Zeller, Johannes - Vom Frieden, den Jesus gibt

Text: Joh. 14, 27.

Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht.

Einst wird des Menschen Sohn, Jesus Christus, unser Herr, kommen in seiner Herrlichkeit und alle heiligen Engel mit Ihm; dann wird er sitzen auf dem Stuhle seiner Herrlichkeit. Und es werden vor ihm alle Völker versammelt werden, und wir alle, die wir hier anwesend sind, werden auch unter dieser Menge sein. Dann wird er sie von einander scheiden, gleich als ein Hirte die Schafe von den Böcken scheidet. Der König wird die zur Rechten segnen, und denen zur Linken wird er fluchen: Gehet hin von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das bereitet ist dem Teufel und seinen Engeln. Und sie werden in die ewige Pein gehen; aber die Gerechten in das ewige Leben. Ihm ist die Macht gegeben, das Gericht zu halten, und gar mancher Unkluge, der nicht im Kampf beharrt, mancher Sichere und Gleichgültige, der sich um Jesum nicht bekümmert, mancher Selbstgerechte und Stolze, mancher Menschenfürchtende und Ausschweifende wird einst mit Schrecken den sehen als seinen Richter, an dessen Treue er nicht geglaubt, den, nach dem er nie gefragt, oder den er im Innersten seiner Seele eher gehasst, als geliebt hat. Ach, wie Viele werden dann die Schreckensstimme aus dem Munde des heiligen, gerechten Richters hören: Dich kenne ich nicht, weiche von mir, du Übeltäter. Ja alle Knie derer, die auf Erden sind, werden sich vor dem Gewaltigen, Herrlichen, unserem Herrn Jesus Christus, beugen, wenn nicht, um anzubeten und zu lobpreisen, so doch zitternd und unselig. Er ist der unbestechliche, allmächtige Richter, der die Unbußfertigen und Ungläubigen findet, und wenn sie von Bergen bedeckt und in den tiefsten Gruben verborgen liegen. Er wird sie erreichen, keiner entrinnt ihm, jedem vergilt er nach seinen Werken, und wer böse Werke getan und noch ein böses Herz hat, den wirft sein Wehe, Wehe! Gehe hin! darnieder. Aber doch ist es wahr, dass der Sohn Gottes nicht gekommen ist, zu richten, sondern selig zu machen. Seine Absicht, sein Werk ist die Erlösung, ist Friedensstiftung, ist Beseligung, und wer will, kann Teil daran haben; wer aber nicht will, der schließt sich selbst von der Gnade aus und ist schon gerichtet und wird einst beim Schlusse dieser Zeit und Geschichte, beim jüngsten Gerichte verdammt werden. Aber bebet nicht: jetzt, so lange wir auf dieser Erde leben, können wir durch Buße und Glauben dem Gerichte entgehen und erlöst und selig werden; denn der künftige Richter, der einst von uns allen die einen einst zu seiner Freude aufnimmt und von ihr die andern ausschließt, ist jetzt der Erlöser, der Friedenbringer, der Erbarmer. Darum konnte er einst seinen Jüngern sagen und uns noch die freundlichen Worte zurufen:

Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch! und fügt zur Berichtigung ihrer Hoffnungen, zum rechten Verständnis seiner Verheißungen hinzu: nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt; und zur Bekräftigung seines ersten Wortes, zur neuen Belebung unserer bald zagenden Herzen schließt er mit der Ermahnung: Euer Herz werde nicht betrübt und fürchte sich nicht!

Ich denke, das Einfachste und Beste sei es jetzt für uns, wenn wir diese Aussprüche des Herrn, die ja alle von seinem Frieden handeln, der in unser Herz kommen soll und kann, in derselben Reihenfolge, wie sie uns gegeben sind, betrachten. Zuerst haben wir daher vom Frieden Jesu zu sprechen und dann vom Frieden der Welt und zuletzt noch vom Wege, auf dem wir zu jenem Frieden gelangen.

Heiliger Herr, friedelose Herzen sind hier: die einen von uns suchen deinen Frieden, die andern noch nicht; segne diese Stunde der Erbauung dazu, dass jene in ihrem Suchen und Verlangen gestärkt, und diese dazu erweckt werden. Amen!

I.

Friede verheißt uns hier der Herr und bestimmt: den Frieden, als ob es nur einen einzigen rechten, wahren Frieden gebe, und dem ist nun auch wirklich so, darum fährt er fort: meinen Frieden gebe ich euch. Und wahrlich allein der Friede, der in Jesu eigenem Herzen ist und von Ihm uns mitgeteilt wird, ist der rechte, wahre Friede. Außer Ihm, getrennt von Ihm ist nicht Friede, sondern Unfriede in uns, und um uns. Zwar glaubt ihr mir wohl nicht sogleich, wenn ich's so allgemein ausspreche und ich weiß wohl, dass ich eure Zustimmung nur langsam und zögernd bekomme; und doch ist es wahr: außer Christo ist Unfriede und Streit; bei Ihm, aber allein bei Ihm ist Friede. Werfen wir den Blick auf uns; in welcher Lage und Beziehung wir immer wollen, so müssen wir fragen: wo ist Friede? Haben wir Friede mit unsern Mitmenschen? mit Gott? in uns selbst, dem Kopf und Herzen nach?

Dem in seiner Selbsterkenntnis noch nicht weit geförderten Menschen muss es wohl am klarsten werden, dass ihm der Friede fehle, wenn er auf den Frieden mit seinem Nächsten sieht; denn da hat ja die fast tägliche Erfahrung an ihm selbst doch hoffentlich die Macht, ihn zum Geständnis zu bringen: ja der Friede fehle ihm noch. Der Vater erbittert sein Kind, das Kind lehnt sich wider die Eltern auf und ist ungehorsam; der Mann hat sein Weib nicht lieb, und kränkt dasselbe; dieses aber ehrt den Gatten nicht und ist ihm nicht untertan; der Knecht betrügt den Herrn, und der Herr handelt hart gegen den Knecht; unter den Nächsten ist Neid und Eifersucht, Schadenfreude und Verleumdung und Hass, Zorn - ach wo ist ein Haus, wo ein Zimmer, wo ist eine Gesellschaft, eine noch so enge Verbindung, in der nicht oft diese finstern Kräfte wirksam sind und Alles zu zerreißen drohen, wenigstens die Gemüter tief verwunden? und wo ist ein solcher Unfriede, in dem nur der eine Teil sündigt, und der andere, wir selbst, nicht? O, demütigen wir uns, so lange die Selbstsucht uns beherrscht und unser Gesetz ist, nach dem wir handeln und reden, so lange ist Streit mit den Unsrigen, geheimer oder offener Unfriede und Lieblosigkeit; denn die Selbstsucht will dem Andern nicht das gönnen, was wir haben wollen, sie tötet in uns die tätige und schon vorher die duldende, glaubende, hoffende Liebe. Können wir aber auch den Unfrieden mit Gott, in dem wir stehen, leugnen? Freilich wer nicht weiß, was Liebe ist, der merkt es nicht, dass nur schon Gleichgültigkeit gegen Gott ein Zeugnis unserer Feindschaft gegen ihn ist; denn bei ihm heißt es: Wer nicht für mich ist, der ist wider mich. Aber wir gehen ja weiter als nur bis zur Gleichgültigkeit gegen Gott. Ich will nun jene Begierde befriedigen, ich will nun mein Gewissen für einmal übertäuben und ungehindert meinen Willen ausführen, so spricht der Mensch, und er tritt das Gesetz Gottes, welches er wohl kennt, mit Füßen und spottet Gottes grob oder fein, vor den Augen des Menschen oder verborgen vor ihnen, das ist gleich, unser Vater im Himmel sieht ins Verborgene; und wir sind Seine Feinde! Das Leben, das der Mensch ohne Christum führt, und sein Gewissen, sein Schuldgefühl können ihm dies beweisen. Und im eigenen Innern ist ja der Unfriede. Der Verstand hat seine Irrgänge und Finsternisse, in die er sich verliert, und das Herz, noch gefährlichere, noch verführerische. Und wenn nun auch der Friede nicht bei uns, nicht in uns ist; er ist doch keine Lüge, kein Traum, keine leere Hoffnung. Es ist ein Friede vorhanden, in Gott, und in dem, den Er gesandt hat, in Jesu Christo, unserem Erlöser. Sein ganzes Wesen ist Friede, Gottesfriede. Nie war in ihm eine Sünde, darum auch kein Schuldbewusstsein, kein Gewissensvorwurf, nie war ein Zwiespalt zwischen seinem und des himmlischen Vaters Wille, darum auch kein Abweichen von dessen Gebote, nie war Selbstsucht in seinem Herzen, darum auch kein Neid, kein Hass, kein sündlicher Zorn, wenn er zürnte, so war es um Gotteswillen und eine heilige Empfindung, er zürnte nie über Beleidigungen, die ihm geschahen, er vergab die Sünden wider den Menschensohn, betete am Kreuze für die, die ihn kreuzigten, um Vergebung. Sein Wesen ist Liebe und Erbarmen und darum Friede mit Gott, in sich selbst, und mit den Menschen. Und diesen Frieden, Gottesfrieden will er uns geben. Er hat ihn uns erworben, geschenkt; wer nur will, kann ihn empfangen; denn unsers Heilandes Werk ist ja die Friedensstiftung auf Erden. Den Frieden lasse ich euch: ja den Frieden ließ er uns, nachdem er durch den Tod hindurch, als der Auferstandene zum Vater ging. Den Frieden mit Gott! denn wahrlich, da keiner vor Gott durch sich selbst gerecht ist, und doch nur der Gerechte, der da reinen Herzens ist, Gott schaut, da keiner, wenn er nicht versöhnt ist, wahrhaften Zutritt zum himmlischen Vater hat, so ist es allein Jesus Christus, der diese Scheidung zwischen uns und Gott, diese Unreinheit und Beflecktheit, diese Verdammungswürdigkeit aufheben kann. Er ward Mensch und litt für uns; er ist um unserer Missetat willen verwundet und um unserer Sünden willen zerschlagen; sein Leben und sein Gehorsam macht ihn zu unserer Gerechtigkeit, er verbindet Himmel und Erde als Mittler, trägt die Sünden der Welt, macht uns rein von aller Sünde durch sein Blut. Wer an Ihn, als den Sohn Gottes, als den für uns Gekreuzigten, als den Erlöser aus der Macht des Satans und der Sünde glaubt, Ihm sich ganz anvertraut, nur in Ihm die Wahrheit, die Gerechtigkeit, die Heiligung, die Erlösung sucht, in Ihm sie hat, der ist versöhnt mit Gott, hat Friede mit Ihm. Das Herz des durch Jesum aus Verdammnis und Unseligkeit Geretteten, des durch den Glauben gerecht Gewordenen, fühlt nun in sich den Frieden Gottes. Vergebung der Sünde ist der Anfang, die Grundlage des Friedens mit Gott. Meinen Frieden lasse ich euch, sagt er darum. Ja, Er hat uns die Vergebung der großen Schuld, die Jeder von seiner Jugend an begeht, erworben und darum die Sünde selbst geknickt und uns des Vaters Liebe und Gnade geschenkt. Sein, Sein Friede ist es, wenn einer mit Gott Frieden hat; denn nur, wer mit Paulus bekennen kann: nun sind wir gerecht geworden durch den Glauben, der kann auch freudig sagen: darum haben wir Frieden mit Gott durch unsern Herrn Jesum Christum. Und da, wo dieser Friede mit Gott, durch den wir nun freudigen Zugang zu dessen Gnade haben, ins Herz ausgegossen ist, da ist Harmonie und Ruhe in der Seele. Der Verstand sieht all seine Zweifel und seine Unwissenheit durch die Offenbarung Gottes mit Gewissheit und Zuversicht vertauscht; er weiß genug zu seinem Seelenheil und ist nun gegen das dafür Unnötige gleichgültiger geworden, und das Herz hat Ruhe. Möchtest du es verstehen, teurer Zuhörer, was es heißt: deine Sünden sind dir vergeben: ihre Last und ihr Gewicht ist von dir genommen. Jesus hat dieses getragen und sie selbst vernichtet; möchtest du, geliebter Zuhörer, ahnen, was es heißt: du hast wieder Zutritt zu Gött, darfst dich Ihm, dem Heiligen im Namen Jesu nahen; möchtest du ahnen, was es ist: im Glauben Siegeskraft über Welt und Sünde haben, für alle seine Bedürfnisse, für die Sehnsucht in der Seele Einen Schatz, Eine Perle haben Jesum Christum; o geliebter Zuhörer, möchtest du ein Verlangen haben, aus dem Munde Jesu das dreimalige: Friede, Friede, Friede sei mit dir! zu hören; du würdest wissen, warum Er, Er allein, der Auferstandene, so reden kann: den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. - Und ist dir der Himmel offen durch den Erlöser, und hat dein Herz Ruhe im Siege über die böse Lust, in der Freude an dem Guten, Göttlichen, da ist auch die Scheidewand zwischen uns und den andern Menschen abgerissen. Ein Glaube, Ein Herr, Ein Geist vereinigt den Erlösten mit den andern Geretteten - er kann nun sich selbst verleugnen und darum auch lieben, und in der Liebe schweigen, handeln, hoffen, dulden; selbst die Feinde kann er segnen, weil ja auch Gott ihn, den Feind, zuvor geliebt hat. Wo Christus wahrhaft im Herzen wohnt, da zieht Friede ins Haus, weil durch ihn Liebe ins Herz kommt, Liebe, die langmütig ist, die gütig ist, die nicht beneidet, sich nicht aufbläht, nichts zum Argen deutet.

Meinen Frieden schenke ich euch, - o Herr, ja auch uns schenke denselben. Stille Du den Aufruhr und die Begierden unsers sündigen Herzens, öffne Du uns den Zugang zum Vater, nimm du die Angst des Gewissens von uns; die Zuversicht der Gnade und Liebe, innige Liebe zum Nächsten und zu Gott gib du uns, Friedensfürst, Herr Jesus!

Friede Jesu, Friede Gottes! Paulus sagt, er übersteige allen Verstand; darum kann der Mensch ihn dem Menschen nicht beschreiben. Wer in seligen Stunden der Gottesnähe etwas kostet vom göttlichen Frieden, wer im Gebet den heiligen Geist, den der Herr uns mitteilt, empfindet und alle dessen Tröstungen, der preist im Innern den reichen Gott, der einen solchen Frieden hat und geben kann; und nur durch die größte Untreue kann er die Sehnsucht nach dem einmal gekosteten Frieden wieder verlieren. Der Friede Jesu ist das lebendige, ewige Wasser, das, wenn einer davon getrunken, ihn nicht mehr dürsten lässt. - Das frühere Treiben und Drängen des Herzens ist nun weg, Ruhe ist da, denn Christi Frieden ist ausgegossen. - Der Christ, in dem nun eine friedliche Seele ist, hat nun keine Angst, keine Furcht mehr - Sünde, Tod, Gericht ist überwunden. Die Triebe sind geheiligt, sein Herz ist durch den Frieden bewahrt; Alles, jeder Baum in der Natur, jeder Sonnenblick, jeder Regen verkündet ihm die Liebe Gottes, der seinem Herzen in Christo Friede gab. Auch Not und Drangsal stört diesen Frieden nicht, denn er ist ewig; wenn Berge wanken, und Hügel fallen, so bleibt doch die Gnade Gottes, und so lange diese steht, ist in dem, der in Christo begnadigt ist, doch Friede. Paulus konnte sich in dem Frieden der Hoffnung auf die zukünftige Herrlichkeit, die Gott geben soll, rühmen, und selbst der Trübsal rühmte er sich: denn er wusste, dass diese Trübsal, die zeitlich und leicht ist, eine ewige und über die Maßen wichtige Herrlichkeit schaffte. -Der süße, sanfte Gottesfriede ist unumgänglich und ewig, er ist stark und unbesiegbar, er erfreut, er tröstet, er heiligt, er ermutigt, er beseligt. Herr gieße ihn aus in unser Herz!

II.

Nicht wie die Welt gibt, gebe ich euch; denn auch die Welt gibt einen Frieden, auch sie sagt: Friede, Friede! aber kein Friede ist; er ist nur Täuschung. Welt, das bezeichnet hier, wie überall, den Menschen, die Natur, die noch nicht durch das Blut Christi rein, durch den heiligen Geist geheiligt ist. Nun ist es wahr, dass wohl gerade auch unter euch manche Seele noch in der Welt ist, d. h. ohne wahren, aufrichtigen Hass gegen das Böse, ohne Reue über seine Sünde, voller Hochmut, Wollust, Neid, und ein solches Herz glaubt Friede zu haben. Ruhig und sicher ist ein solcher Mensch, wenn er von Gott redet, er denkt sich denselben gutmütig, schwach, unheilig, wie er fürwahr nicht ist. Ich kann sterben, jenseits komme ich in den Himmel, mein Gewissen wirft mir nichts vor, ich bin ganz im Frieden ich habe ja auch allezeit Gott geliebt, und die wenigen Ausbrüche der Sünde, die in meinem Leben sind, übersieht Gott als Ausnahmen. So spricht der Mensch in der Welt; ach, und er belügt sich entsetzlich. Das ist nicht der Gottesfriede, der durch Jesum Christum in uns kommt: das ist der Friede der Welt, Sicherheit über das ewige Gericht, Selbstgerechtigkeit, Gottvergessenheit. Wenn er auch bis zum Tode bleibt, - zwar gewöhnlich zerstört ihn jede finstere Wolke so verlässt er den Menschen doch im Tode, da fängt meistens die Verzweiflung und Gottverlassenheit an, dem Menschen seine Lüge wegzunehmen; oder wenn er auch noch ohne schweren Todeskampf hindurch kommt, dort, dort wird er doch ganz enttäuscht werden - ach, wie kann ein solcher, der sich nie um Gott und dessen Gebote bekümmert hat, wie kann ein stolzer, selbstsüchtiger, wollüstiger Mensch den Gottesfrieden in sein Herz aufnehmen! - dort endet dieser Friede der Welt in Unseligkeit und ewiger Verdammnis. Und auch einen Frieden mit dem Nächsten gibt die Welt, aber nur aus selbstsüchtigen Rücksichten, mit allerlei Verwahrungen und Sicherungen ist er möglich; und dabei braucht es nur Weniges zur Prüfung, so ist er zerstört, und Friede hat sich in Hass verwandelt. Und wie vergänglich, wie elend, gering ist dieser Friede im eignen Innern mit uns selbst. Lasst euch alles gewährt, erfüllt werden, was ihr immer wünscht; gebt dem Geizigen Geld, dem Ehrsüchtigen Ehre, dem Stolzen Macht, dem Neidischen Triumph über den Beneideten, dem Armen volle Nahrung und Kleidung, dem Kranken Gesundheit, kurz Jedem, was er von den Gütern dieser Erde verlangt, und jeder, der hat, was er liebt und wünscht, drücke es mit aller Glut an seine Seele und genieße und verliere sich in dem Gegenstand seiner Leidenschaft, er juble vor Freude der Luft und des Besitzes: es ist doch kein Friede in ihm, denn die Begierde nach unten ist nie befriedigt und zerrt an ihm immerfort und reizt stets. Der Mensch kann nie sagen: hier ist's genug, hier will ich stille stehen: uns ruhig treibt es ihn weiter. Es ist kein bleibender Friede da, und wenn auch auf einige Zeit die sich widersprechenden Gedanken und Begierden in uns schweigen, oder durch Eine herrschende übertäubt worden sind, so sind sie doch nicht tot, sie erwachen wieder, und durch Alles hindurch, mitten im Genusse steigt wie ein dunkler Schatten der Gedanke, es wird Alles vergehen, herauf, und der Wurm, der in uns allen ist, die Sünde, die Schuld, nagt auch am Glücklichsten und stört ihm den Frieden. Ein Augenblick, Eine Missstimmung, ein kleiner Schmerz, eine Versuchung, gewiss der Tod nimmt diesen Frieden weg. Er ist vergänglich, und sein Ende ist Jammer, Weinen und ewiges Verderben. O lasst uns hier nicht froh werden, sondern allein bei dem Frieden, den Jesus gibt, der ewig ist und durch keine Versuchung, durch kein Unglück, durch keinen Tod zerstört werden kann.

III.

Teure Zuhörer. freut euch, es ist ein Friede für uns da, darum werde euer Herz nicht betrübt und fürchte sich nicht. Und damit weist der Herr seine Jünger, von denen er Abschied nimmt, auf den Weg, der ihrer wartet, wenn sie zu seinem Frieden gelangen wollen, und wie damals, so wird es auch jetzt noch sein. Verhehlen wir uns das nicht, dass, um zum Frieden Jesu zu gelangen, wir das, was die Welt gibt, wenigstens im Herzen dahingeben und aufopfern müssen, so dass, wenn es nur ein gewünschtes Gut ist, wir den Wunsch aufgeben und an die Erlangung desselben nicht unsern Frieden knüpfen, oder, wenn es ein Gut ist, das wir haben, wir es so besitzen, als gehörte es uns nicht. So tat Abraham mit Isaak, so hätte der reiche Jüngling es mit seinem Reichtum tun sollen, so sollen wir tun, gleich dem Mann, der den verborgenen Schatz im Acker findet und alles Andere verkauft, um diesen Acker zu kaufen; gleich dem Kaufmanne, der Alles, Alles versetzte, um die Eine köstliche Perle, den Frieden Gottes in Christo, zu gewinnen. Alles daran hinzugeben, die eigene Weisheit, die eigene Gerechtigkeit, den Hochmut, die Unkeuschheit, den Neid, alles dies tut weh: die Welt und ihre Lust nicht ganz zu lieben, der Leidenschaft nicht den Zügel zu lassen; es tut weh, den Schmerz der Selbstverleugnung auf sich zu nehmen, in die Angst und die Demütigung des Sündenbewusstseins, der Reue und aufrichtigen Buße einzugehen, sich gestehen zu müssen: es steht nicht gut mit mir, ich muss anders, besser werden, aber ich kann mir nicht helfen, ach wer erlöst mich von meiner Gewissensangst, wer gibt mir Kraft zum Lebenskampfe. Heil euch, wenn nur schon diese Fragen ernstlich in euch sind es ist Durst, Hunger nach dem Frieden Gottes dann in euch. Fürchtet euch nicht. In der Welt habt ihr Angst, sagt der Herr den Seinigen, aber seid männlich, ich habe die Welt überwunden. Darum, ihr teuren Zuhörer, ist euer Herz gedrückt, wollen eure Leiden groß, zu groß werden, kommt im Glauben zu dem, dem alle Macht im Himmel und auf Erden gegeben ist, zum Erlöser, lasst das Sehnen und Dürsten nach dem Frieden der Welt. Fürchtet euch nicht, seid nicht betrübt, gehet ein in den Kampf nach dem Frieden Gottes. Sein Friede ist ewig, ist herrlich. Betet nur allezeit!

Amen.

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