Das erste Basler Glaubensbekenntniß

Das erste Basler Glaubensbekenntniß

Wir Adalberg Meyger, Bürgermeister und Rath der Stadt Basel, wünschen allen und jeden Unsern Bürgern, Insassen und Verwandten, Geistlichen und Weltlichen, Edlen und Unedlen, in Unsrer Landschaft Basel wohnhaft, Friede, Gnade und Barmherzigkeit, von Gott, unserm himmlischen Vater, und reine Erkenntniß Jesu Christi, unsers einigen Heilandes, und thun Euch dabei zu vernehmen: Demnach Wir im vergangenen 1529. Jahre allerlei Mißbräuche, Irrung und verkehrte Gottesdienste, die ohne Grund göttlicher Wahrheit in der Kirche Christi zur Strafe unsrer Sünden eingerissen, aus besonderer Gnade des Allmächtigen, nach Anleitung seines heiligen Wortes, entweder ganz abgethan oder gebessert haben, und seither die gefundene Lehre Christi auch unsern Unterthanen rein und klar, treulich und emsig verkündigen und vortragen lassen; befinden Wir (Gott sei Lob!), daß unser Pflanzen und Wässern nicht vergebens gewesen, sondern aus der Gnade des Allmächtigen die Erkenntniß Gottes reichlich bei Euch zugenommen, welches Uns aufs höchste erfreut, und sodann Uns, Eure christlichen Obern, daß in erkannter göttlicher Wahrheit fortgefahren werde, ernstlich zuzusehen gebühren will, haben Wir aus rechter christlicher Liebe, Uns und allen Gläubigen zur Stärkung, und den Schwachen und Unbefestigten zum Trost, für nöthig und gut erkannt, daß bei diesem schweren, widerwärtigen und gefährlichen Zeiten, in denen, wo möglich, auch die Auserwählten von der Wahrheit Gottes abgewandt und verführt werden möchten, Wir mit Euch und Ihr mit uns unsern heiligen christlichen Glauben, wie wir ihn aus dem reinen Worte Gottes erlernt haben, und in unsrer Kirche täglich ehren lassen und halten, öffentlich bekennen, damit wir vor Gott, unserm himmlischen Vater, durch Christum, unsern Erlöser, den wir aus seiner Gnade hier bekennen, auch bekannt werden, und unsre Widersacher, wenn sie mit Gottesfurcht urtheilen, doch einmal sehen mögen, daß wir nicht, wie man uns zeiht, von Gottes Wahrheit und der Kirche Christi abgetreten, sondern der Stimme Christi, unsers Hirten, gehorchend, uns mit Verlassung der eingerissenen Irrsale erst recht mit der Kirche Christi vereinbart, und mit alle dem, was der gesunden Lehre Christi entgegensteht, nicht Gemeinschaft haben, ob sie vielleicht hinfort von ihrem Lästern abzustehen, und den Sohn Gottes, wie uns der Vater befohlen, zu hören Gnade erlangen möchten. Darum haben Wir das Wesen Unsers Glaubens in dem hier folgenden Bekenntniß, welches wir hiermit vor Gott und der Welt öffentlich ablegen, begriffen, und um bessern Verstandes willen die übereinstimmenden Stellen der Bibel zum Theil daneben verzeichnen lassen. Der allmächtige Gott wolle bei uns Allen seinen heiligen Glauben mehren, und das, was er in uns angefangen durch seine Güte zur Heiligung seines Namens und zum Heil unsrer Seele gnädig ausführen. - Nun folgt im Namen Gottes das Bekenntniß unsers christlichen Glaubens.

1. Von Gott.

Wir glauben an Gott den Vater, an Gott den Sohn, an Gott den heiligen Geist, eine heilige göttliche Dreifaltigkeit, drei Personen und einen einigen, ewigen, allmächtigen Gott, nach dem Wesen und der Substanz, und nicht drei Götter. Wir glauben auch, daß Gott alle Dinge erschaffen habe durch sein ewiges Wort, das ist, durch seinen eingebornen Sohn, und alle Dinge erhalte und kräftige durch seinen Geist, das ist, durch seine Kraft, darum denn Gott alle Dinge versorgt und regiert, wie er sie geschaffen hat.

Daher bekennen wir, daß Gott, bevor und ehe er die Welt erschaffen, alle die erwählt habe, die er mit dem Erbe der ewigen Seligkeit beschenken will.

2. Vom Menschen.

Wir bekennen, daß der Mensch im Anfang nach dem bilde der Gerechtigkeit und Heiligkeit von Gott fehlerfrei gemacht; er ist aber muthwillig gefallen in die Sünde, durch welchen Fall das ganze menschliche Geschlecht verderbt und der Verdammniß unterworfen, auch unsre Natur geschwächt und in eine solche Neigung zur Sünde gekommen, daß, wenn sie durch den Geist Gottes nicht wieder hergestellt wird, der Mensch von sich selbst nichts Gutes thut, noch will.

3. Sorge Gottes für uns.

Und wiewohl der Mensch durch solchen Fall, der Verdammniß unterworfen, Gottes Feind geworden ist, so hat Gott doch die Sorge für das menschliche Geschlecht nie aufgegeben. Deß sind Zeugen die Patriarchen, die Verheißungen vor und nach der Sündfluth, das Gesetz, von Gott durch Moses gegeben, und die heiligen Propheten.

4. Von Christo, wahrem Gott und wahrem Menschen.

Wir glauben und bekennen festiglich, daß uns Christus zu der Zeit, die dazu verordnet, nach der Verheißung Gottes vom Vater gegeben, und also das ewige göttliche Wort Fleisch geworden sei, das ist, daß der Sohn Gottes, mit der menschlichen Natur in Einer Person vereinigt, unser Bruder geworden, auf daß wir durch ihn theilhaftig würden des Erbes Gottes.

Von diesem Jesu Christo glauben wir, daß er empfangen sei von dem heiligen Geist, geboren von der reinen, unbefleckten Jungrau Maria, gelitten habe unter Pontius Pilatus, gekreuzigt und gestorben sei für unsre Sünden, und also mit Aufopferung seiner selbst Gott, unserm himmlischen Vater, für unsre und aller Gläubigen Sünde genug gethan, und uns mit ihm versöhnt, und also mit seinem Tode besiegt und überwunden habe die Welt, den Tod und die Hölle; dazu nach dem Fleische begraben, abgestiegen zur Hölle, am dritten Tage auferstanden von den Todten, und als er solches genugsam bewährt, mit Leib und Seele aufgefahren sei gen Himmel; da sitzt er zur Rechten, das ist in der Herrlichkeit Gottes, seines himmlischen Vaters, von wannen er kommen wird, zu richten die Lebenden und die Todten; er hat auch seinen Jüngern, wie er verheißen, seinen heiligen Geist, an den wir, wie an den Vater und Sohn, glauben, gesendet.

5. Von der Kirche.

Wir glauben eine heilige, christliche Kirche, das ist, die Gemeinschaft der Heiligen, die Versammlung der Gläubigen im Geist, welche heilig und eine Braut Christi ist, in der alle die Bürger sind, die da wahrhaft bekennen, daß Jesus sei Christus, das Lamm Gottes, das da hinwegnimmt die Sünde der Welt, und auch durch die Werke der Liebe solchen Glauben bewähren.

Diese christliche Kirche befleißigt sich, die Bande des Friedens und der Liebe mit Einigkeit zu halten, darum sie mit den Secten und Ordensregeln, die auf Unterscheidung der Tage, Speise, Kleider und Kirchengepränge gesetzt sind, keine Gemeinschaft hat.

6. Von dem Nachtmahl unsers Herrn.

Wir bekennen, daß der Herr Jesus sein heiliges Nachtmahl eingesetzt hat, sein heiliges Leiden mit Danksagung zu betrachten, und seinen Tod zu verkündigen, auch christliche Liebe und Einigkeit mit wahrem Glauben zu bezeugen.

Und gleich wie in der Taufe, darin uns die Abwaschung von den Sünden, die doch allein der Vater, Sohn und heilige Geist ausrichten müssen, durch den Diener der Kirche angeboten, wahres Wasser bleibt, also bleibt auch in des Herrn Nachtmahl, in dem uns mit des Herrn Brot und Trank, sammt den Worten des Nachtmahls, der wahre Leib und das wahre Blut Christi durch den Diener der Kirche vorgebildet und angeboten wird, Brot und Wein.

Wir glauben aber festiglich, daß Christus selbst sei die Speise der gläubigen Seele zum ewigen Leben, und daß unsre Seelen durch den wahren Glauben an den gekreuzigten Christus mit dem Fleische und blute Christi gespeiset und getränkt werden, also, daß wir seines Leibes, als unsers einigen Hauptes, Glieder, in ihm und er in uns lebe, damit wir am jüngsten Tage durch ihn und in ihm zur ewigen Freude und Seligkeit auferstehen.

Wir schließen aber den natürlichen, wahren, wesentlichen Leib Christi, der von Maria, der reinen Jungfrau geboren, für uns gelitten hat und aufgefahren ist zum Himmel, nicht in des Herrn Brot und trank. Darum beten wir auch Christum nicht in diesen Zeichen des Brotes und Weines, die wir gemeiniglich Sacramentes des Leibes und Blutes Christi nennen, sondern im Himmel, zur Rechten Gottes, des Vaters, an, von wo er kommen wird, zu richten die Lebenden und die Todten.

7. Vom Gebrauche des Bannes.

Weil sich aber das Unkraut mit der Kirche Christi vermischet, so hat Christus seiner Kirche Gewalt gegeben, solches Unkraut, wenn es sich durch unleidliche Laster und Sünden wider des Herrn Gebot hervorthun würde, zu bannen, damit die Kirche ihre Gestalt, so viel möglich, ohne Flecken behalte. Aus der Ursache gebrauchen wir den Bann in der Kirche.

Es bannet aber die christliche Kirche nicht anders, als um der Besserung willen, daher sie die Gebannten, nachdem sie ihr ärgerlich Leben abgestellt und gebessert haben, mit Freuden wieder aufnimmt.

8. Von der Obrigkeit.

Es hat auch Gott der Obrigkeit, seiner Dienerin, das Schwert und die höchste äußerliche Gewalt zum Schirm des Guten, zur Rache und Strafe der Bösen befohlen. Darum soll eine jede christliche Obrigkeit, in deren Zahl wir zu sein begehren, all ihr Vermögen dahin richten, daß bei ihren Unterthanen der Name Gottes geheiligt, sein Reich erweitert, und seinem Willen mit ernstlicher Ausrottung der Laster nachgelebt werde.

9. Von dem Glauben und den Werken.

Wir bekennen Vergebung der Sünden durch den Glauben an Jesum Christum, den Gekreuzigten, und wiewohl dieser Glaube sich ohne Unterlaß durch die Werke der Liebe übt, hervorthut und also bewähret wird, so schreiben wir doch die Gerechtigkeit und die Genugthuung für unsre Sünde nicht den Werken, die des Glaubens Früchte, sondern allein dem wahren Vertrauen und Glauben an das vergossene Blut des Lammes Gottes zu. Denn wir bekennen frei, daß uns in Christo, der da ist unsre Gerechtigkeit, Heiligkeit, Erlösung, Weg, Wahrheit, Weisheit und Leben, alle Dinge geschenkt sind. Daher geschehen die Werke der Gläubigen nicht zur Genugthuung ihrer Sünden, sondern allein darum, daß sie damit Gott, dem Herrn, für die große Wohlthat, die uns in Christo erwiesen ist, sich einiger Maßen dankbar erzeigen.

10. Vom jüngsten Tage.

Wir glauben, daß ein jüngstes Gericht, und an demselben Auferstehung des Fleisches sein werde, da auch ein Jeder von Christo, dem Richter, empfangen wird, nachdem er hier im Leben sich gehalten, nämlich das ewige Leben, wenn er aus wahrem Glauben, mit ungefärbter Liebe, die Frucht des Glaubens, das sind die Werke der Gerechtigkeit, gewirkt, und das ewige Feuer, wenn er ohne Glauben, oder mit erdichtetem Glauben ohne Liebe, Gutes oder Böses begangen hat.

11. Vom Gebotenen und Nichtgebotenen.

Wir bekennen, daß gleicher Weise, wie Niemand gebieten mag die dinge, die Christus nicht geboten hat, also mag auch Niemand verbieten, was er nicht verboten hat, aus welcher Ursache wir die Ohrenbeichte, die vierzigtägigen Fasten, der Heiligen Feiertage, und was dergleichen vom Menschen aufgebracht ist, für ungeboten, und hingegen die Priesterehe für unverboten halten.

Und noch viel weniger mag Jemand erlauben, was Gott verboten hat, warum wir die Verehrung und Anrufung der abgestorbenen Heiligen, die Verehrung oder Aufrichtung von Bildern, und was dergleichen ist, verwerfen. Und wiederum kann Niemand verbieten, was Gott erlaubt hat, aus welcher Ursache wir die Speise mit Danksagung zu genießen, für unverboten halten.

12. Wider den Irrthum der Wiedertäufer.

Wir erklären öffentlich, daß wir die fremden irrigen Lehren, da diese Rottengeister unter andern verdammten und bösen Meinungen auch sagen, daß man die Kinder, die wir nach dem Brauche der Apostel, der ersten Kirche, und darum, weil die Taufe an die Stelle der Beschneidung getreten ist, taufen lassen, nicht taufen solle, ferner, daß man in keinem Falle einen Eid schwören dürfe, obgleich es die Ehre Gottes und die Liebe des Nächsten erfordere, und daß Christen nicht obrigkeitliche Personen sein dürfen, sammt allen andern Lehren, die der gesunden, reinen Lehre Jesu Christi entgegen stehen, nicht allein nicht annehmen, sondern als Gräuel und Lästerung verwerfen.

Zuletzt wollen wir dieses unser Bekenntniß dem Urtheil göttlicher, biblischer Schrift unterwerfen, und uns dabei erboten haben, wenn wir aus der genannten heiligen Schrift eines Bessern berichtet werden, daß wir jeder Zeit Gott und seinem heiligen Worte mit großer Danksagung gehorchen wollen.

Verhandelt in Unsrer Rathssitzung, Mittwochs, den 21. Januar, im Jahr nach der Geburt Christi, unsers einigen Heilandes 1534.

Heinrich Ryhiner,
Rathsschreiber der Stadt Basel.

Quelle: Böckel, Ernst Gottfried Adolf - Die Bekenntnisschriften der evangelisch-reformierten Kirche

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