Bunyan, John - Die überschwängliche Gnade - XI. Kapitel. Schlußbetrachtungen.

Bunyan, John - Die überschwängliche Gnade - XI. Kapitel. Schlußbetrachtungen.

Von allen Versuchungen, die mir in meinem Leben begegnet sind, waren Zweifel an dem Dasein Gottes und an der Wahrheit des Evangeliums die schlimmsten und am schwersten zu ertragen. Wenn diese Versuchung kommt, so nimmt sie mir meinen Gürtel und bricht das Fundament unter mir auf. O! ich habe oft an das Wort gedacht: „Lasset eure Lenden mit Wahrheit umgürtet sein;“ und an das: „Denn sie reißen den Grund um, was sollte der Gerechte ausrichten?“ Eph. 6,14. Psalm 11,3.

Manchmal, wenn ich nach begangener Sünde scharfe Züchtigung von der Hand Gottes erwartete, wurde mir zu allererst die Offenbarung Seiner Gnade zu Theil. Bisweilen, wenn ich getröstet wurde, habe ich mich selbst einen Thoren genannt, daß ich unter dem Kreuz so darniedergesunken war. Und darnach habe ich wieder gedacht, ich sei nicht vernünftig, daß ich dem Troste so Raum gegeben hätte. Mit solcher Stärke und mit solchem Gewicht haben beide Kreuz und Trost auf mir gelegen.

Ueber dies Eine habe ich schon meine Verwunderung ausgedrückt, daß, obgleich Gott mich mit so segensreichen Offenbarungen Seiner Selbst besucht hat, ich doch hernach Stunden hatte, wo mein Geist mit solcher Finsterniß erfüllet wurde, daß mir alles Bewußtsein davon entschwunden war.

Manchmal habe ich mehr in einer Zeile der Schrift gesehen, als ich (das mag ich wohl sagen) zu ertragen vermochte; und zu einer andern Zeit war mir die ganze Bibel so dürr und trocken, wie ein Stück Holz; oder besser, mein Herz war so trocken, daß ich nicht den kleinsten Labetrunk in derselben finden konnte, obgleich ich sie ganz darnach durchsuchte.

Von allen Befürchtungen sind die die besten, die durch das Blut Christi gewirkt werden;1) und von allen Freuden ist die die süßeste, welche mit Trauern um Christum vermischt ist. O! es ist etwas Gutes, Christum im Arm, vor Gott auf unsern Knieen zu liegen. Ich hoffe, ich weiß etwas davon.

Bis zu diesem Tage sehe ich sieben Greuel in meinem Herzen: 1) Hang zum Unglauben. 2) Schnelles Vergessen der Liebe und Barmherzigkeit, die Christus offenbart. 3) Hang nach den Werken des Gesetzes. 4) Zerstreutheit und Kälte im Gebet. 5) Vergessen auf das Erbetene zu warten. 6) Geneigtheit zu murren, daß ich nicht mehr habe, und doch zu Mißbrauchen, was ich habe. 7) Unfähigkeit, etwas zu thun, das mir Gott befiehlt, ohne daß sich meine Verderbtheiten hineinmischen. „Wenn ich das Gute thun will, so hanget mir das Böse an.“ Röm. 7, 21.

Diese Dinge sehe und fühle ich beständig, und werde von ihnen gequält und gedrückt; aber die Weisheit Gottes lenkt sie zu meinem Besten: 1) Sie lehren mich, mich selbst zu verabscheuen. 2) Sie bewahren mich, daß ich meinem Herzen nicht traue. 3) Sie überzeugen mich von der Unzulänglichkeit aller eigenen Gerechtigkeit. 4) Sie zeigen mir die Nothwendigkeit, zu Jesu zu fliehen. 5) Sie treiben mich zum Gebet zu Gott an. 6) Sie zeigen mir, wie nöthig ich habe, zu wachen und zu beten, und 7) sie reizen mich, Gott durch Christum zu bitten, mir zu helfen und mich durch diese Welt hindurch zu tragen.

1)
Der Verfasser meint wohl die Befürchtung, den Herrn zu betrüben.
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