Schopf, Otto - Ein festes Herz, ein köstlich Ding.

Schopf, Otto - Ein festes Herz, ein köstlich Ding.

Lasset euch nicht mit mancherlei und fremden Lehren umtreiben; denn es ist ein köstlich Ding, daß das Herz fest werde, welches geschieht durch Gnade, nicht durch Speisen, davon keinen Nutzen haben, so damit umgehen.
Hebräer 13,9.

Die Schrift erwähnt, besonders in den Propheten, allerlei sogenannte köstliche Dinge. Wir lesen in Hesekiel 27 von köstlicher Leinwand aus Aegypten, von köstlicher Wolle aus Damaskus, von köstlicher Spezerei, Edelsteinen und Gold aus Saba. Nahum spricht von köstlichen Schätzen Ninives, Hosea von dem köstlichen Geräte in Samaria, und Jesaja erwähnt die köstlichen Schuhe und die köstlichen Wagen in Juda und Jerusalem. Aber von all diesen Kostbarkeiten wird bemerkenswerter Weise auch gesagt, daß sie hinweggetan und ein Raub der Feinde oder des Feuers werden sollen.

Drei andere köstliche Dinge von höherem Wert erwähnt die Schrift, nämlich die köstliche Frucht der Erde in Jak. 5,7, ein tugendsames Weib Sprüche 31,10 und einen guten Ruf Sprüche 22,1. Diese köstlichen Dinge zeigen schon darin ihren höheren Wert, daß sie nicht durch Menschenkraft und Kunst geschaffen werden können, und daß sie nicht für Geld zu jeder beliebigen Zeit hergestellt werden können wie die zuerst genannten. Gott muß die köstliche Frucht der Erde wachsen lassen, Gott muß ein tugendsames Weib bescheren, und für alle Kostbarkeiten der Welt läßt sich ein guter Ruf nicht kaufen. Doch auch diese köstlichen Dinge sind von zeitlicher Dauer und zeitlichem Wert.

Aber es gibt sieben andere köstliche Dinge, von denen die Schrift rede, die von bleibendem Wert sind. Der Glaube (1. Petri 1,7), der köstlicher ist als das vergängliche Gold; die Liebe, dieser köstliche Weg (1. Kor. 12,31 und Kap. 13); die köstliche Perle (Matth. 13). Es ist ein köstlich Ding, geduldig sein und auf die Hilfe des Herrn harren (Klagel. 3,26). Es ist wieder ein köstlich Ding einem Manne, daß er das Joch in seiner Jugend trage (Klagel. 3,27). Es ist ein köstlich Ding, dem Herrn danken (Psalm 92,2), und endlich: Es ist ein köstlich Ding, daß das Herz fest werde, welches geschieht durch die Gnade (Ebr. 13,9).

Ueber dieses letzte köstliche Ding wollen wir noch etwas weiter zusammen nachdenken.

Die Schrift redet viel vom Herzen. Behüte dein Herz mit allem Fleiß, denn davon sind die Ausgänge des Lebens, so lesen wir Sprüche 4,23. Damit wird das Herz als das Centralorgan des Menschen bezeichnet. Diese Wertung des Herzens erklärt es auch, daß es in der Schrift so oft erwähnt ist. Ja, im Neuen Testament ist wohl kein Organ des Menschen so viel genannt als das Herz. Aber auch von keinem Organ des Menschen ist soviel Schlechtes in der Schrift gesagt als vom Herzen. Es ist von stolzen und trägen, von verfinsterten und mit Geiz durchtriebenen, von ungläubigen und vom Satan erfüllten herzen in der Schrift die Rede. Es heißt in unserer Lutherbibel, daß das Menschenherz so, wie es durch die Sünde geworden ist, kein köstliches, sondern ein trotziges und verzagtes Ding sei.

Die Schrift redet auch von einem herzen „dick wie Schmer“, ja von einem steinernen Herzen. Aber solch ein dickes und steinernes Herz ist noch kein festes Herz, geschweige denn ein köstlich Ding. Ja, Satan hat gründliche Arbeit getan. Er hat, als er des Menschen sich bemächtigte, sich nicht mit Finger und Fuß, mit Leib und Kopf des Menschen begnügt. Er hat das Herz, von dem die Ausgänge des Lebens sind, in Besitz genommen, und nun muß der Mund der Wahrheit sagen, daß im tieferen Sinne nicht Leben aus dem Herzen hervorgeht, sondern aus dem Herzen gehen hervor arge Gedanken, Mord, Ehebruch, Hurerei, Dieberei, falsch Zeugnis, Lästerung.

Aber, gottlob, so gründlich wie das Verderben, so gründlich ist die Errettung. Auch sie fängt am Herzen an. Wenn das Wort der Wahrheit mit seinem Licht durch ein Herz geht, wenn es aufgenommen wird ins Herz, dann findet die Bitte darin Raum: Schaffe in mir, Gott, ein neues Herz! Und Gott erfüllt diese Bitte, der er mit der entsprechenden Verheißung entgegenkommt: Ich will das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben. In das durch den Glauben gereinigte Herz (Apg. 15,9) wird das Pfand der Gotteskindschaft, der Heilige Geist, gegeben (2. Kor. 1,22), und durch den Geist die Liebe Gottes ausgegossen in unser Herz (Römer 5,5).

Was im Herzen Gottes ist die Triebfeder und was das Mittel zu dieser Verwandlung unserer Herzen? Unser Textwort sagt es uns: die Gnade.

Wie viele suchen ein festes Herz auf falschem Wege! Durch Vorsätze, durch Willensanstrengung, durch gute Werke und fromme Uebungen in eigener Kraft! Aber auf diese Weise kommen wir nicht zum Ziele. Es ist ein Meisterstück der souveränen Gnade, daß nur der ein festes Herz bekommt, der ein in Sündenerkenntnis und Buße, im Bankerott an der eigenen Kraft zerbrochenes Herz hat. Nur einem zerbrochenen Herzen ist Gott nahe (Psalm 34,9). Die zerbrochenen Herzen werden von Jesu selbst verbunden (Jes. 61,1). Das zerbrochene Herz wird das feste Herz! Und beides, das Zerbrechen wie das Festmachen, besorgt die Gnade.

Lehrreich ist es, zu sehen, wie die Sünde die Herzen fest macht, und wie die Gnade. Man vergleiche einmal Pharaos durch den Ungehorsam gegen die Wahrheit und Moses durch den Gehorsam gegen Gott festgewordenes Herz. Agag (1. Sam. 15,32) geht mit einem durch den Trotz festen Herzen in den Tod, während Stephanus mit einem unerschütterlichen Gottesfrieden festen Herzen einschläft. Goliaths durch Selbstvertrauen festen Herzen siegt und lebt. Herodes, der Mörder des Täufers, und Pilatus, der Richter des Herrn Jesu, haben durch Menschenfurcht ihr Herz sich fest machen lassen gegen die Stimme ihres Gewissens. Daniel und seine Freunde fürchteten nicht Königszorn, nicht Löwenrachen und Feuersglut, weil die Furcht des Herrn ihr Herz fest gemacht hatte. Die Pharisäer und Schriftgelehrten verhärteten in Selbstsucht und Eigenliebe ihr Herz gegen die Stimme und die Wunder Gottes, während die Apostel durch die Liebe Jesu unerschütterlich bleiben gegenüber dem Drohen der Feinde.

Aber wollen wir von allen festen Herzen das festeste und zugleich weichste, von allen solchen köstlichen Dingen das köstlichste sehen, dann müssen wir in des Herrn Jesu Herz, in Jesu, des Gekreuzigten Herz, hineinschauen. Hier, wo die Gnade Gottes ihren Thron errichtet, hier, wo sie ihre Liebesmeere ausgeschüttet hat; hier, wo die Gnade Gottes, heilbringend für jedermann, erschienen ist, hier ist das festeste Herz und das köstlichste Ding. Menschenfeindschaft und Menschenschuld, Teufelslist und Teufelsmacht, ja, die Tiefe der Gottverlassenheit konnten unsern gekreuzigten Heiland nicht von seinem unerschütterlichen Festhalten am Vater abbringen. Sie konnte ihn aber auch nicht bewegen, loszulassen von der Menschheit, als deren Hoherpriester er am Kreuze hängt. Er tut und leidet sein Erlösungswerk für dich und mich und die ganze Welt in der Festigkeit des Glaubens, der Liebe und der Hoffnung, bis er triumphierend ausrufen kann: Es ist vollbracht.

Und wenn etwas geeignet ist, das Herz fest zu machen, dann ist es der Blick auf Christi Kreuz. Hier lernst du festes Vertrauen fassen (Kol. 1,23). Hier wird der Anker deiner Hoffnung fest (2. Kor. 1,7; Ebr. 6,19). Hier kann die Liebe ihre Wurzeln einschlagen und auf ewig gegründet werden. Darum weist auch der Apostel im Hebräerbrief, aus dem unser Textwort stammt, seine im Glauben schwankenden Leser auf Jesum, den großen Hohenpriester, und das durch ihn ein für allemal vollbrachte Gnadenwerk hin.

Im Hebräerbrief steht auch mehr als im ganzen Neuen Testament von Festigkeit. Wunderbar! Gerade die Schwachheit der Hebräer benützte der Heilige Geist als Anlaß, um so recht die festen Fundamente zu zeigen, auf denen der Glaube ruhen kann, und ihre und andere schwankende Herzen zu befestigen!

Wie die Gnade furchtsame, leicht bewegliche Herzen fest machen kann, dafür ist besonders Petrus ein Beispiel, der sich vor der Magd fürchtete und nachher kühn vor Tausenden seinen Heiland bekannte. Ebenso Markus, der einst von Paulus gewichen und nachher wegen seiner Unbeständigkeit zurückgewiesen worden war, und dem später Paulus dreimal das Zeugnis gibt, daß er ihm ein wertvoller Mitarbeiter geworden sei. Ja, der Herr selbst hat Markus dadurch so hoch geehrt, daß gerade er einer von den Vieren sein durfte, die das Bild des Sohnes Gottes in einem Evangelium der Nachwelt aufbewahrten.

Es wird nicht gesagt, wie weich, wie unbeständig, wie haltlos und schwach die Herzen sein dürfen. “Das Herz“, wie spröde oder unbefestigt es sei, und ob es so hart wäre wie ein Diamant, und ob es so weich wäre wie Brei, es wird fest, wenn es sich jener Macht überläßt, von der Paulus sagt: Wo die Sünde mächtig geworden ist, da ist doch die Gnade noch viel mächtiger geworden (Römer 5,25).

Von allen Kostbarkeiten der Welt begehrt Gott keine. Von allem, was Menschen vermögen, will er nichts. Nur von einem Ding sagt Gott, daß wir es ihm geben sollen – das ist kein köstliches Ding – das ist unser sündiges, unreines, schwaches Herz. Aber er, der dem, das nicht ist, rufet, daß es sei, er schafft und gibt dem Menschen ein reines, ein festes Herz.

Wie köstlich sind vor mir, Gott, deine Gedanken! Ja! Ja! Es ist ein köstlich Ding lieber Leser, daß du und ich es für uns und andere glauben und festhalten dürfen: „Es ist ein köstlich Ding, daß das Herz fest werde, welches geschiehet durch Gnade.“

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