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Arndt, Friedrich - Anrufung 6

Arndt, Friedrich - Anrufung 6

Gott Vater, mein Geber alles Guten, was gebe ich Dir wieder für alle Deine Gaben, die ich diesen verfloßnen Tag von Dir empfangen habe? Ich bin ein Kind des Zorns von Natur, und dennoch hast Du mir Deine Gnade so reichlich erwiesen. Da ich nichts verdient, so hast Du mir Alles gegeben, was mir noth ist. Alle Wohlthaten, die Du über mich ausgeschüttet, sind Früchte Deiner erbarmenden Liebe. Alles Kreuz, das Du mir zugeschickt, ist eine Wirkung Deiner väterlichen Neigungen. Und diesen Augenblick muß ich sagen: Bis hieher hat mir der Herr geholfen! Ach, warum hab’ ich nicht Engelzungen, Deine Treue und Barmherzigkeit nach Würden zu erheben? Allein wie beschämt mich meine Sünde vor Deinem Angesichte, daß ich mich fürchten muß, mein Dankopfer werde Dir nicht gefällig sein! Es ist wahr, daß der Sünder vor Dir nicht bestehen kann; aber das ist auch gewiß, daß Du den Sünder in seiner Buße nicht verstoßen willst. Ich will Deine heilige Verheißung ergreifen, daß, wer an Jesum Christum glaubt, nicht soll verloren werden. In diesem Glauben rechtfertige mich; in diesem Glauben absolviere mich! Sei mir um Christi willen gnädig und barmherzig! Finsterniß bedeckt nun das Erdreich: Du aber decke mich mit Deiner allergetreuesten Liebe. Sende mir Deine Nachtwache bis zur fröhlichen Morgenwache.

Gott Sohn, mein Alles in Allem! Jedermann denkt jetzt an seine Ruhe; ich aber denke an meine Sünde. Ach, meine Gedanken sind heute nicht allemal Deine Gedanken, und meine Wege nicht immer Deine Wege gewesen. Ich weiß aber, daß Du nicht Gedanken des Leides, sondern Gedanken des Friedens über mich hast. O so denke an mich in Deiner Barmherzigkeit, wie Du am Kreuze des armen Schächers gedacht hast. Wirf meine Sünde in die Tiefe des Meers, daß ihrer nimmermehr gedacht werde. Gedenke, o Herr, der schweren Zeit, darin der Leib gefangen liegt. Der Seele, die Du hast erlöset, gib, Herr Jesu, Deinen Trost: tröste mich in dieser Nacht durch das Andenken Deiner Wunden. Weil Du mich in derselben von der Obrigkeit der Finsterniß errettet hast, so laß mich auch jetzt vor des Satans Grauen und Klauen sicher ruhen. Dein letztes Wort sei auch mein Wort: „Vater, in Deine Hände befehle ich meinen Geist.“ sollte ich diese Nacht mein Haupt neigen müssen, so laß es Dir auf Deine blutige Brust fallen; soll mir mein Herz brechen, ach so breche es in Deiner geöffneten Seite! Das sei mein Weg in’s Paradies; ich küsse Deine hohepriesterlichen Wunden und sage: Dir leb’ ich, Dir sterb’ ich, Dein bin ich todt und lebendig.

Gott heiliger Geist, mein Vertreter, beschließ meine Seufzer mit Deinem Abba, besprenge sie mit dem Blute des unschuldigen Lammes, versiegle sie mit dem letzten Angstschrei meines sterbenden Jesu! Wenn ich jetzt mein Licht auslöschen werde, so sei das Licht in meinem Herzen; wenn ich meine Kleider ablege, so ziehe mich an mit Kraft aus der Höhe, daß ich wider alle listigen Anläufe des Satans bestehen möge; wenn ich die matten Glieder auf mein Lager werfe, so versichere meine Seele, daß ich in den Wunden meines Jesu ruhe. Laß auch mein Bette mir von meinem Grabe predigen, daß ich nicht in Sicherheit schlafe, wie die Jünger am Oelberge, sondern alle Augenblicke meines Endes warte. Stecke das Kreuz meines Erlösers als ein Siegeszeichen vor mein Bett: das soll meine Ruhe, das soll meine Ehre sein. Bekehre auch alle Feinde des Kreuzes Christi, daß sie sich unter dieses Panier sammeln und der Verdammniß entgehen mögen. Versiegle auch mit diesem Gnadenzeichen die Ruhe der Meinigen, und laß Keinen verloren gehen, den Du damit bezeichnet hast.

Heilige Dreieinigkeit, Deine Gnade sei unser Licht im Finstern; Deine Kraft sei unsere Stärke in der Schwachheit; Dein Schutz sei unser Schild in der Gefahr; so wird keine Plage zu unserer Hütte nahen. Sei mit uns, o Vater, in Deinem Sohne mit Deinem Geiste! Laß diese Schrift an unser Haus und Herz geschrieben sein: „Hier ist der Herr! Ist Gott für uns, wer will wider uns sein?“ Amen.

So ist der Freitag nun vorbei,
Und Du, mein Jesu, machst mich frei,
Daß ich in Deinen tiefen Wunden
Der Kinder Gottes Freiheit funden.
Gib auch nunmehr durch Deine Macht
Zum Freitag eine freie Nacht.
Die Sonne geht zur Rüste,
Bleib bei mir, Jesu Christe:
So hab’ ich Licht und Leben,
Wenn mich die Nacht umgeben.

Quelle: Arndt, Friedrich - Abendklänge aus Gottes Wort

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