Eleazar und Jihamar: Nehmet das übergeblieben ist vom Speisopfer an den Opfern des HErrn, und esset es ungesäuert bei dem Altar; denn es ist das Allerheiligste. Ihr sollt es aber an heiliger Stätte essen; denn das ist dein Recht, und deiner Söhne Recht, an den Opfern des HErrn; denn so ist mirs geboten. Aber die Webebrust, und die Hebeschulter sollst du und deine Söhne, und deine Töchter mit dir, essen an reiner Stätte; denn solches Recht ist dir und deinen Kindern gegeben, an den Dankopfern der Kinder Israel. Denn die Hebeschulter und die Webebrust zu den Opfern des Fetts, werden gebracht, daß sie zur Webe gewebet werden vor dem HErrn; darum ist es dein und deiner Kinder zum ewigen Rechte, wie der HErr geboten hat. Und Mose suchte den Bock des Sündopfers, und fand ihn verbrannt. Und er ward zornig über Eleazar und Jihamar, Aarons Söhne, die noch übrig waren, und sprach: Warum habt ihr das Sündopfer nicht gegessen an heiliger Stätte? denn es das Allerheiligste ist, und er hats euch gegeben, daß ihr die Missethat der Gemeinde tragen sollt, daß ihr sie versöhnet vor dem HErrn. Siehe, sein Blut ist nicht gekommen in das Heilige hinein. Ihr solltet es im Heiligen gegessen haben, wie mir geboten ist. Aaron aber sprach zu Mose: Siehe, heute haben sie ihr Sündopfer und ihr Brandopfer vor dem HErrn geopfert, und es ist mir also gegangen, wie du siehest; und ich sollte essen heute vom Sündopfer, sollte das dem HErrn gefallen? Da das Mose hörete, ließ ers ihm gefallen.

Der Abschnitt, den wir heute zu betrachten haben, ist ein sehr ernster. Man kann ihn mit der Geschichte des plötzlichen Todes des Ananias und der Saphira zusammenstellen; beide sind gleich erschütternd. Der Tod hat ja immer etwas Schreckliches, aber ein böser schneller Tod ist das furchtbarste; die Vorbereitungszeit auf ein künftiges Leben wird damit dem Menschen abgeschnitten, und wen der Herr damit heimsucht, der muß wohl eine schwere Sünde begangen haben. Ananias und Saphira hatten dem heiligen Geist gelogen; Aarons Söhne hatten ins Heiligthum fremdes Feuer gebracht. Am Schluß des vorigen Capitels haben wir gesehen, daß der HErr sich in Gnaden zu dem Opfer bekannte und Sein Feuer vom Himmel schickte, was es verzehrte. Dieses Feuer sollte nun auf dem Altare erhalten werden, denn der HErr nimmt nur diejenigen Opfer an, die Er selbst entzündet hat; von selbsterwähltem Gottesdienst will Er nichts wissen; wegfallen muß alles eigene Wesen und Thun; man muß dem HErrn dienen in der Weise, wie Er es will, und wer Ihm dienen will, der muß richtige Gottes-, Sünden- und Gnadenerkenntniß haben; er muß in Gott nicht nur den gütigen und barmherzigen, er muß auch den gerechten Gott in Ihm erkennen, sich selbst in demüthigem Sündenbewußtsein als ein Scheusal, und den HErrn Christus als das Gnadenopfer, das unsere Schuld auf sich genommen. Wenn wir in dieser dreifachen, lebendigen Erkenntniß vor Ihn treten, dann nimmt Er unser Opfer an. Darum ein Opfer, das der heilige Geist nicht in uns entzündet, kann dem HErrn nicht wohlgefallen; was wir selbst bereitet haben, ist Ihm ein Greuel. Das Selbstgewählte ist das falsche Feuer. Wenn wir dem Herrn eine Gabe bringen von unserm Vermögen, und besitzen es nicht, als besäßen wir es nicht, haben uns nicht erst von dem HErrn schenken lassen, was wir Ihm bringen: siehe das ist falsches Feuer. Wenn wir ein Gebet sprechen, das der HErr uns nicht in den Mund legt: das ist falsches Feuer. Man kann sich nicht wundern, daß so viele Christen verdammt werden; es ist ihrer Schandgebete wegen; Millionen von Menschen gehen verloren wegen ihrer leichtsinnigen und ihrer Mundgebete. Bringen wir uns dem HErrn zu Seinem Dienst, und sind nicht durchdrungen von dem heiligen Geiste, dann haben wir uns selbst bereitet, und der HErr verwirft uns. Uebergeben wir uns Ihm aber zum Werkzeug im Bewußtsein unserer ganzen Armseligkeit, und machen uns nicht besser als wir sind, dann hat uns der heilige Geist bereitet. Wir müssen das recht ernstlich bedenken in all unserm Thun. Wenn wir dem HErrn dienen wollen in selbstgewähltem Gottesdienst, dann ist die ewige Verdammniß unser Theil, weil wir es gewagt haben, im schnöden Leichtsinn, im Taumel, oder in pharisäischer Selbstgerechtigkeit vor des HErrn heiliges Angesicht zu treten. Vor Ihm gilt nur, was vorher ganz und gar an sich selbst zu Schanden geworden ist. Darum wollen wir uns ernstlich prüfen, und es uns klar machen, daß wir nicht uns selbst, kein Gebet, kein Stück Geld dem HErrn bringen dürfen, wenn er selbst uns nicht dazu bereitet hat. -

Da lagen nun die beiden Priester im Tempel im priesterlichen Schmuck. Ein furchtbarer Anblick. Wie verhalten sich nun Moses und Aaron dabei? Moses in großem Ernst, als wenn seine Seele gar nicht erschüttert wäre, spricht Vers 3. Wenn sich der Mensch dem Herrn naht im Taumel, oder selbsterwähltem Dienst, und der HErr stürzt ihn zu Boden, so ist dessen Verdammniß eben so sehr eine Verherrlichung Gottes, als die Seligkeit eines geheiligten Sünders. Sowohl durch Seine Gnade, wie durch Seinen Zorn erweist Gott sich als der Heilige. Darum ward auch durch dies Strafgericht an Aarons Söhnen der HErr geheiligt. Aaron sagt kein Wort. Das ist natürlich, denn sein Herz ist zu voll. Als Priester muß er dem Moses Recht geben, aber das Vaterherz fordert auch sein Recht. Moses will nun das natürliche Gefühl unterdrückt wissen im Dienst am Heiligthum und befiehlt gerade den nächsten Vettern, den Leichendienst zu thun zur Ehre des HErrn. Was Vers 6 folgt, will uns fast zu hart scheinen. Dann Vers 7: „Ihr dürft nicht weichen aus dem Heiligthum.“ Moses ist ein solcher Mann von Erz, sein Herz so sicher und klar geworden im Dienst der Gnade, daß er will, die natürlichen Gefühle des Herzens sollen gänzlich zurückgedrängt und bemeistert werden, wenn das Amt es fordert. Wir sehen daraus, was der HErr auch von uns verlangt: Zurücktreten sollen alle Rücksichten auf natürliche Bande, wenn Gott uns zum Dienst verlangt. Weichlichkeit und Schwächlichkeit ist ein Zug unserer Zeit und macht uns untüchtig zur Arbeit in Gottes Reich. Wohl ist es billig, daß wir dem Schmerz Rechnung tragen; aber er darf uns nicht hindern am Gottesdienst. Es kommt heut zu Tage oft vor, daß eine Mutter ihr Kind, und Kinder ihre Eltern in ihrem Todeskampf den Armen Fremder überlassen, unter dem Vorwande, daß ihr Herz es nicht aushalten kann, die Leiden des geliebten Gegenstandes mit anzusehen. Solche verlassen aus weichlicher Schwäche ihren angewiesenen Platz, denn solch Amt an dem Sterbebette der Ihrigen ist auch Gottesdienst. Wohl ist es schwer, das eigene Herz zu bemeistern. Das habe ich erfahren, als ich meinem seligen Bruder die Leichenpredigt halten mußte, und glaubte es nicht zu können. In der Bändigung und Zwingung des eigenen Herzens wird die Seele fest. -

Aaron hat geschwiegen, den Schmerz sich austoben lassen und ist ungestört in seinem Dienst fortgefahren. Da sagt der HErr Vers 9. Wir dürfen wohl auf den Gedanken kommen, daß Aarons Söhne trunken gewesen sind, da sie es gewagt haben, fremdes Feuer auf Gottes Altar zu bringen. Sonst versteht man nicht, warum der HErr gleich hier (V. 9) dies Verbot nachfolgen läßt. Er verlangt ein nüchternes Herz, wenn man vor Ihn tritt, und verbietet jede Unmäßigkeit. Es gibt sehr verschiedene Trunkenheiten: des Weins, der creatürlichen Liebe, des Zorns, der Schwärmerei. Eine ist so schlimm wie die andere. Zugleich zeigt uns Moses Vers 10, warum die Nüchternheit im Dienst des HErrn nothwendig ist. Ein klarer Verstand dessen, was uns fehlt, ist nöthig, um zu unterscheiden zwischen rein und unrein, heilig und unheilig, es ist nöthig, uns mit klarem, offenem Auge unter die Gnade zu stellen. Eine Predigt l. B. wirft nichts, wenn der Prediger sich nicht losmacht von allem Eigenen, und sich nicht in nüchterner Ruhe unter den heiligen Geist stellt. Es gibt darin so viel Unklares, Falsches, eignes stürmisches Wesen. Dasselbe gilt auch von jedem Zeugniß des göttlichen Wortes: Nur in einer ruhigen, klaren, nüchternen, besonnenen Seele kann ein gesundes Christenthum zur Ehre Gottes aufwachsen. Der Trunkene verliert das Gleichgewicht der Seele, so nothwendig zur rechten besonnenen Unterscheidung, ob ein Gebet, ein Zeugniß, ob der ganze Christenwandel aus einem nüchternen, klaren, ruhigen Herzen kommt. - Was geschah nun? Moses, der Vers; 12-15 geboten hatte, daß das Fleisch des Opfers als Dankopfer von Aaron und seinen Kindern gegessen werden sollte, sieht das Opfer unberührt, sucht den Bock des Sündopfers, wovon nur das Fett geopfert werden sollte, und findet auch das Fleisch verbrannt. Moses (V. 16), dessen scharfes Auge überall umherspäht, bemerkt gleich, daß ein Fehler begangen ist, wird ganz zornig, und in heiligem Eifer sieht er nur Gottes Ehre, aber trägt dem schwachen Menschenherzen seine Rechnung (V. 17-18). Aaron spricht jetzt nach dem niederschmetternden Schlag, der ihn getroffen, die ersten Worte, ganz ruhig und bestimmt (V. 19). Er sagt: Du weißt ja, was mir widerfahren ist; ich weiß, daß mir Recht geschieht, und ich stehe auch in Lebens- und Liebesgemeinschaft mit meinem Gott, aber genießen kann ich diese Gemeinschaft jetzt nicht, freuen kann ich mich ihrer nicht. Moses verlangt hier wirklich zu viel, daß Aaron mit seinen übrigen Kindern fröhlich sein sollte. So viel hatten sie über sich vermocht, den Gottesdienst ruhig bis zu Ende zu führen, aber eine Freudenmahlzeit konnten sie nun nicht halten. Hatte Aaron Recht oder Moses? Moses verlangt etwas Uebermenschliches. In solchen Fällen kann das Menschenherz es wohl dahin bringen, sich still zu beugen vor des HErrn Schlägen, aber fröhlich sich seines HErrn erfreuen, kann es nicht. Hätte Aaron dennoch mit seinen Söhnen das Opferfleisch gegessen, so wäre es Heuchelei gewesen, durch und durch unevangelisch, nur Schein; Aaron hatte in diesem Falle ein richtigeres Verständniß, als Moses. -

Darum heißt es auch Vers 20. Meine Lieben, laßt uns diesen Abschnitt der heiligen Schrift wohl im Herzen bewegen, um uns richtig zu stellen, wenn wir einmal in ähnliche Lage kommen. Die Verhältnisse brechen das Herz nicht so leicht, wenn sie auch von der traurigsten Art sind, wenn der HErr auch diejenigen verderbet, die uns nahestehen. Der Schmerz darüber hat seine Berechtigung. Im Himmel wird es anders sein; da fällt mit dem Fleisch und Blut alle Schwachheit. Da werden wir es ertragen können, unsere Angehörigen in der Hölle zu sehen. Ihr Geheul stört den HErrn nicht in Seiner Seligkeit; es wird auch uns nicht stören. Dann werden wir ganz eins sein mit Gott, keine Schwäche tritt dazwischen. Dann wird sich vollkommen erfüllen Vers 3. Amen.

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