Musäus, Simon - Predigt am Palmsonntage.

Musäus, Simon - Predigt am Palmsonntage.

(Postilla. Frankf. am. M. 1579. fol. p. 138.)

Das heutige Evangelium gehört im Katechismo fürnehmlich in den andern Artikel unseres christlichen Glaubens, darinnen wir Christum rühmen und bekennen, dass er unser Herr und geistlicher König sei, der uns durch die blutige Schlacht seiner Passion und durch den herrlichen Sieg seiner Auferstehung den Teufel abgeschlagen und in sein himmlisch Reich gebracht. Solches lässt er hier klar sehen in dieser seiner königlichen Einreitung zu Jerusalem.

Es ist auch dies Evangelium nicht ohne Ursach zwei Mal im Jahr verordnet zu predigen, nämlich vor Weihnachten und vor Ostern, damit uns ja wohl das Königreich Christi mit seinen Eigenschaften eingebildet würde. Denn gemeiniglich, wenn Könige mit stattlicher Rüstung und Reiterei sich sehen lassen, so bedeutet’s entweder die Huldigung in der ersten Ankunft und Anfang des Reichs, oder einen Krieg und Feindschaft wider das Reich. Also auch, wenn die Einreitung Christi der Kirche vor Weihnachten fürgehalten wird, so bedeutet’s die erste sichtbare Ankunft Christi, des ewigen Königs vom Himmel. Geschieht’s aber jetzt vor Ostern, so bedeutet’s eine Rüstung und Bereitung zu der blutigen Schlacht der Passion und zum fröhlichen Siege der Auferstehung und zum herrlichen Triumphe der Himmelfahrt. Darum werden ihm die Palmzweige untergestreuet, zum Zeichen, dass er den Teufel schlage und überwinde, darnach Ölzweige, zum Zeichen, dass er Gott versöhne und zufrieden stelle.

Dieweil denn nun am ersten Sonntage des Advents aus der angezogenen Weissagung des Propheten Zachariä die leibliche Ankunft Christi sammt den Eigenschaften seines geistlichen Reichs genugsam erkläret ist, so sollen wir heute hören, wie er sich gegen die osterlichen Geschichten, nämlich gegen die Schlacht der Passion und gegen den Sieg seiner fröhlichen Auferstehung, geschickt und sehen habe lassen.

Theilung des Evangelii in zwei Hauptstücke.

I.

Von dem Gepränge der königlichen Einreitung Christi. Da werden wir hören, wie ärmlich es zugegangen, warum es geschehen, und was daraus zu lernen sei.

II.

Von allerlei schönen Worten, Werken und Geberden der Personen, die bei der Einreitung Christi gewesen. Da werden wir hören, wie ihn die Apostel mit Zuführung der Esel, das Volk mit Unterbreitung ihrer Kleider und Streuung der Zweige und die Kinder mit dem Hosiannahgesang geehret haben, daraus allerlei Eigenschaften des Königreiches Christi und seiner Kirche zu lernen sind.

Das erste Stück.

Was nun das erste Stück belanget, nämlich das Gepränge der Einreitung Christi, da zeigt der Evangelist Matthäus an, dass es zwar ein königlicher Einzug hat sollen sein, Christum, den höchsten König zu bedeuten; aber es geht gar nicht nach weltlicher Könige Gewohnheit. Denn dieselbigen halten ihre Einreitung bald im Anfang ihres Regiments, wenn sie die Huldigung empfangen und noch lange leben und Viel thun können. Aber hier sparet’s der Herr Christus bis gar in sein letztes Ende, da er jetzt leiden und sterben soll. Item, weltliche Könige ziehen ein in herrliche Schlösser und Paläste und lassen für ihr Volk viel Herberge furiren und grosse Küchen aufschlagen. Aber hier zeucht der Herr Christus ein in die Kirche zu predigen und nach gehaltener Predigt geht er hungrig zur Stadt hinaus und bleibt die Nacht über ungegessen, dass er des Morgens vor grossem Hunger Feigen auf dem Felde suchet. Item, weltliche Könige reiten prächtig ein, auf streitbaren Hengsten, mit geharnischten Reitern und Knechten. Aber Christus zeucht hie ganz einfältig und schlecht auf einem entlehnten Esel, ohne Sattel und Sporen, mit armen und wehrlosen Trabanten. Das reimet sich gar übel mit dem hohen Ruhm, welchen ihm der vier und zwanzigste Psalm giebt, dass er sei der König der Ehren, stark und mächtig im Streit, und ermahnet er alle Lande und Städte, dass sie ihm die Schlüssel entgegentragen, ihre Thore weit und ihre Thür hoch machen, dass er mit Ehren einziehe. Ja, denkt die Welt, wenn wir ihn also ehrlich sollten empfangen, so wollte er so bettlerisch nicht kommen. Denn was vor der Welt nicht gleisst, hoch hertrabet und Augen und Ohren füllet, Das gilt Nichts. Darum, wie im gemeldeten Psalm die Welt gegen Christus das Maul aufwirft und fragt spöttisch zwei Mal: Wer ist der König der Ehren? sollte es dieser arme Eselreiter sein? also ist auch kein Zweifel, dass die weltklugen Leute zu Jerusalem dieser Einreitung Christi ganz höhnisch gespottet, gelacht und gesagt haben: Siehe da, was erhebt sich hier für ein Fastnachtspiel? Was kommt da für ein Bettelkönig hergetrollt? Aber die Welt halte davon, was sie wolle, und es scheine vor der Vernunft so gering es wolle, so müssen doch wir Christen aus den Umständen bekennen, dass Gott im Himmel an diesem Einzuge trefflich Viel müsse gelegen sein, dieweil er ihn durch den Propheten Zacharias so viele hundert Jahre zuvor hat lassen verkündigen. Und der Herr Christus ist des Reitens so gar begierig, dass er auch den Esel durch ein Wunderzeichen dazu bestellet, der doch bisher drei bis viertehalb Jahr zu Jerusalem schlecht zu Fuss aus- und eingegangen und nie keines Reitens begehret hat. Ist demnach klar, dass diese Einreitung aus keinem Fürwitz, sondern aus wichtigen Ursachen fürgenommen, daraus wir sonderlich diese vier Nutzungen sollen fassen:

Erstlich, dass der Jesus von Nazareth, Mariä Sohn, sei der verheissene Messias und der ganzen Welt Heilung, sintemal er das Wahrzeichen mit sich bringt, welches Gott dem Messias durch den Propheten Zachariam hatte bestellet und den Juden befohlen, Achtung darauf zu geben, wenn sie einmal einen würden sehen zu Jerusalem einreiten und grosse Wunder thun, so sollten sie ihn ja mit Verachtung nicht lassen vorüberpassiren, sondern mit allen Freuden empfangen und ihm als ihren himmlischen Könige huldigen und Leib und Seele vertrauen, wie Gott im 2. Psalm sagt. Ich habe meinen König eingesetzt auf meinem heiligen Berge Zion. Küsset den Sohn, dass er nicht zürne und ihr umkommet auf dem Wege, denn sein Zion wird bald anbrennen; aber wohl Allen, die auf ihn trauen.

Zum Andern, dass sein Reich nicht weltlich sei zu diesem weltlichen, sondern geistlich, zum ewigen Leben gerichtet, werde auch nicht durch Gewalt, sondern durch’s Wort regirt. Zum Wahrzeichen hat er hier nicht in’s Schloss wollen einziehen, zu banketiren, sondern in den Tempel, zu predigen. Hat auch zu Trabanten gebraucht nicht geharnischte Landsknechte und doppelte Hackenschützen, sondern arme Fischer, wehrlose Apostel und junge Kinder, die von ihm in der Procession gesungen und gepredigt haben laut des achten Psalms: Aus dem Munde der jungen Kinder und Säuglinge hast du eine Macht, das ist ein Reich, zugerichtet um deiner Feinde willen, dass du vertilgest den Feind und Rachgierigen, das ist, den Teufel und sein Reich. Darum als ihm kurz nach dieser Einreitung in seiner Passion vom Richter Pilatus spottweise vorgeworfen wird, dass er der Juden König sein wollte, und wäre doch sein Gefangener, antwortete er ihm: Ich bin ja ein König. Aber mein Reich ist nicht von dieser Welt; denn wäre mein Reich von dieser Welt, so vermöchte ich wohl so viele Legionen Engel und Diener, die für mich würden streiten, dass ich dir nicht würde überantwortet werden. Ja, eben du, Pilate (will der Herr sagen), wenn du einmal in die andere Welt kommest und in der Hölle brennest, wirst du mit ewigem Schaden gewahr werden, was ich für ein grossmächtiger König sei, und würdest wünschen, dass du mir einen solchen Fussfall hättest gethan wie der gehenkte Schächer am Kreuz, und gebeten: Herr, gedenke mein, wenn du in dein Reich kommest.

Zum Dritten hat auch der Herr Christus diese Einreitung uns fürgestellt zu einem besondern Trostzeichen seiner grundlosen Barmherzigkeit, dass er gegen uns wie ein Vater gegen seine Kinder mit herzlicher Liebe brenne und möge uns nur sehr wohl um sich leiden. Er braucht derhalben hier gar keine Majestät noch Pracht, wie er am jüngsten Tage auf den Wolken mit unzähligen Schaaren der Engel wird kommen geritten, laut seines eigenen Zeugnisses Lucä am Neunten: Des Menschen Sohn wird kommen in seiner Herrlichkeit und seines Vaters und der heiligen Engel; sondern hier reitet er uns zu Gefallen in demüthiger Gestalt auf einem Esel, eben wie ein freundlicher Vater bisweilen seinen Kindern zu Gefallen aus brünstiger Liebe auf einem Stecken reitet, damit wir uns aus diesem lieblichen Spectakel trösten wider die majestätische Einreitung Christi, so am jüngsten Tage geschehen soll, und wissen, dass er alsdann kein ander Herz gegen uns tragen werde, denn wie es hier gesinnet ist, mögen ihm derhalben alle Zeit kindlich entgegenlaufen und mit Mose Deuteron. am 33. uns verwundern und sprechen: Ei, wie hat er die Leute so lieb! Item St. Pauli Tit. 3: Da erschien die Freundlichkeit und Leutseligkeit Gottes, unseres Heilands.

Zum Vierten hat Christus diese Einreitung auch gehalten zum sonderlichen Hohn und Verdriess dem stolzen Teufel, der ihm aus unersättlicher Hoffahrt diese Thorheit in der Wüste hat dürfen zumuthen, dass er ihm als dem obersten Kaiser der Welt einen Fussfall thun, die königlichen Lehen über alle Reiche von ihm empfangen und ihm also zu Hofe reiten sollte. Als aber der Herr Christus Das nicht thut, sondern treibt ihn von sich und fähet an, im lande wider ihn zu predigen und ihn aus den Besessenen zu treiben, da greift er zur Wehr und rennt wider ihn mit den Hohenpriestern, Pilato und Herode, ja mit allen höllischen Pforten, und vermeinen ihn gar zu Tode zu schrecken und flüchtig zu machen. Aber damit er sehe, dass der Herr Christus vor ihm unerschrocken sei, so begegnet er ihm hier schlechts auf einem Esel und macht vor ihm einen Apparat daher, gleich als schlüge er ihm ein Klipplein vor der Nase und spreche: Wohlan, sei so böse wie du willst, so musst du dennoch leiden, dass ich dich auf den Kopf trete, nicht ein gewaltiger Kürassier, sondern ein armer, schlechter Eselreiter; wie er denn gar spöttisch und schimpflich von ihm redet Johannes am 14: Es kommt der Fürst dieser Welt; aber er hat Nichts an mir.

Solches hat sonder Zweifel den stolzen Teufel zum Höchsten verdrossen, eben wie vor Zeiten den grossen Riesen Goliath verdross, dass ihm David als ein armer Schäfer mit Stecken und Schleuder begegnete. Aber gleichwie David in seiner armen, schäferischen Gestalt fünf glatte Steine nahm und schlug den starken Goliath zu Boden und gewann die Schlacht: also hat Christus in der Gestalt eines Eselreiters mit fünf Wunden den Teufel geschlagen. item, gleich wie David vor dem rechten Treffen mit Goliath etliche Scharmützel hält und seine Mannheit versuchet und beweiset auf einen Bären und Löwen, also hat Christus vor der Schlacht seines Leidens etliche Apparate und Scharmützel gehalten eben auf diesem bettlerischen Einzüge zu Jerusalem. Denn da sitzt ihm auf dem Wege Bartimäus, der blinde Bettler, dem schenkt er das Gesicht zum Almosen. Dort liegt Lazarus, sein Freund, zu Bethania, vier Tage vom Tode verschlungen und stinkend, den reisst er mit einem Worte dem Tode aus dem Rachen und macht ihn wieder lebendig. Item, die Hohenpriester halten im Tempel ihren abgöttischen Jahrmarkt mit Ochsen und Tauben und werden bewacht mit einer starken Guardia Landsknechte, dieselbige stösst und schlägt er mit einer Geissel heraus. Das sind gar viele herrlichere Werke, denn alle weltlichen Kaiser und Könige thun können, ob sie gleich in ihren Einreitungen und Wahltagen grosse Pracht treiben, lassen Geld um sich streuen, werfen ganz gebratene Ochsen aus, richten offene Weinröhren an, helfen den Verwiesenen wieder in die Stadt, wenn sie sich an ihren Steigreif halten.

Das andere Stück.

Das andere Stück ist von allerlei schönen Worten, Werken und Geberden der Personen, so dieser Einreitung Christi beigewohnt haben. Denn gleichwie David in 24. Psalm anzeigt, dass, obgleich der mehrere Theil Christum, den einziehenden König, verachten und spöttisch fragen: Wer ist der König der Ehren? jedoch rühmet er von etlichen Frommen und sagt: Das ist das Geschlecht, das nach ihm fraget, das da suchet dein Antlitz, Jacob: also schreibt auch hier der Evangelist St. Matthäus, dass sich gleichwohl allerlei Leute gefunden haben, die Christum als einen himmlischen König und Wiederbringer des gefallenen menschlichen Geschlechts in seiner Einreitung erkannt und mit allen Ehren empfangen haben.

1.

Die Ersten sind die lieben Apostel, die ihm eine Eselinn sammt ihrem Füllen zuführen und setzen ihn darauf, damit angezeigt wird, dass das ganze menschliche Geschlecht mit Juden und Heiden, Alten und Jungen, durch den Fall Adam’s des Teufels Esel worden sei und müsse sich von ihm nach alle seinem Willen reiten und treiben lassen, dem Holzweg zur Hölle zu, wie David im 49. Psalm: Homo, cum in honore esset, non intellexit, comparatus est jumentis insipientibus et similis factus est illis. Item St. Paulus 1. Cor. 12: Ihr wisset, dass ihr Heiden seid gewesen und hingegangen zu den stummen Götzen, wie ihr geführet wurdet. item 2. Timoth. 2: Dass sie nüchtern werden aus des Teufels Strick, von dem sie gefangen sind zu seinem Willen.

Durch’s Predigtamt aber wirft der Herr Christus den Teufel von dem Esel, lässt ihn sich selbst zuführen und setzt sich darauf und regirt uns seliglich, dass wir die richtige Strasse zu Gott und dem ewigen Leben gehen, eben wie auch Esaias am 7. anzeigt, mit was grausamen Stücken und Bürden das menschliche Geschlecht als ein armer Esel beladen gewesen; aber, du lieber Herr Christe, spricht er, hast das Joch ihrer Last und die Ruthe ihrer Schulter und den Stecken ihres Treibers zerbrochen wie zur Zeit Midian. Eben dahin siehet auch der alte Patriarch Jacob Gen. am 49., da er in seinem Todbette von Christo weissagend also spricht: Es wird der Held kommen, und demselbigen werden die Völker anhangen; er wird sein Füllen an den Weinstock binden und seiner Eselinn Sohn an den edeln Reben. Der Weinstock sammt dem edeln Reben ist Niemand anders, denn Jesus Christus mit seinen erworbenen und im Evangelio verheissenen Wohlthaten, wie er selbst Johannis am Funfzehnten sagt: Ich bin ein rechter Weinstock und mein Vater ein Weingärtner; wer in mir bleibet und ich in ihm, Der bringt viel Früchte; denn ohne mich könnt ihr Nichts thun. So will nun der Patriarch Jacob sagen: Das menschliche Geschlecht ist durch den Fall an den Teufel gleich als an einen stachlichten Dorn und Distelstrauch gebunden, daran es muss ersticken und den Tod fressen. Aber Christus, der Siloh oder Held, ist der edle Weinstock, der wird’s von dem Dornstrauch ablösen und an sich binden, dass es wiederum erquicket, wohl gefüttert und gleich geistlich trunken werde von den edeln Trauben, die Christus trägt. Vergebung der Sünden, Gerechtigkeit, Seligkeit und die Gabe des heiligen Geistes, das sind die köstlichen Malvasiertrauben für die armen ausgehungerten und abgemagerten Esel und erschrockenen Sünder. Davon auch David im 36. Psalm rühmet und spricht: Sie werden trunken von den reichen Gütern deines Hauses; denn du tränkst sie mit Wollust als mit einem Strom; denn bei dir ist die lebendige Quelle. Also werden wir als die armen Esel durch das Predigtamt von dem bösen Reuter, dem Teufel, gelöset und Christo zugeführt, dass er uns selber durch seinen Geist reite und speise uns mit lauteren, himmlischen Trauben und tränke uns mit himmlischem Wein, dass wir in seiner Trinkstube täglich zechen, mit David aus dem 23. Psalm rühmen: Herr, du bereitest vor mir einen Tisch gegen meine Feinde und schenkest mir voll ein.

2.

Die anderen Personen bei dieser Einreitung Christi sind die frommen Leute, die ihre Kleider ausziehen und legen’s Christo unter und streuen’s ihm auf den Weg sammt den abgehauenen Zweigen, damit er desto sanfter und ehrlicher einziehe, lehren uns damit, dass wir gleicher Gestalt Christum mit seinem Predigtamt durch unsere Mildigkeit sollen fördern, uns selber ausziehen und Christum anziehen, dass nur Kirchen und Schulen, welches sind seine geistlichen Pferde und Wagen, wohl bestellet, und er bei uns möge geistlich einreiten und regiren, wie Salomo Proverb. 2. vermahnet: Ehre den Herrn von deinem Gute und von den Erstlingen all deines Einkommens, so werden deine Scheuern voll werden und deine Kelter mit Moet übergehen, das ist, es soll mit zeitlichem und ewigem Segen belohnt werden. Ja, wo sind die Leute, die es thun? Wenn der Teufel in der Kirche noch sässe und uns durch falsche Lehre und Abgötterei in die Hölle führete, wie im Papstthum, da würden wir wohl mit Haufen zutragen, Kirchen, Klöster und Kapellen reichlich stiften und bauen, in allen Winkeln Mönche und Thumpfaffen, die faulen Bäuche und Hurenhengste mästen; aber wenn Christus mit seinem reichen Wort und treuen Dienern einreitet, da werden die Leute zu eitel lauteren, kargen Hunden und räuberischen Landsknechten, die Christum frei nackt und bloss dürfen ausziehen und das Loos um seine Kleider werfen, wer die meisten Klöster einnehme, die geistlichen Güter raube und Kirchen und Schulen verwüste. Wehe Solchen; denn es sollen ihnen die gefressenen Kirchengüter bekommen wie dem Hunde das Gras, und soll gehen, wie Gott Maleachi am 3. Capitel saget: Weil ihr mein Haus der Zehnten und Hebeopfer beraubet, so seid ihr auch verflucht, dass euch Alles unter den Händen zerrinnet. Bringet aber die Zehnten ganz in mein Kornhaus, auf dass in meinem Hause Speise sei, und prüfet mich hierin, ob ich euch nicht des Himmels Fenster aufthun werde und Segen herabschütten die Fülle.

3.

Die dritten Personen bei dieser Einreitung Christi sind die Kinder im Tempel, welche sammt dem Volk von Christo singen und sagen: Hosiannah dem Sohne David’s, gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn! Das ist, Dieser allein ist der rechte Messias, der da nicht kommt im eigenen Namen wie Kochba, Moses Cretensis und Andere, sondern kommt im Namen des Herrn, das ist, aus Schickung und Sendung des himmlischen Vaters, allen armen, betrübten Sündern von Sünden und Tode zu helfen. Mit der Hohepriester und Pharisäer Lehre und Opfer ist’s verloren. Ein solch frei Bekenntniss der Wahrheit von Christo und Widersprechung des Teufels Lügen und Corruptelen ist der süsse und liebliche Gesang, welchen alle rechten Christen als die edeln und beständigen Nachtigallen Winter und Sommer dem Herrn Christo singen sollen, es zürne oder lache, wer da wolle.

Und damit Niemand denke, es sei Christo an dem Bekenntniss wenig gelegen, und er sei wohl zufrieden, dass es zur Zeit der Verfolgung eingestellt werde, so sagt er zu den Hohenpriestern, die es wehren und verbieten wollen: Wo Diese schweigen, so werden die Steine schreien. Darum soll ein jeglicher rechter Christ nicht eine solche wetterwendische und adiaphoristische Nachtigall sein, die allein im Sommer singt, im Winter aber die Pfeifen einzeucht, sondern bleibe beständig bei einerlei Ton, aber wie eine keusche Braut von Niemand lieber singt, denn von ihrem Bräutigam und der Bräutigam Niemand lieber höret singen, denn seine Braut, wie er selber im Hohenliede Salomonis am 4. Capitel seine Braut von wegen solches Gesanges lobt und spricht: O deine Lippen sind wie triefender Honigseim, Honig und Milch ist unter deiner Zunge. Item die Epistel zu den Hebräern am 13. Capitel: Lasset uns durch ihn opfern das Lobopfer Gott alle Zeit, das ist, die Frucht der Lippen, die seinen Namen bekennen. Item St. Paulus in der andern Epistel Timothei am andern Capitel: Das ist gewisslich wahr, sterben wir mit, so werden wir mit leben, dulden wir, so werden wir mit herrschen, verleugnen wir, so wird er uns auch verleugnen.

Summa des Evangelii in’s Gebet verfasset.

Wir danken dir, Herr Jesu Christe, dass du im heutigen Evangelio kurz vor der blutigen Schlacht deiner Passion durch die demüthige und freundliche Einreitung dich hast sehen lassen als unseren geistlichen König und unüberwindlichen Schutzherrn wider den Teufel und sein höllisches Reich. Wir bitten dich herzlich, lass uns nicht durch den Teufel als seine verdammten Esel zur Hölle reiten, sondern reite und regire du uns selber zum ewigen Leben. Öffne auch unsern Mund zum freien und beständigen Bekenntniss, dass wir mit allen Freuden sammt den Kindern das Hosiannah unerschrocken singen, und löse unsere gebundenen Hände vom Geiz zur Mildigkeit, dass wir mit dem frommen Volk unsere angezogenen Kleider dir auch unterbreiten und mit unserer Armuth das Predigtamt sammt Kirchen und Schulen dankbarlich fördern und ehren, der du mit dem Vater und dem heiligen Geiste lebest und regirest, ein wahrer Gott immer und ewiglich. Amen.

Quelle: Beste, Wilhelm - Die bedeutendsten Kanzelredner der lutherschen Kirche des Reformationszeitalters

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