Herberger, Valerius - Am ersten Advent-Sonntage.

Herberger, Valerius - Am ersten Advent-Sonntage.

JEsus hält seinen Advent zu Jerusalem.

Matth. 21. V. 1-9.

Herzliche Seufzer, zu beten um die Gnade des Herrn JEsu, daß er geistlichen Advent und Einzug halte in unsere Herzen.

JESUS, Der Meister mit der gelehrten Zunge und Seligmacher der Welt, fasset die Summa aller evangelischen Predigten im alten und neuen Testament in ein einiges Wort: Ich komme!

Amos 4. V. 12. So schicke dich Israel (laß doch jetzt dein schwaches Herz erweichen), und begegne deinem Gott (durch wahre Buhe und gläubiges Gebet, daß er nicht im Zorn mit der Strafe zu dir komme).

Liebes Advent-Herz! JEsus redet im 40. Psalm, wie es die Epistel an die Ebräer am 10. klar und hell beweiset, ein wichtiges, treffliches Wort: „Siehe, ich komme; im Buch ist von mir geschrieben“; das ist: Ich habe es zugesaget, daß ich will kommen, und habe meine Zusage in das Bibel-Buch lassen aufschreiben; darum zwinget mich mein wahrhaftiges Wort, daß ich komme. Himmel und Erde vergehen, aber meine Worte vergehen nicht. Im Buch stehet vornehmlich von mir geschrieben; das ist: im Mark, im Grunde und tiefster Weisheit der Bibel wirst du eigentlich mich JEsum Christum finden; um meinet willen, und mir zu Ehren ist Alles geschrieben. Denn im Rath der hochheiligen Dreieinigkeit ist's beschlossen, und in den prophetischen Schriften von mir geweissaget worden, daß ich thun soll, Gott, deinen Willen. Darum, liebes Herz, da er (der Sohn Gottes) in die Welt kommt (durch seine Menschwerdung zur Verrichtung seines hohenpriesterlichen Amts sich einstellen will), spricht er (der königliche Prophet David führet ihn ein also redend zu seinem himmlischen Vater): Opfer (von unvernünftigen Thieren) und Gaben (von Semmeln, Weihrauch) hast du nicht gewollt (außer und ohne den Glauben an mich, den verordneten Mittler des menschlichen Geschlechts, dargebracht), den Leib aber hast du mir zubereitet; (dein Wille, lieber Vater, ist gewesen, daß ich sollte Mensch werden, und in diesem meinem angenommenen Fleisch und Blut leiden. Du hast auch durch sonderbare Kraft des heiligen Geistes meinen Leib im jungfräulichen Leibe Mariä gebildet, und denselben mit meiner göttlichen Natur persönlich vereiniget, auf daß ich mich zum süßen Geruch dir könnte aufopfern, und das ganze menschliche Geschlecht mit dir versöhnen). So oft der Herr JEsus im alten Testament selber das Evangelium prediget, so ist das der Kern: Siehe, ich komme; ich will ein Jungfrauen-Sohn werden, und Alles gut machen, was durch Adams und Eva Fall ist böse worden. Wenn die Erzväter und Propheten von der Zukunft Christi in der Welt reden, so ist dieß der Inhalt: der Messias spricht: Siehe, ich komme, und will euch helfen und erlösen von der Hand Aller, die euch hassen. Wenn im alten Testament die Opfer geschlachtet werden, so ist's den andächtigen Herzen eben vorgekommen, als wenn der Herr JEsus selbst daneben stünde, und sagte: Siehe, ich komme; durch solch einen blutigen Tod soll dir zur Seligkeit geholfen werden. Wenn Johannes der Täufer mit Fingern auf Christum weiset, so ist es eben so viel, als wenn JEsus durch ihn spräche: Siehe, ich komme, mich einzustellen in einem Schlachtlämmlein für deine Sünde. Wenn der Herr JEsus mit wunderschönen evangelischen Trostpredigten, und unerhörten kräftigen Thaten das jüdische Land erfüllet, so will er nichts anders sagen: Siehe, ich komme, daß du durch mich das Leben und volle Genüge habest. Was saget des Herrn JEsu Herz, da er am Palm-Sonntage zu Jerusalem einreitet? Fürwahr also: Siehe, ich komme, nach meiner alten Zusage, durch mein Blut den Zorn des himmlischen Vaters zu stillen, und das höllische Feuer auszuspritzen. Wenn die Apostel, und noch heute alle ihre treuen Nachfolger, alle evangelischen Prediger, den Herrn JEsum loben, so ist ja dies die Summa: Liebes Herz, dein Seligmacher JEsus spricht zu dir: siehe, ich komme, und bringe dir alle meine Schätze, die ich mit meiner Ankunft in die Welt habe erworben; ach! nimm mich an mit fröhlichem Glauben in das Schlößlein deines Herzens, so sollst du durch mich selig werden. Ich komme zu dir; ach! komme du auch mit bußfertigem Herzen zu mir, laß dir mein theures Verdienst lieb sein, so sollst du mit Freuden kommen in's ewige Leben; denke an mein Wort: Alles, was mir mein Vater gibt, das kommt zu mir, und wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen. Alle gläubigen Herzen sollen bei mir wohl ankommen. Denke an mein Wort: „Siehe, ich stehe vor der Thür, und klopfe an, so jemand meine Stimme hören wird, und die Thür aufthun, zu dem werde ich eingehen, und das Abendmahl mit ihm halten, und er mit mir“; das ist: wir werden ein treffliches Wohlleben mit einander haben. Wenn wir zum Beichtstuhl kommen, so spricht unser Heiland: Siehe, ich komme, und saget zu dir: Sei getrost, mein liebes Kind, dir sind deine Sünden vergeben. Wenn wir zum heil. Abendmahl gehen, so mögen wir kühnlich glauben, unser Erlöser ist da wahrhaftig gegenwärtig, und spricht: Siehe, ich komme, und verpfände mich gegen dir mit meinem allerheiligsten Leib und Blut, zu gewisser Versicherung, daß ich will dein sein, du sollst mein sein. Wenn man vom jüngsten Tage prediget, so ist das der Hauptpunkt: JEsus dein Liebhaber saget: Siehe, ich komme, zu richten die Lebendigen und die Todten. Also ist das Wort: „Ich komme“, des Herrn JEsu Christi Summarium über alle evangelischen Trostpredigten. Das mag ein Meisterstück sein. Der Herr JEsus hat ja holdselige Lippen, der kann alle tröstlichen evangelischen Worte in ein Wort fassen. Daneben sagt auch unser Seligmacher in einem Wort, ob denn so viel an solchen evangelischen Predigten gelegen sei: Siehe, das ist: schreib's auf in das Büchlein deines Herzens; merke es wohl auf dem Täflein deines Gedächtnisses; Sela, wie im Psalter oft stehet. Lieber Mensch, erhebe dein Herz; hierin stehet deiner Seelen Heil und Seligkeit. Erhebe deine Stimme, lobe und danke Gott für solche Gnade! Wenn die Propheten was wichtiges geben zu besinnen, so brauchen sie dieses Wort: „Siehe“. Freilich ist die Lehre von JEsu Christo, dem Grundfelsen unserer Seligkeit, die allerwichtigste in der ganzen Welt. Also pflegen die Propheten, ja auch der Propheten Herr selber, JEsus, zu ihren Machtsprüchen dies Wort: „Siehe“, oben an zu setzen. Wer Ohren hat zu hören, der höre! Der Herr JEsus wecket durch dies Wort, „Siehe“, unsere faulen, schlummerigen, verdrossenen Herzen auf: Siehe, höre um deiner Seligkeit willen; höre, wirst du diese Lehre von meiner Zukunft in die Welt verhören, so wirst du nicht wissen, welche Zeit es um deine Seligkeit, du wirst nicht wissen, wie du mit Gott dran bist. Daher ist aller treuen aufrichtigen Prediger Art, daß sie einig und allein weisen auf Christum, der in die Welt ist kommen. Wer an ihn glaubet, soll nicht zu Schanden werden. Ach, wie tröstlich ist das, Herr JEsu, du bist wahrhaftig in deinen Reden; in deinem Munde ist kein Betrug erfunden worden; alle deine Worte haben Eideskraft; du kannst nicht trügen, darum mag ich auf deine Trostworte trotzen; wohl Allen, die auf dich trauen! Ach Herr JEsu, deine Liebe, die dich vom Himmel gezwungen, deine Gunst, die uns gerne geholfen, die zwinge dich, noch heutiges Tages, uns zu trösten und zu helfen. Ach verleihe, daß wir dich hinwieder gerne, ungezwungen und ungenöthiges lieben, loben und preisen. Amen! O komm Herr JEsu, schick dein armes Volk zu, daß es deinen Willen thu, und darnach in deiner Ruh, lobe deinen Namen, in Ewigkeit. Amen!

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