Simons, Menno - Vom heiligen Abendmahl

Simons, Menno - Vom heiligen Abendmahl

Wir wollen den Leser nicht ermüden mit dem fruchtlosen Wortstreit der Gelehrten über das Aeußerliche des Abendmahls, sondern unsere Absicht ist allein, durch des Herrn hülfe und Gnade, durch die starke Kraft des göttlichen Wortes nachzuweisen, für wen und wozu Jesus das Abendmahl hinterlassen und verordnet hat, damit man das sichtbare Zeichen nicht ehre für das wahrhafte Wesen und nicht das Bild für die Wahrheit nehme.

Das Brot des h. Abendmahls wird des Herrn Leib und das Blut des Herrn Blut genannt als das Zeichen für das wahrhaftige Wesen. Als solches Zeichen soll das Abendmahl uns eine Anmahnung und Erinnerung daran sein, daß der Sohn Gottes, Jesus Christus, durch das unbefleckte Opfer seines unschuldigen Fleisches und Blutes uns aus der Gewalt des Teufels, aus dem Reiche der Hölle und von der Macht des ewigen Todes erlöst und in das Reich seiner herrlichen Gnade gebracht hat, wie er darum selbst sagt: „Solches thut zu meinem Gedächtniß.“ (Luk. 22, 19.) Daher bedenken wir erstens dies Wort: zu meinem Gedächtniß. - Einen größern Beweis der Liebe giebt es nicht, als daß Jemand für einen Anderen den Tod übernimmt, wie christus sagt: „Niemand hat größere Liebe, denn die, daß er sein Leben lässet für seine Freund. (Joh. 15, 13.) Da nun das heilige Abendmahl ein Gedächtnißzeichen des Todes des Herrn, sein Tod aber der allerhöchste Beweis der Liebe ist, so werden wir hier ermahnt, so oft wir zu des Herrn Tische kommen, nicht allein seines Todes, sondern auch aller der herrlichen Früchte der göttlichen Liebe zu gedenken, die uns in Christo Jesu zu Theil geworden ist.

O, geliebter Leser, ein Jeder, der diese herrliche Liebe Gottes und die großen Segnungen der Gnade recht von Herzen glauben kann, der wird durch solchen Glauben mehr und mehr erneuert, sein Herz fliießt über von großer Freude und Frieden, es erhebt sich aus einem fröhlichen Gemüthe zu mancherlei Danksagung, es lobet und preiset seinen Gott von ganzem Herzen, weil es durch den Glauben mit freudigem Gewissen es ergriffen hat, daß der Vater uns so sehr geliebet, daß er uns armen und elenden Sündern seinen einigen undewigen Sohn mit allen seinen Verdiensten zu einer Gabe und ewigen Erlösung geschenkt hat, wie Paulus sagt: „Da die Freundlichkeit und Leutseligkeit Gottes unseres Heilandes erschien, machte er uns selig, nicht um der Werke willen der Gerechtigkeit, die wir gethan hatten, sondern um seiner Barmherzigkeit willen.“ (Titus 3, 4-5.)

Wir haben aber hier (im Abendmahl) zu erwägen:

  • daß der Gerechte für uns Ungerechte gestorben ist, da wir noch offenbare Sünder und Feinde waren;
  • daß das unbefleckte Lamm Gottes an dem Stamme des KKreuzes für uns gelitten hat und zu einer ewigen Versöhnung für uns geopfert ist;
  • daß der Schöpfer aller Creaturen, durch welchen Alles gemacht ist, um unsertwillen verwundet, und daß er, der Reinste unter allen Menschenkindern, der Uwürdigste geworden ist und den MMissethätern gleichgerechnet;
  • daß der Unschuldige aller Welt Last getragen, und unser aller Schuld mit seinem Blute ausgelöscht und bezahlt hat, nach der Schrift: „Ich muß bezahlen, daß ich nicht geraubet habe;“ (Ps. 69,5);

Mit einem Wort:

  • daß Christus durch seinen Gehorsam den Ungehorsam Adams und seines Samens gebüßt und durch seinen Tod das Leben wiedergebracht hat.

Dieses herrliche nd göttliche Werk der Liebe und Gnade erkannte der heil. Paulus und es ließ ihn in die Worte ausbrechen: „Wer wird uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christo Jesu ist, Trübsal, oder Angst, oder Verfolgung, oder Hunger, oder Blöße, oder Fährlichkeit, oder Schwerdt? aber in dem allen überwinden wir weit um deswillen, der uns geliebet hat.“ (Röm. 8, 35-39.) wie denn auch der Apostel Johannes schreibt: „Lasset uns Ihn lieben, denn Er hat uns zuerst geliebet.“ (1. Joh. 4, 19). Denn die Natur schon lehret Den lieben, der uns liebet, nd dies ist die erste Frucht des heil. Abendmahls, wenn es recht gebraucht wird.

Zweitens wird uns in dem heil. Abendmahl die christliche Einigkeit und Liebe und der christliche Friede, denen alle wahren Christen von Herzen nachjagen und streben müssen, abgebildet und veranschaulicht. „Denn Ein Brod ist es, sagt Paulus, so sind wir Viele Ein Leib, dieweil wir Alle Eines Brodes theilhaftig werden.“ Gleichwie ein natürlicher Leib mit allen seinen Gliedern einig und in Frieden ist und ein jedes Glied seinen Dienst zum Nutzen des ganzen Leibes unermüdet verrichtet, so auch gebührt es den wahren und lebendigen Gliedern des Leibes Christi, einig zu sein, Ein Herz, Ein Geist, Eine Seele, langmüthig, freundlich und friedliebend, bereit nach der Art der echten christlichen Liebe, dem Nächsten nach Vermögen zu dienen, ihn zu ermahnen, zu strafen, zu trösten, ihm Handreichung zu thun durch Rath und That, mit ihrem Gut, ja auch mit saurer und schwerer Arbeit, und einander zu vergeben, wie Christus uns vergeben, und mit seinem Wort, Leiden und Tod gedienet hat, also nachkommend der Ermahnung Pauli: „Ziehet an, als die Auserwählten Gottes, Heilige und Geliebte, herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demuth, Sanftmuth, Geduld und vertraget Einer den Andern und vergebet euch untereinander, so Jemand Klage hat wider den Andern; gleichwie Christus euch vergeben hat, also auch ihr. Ueber Alles aber ziehet an die Liebe, welche ist das Band der Vollkommenheit; und der Friede Gottes regiere in euren Herzen, zu welchem ihr auch berufen seid in Einem Leibe, und seid dankbar.“ (Col. 3, 12-15.)

Ferner, wie in einem natürlichen Leibe die edleren Theile, als Augen, Ohren und Mund den andern Gliedern ihre Niedrigkeit nicht vorwerfen und auch die weniger geachteten Glieder die höheren wegen ihres Vorzugs nicht beneiden, sondern ein jedes mit seiner Bestimmung zufrieden ist und dem ganzen Lleibe anspruchslos dient, also soll es auch in der Gemeinde des Herrn sein; ein Jeder sehe wohl zu, daß er sich nicht überhebe. Alles was er ist, hat oder vermag, es ist alles Gottes Gnade und Gabe; ein Jeder habe nur Acht auf seinen Dienst, auf daß der ganze Leib Christi erbauet werden möge, bis wir alle hinan kommen zu einerlei Glauben und Erkenntniß des Sohnes Gottes und ein vollkommener Mann werden nach dem Maaße des vollkommenen Alters Christi. (Eph. 4,13.)

Drittens haben wir zu bedenken, daß das heil. Abendmahl eine Gemeinschaft des Leibes und Blutes Christi ist nach Pauli Wort: (1. Cor. 10,16). Der gesegnete Kelch, den wir segnen, ist der nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi, das Brod, das wir brechen, ist das nicht die Gemeinschaft des Leibes Christi?

So es nun eine Gemeinschaft Christi ist, will ich euch Alle recht brüderlich ermahnen, daß ihr doch ernstlich erforschen möget, ob ihr Christi theilhaftig geworden, ob ihr in ihm seid und er in euch? Denn ein Jeder, der würdig von diesem Brod isset und von diesem Wein trinket, muß durch die Kraft des göttlichen Wortes, durch den Glauben, nach seinem innern Menschen verändert, und zu einem neuen Sinn bekehrt sein, ein neuer Mensch aus Gott geboren, aus Adam in Christum versetzt, mitleidig, barmherzig, liebreich, niedrig von Herzen und dem Worte des Herrn gehorsam, Er muß, durch den Geist des Herrn getrieben, von Herzen ein Christ sein, und aus aller seiner Kraft dahin streben, daß er in seiner Schwachheit ganz die Gesinnung in sich aufnehme, die Jesum Christum beseelte, als er das heil. Abendmahl einsetzte und es mit seinen Jüngern unterhielt.

Lieber Leser, wo das Abendmahl mit solchem Glauben, solcher Liebe und Andacht, solchem Frieden, solcher Einigkeit im Herzen und Gemüthe genossen wird, da ist Christus mit seiner Gnade, mit seinem Geist und dem Segen seiner Leiden, wie er selbst sagt (Matth. 18,20): „Wo Zwei oder Drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.

Quelle: Stimmen aus der Reformationszeit

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