Hebräer, Kapitel 13

Hebräer, Kapitel 13

13:1 Bleibet fest in der brüderlichen Liebe.

13:2 Gastfrei zu sein vergesset nicht; denn dadurch haben etliche ohne ihr Wissen Engel beherbergt.

13:3 Gedenket der Gebundenen als die Mitgebundenen derer, die in Trübsal leiden, als die ihr auch noch im Leibe lebet.

13:4 Die Ehe soll ehrlich gehalten werden bei allen und das Ehebett unbefleckt; die Hurer aber und die Ehebrecher wird Gott richten.1)
Bei keiner Sache hat sich einerseits die falsche Weisheit, und anderseits die fleischliche Freiheit der Menschen deutlicher geoffenbart als bei dem Ehestand. Es hat zu allen Zeiten Leute gegeben, welche verboten haben, ehelich zu werden, freilich nicht Jedermann, weil sie wußten, daß in diesem Fall die Welt ausstürbe, sondern denen, welche nach einer christlichen Vollkommenheit streben, welche Verlobte Gottes sein wollen, welche das Predigtamt verwalten u.s.w. Die Juden dachten freilich nicht so: hingegen bestand ihre falsche Weisheit darin, daß Jeder durch einen Scheidebrief aus einer geringen Veranlassung sich von seinem Ehegatten schied, und dadurch der Unlust, welche sein damaliger Ehestand mit sich führte, ausweichen wollte. Der HErr Jesus eiferte sehr wider diese Scheidebriefe, welche Moses nur auf besondere Fälle um der Herzenshärtigkeit willen gestattet hatte, und verbot sie den Christen im Neuen Testament, bei denen keine Herzenshärtigkeit sein soll, gänzlich. Aber unter den Heiden war der Ehestand so zerrüttet, befleckt, und aus der Ordnung gekommen, daß es schwer war, denselben bei den ersten Christen recht einzurichten, daß Viele eine Scheu davor hatten, und daß deßwegen auch die Korinther dem Paulus die Frage vorlegten, ob es rathsam sei, ehelich zu werden? (1 Kor. 7.) Die Apostel, welche wohl verstanden, was zur christlichen Vollkommenheit dienlich sei, nöthigten zwar Niemand zum Ehestand, gestanden auch die vorzügliche Bequemlichkeit des ledigen Standes (wenn es sich nämlich wohl schicke, außer der Ehe zu leben, 1 Kor. 7,36.), redeten aber immer ehrerbietig von dem Ehestand, und schrieben den christlichen Eheleuten ihre Pflichten vor. Unter andern Zeugnissen von dieser Art ist auch dieses klar und wichtig: die Ehe soll in Ehren gehalten werden, und das Ehebett unbefleckt. Freilich soll die Ehe in Ehren gehalten werden, weil sie von Gott gestiftet und verordnet worden, und zwar vor dem Sündenfall, da die Menschen noch unschuldig und heilig waren. Bei dem Anbruch des Neuen Testaments that der HErr Jesus Sein erstes Wunder bei einer Hochzeit, welcher Er als ein Gast beiwohnte. Er ehrte hiedurch den Ehestand auf eine ausnehmende Weise, und gab zu verstehen, daß er sich auch zu der Verfassung seines neutestamentlichen Himmelreichs schicke. Petrus hatte eine Schwieger, folglich auch ein Weib, und da die Apostel, und unter denselben des HErrn Bruder und Kephas, ausgingen, das Evangelium zu predigen, so führten sie ihre Weiber, die glaubige Schwestern waren, umher, wie Paulus, der immer ledig blieb, doch aber behauptete, daß er’s auch so machen dürfte, 1 Kor. 9,5. geschrieben hat. Es werden auch im Neuen Testament den Eheleuten ihre Pflichten vorgeschrieben, und dadurch wird der Ehestand den Christen angepriesen. Es soll aber das Ehebett unbefleckt gehalten werden. Es wird durch den Ehebruch befleckt, und wer dieses thut, soll wissen, daß Gott Hurer und Ehebrecher richten werde. Wie wird Er sie aber richten? So, daß weder die Hurer noch die Ehebrecher das Reich Gottes ererben werden, 1 Kor. 6,9., und daß der Theil der Hurer, folglich auch der Ehebrecher wird in dem Pfuhl sein, der mit Feuer und Schwefel brennt. Off. Joh. 21,8. O unzüchtige Christenwelt, was wartet für ein Urtheil auf dich! Gott mache einen Jeden durch Seinen Geist tüchtig, den Ehestand heilig und nicht in der Lustseuche zu führen, und in demselben dem Evangelio würdig zu wandeln. Die Wege des HErrn (folglich auch der Weg des Ehestandes) sind richtig, und die Gerechten wandeln darin: aber die Uebertreter fallen darin, Hos. 14.10.(Magnus Friedrich Roos)

13:5 Der Wandel sei ohne Geiz; und laßt euch genügen an dem, was da ist. Denn er hat gesagt: „Ich will dich nicht verlassen noch versäumen “;
Wenn wir nur diese Worte im Glauben erfassen können, so haben wir eine Walles überwindende Waffe in der Hand. Welcher Zweifel würde nicht erschlagen von diesem zweischneidigen Schwert? Welche Furcht kann‘s geben, die nicht erliegen müsste, wenn dieser Pfeil vom Bogen des göttlichen Gnadenbundes sie tödlich verwundet? Müssen nicht die Widerwärtigkeiten des Lebens und die Schrecken des Todes, müssen nicht die Eiterbeulen im Innern und die klaffenden Wunden im Äußern, müssen nicht die Heimsuchungen von oben und die Versuchungen von unten, müssen sie nicht alle nur als leichte Prüfungen erscheinen, wenn wir uns hinter dem Bollwerk des Wortes bergen können: „Er hat gesagt?“ Ja, es gelte Wonne und Seligkeit in unsrer Ruhe, oder es gelte Stärkung in unsern Anfechtungen, so muss das: „Er hat gesagt!“ unser täglicher Heilsborn sein.
Und das kann uns hinweisen auf den außerordentlichen Wert des Suchens in der Schrift. Du findest vielleicht eine Verheißung im Worte Gottes, die gerade wie für dich gemacht ist; aber wenn du nichts davon weißt, so geht dir ihr Trost verloren. Du bist wie ein Gefangener im Kerker, und vielleicht ist unter deinem Strohlager ein Schlüssel verborgen, mit dem du die Tür öffnen und die Freiheit gewinnen könntest; wenn du aber nicht suchst, so bleibst du ein Gefangener, und doch ist deine Freiheit dir so nahe! Es ist vielleicht ein kräftiges Mittel in der großen Apotheke der Heiligen Schrift, und doch bleibst du fort und fort krank, bis dass du das Wort der Wahrheit durchforschest und suchst, was „Er gesagt hat.“ Willst du nicht bei deinem Bibellesen in deinem Gedächtnis einen reichen Vorrat an Gottes-Verheißungen sammeln? Du behältst die Worte großer Männer, du prägst dir die Verse berühmter Dichter ein; solltest du nicht recht tief gegründet sein in der Kenntnis der Worte Gottes, so dass du imstande wärst, sie jeden Augenblick gegenwärtig zu haben, wo sich‘s darum handelt, eine Schwierigkeit zu lösen, einen Zweifel zu widerlegen? „Er hat gesagt,“ siehe, das ist eine Quelle aller Weisheit, und ein Born alles Trostes; so lass dies Wort reichlich in dir wohnen als einen „Brunnen des Wassers, das in das ewige Leben quillt.“ Alsdann wirst du gesund, stark und fröhlich wachsen in einem göttlichen Leben. (Charles Haddon Spurgeon)


Keine einzige aller Verheißungen hat bloß für einen einzelnen Gültigkeit. Was Gott je zu irgendeinem Heiligen gesagt hat, das geht alle an. Wo Er dem einzelnen einen Born erschließt, sollen sich alle daran erquicken. Wenn Er ein Vorratshaus auftut, um Korn herauszugeben, so ist vielleicht irgendein elender Hungriger der Anlass, dass des Kornhauses Tore sich öffnen, aber alle hungrigen Heiligen dürfen kommen und sich sättigen. Ob Er das Wort der Verheißung dem Abraham oder dem Moses gegeben habe, bleibt sich gleich, liebe gläubige Seele; Er hat‘s auch dir gegeben, denn du gehörst auch zum Samen des Bundes. Kein erhabener Segen ist zu erhaben für dich, keine weite Gnade zu umfassend für dich.
Erhebe nur deine Augen gegen Mittag und gegen Mitternacht, gegen Morgen und gegen Abend, denn es gehört alles dir. Steige auf Pisgas Höhe, und schaue hinaus zu den äußersten Grenzen der göttlichen Verheißung, denn das ganze Land ist dein Eigentum. Es ist kein Bächlein lebendigen Wassers dort, von dem du nicht trinken darfst. Wenn das Land trieft von Milch und Honig, so iss den Honig und trinke die Milch, denn sie sind beide dein. Sei kühn im Glauben, denn Er hat gesagt: „Ich will dich nicht verlassen noch versäumen.“ In dieser Verheißung gibt Gott den Seinen alles: „Ich will dich nicht verlassen.“ Auch hört bei keiner Eigenschaft Gottes dein Anspruch an dieselbe auf. Ist Er stark und mächtig? Er will sich mächtig und kräftig erweisen an denen, die auf Ihn trauen. Ist Er die Liebe? Dann will Er mit Freundlichkeit und Leutseligkeit uns Gnade erzeigen. Welche Eigenschaften auch sich in dem Wesen der Gottheit vereinigen, so wird eine jede derselben in ihrem vollsten Umfang zu unserem Heil verwendet. Um alles in eins zusammenzufassen, so ist nichts, was du bedarfst, nichts, was du verlangst, nichts, was du brauchst in dieser Zeit oder in der Ewigkeit, es ist nichts Lebendes und nichts Sterbendes, es ist nichts in dieser und nichts in jener Welt, nichts heute, nichts am Auferstehungs-Morgen, nichts im Himmel, was nicht in den Worten enthalten wäre: „Ich will dich nicht verlassen, noch versäumen.“ (Charles Haddon Spurgeon)


Mehrere Male hat der Herr dies in der Schrift gesagt. Es hat es oft wiederholt, um unsre Zuversicht doppelt gewiß zu machen. Laßt uns nie einen Zweifel daran hegen. In ihrem Wortlaut ist die Verheißung besonders nachdrücklich. Im Griechischen hat sie fünf Verneinungen, und jede schließt ganz bestimmt die Möglichkeit aus, daß der Herr jemals einen von seinem Volke so versäumen wird, daß er sich mit Recht von seinem Gott verlassen fühlen könnte. Dieser unschätzbare Spruch verheißt uns nicht das Freisein von Leiden, aber er sichert uns gegen Verlassensein. Wir mögen berufen werden, sonderbare Wege zu wandeln, aber wir sollen immer unsres Herrn Gesellschaft, Beistand und Vorsorge haben. Wir brauchen nicht Geld zu begehren, denn wir sollen immer unsren Gott haben, und Gott ist besser als Gold, seine Gunst ist besser, als viele Güter.
Wir sollten sicherlich zufrieden sein mit dem, was wir haben, denn wer Gott hat, der hat mehr als die ganze übrige Welt. Was können wir haben über den Unendlichen hinaus? Was können wir mehr wünschen, als allmächtige Güte?
Komm, mein Herz; wenn Gott sagt, daß Er dich niemals verlassen noch versäumen will, so sei du viel im Gebet um Gnade, damit du nie deinen Herrn verlassen mögest, und niemals auch nur auf einen Augenblick von seinen Wegen weichen. (Charles Haddon Spurgeon)


Der Geiz besteht darin, daß ein Mensch sich nicht begnügen läßt an dem, das da ist, und deßwegen Vieles sammeln will, und wenn er Vieles gesammelt hätte, gern noch mehr sammeln wollte, da dann das Gemüth von der Begierde zu sammeln ganz eingenommen wird, und zu Lügen, Betrug, zur Härtigkeit gegen sich selbst, insonderheit aber zur Unbarmherzigkeit gegen Arme, denen er mittheilen sollte, geneigt wird. Fragt man, warum ein geiziger Mensch sich an demjenigen, das da ist, nicht genügen läßt, so ist die Antwort diese, daß er sich und den Seinigen gern eine gewisse Versorgung auf die künftige Zeit verschaffen möchte. Mit diesem Vorwand wird der Geiz entschuldiget, und ihm noch gar der Name einer Tugend, nämlich der vorsichtigen Klugheit, beigelegt. Wie aber? Hat der geizige Mensch nicht gehört, was Gott in Seinem Wort etlichemal gesagt hat, nämlich: Ich will dich nicht verlassen noch versäumen. Sollte er also nicht nach dieser Verheißung eine gewisse Versorgung für sich und die Seinigen hoffen, wenn er bei einer fleißigen Arbeit sparsam lebte, dabei aber zuerst nach dem Reich Gottes und nach Seiner Gerechtigkeit trachtete, und durch Wohlthun an den Armen einen Schatz im Himmel sammelte? Ist eine solche Verheißung nicht gewisser als alle liegende und fahrende Habe, die man auf Erden sammeln kann? Freilich ist sie gewisser: aber der Geizige glaubt die Verheißungen Gottes nicht. Und wie? Lehrt nicht die Erfahrung, daß dasjenige wahr sei, was Ps. 39,7. von den Geizigen gesagt wird: sie gehen daher wie ein Schemen oder Schattenbild, und machen ihnen viel vergeblicher Unruhe; sie sammeln, und wissen nicht, wer es kriegen wird? Ja gewiß, wenn mancher Geizige, 10, 20 oder 30 Jahre nach seinem Tod, bei welchem er von seinem Gut nichts hat mit sich nehmen können, wieder in diese Welt zurückkäme, so würde er zu seinem empfindlichen Gram wahrnehmen, wie sein geizig gesammeltes Gut nicht bei seinen Nachkommen geblieben, und Andern zu Theil worden sei, für die er’s nicht gesammelt hatte. Wer sein Gut mehret mit Wucher und Uebersatz, der sammelt es zum Nutzen der Armen, Sprüchw. 28,8. Dieses Alles wird durch die Erfahrung bestätigt, aber der Geizige nimmt’s nicht zu Herzen. Der Geist ist dem Glauben, der Liebe und der Hoffnung entgegen gesetzt. Er verfinstert und beschwert das Herz und gebiert viel Böses, weil ein Geiziger sich schändlicher Thaten, die seinen Reichthum zu vermehren scheinen, nie schämt. Der Geist ist eine Wurzel alles Uebels, 1 Tim. 6,10. Er ist aber desto schädlicher, weil er leichtert den Schein einer Tugend annehmen kann, als ein anderes Laster. Als der HErr Jesus von einem Juden gebeten wurde, seinem Bruder zu sagen, daß er das Erbe mit ihm theile, so sprach Er aus dieser Veranlassung zu Seinen Zuhörern: sehet zu und hütet euch vor dem Geiz, denn Niemand lebt davon, daß er viele Güter habe. Das Begehren des Juden schien gerecht zu sein; der Heiland wußte aber, daß ein Geiz darunter stecke, und warnte deßwegen Jedermann davor. Großer Gott, mache mich gründlich von dem Geiz frei, und dagegen reich in Dir. Gib mir die wahre Klugheit, die Dein lieber Sohn in dem Gleichniß vom ungerechten Haushalter gepriesen hat. (Magnus Friedrich Roos)

13:6 also daß wir dürfen sagen: „Der HERR ist mein Helfer, ich will mich nicht fürchten; was sollte mir ein Mensch tun?“
Weil Gott uns nicht verlassen, noch versäumen will, so mögen wir wohl zufrieden sein mit dem, „das da ist.“ Da der Herr unser ist, so können wir nicht ohne einen Freund, einen Schatz und eine Wohnstätte gelassen werden. Diese Zusicherung kann uns das Gefühl der Unabhängigkeit von Menschen geben. Unter so hohem Schutze fühlen wir uns nicht versucht, vor unsren Mitmenschen zu kriechen und sie um Erlaubnis zu bitten, unser Leben unser eigen zu nennen, sondern was wir sagen, das sagen wir kühn und trotzen dem Widerspruch.
Wer Gott fürchtet, hat nichts andres zu fürchten. Wir sollten solche Ehrfurcht vor dem lebendigen Herrn fühlen, daß alle Drohungen des stolzesten Verfolgers nicht mehr Wirkung auf uns ausübten, als das Pfeifen des Windes. Menschen können in unsren Tagen nicht soviel gegen uns tun, als zu der Zeit, da der Apostel diesen Spruch schrieb. Folter und Scheiterhaufen sind aus der Mode. Der Riese Papst kann die Pilgrime jetzt nicht verbrennen. Wenn die Nachfolger der falschen Lehre es mit grausamem Spott und Hohn versuchen, so wundern wir uns dessen nicht, denn die Menschen dieser Welt können nicht den himmlischen Samen lieben. Was denn? Wir müssen den Hohn der Welt tragen. Er zerbricht keine Knochen. Mit Gottes Hilfe laßt uns kühn sein, und wenn die Welt wütet, so laßt sie wüten, aber laßt uns sie nicht fürchten. (Charles Haddon Spurgeon)

13:7 Gedenkt an eure Lehrer, die euch das Wort Gottes gesagt haben; ihr Ende schaut an und folgt ihrem Glauben nach.

13:8 Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit.2)
Die Erde ist immer ein Schauplatz vieler und großer Veränderungen gewesen. Vor der Sündfluth gab es, wie man mit vieler Wahrscheinlichkeit aus der kurzen mosaischen Geschichte schließen kann, keine Könige und Fürsten, keine Priester, keine Bücher, keine gelehrte Welt u.s.w. Viele Wissenschaften und Künste, die jetzt sind, waren damals noch nicht: hingegen hatte man vielleicht einige, die jetzt nicht mehr sind. Nach der Sündfluth wurden die Menschen in Völker eingetheilt, von denen ein jedes eine gewisse Polizei errichtete, eine gewisse Religion ausbildete, und gewisse Künste und Wissenschaften vorzüglich trieb. Wie viele alte Reiche sind wieder gefallen! wie viele falsche Religionen verschwunden! wie viele Künste und Wissenschaften sind untergegangen, oder wenigstens umgeschmelzt, erweitert oder vermindert worden! Auch die Anstalten, die Gott selbst unter dem Volk Israel gemacht hat, haben, insofern sie Schatten und Vorbilder enthielten, durch Christum ihre Endschaft erreicht. Wird es aber wohl mit der Religion Jesu Christi auch so gehen? Wird sie von etwas Anderem verdrungen und abgelöst werden? Wird etwas Besseres an ihrer Statt auf den Schauplatz der Welt kommen? Viele Gelehrte und Halbgelehrte scheinen zu unserer Zeit solches zu erwarten, und wollen dazu mitwirken. Die Religion Jesu Christi war in gewissem Maße schon die Religion der Patriarchen und der Israeliten, und ist nach der neutestamentlichen Gestalt schon über 1800 Jahre in der Welt. Nun scheint sie vielen Leuten entleidet zu sein. Sie wollen etwas Neues, und wer etwas Neues erdacht zu haben meint, lobet sein Zeitalter und hiemit auch sich selbst als ein Thor. Man spricht von Riesenschritten, mit welchen die Christenwelt in der Verbesserung ihrer selbst fortgegangen sei. Was wird aber Gott, was wird die Nachkommenschaft zu diesem thörichten Selbstruhm sagen? Paulus, der auch zu seiner Zeit den leichtsinnigen Trieb nach Neuerungen bemerkt hat, schrieb an die Hebräer: Jesus Christus ist gestern und heute, und wird eben derselbe in Ewigkeit bleiben: folglich ist auch die Wahrheit, die Er gelehrt hat, unveränderlich. Sein Reich unbeweglich, und die Verehrung, die man Ihm schuldig ist, immer eben dieselbe. Kurz zu sagen, die Religion Jesu Christi darf und kann nicht verändert werden. Lasset euch also, setzt er hinzu, nicht mit mancherlei und fremden Lehren umtreiben; denn es ist ein köstlich Ding, daß das Herz fest werde. Diese Ermahnung soll ich zu der gegenwärtigen Zeit zu Herzen nehmen. Sobald ich Jesum Christum aus dem Gesicht verlöre, die von Ihm verkündigte und bestätigte Wahrheit fahren ließe, und mancherlei und fremden Lehren Gehör gäbe, so würde ein Umtrieb daraus, weil diese Lehren mancherlei sind, und weil, wie die Erfahrung lehrt, immer eine Partei und ein Geschlecht umreißt, was das andere aufgebauet hat. Jesus Christus, welcher gestern und heute und eben derselbe in Ewigkeit ist, soll mein Lehrer, mein König, mein Trost, mein Seligmacher sein. Bei Ihm will ich bleiben. Er hat vom Anfang der Welt als der Engel des Bundes Ausgänge zu den Menschen gemacht und mit ihnen geredet, Er hat gegen 33 Jahre unter den Menschen gewohnt und Vieles gelehrt, und nun sitzt Er zur Rechten auf dem Thron des Vaters. Ihn wird man ewiglich verehren.(Magnus Friedrich Roos)


Herrlicher kann das neue Jahr nicht angefangen werden, als es durch die Kirche geschieht, die den heutigen Tag den Namenstag Jesu genannt hat. Jesus ist ja der Mittelpunkt all' unsers Glaubens und Lebens, der erste und der letzte Gedanke - der Bibel, denn sie zeugt von Ihm; - der Welt, denn sie ist duch Ihn für Ihn geschaffen; - der Zeit, denn Er ist das A und O, Anfang, Mitte und Ende; - des einzelnen Herzens, denn sein wahres Leben geinnt mit der Taufe und Wiedergeburt und vollendet sich, wenn Christus in ihm eine Gestalt gewinnt. Nach Ihm zählen wir auch unsere Jahre, und nennen sie Jahre des Heils, weil kein anderer Name den Menschen gegeben ist, darin sie sollen selig werden, denn allein der Name Jesu Christi. Er allein giebt unsern Lebensjahren ihre Bedeutung, unsern Neujahrswünschen die rechte Weihe, unsern Bestrebungen das rechte Ziel, unsern Schicksalen das rechte Licht, und unsern Verbindungen die rechte Innigkeit und Dauer. Sein Name ist, wie die Schrift sagt (Hohelied 1,3), eine ausgeschüttete Salbe. Sein Name ist ein festes Schloß, der Gerechte flieht dahin, und wird beschirmt. Durch diesen Namen werden die Teufel ausgetrieben, die Schlangen vertrieben, die Kranken geheilt. Dieser Name ist über alle Namen, vor dem sich beugen alle Kniee Derer, die im Himmel, auf Erden und unter der Erde sind, und alle Zungen bekennen, daß Jesus Christus der Herr sei zur Ehre Gottes des Vaters. In Jesu Namen stehet Gottes Amen. - Wohlan, so beginnt denn auch dieses neue Jahr für uns in Jesu Namen! „All' was mein Thun und Anfang ist, gescheh' im Namen Jesu Christ; Er steh' mir bei, so früh als spat, bis all' mein Thun ein Ende hat.“ Mit Ihm dürfen wir den ernsten, wichtigen Schritt getrost wagen. - Und nun kommt, ihr Leiden und Trübsale der neuen Hzeit. Er wird uns trösten und helfen, daß wir in dem Allen weit überwinden. Kommt, ihr Versuchungen des Glücks und der Lust: Er wird uns fest machen, daß uns nichts scheiden kann von seiner Liebe. Zeige dich wieder in deiner ganzen Blöße, Schwäche meines Herzens: Er wird in meiner Schwachheit mächtig sein und mir aufhelfen, wenn ich straucheln wollte. Drohe, König des Schreckens, unerbittlicher Tod, mit deinen Aengsten und Kämpfen: Er ist mein Leben, so muß Sterben mein Gewinn sein. Der Herr ist mein Licht: vor wem sollt' ich mich fürchten? Der Herr ist meines Lebens Kraft: vor wem sollte mir grauen? In meines Herzens Grunde Dein Nam' und Kreuz allein funkelt all' Zeit und Stunde, drauf will ich fröhlich sein. (Johann Michael Hahn)


Je nachdem wir bestimmte Vorstellungen mit dem Wort verbinden, kann uns das Wort „derselbe“ schmerzen wie ein Peitschenhieb oder wohltun wie Mutterliebe. Ist das nicht unser Elend, unsere Schande, unsere Trauer, daß wir nicht immer dieselben sind? Daß wir bald großmütig, bald engherzig, hier stark, dort feige, gestern brennend in der Liebe Jesu, und heute lau und laß sind! Demgegenüber bleibt er sich gleich. Er kann seine eigentliche Art nicht verleugnen; da ist kein Wechsel von Licht und Finsternis; seine Absicht, uns zu segnen und uns zu fördern und für das Erbe der Ewigkeit zu erziehen, ist alle Tage die gleiche. Unsere Stimmung, unser Gefühl hat damit gar nichts zu tun; wir müssen nur an seine starke, stetige Liebesabsicht glauben und uns in die Burg zurückziehen, dann mögen die Nebel unserer elenden Gefühle draußen wogen wie ein Meer: sie müssen die feste Burg doch stehen lassen. Und derselbe Jesus, der unsere Ewigkeit hat und unserer Zukunft Trost bleibt wird über die Augenblicksstimmungen wieder Herr werden, daß ich mich schämen muß, überhaupt so verzagt und verstimmt gewesen zu sein. Wann werde ich ihm darin ähnlich werden, daß er auch auf mich sich verlassen kann?
O, Herr Jesu, mache mir die alten Erfahrungen von gestern lebendig für das Heute, damit ich mich mit meinen Schmerzen, Schwächen und Sorgen bergen lerne in das Vertrauen: Du seist derselbe! Deine Liebe bleibt sich gleich. Amen. (Samuel Keller)

13:9 Lasset euch nicht mit mancherlei und fremden Lehren umtreiben; denn es ist ein köstlich Ding, daß das Herz fest werde, welches geschieht durch die Gnade, nicht durch Speisen, davon keinen Nutzen haben, die damit umgehen.3)
Ein Lehrer hörte einst vier seiner Schüler in ihrem Gespräch die Frage aufwerfen und beantworten, was jeder werden wolle. Der erste sagte: „Ich will reich werden!“ Der zweite meinte: „Ich will so klug werden, wie alle meine Lehrer zusammen!“ Der dritte sprach: „Nein, ich will so berühmt werden, wie keiner von euch!“ Nur der letzte stockte erst, und dann hob er nachdenklich an: „Ich kann es nicht gleich so schnell sagen, aber ich meine, mein Vater hat wohl recht, wenn er mir immer sagt: „Karl, du kannst werden, was du willst, aber auf alle Fäälle sollst du ein ganzer Mann werden!“
Ein ganzer Mann! Ein Mann aus einem Gusse! Ja, das klingt schön, und selbst die leichtsinnige Welt kargt nicht mit ihrem Lob, wenn sie voll Respekt von einem Menschen, der seinen Lebenslauf vollendet hat, sprechen muß: „Das war ein ganzer Mann!“ Wenn sie aber glaubt, daß so ein ganzer Mann aus einem Gusse sei, dann irrt sie sich wieder einmal, wie so oft. Bei ganz naturgemäßer Entwicklung der vorhandenen Anlagen und Schwächen, der gegebenen Art und Unart wird noch keiner ein ganzer Mann. Das geht nicht ohne Zerbrechen, und sie sollte doch mit dem Worte „ganz“ auch ganzen Ernst machen und bedenken, daß ganz zweierlei Bedeutung hat. Erstlich ist es das Gegenteil von zerbrochen, und zweitens liegt darin etwas von Vollkommenheit. Beides aber paßt eigentlich bloß auf das Tun Jesu an einem seiner Christen. Der himmlisiche Glockengießer muß den ersten fehlerhaften Guß zerbrechen und von neuem gießen; dann kann es zu einer Vollkommenheit kommen. (Samuel Keller)


Baue ja nicht auf deine Gefühle, sie sind wechselvoll, vieles wirkt auf uns ein, von dem wir gar keine Ahnung haben; das Körperleben fällt sehr ins Gewicht. Die Stimmungen sind nicht dein Leben, sie sind eher die Wolken, welche von unbekannten Winden getrieben am Horizont deiner Seele vorbeitreiben. Lass dich nicht erschrecken durch Vorgänge im Gefühlsleben, lass dich nicht von Strömungen fortreißen, in deinen Gedanken und Gefühlen nicht nur so gehen; dein Herz soll fest werden durch Gottes Gnade. Gebricht es dir an Mut und an einem starken Willen, fühlst du dich den geheimen Einflüsterungen der finsteren Welt nicht gewachsen, so mach es dir zur festen Regel, deine Gefühle und Gedanken auf Gott zu lenken, indem du Schriftworte und treffliche Lieder im Herzen bewegst. Vor allem aber halte fest daran, dass dein Heil nie ungewiss, nie schwankend sein kann; es ruht ja nicht in dir, es ruht im Herrn, in Seinem Kreuz und Seiner Auferstehung. Jesus selbst ist dein bleibender Friede. Bist du gewiss, dass du dich Ihm ergeben hast? Stehst du in der Erneuerung durch den Heiligen Geist? Dann lass die momentanen Stimmungen nie die Heilstatsachen verwischen. Lobe deinen Gott auch bei trübem, stürmischem Wetter. - Ist aber ein ungeheiligter Wille, ein schwankender Charakter, ein unaufrichtiger Sinn, ein unreines Herz die Ursache deines unglücklichen Seelenzustandes, so bekehre dich heute gründlich, lass dich reinigen und erneuern. Gott will dich festmachen, die Hilfe bietet Er dir an in Seinem Sohn. Wolle nun auch du, so wirst du stark in Gott, deinem Herrn. (Markus Hauser)

13:10 Wir haben einen Altar, davon nicht Macht haben zu essen, die der Hütte pflegen.

13:11 Denn welcher Tiere Blut getragen wird durch den Hohenpriester in das Heilige für die Sünde, deren Leichname werden verbrannt außerhalb des Lagers.

13:12 Darum hat auch Jesus, auf daß er heiligte das Volk durch sein eigen Blut, gelitten draußen vor dem Tor.

13:13 So laßt uns nun zu ihm hinausgehen aus dem Lager und seine Schmach tragen.
Jesus trug sein Kreuz und ging seinem Leiden entgegen außer dem Tor. Wenn der Christ das Lager der Sünde und Abgötterei dieser Welt verlässt, so geschieht‘s nicht darum, dass er gern allein sein möchte, sondern weil auch Jesus hinaus ging vors Lager, und der Jünger seinem Meister nachzufolgen hat. Christus „war nicht von der Welt“; sein Leben, wie sein Wort der Wahrheit, waren ein ununterbrochenes Zeugnis gegen eine Gemeinschaft mit der Welt. Wo wäre je eine solche Liebe zu finden, wie seine überschwängliche Liebe gegen die Menschenkinder, und dennoch war Er „von den Sündern abgesondert.“ Ganz ebenso müssen die Jünger Christi „zu Ihm hinausgehen.“ Sie müssen ihren Standpunkt einnehmen „außer dem Lager“ als Zeugen für die Wahrheit. Sie müssen bereit sein, zu wandeln auf dem schmalen Weg; sie müssen ein tapferes, unbeugsames, löwenmutiges Herz haben, das Christum über alles liebt und danach seine Wahrheit, und beides, Christum und seine Wahrheit, über die ganze Welt. Jesu will, dass die Seinen „hinausgehen außer dem Lager“, um ihrer Heiligung willen. Wie könnet ihr in der Gnade wachsen und darin recht gefördert werden, so lange ihr euch dieser Welt gleichstellt? Das Leben der Heiligung und Aussonderung von der Welt mag wohl ein Weg der Schmerzen sein, aber es ist die königliche Landstraße zur Seligkeit; und obgleich euch dies Leben der Weltverleugnung manchen Seufzer auspressen mag und euch jeden Tag aufs neue in den Kampf führt, so ist‘s doch bei alledem ein seliges Leben. Keine Freude gleicht der Freude eines Streiters Christi; der Herr Jesus offenbart sich ihm so gnädig und freundlich, und gewährt ihm solch köstliche Erquickung, dass der Streiter im täglichen Kampf und Streit mehr Freude und Frieden genießt, als andre in ihren Ruhestunden. Die Landstraße der Heiligung ist die Straße der Gemeinschaft mit Christo. Nur so können wir hoffen, die Krone des Lebens zu gewinnen, wenn wir durch die göttliche Gnade tüchtig geworden sind, Christo „nachzufolgen außer dem Lager.“ Auf das Kreuz der Heiligung folgt die Krone der Herrlichkeit. Ein kleiner Augenblick der Schande und Schmach wird reichlich belohnt mit ewiger Ehre; eine kurze Spanne Zeit des Zeugnisses für die Wahrheit wird uns wie nichts erscheinen, wenn wir werden bei dem Herrn sein. (Charles Haddon Spurgeon)

13:14 Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.
Zu derjenigen Zeit, da Paulus den Brief an die Hebräer, oder an die Christen von jüdischer Abstammung schrieb, waren die Juden eine sehr zahlreiche und mächtige Nation, die bei den römischen Kaisern und ihren Landpflegern oft Vieles vermochte. Ihre Religion war allenthalben privilegirt, und durfte frei geübt werden. Sie hatten sich in sehr vielen Ländern unter den Heiden angebaut, wo sie sicher wohnten, hatten aber auch ihr eigenes fruchtbares Land inne, und in demselben viele Städte und Dörfer, insonderheit aber das sehr feste, große und schöne Jerusalem, und in demselben einen prächtigen Tempel, der seines Gleichen in der Welt nicht hatte. In der Vergleichung mit ihnen waren die Christen ein armes und geringes Volk, von Juden und Heiden verachtet, nirgends privilegirt, und überall gehaßt. Sie konnten mit nichts, das scheinbar und ansehnlich wäre, prangen, mußten den Raub ihrer Güter erdulden (Hebr. 10,34.), und sich zuweilen auch das Leben nehmen lassen. Bei diesem Zustand standen hebräische Christen, oder Christen von der jüdischen Nation, in der Versuchung, wieder nach dem Judenthum, das sie verlassen hatten, zurückzusehen und zurückzukehren, weil sie da ihren Namen, ihre Güter und ihr Leben wieder sicher stellen konnten, und Paulus stand wegen der Hebräer, an die er schrieb, in der Sorge, sie möchten solches thun, weil sie ohnehin schwach und lässig waren, und warnte sie deßwegen zweimal vor einem solchen Rückfall, welcher mit der schrecklichsten Lästerung Jesu und Schmähung Seines Geistes verbunden gewesen wäre, Hebr. 6,4. und ff. und 10,26. ff. Er erinnert sie auch in dieser Absicht Hebr. 13,12., daß Jesus außer dem Lager Israels gelitten habe, das ist, daß Er von dem Judenvolk ausgestoßen, den Heiden übergeben, und als ob Er ein Verbannter gewesen wäre, außer der Stadt Jerusalem an einem unreinen Ort nach den heidnischen Rechten gekreuzigt worden sei. So lasset uns nun, setzt er hinzu, zu Ihm hinausgehen außer dem Lager, das ist, von dem unglaubigen Judenthum uns absondern und abgesondert bleiben, und Seine Schmach tragen; denn wenn wir auch unser Glück bei dem Judenthum machen wollten, so wäre es doch nichts Beständiges, und wenn wir sichere Wohnungen unter den Juden mit Verleugnung des christlichen Glaubens suchen wollten, so wären sie doch keine bleibende Stadt. Wir suchen aber eine zukünftige Stadt, die bleibend ist, nämlich das neue Jerusalem. Da wird das Israel Gottes wohnen; da werden wir wegen unserer Güter, wegen unsers Namens, ja wegen unsers Lebens, wenn es uns gewaltsam entrissen worden, schadlos gehalten, ja überschwänglich getröstet werden. Uns wird jetzt das Judenthum zu keiner Versuchung; hingegen versucht uns die Welt, die allenthalben auch unter den Christen im Argen liegt. Das finstere Herz kann denken, und der Teufel kann einraunen: siehe, da und dort könntest du dein Glück machen, Ehre und Güter sammeln, und dir eine bequeme Stätte bereiten, wenn du dich der Welt gleich stelltest, und die Mittel brauchtest, welche sie braucht. Gegen diese Versuchung waffne und tröste sich ein Jeder mit diesen Worten Pauli.(Magnus Friedrich Roos)


Von Abraham lesen wir: Er wartete auf die Stadt, welche die Grundfesten hat, deren Erbauer und Schöpfer Gott ist. Hebräer 11, 10. Diesen Sinn will der Heilige Geist auch in uns wirken. Paulus ruft den Galatern zu: Das Jerusalem, das droben, ist die Freie, die unser aller Mutter ist. Gal. 4, 26. Die himmlische Stadt, das neue Jerusalem, ist die Heimat der aus Gott Geborenen. Dort wartet ihrer der Herr, Ihn dürfen sie dort schauen, wie Er ist. Und die neue Natur bringt es mit sich, dass in allen, die nicht mehr im Fleische leben, sondern im Geiste, ein starkes Verlangen durchbricht, bald in der heiligen Gottesstadt anlangen und beim Herrn sein zu dürfen. „Wir suchen die zukünftige Stadt.“ Ist das so bei uns? Zielbewusst reisen wir. Wir wollen ja endlich heimkommen. Je älter ich werde, desto ernster denke ich an das schöne Ziel. Werde ich aus den Toten heraus auferstehen, einen Leib der Herrlichkeit anziehen, der dem Leibe Christi ähnlich ist? Es herrscht auch in christlichen Kreisen viel Leichtsinn; oft sieht's aus, als ob die Gläubigen nur so sterben und sofort in den Himmel eingehen könnten. Die Auferstehung und das Kommen des Herrn treten zurück. Kinder aber und nur sie spüren den Trieb von oben nach oben! Sei bekümmert um das ewige Wohl des inneren Menschen, bald legst du den äußeren ab, du musst davoneilen. Kennst du die Sorge um den Eingang ins obere Jerusalem? Ziehe Jesus an, werde Ihm ähnlich! Ohne Ihn gibt es keinen Eingang ins ewige Leben. Zieht es dich hin zu Ihm? O, Er verlangt nach dir, bis Er dich zu sich ziehe. (Markus Hauser)

13:15 So lasset uns nun opfern durch ihn das Lobopfer Gott allezeit, das ist die Frucht der Lippen, die seinen Namen bekennen.

13:16 Wohlzutun und mitzuteilen vergesset nicht; denn solche Opfer gefallen Gott wohl.

13:17 Gehorcht euren Lehrern und folgt ihnen; denn sie wachen über eure Seelen, als die da Rechenschaft dafür geben sollen; auf daß sie das mit Freuden tun und nicht mit Seufzen; denn das ist euch nicht gut.

13:18 Betet für uns. Unser Trost ist der, daß wir ein gutes Gewissen haben und fleißigen uns, guten Wandel zu führen bei allen.

13:19 Ich ermahne aber desto mehr, solches zu tun, auf daß ich umso schneller wieder zu euch komme.

13:20 Der Gott aber des Friedens, der von den Toten ausgeführt hat den großen Hirten der Schafe durch das Blut des ewigen Testaments, unsern HERRN Jesus,4)

13:21 der mache euch fertig in allem guten Werk, zu tun seinen Willen, und schaffe in euch, was vor ihm gefällig ist, durch Jesum Christum; welchem sei Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.5)
Das ist ein schöner Konfirmationswunsch. Wie herrlich doch, wenn „wir bekehret sind zu dem Hirten und Bischof unsrer Seelen, die wir weiland wie die irrenden Schafe waren,“ wie Petrus sagt (Petr.2,25)! Ach, daß unter den Kindern der Schafe viele wären, die Seine Stimme hören und Ihm folgen! Den großen Hirten der Schafe hat Gott von den Toten ausgeführt. Eben damit ist der Heiland unser Hirte geworden, als der, der „Viele als Kinder zur Herrlichkeit führen und der Herzog ihrer Seligkeit seyn sollte“. (Hebr.2,10). Mit dem Gleichen ist auch Gott der Gott des Friedens geworden, weil nun der Fluch, der auf der Menschheit lastete, der Tod, zu Nichts geworden ist, also unser Zwiespalt mit Gott, der den Tod herbeigeführt hatte, in einen Frieden mit Gott sich aufgelöst hat. Solches ist durch das Blut des Neuen Testaments zu Stande gekommen.
Am Kreuze hat der Hirte etwas uns erworben, mit dem wir's auch erwarten können, aus dem Tod zum Leben zu kommen, nämlich den verheißenen Geist, der uns gegeben wird, dessen Gabe erstmals uns zukommt durch die heilige Taufe, und durch die Konfirmation erneuert und vermehrt wird, durch den Segensspruch, den die Kinder unter Handauflegung empfangen. Durch diesen Geist können wir den Wunsch und die Bitte aussprechen, Gott möge uns fertig machen in allem guten Werk.
Fertig sollen wir im Guten werden, nicht bloß so seyn, daß wir das zehnte Mal auch etwas Gutes tun. Eine Fertigkeit müssen wir bekommen, bei der wir nicht mehr anders können, als Gutes tun, bei welcher uns auch, was vor Gott gefällig ist, zur rechten Zeit einfällt, und die Art, wie wir' s zu machen haben, uns geläufig wird. Man muß es uns zutrauen können, daß es bei uns, wenn's an uns kommt, nicht fehlen werde. Ist doch das noch kein guter Schütze, der auf gut Glück auch einmal das Schwarze trifft; sondern der ist ein guter Schütze, der's immer trifft. Das muß uns freilich alles Gott geben. Er aber gibts, wenn wir unser erstes von heute nicht vergessen, allezeit unser Herz vor Ihm auszuschütten. (Christoph Blumhardt)


Es sind also göttliche Wirkungen nöthig, wenn ein Mensch fertig werden soll, Gottes Willen zu thun, und der Mensch bedarf, daß Gott in ihm schaffe, was vor Ihm gefällig ist, und dieses Alles geschieht durch Jesum Christum, welcher der Mittler zwischen Gott und Menschen ist, um Deßwillen sich Gott zu dem verdorbenen und zu allem Guten untüchtigen Menschen neigt, um wieder etwas Gutes in ihm zu wirken. Es ist aber merkwürdig, daß der Apostel wünscht, daß Gott die Hebräer, an die er schrieb, fertig machen möge, in allem guten Werk Seinen Willen zu thun; gleichwie er auch 2 Tim. 3,17. sagt, die heilige Schrift, welche von Gott eingegeben worden, könne einen Menschen Gottes vollkommen, und zu allem guten Werk geschickt machen. Es gibt gute Werke, auf denen auch bei der Welt keine Schmach liegt, und deren Ausübung weder beschwerlich noch gefährlich ist. Zu solchen mag sich denn auch ein schwacher Christ leichtlich entschließen. Es gibt aber gute Werke, um deren willen man bei der Welt verachtet, verspottet und gehaßt werden kann, und durch die man sich die Gefahr, sein zeitliches Glück, ja gar das Leben zu verlieren, zuziehet. Solche Werke thaten alle diejenigen, welche Christo in den Tagen Seines Fleisches anhingen und Ihm nachfolgten, Ihn beherbergten, Ihm Gutes thaten, und sich’s öffentlich ansehen ließen, daß sie Ihn hoch halten und an Ihn glauben. Auch haben alle Propheten und Apostel solche Werke gethan, und darüber Vieles gelitten. Wer aber auch kein Apostel oder Prophet, sondern nur ein vollkommener oder gegründeter Christ werden will, muß fertig werden, in solchen Werken Gottes Willen zu thun, und wird dazu auf dem Weg, auf welchem er wandelt, Gelegenheit finden. Wenn nun hier das Fleisch sich zurückziehen will, oder der Teufel den Gedanken einraunet: schone deiner selbst, so soll der Christ dennoch fertig sein, mit Verläugnung seiner selbst in dem guten Werk, das von ihm gefordert wird, den Willen Gottes zu thun, und sich nicht selber bereden oder von Andern bereden lassen, dasjenige sei dem Willen Gottes nicht gemäß, was seinem Fleisch beschwerlich ist, oder seiner Vernunft gefährlich zu sein scheint. doch ist freilich ein göttliches Licht nöthig, um zu prüfen, was der gute, wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes in den vorliegenden Fällen erfordere, damit man nicht in einem blinden Trieb zufahre, und große Thaten thun wolle, wozu man weder berufen noch tüchtig gemacht ist. Dasjenige allein ist gut, was vor Gott gefällig ist, und dieses Wohlgefallen Gottes empfindet derjenige, der unter der Leitung Seines Geistes nach Seinem Willen und zu Seiner Ehre Etwas gethan hat. Paulus sagt Gal. 1,10.: wenn ich Menschen gefällig wäre, so wäre ich Christi Knecht nicht; hingegen schrieb er 2 Kor. 5,9.: wir befleißigen uns, wir seien daheim oder wallen, daß wir dem HErrn wohlgefallen. Nun der Gott des Friedens, der von den Todten ausgeführt hat den großen Hirten der Schafe durch das Blut des ewigen Testaments, unsern HErrn Jesum, der mache uns auch fertig, in allem guten Werk zu thun Seinen Willen, und schaffe in uns, was vor Ihm gefällig ist, durch Jesum Christ, welchem sei Ehre in Ewigkeit. Amen. (Magnus Friedrich Roos)

13:22 Ich ermahne euch aber, liebe Brüder, haltet das Wort der Ermahnung zugute; denn ich habe euch kurz geschrieben.

13:23 Wisset, daß der Bruder Timotheus wieder frei ist; mit dem, so er bald kommt, will ich euch sehen.

13:24 Grüßet alle eure Lehrer und alle Heiligen. Es grüßen euch die Brüder aus Italien.

13:25 Die Gnade sei mit euch allen! Amen.
Nach den Ermahnungen zum Glauben Kap. 11 und zur Hoffnung Kap. 12 schließt der Brief an die Hebräer Kap. 13 mit der Ermahnung zur Liebe und zum Wandel in der Liebe: „Bleibet fest in der brüderlichen Liebe!“ Sie ist unaufhörlich und das Größte im Christenthum. Sie war gerade zu Anfang unter den Christen in Palästina so inbrünstig gewesen. Der Apostel warnt deshalb vor ihrem Erkalten, dem Zeichen des Abfalls. Sie war überdies um so nöthiger, je mehr die Christen von allen andern verachtet und verfolgt wurden und nur auf ihre Mitchristen rechnen konnten. – Nun folgen auf dies einfache, letzte und erste Wort allerlei einzelne Ermahnungen, die der Brief als ein rechter Brief zum Schlusse zu bringen hat; insbesondere zuerst eine Warnung vor geiler und Geldliebe V. 1-16, dann eine Erinnerung, das Liebesgedächtniß ihrer seligverstorbenen geistlichen Leiter in Lehre, Glauben und Wandel festzuhalten, gegenüber allen jüdischen Nebenlehren, weil wir einen andern Altar, eine andere Stadt und andere Opfer haben V. 7-16; darauf eine Ermahnung zum Liebesgehorsam gegen die noch lebenden Vorsteher und zur Fürbitte für den Schreiber des Briefes V. 17-19; endlich ein Schlußwunsch in einer gedrängten Wiederholung des ganzen Briefes und liebevolle Grüße V. 20-15. Beobachten wir die apostolischen Ermahnungen zum Glauben, zur Hoffnung und zur Liebe, dann haben wir hienieden Frieden und gutes Gewissen, und die Gewißheit der künftigen Seligkeit. Denn alle Bedürfnisse des menschlichen Herzens gehen doch zuletzt auf etwas Kommendes und Zukünftiges; der Mensch lebt nicht von dem, was er hat, sondern von dem, was vor ihm liegt. Wer sagen kann: „Der Herr ist mein Gut und mein Theil, und Er erhält mir mein Erbtheil,“ wer Christum hat ganz und umsonst fest durch die Gnade, der hat auch die Heimath und fühlt sich zu Hause in jedem Winkel der Erde. In der Gewißheit: „Er ist mein und ich bin sein,“ liegt auch die andere: „Was Sein ist, das ist auch mein.“ Laß dann zerrinnen die irdischen Güter und Hoffnungen, eine bleibt uns, die lebendige Hoffnung, und in ihr haben wir jetzt schon das Angeld unseres unvergänglichen, unbefleckten und unverweltlichten Erbes. Amen. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)


Dieses letzte Kapitel der Epistel an die Hebräer stellet uns ein ganzes Register von mancherlei und schönen Vermahnungen vor, welche die Christen bei ihrem Christenthum beobachten - und sich derselbigen befleißigen müssen.
Es fängt von der brüderlichen Liebe an - mit der Erinnerung, daß wir fest an derselben bleiben sollen, weil sie eine Haupttugend sey, die viele andere Tugenden in sich fasset. Denn sie ist keine Wortliebe, sondern eine solche, die sich im Werk gegen alle Mitchristen insgemein, jedoch auch besonders gegen diejenigen beweisen muß, welche um des Glaubens und Evangelii willen in's Elend verwiesen - und in das Gefängniß geworfen - oder sonst auf allerlei Art und Weise verfolget worden sind. Derer soll man sich am allermeisten annehmen - und ihnen so viel möglich helfen und rathen, weil wir alle, so lange wir noch im Leibe leben, nicht wissen, was für Trübsal uns begegnen und widerfahren kann, da wir auch anderer Leute Hilfe und Beistand bedürfen und nöthig haben möchten.
Wir werden aber dabei zugleich vor einigen Lastern gewarnet. - Einestheils nämlich werden die Eheleute ihrer Pflicht erinnert, daß sie sich vor Hurerei und Ehebruch fleißig hüten sollen, weil solches gräuliche Sünden seyen, die Gott der HErr nicht ungestraft lasse. Denn sie gehören unter die Werke des Fleisches, davon der heilige Geist sagt, daß, die solches thun, das Reich Gottes nicht ererben werden, sondern es sey ihnen eine andere und erschreckliche Herberge bestellet, nämlich der Pfuhl, der mit Feuer und Schwefel brennet. - Anderntheils aber bekommen die Geizhälse ihre Lection, die sich an dem, das Gott beschehret, nicht begnügen lassen - und kein Vertrauen zu Gott haben, der doch immerdar die tägliche Nothdurft allen und jeden gibt. Sie sollten billigerweise die große Gefahr bedenken, darein sie die unzeitige Begierde nach dem Ueberfluß weltlicher Güter und vergänglichen Reichthums stürzet, weil nach dem ausdrücklichen Zeugniß der heiligen Schrift der Geiz eine Wurzel alles Nebels ist; denn er ziehet die, so dessen gelüsten, von dem Glauben ab - und verursachet ihnen viel Schmerzen und Pein.
Darnach kommt Paulus in diesem Kapitel ferner auf den HErrn Jesum Christum und die Lehre Seines heiligen Evangelii, davon er sagt, es sey keine neue, sondern eine solche, die vom Anfang der Welt bis auf heute getrieben worden sey - und von heute an bis zu dem Ende der Welt werde getrieben werden. Denn allein Christus ist der Weg, durch welchen wir und alle Heiligen vor und nach uns selig werden, so daß die äußerlichen Ceremonien und Opfer, die Unterschiede der Speisen und andere jüdische Gebräuche das Herz nicht fest machen können, nachdem die Gnade des Heils allein in Christo Jesu besteht.
Dieses meinet der Apostel, wenn er sagt: Wir haben einen Altar, davon keinen Nutzen haben, die der Hütte Pflegen, das ist, die an dem Gesetz und den äußerlichen Ceremonien hängen, welche in der Stiftshütte und sonst getrieben worden sind. Denn nunmehr gelte das einige Opfer, das Christus mit Seinem Verdienst, Tod und Blut geleistet. An dem müssen wir mit Glauben halten - und Ihm zu Ehren, weil Er so viel Marter und Pein erlitten, die Schmach und das Leiden dieser Welt auch geduldig ertragen und auf uns nehmen.
Ungeachtet aber die äußerlichen Opfer aufgehöret haben, dürfen wir doch die geistlichen, zum Christenthum gehörigen Opfer nicht unterlassen, sondern müssen vielmehr vor allem die christliche Liebe üben - und den Armen und Dürftigen Gutes zu thun nicht vergessen, sonderlich aber das Lobopfer oder die Frucht unserer Lippen bringen, durch welche wir unsern lieben Gott, den HErrn Christum, Sein Wort und das Evangelium frei und ohne alle Furcht bekennen - und das, was uns Gutes in Christo Jesu erzeiget worden ist, mit Worten und heiligen Werken loben und preisen. Denn „wer Dank opfert, der preiset Gott, und das ist auch der Weg, daß Er ihm zeiget Sein Heil.“
Endlich sind uns in diesem Kapitel die Wichten gar fein vorgestellet, welche Lehrer und Zuhörer gegen einander beobachten sollen. Jenen liegt ob, daß sie den Gemeinen mit Glauben und gutem Exempel vorgehen - und fleißig über die Seelen derselben als über anvertraute Pfänder wachen, eingedenk, daß ihnen, wo nur eine Seele durch ihr Versehen und ihre Schuld verloren wird, die Verantwortung und Rechenschaft darüber gar theuer und schwer vor Gott dem HErrn ankomme. Die Zuhörer aber sollen bedenken, daß sie um Gottes und des heiligen, hohen Amts willen ihren Lehrern und Predigern zu gehorchen verbunden sind; auch sollen sie mit desto größerem Eifer und mehr Andacht für dieselben täglich zu Gott beten, daß Er sie in heilsamer Lehre und heiligem Leben erhalten wolle; und wo sie fromme und exemplarische Lehrer zu Vorgängern haben, sollen sie sich höchsten Fleißes bemühen, in die Fußtapfen ihres Glaubens und christlichen Wandels zu treten, und darinnen bis in den Tod beständig verharren, so daß sie bei der in Gottes Wort gegründeten Lehre bis an ihr Ende fest bleiben.
Wollte Gott, daß es bei allen Gemeinen der christlichen Kirche also stünde, so würden nicht so viel schwere und hart empfindliche Seufzer aus dem Munde der Lehrer durch die Wolken zu Gott in die Höhe dringen, welche für die Ungehorsamen durchaus nicht gut seyn - und ihnen alle Entschuldigungen benehmen werden, die sie an jenem Tag vor dem Richterstuhl Christi vorwenden zu können vermeinen. Dagegen gebe Gott - und verleihe in Gnaden, daß es doch allenthalben zwischen Lehrern und Zuhörern in den Gemeinen des HErrn so zugehen möge, wie man es hier zeitlich in dem Gewissen - und dort einmal mit Freuden verantworten zu können gedenket, - so werden alle frommen und treuen Lehrer sich selbst und alle, die sie hören, selig machen. Amen. (Veit Dieterich)

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