Blumhardt, Christoph - Andachten zur Offenbarung

Blumhardt, Christoph - Andachten zur Offenbarung

Offenbarung 3, 19

“Welche Ich lieb habe, die strafe, züchtige Ich.“

Der HErr züchtigt, die Er lieb hat, begreiflich nur, wenn sie's verdient haben. Aus dem Spruch geht also hervor, dass die, die Er lieb hat, nicht immer die Bravsten sind; und doch hat Er sie lieb! Denn wer noch die Ruthe braucht, der ist nicht brav, und doch hat man ihn lieb. Also auch die, die der Herr lieb hat, brauchen je und je die Ruthe; und eben weil Er sie lieb hat, macht Er von derselben Gebrauch. Wenn sie so sind, dass Er sie nicht mehr lieb haben kann, lässt Er sie laufen und denkt: „Es ist ja doch für nichts.“ Der Hauptfehler bei vielen ist der, dass sie, wenn der liebe Gott sie straft, gleich sagen: „Der Herr hat mich nicht mehr lieb.“ Seht da den Tuck ihres Herzens und ihre Eigenliebe! Was wäre es doch, wenn ein Kind, das gestraft wird, zur Mutter sagen wollte: „Ich sehe wohl, du magst mich eben nicht, kannst mich nicht leiden.“ Das ist ein großer Fehler, den sehr Viele haben, dass sie, wenn es ihnen übel geht, wenn sie krank sind, auf ihr Gebet hin nicht augenblicklich aufgewartet wird, sagen: „Der Heiland hat mich verstoßen, der Heiland hat mich verworfen u. dergl.“ Diesen bösen Gedanken müssen wir ja nicht in uns aufkommen lassen. Der ist vom Argen. Der Teufel ist's, der da, ganz dem entsprechend, wie er die ersten Eltern verführte, dem Herzen eingibt: „Siehst du's jetzt? Da kannst du's sehen, was der liebe Gott nach dir fragt!“ - Hören wir da nicht lieber die Stimme des Heilands, die vom Himmel herab gegen die Gemeine zu Laodicea sich vernehmen lässt: „Welche Ich liebhabe, die strafe und züchtig Ich?“ - Merken wir's uns also, gerade die Strafe und Züchtigung ist ein Beweis, dass wir beim Heiland etwas gelten, dass er uns lieb hat.

Übrigens ists auch wieder so, dass Viele meinen, es sei wie eine Art Liebhaberei vom Heiland, dass Er nur geschwind Eins von Seinen Lieben vornehme, um es zu züchtigen, ohne weiteren Grund, als ob es eben einmal geschlagen sein müsste. Da kann's geschehen, dass man einander Glück wünscht und sagt : „Du musst beim Heiland recht wohl daran sein, dass Er dir so viel Kreuz auferlegt; dich muss Er besonders lieb haben.“ Dabei ist aber nicht der geringste Gedanke an die Schuld, die dem Heiland die Ruthe in die Hand gibt, weder bei dem, der so schmeichelt, noch bei dem, der sich so schmeicheln lässt. Es wird nicht überlegt, warum der HErr züchtige; sondern man bleibt selbstgefällig oder einfältig bei dem: „Der HErr züchtigt mich, also bin ich Ihm lieb.“ Wie unvernünftig aber doch das ist! Denn wenn ich's eine Züchtigung nenne, so muss ich's doch auch wissen, warum ich gezüchtigt werde, und darf ich mich damit nicht so schnell beruhigen, dass Er mich, weil Er straft, lieb habe. Soll doch die Züchtigung auch eine Frucht schaffen; wie ist das möglich, wenn ich's nicht ernster nehme, wenn ich nicht weiter denke! Ach, wie viele Züchtigungen, im Kleinen wie im Großen, gehen so umsonst vorüber!

Zusatz: Andererseits gibt es auch wieder Fälle, da man mit dem Denken und Überlegen, namentlich mit der Beschuldigung nicht zu weit gehen darf. Man kann sich auch unnötigerweise und übertrieben mit Schuld und Sünde zermartern. Man kann nicht gerade jedes Kreuz und jede Trübsal eine Strafe oder eine Züchtigung für bestimmte Sünden nennen. Oft ist‘s, wie bei einem Paulus, der einen Pfahl im Fleisch haben musste, nur um sich der hohen Offenbarung nicht zu überheben. So mag's wohl oft sein, dass Trübsale und lange dauernde Übel da sein müssen, damit man nicht hinaufkomme, sondern fein unten bleibe. Das wäre denn freilich auch eine Art Züchtigung. Aber merke dir, wenn du nichts Anderes mehr weißt, so denke, du sollest eben recht klein und demütig werden und bleiben; und so tut's der Heiland auch, weil Er dich lieb hat. Wirst du aber ein hoffärtiger Dulder, so wird die Liebe deines Heilandes klein werden.

Noch Andern wird viel Kreuz auferlegt, weil sie Geduld lernen und Ausdauer im Glauben beweisen müssen. Es kann geschehen, dass dich der Teufel, wie den Hiob, verklagt, als könnte er dich um Beides bringen. Da ists wieder Liebe vom Heiland, dass Er dich würdigt, an dir dem Teufel zeigen zu wollen, dass es noch Leute gibt, die Geduld und Glauben behalten, auch wenn es ihnen schwer und recht schwer geht. Merk' dir's, und mach's nicht, dass der Teufel ob dir in die Faust lacht, und dein Heiland vor ihm ob dir sich schämen muss. Dein Gewinn wäre das nicht.

Mel. Schwing dich auf.

Kinder, die der Vater soll
Zieh'n zu allem Guten,
Die geraten selten wohl
Ohne Zucht und Ruten.
Bin ich denn nun Gottes Kind,
Warum will ich fliehen,
Wann Er will von meiner Sünd'
Mich aufs Gute ziehen?

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