Gerok, Karl - Das Gebet des Herrn - Abendgebet am Donnerstag.

Gerok, Karl - Das Gebet des Herrn - Abendgebet am Donnerstag.

Vergib uns unsre Schulden, wie wir vergeben unsern Schuldigern!

Vater der Barmherzigkeit und Gott alles Trostes; ehe wir uns niederlegen zum Schlummer, kommen wir noch einmal vor deinen Gnadenthron und bitten: sprich uns los von allen Schulden dieses Tages, und vergib uns alle Versäumnisse und Übertretungen, in die wir auch heute gefallen sind durch die Schwachheit und Torheit unseres Herzens. Vergib uns unsere Schulden, wie wir vergeben unsern Schuldigern. Siehe, wie du Gnade vor Recht ergehen lässt und uns trägst mit Langmut und Geduld, so wollen wir hinwiederum auch herzlich vergeben und gerne wohltun denen, die sich an uns versündigen. Ach, unser Herz wird oftmals im Lauf eines Tages verwundet, betrübt und geärgert in dieser Welt, in welche du deine Kinder hineinsendest wie die Schafe mitten unter die Wölfe. Aber wenn die Liebe in uns erkalten will bei der Schwachheit oder Bosheit unserer Mitmenschen, dann lass uns gedenken, wie viel Schulden du, barmherziger Gott, uns täglich erlässt, auf dass auch wir gerne vergeben unsern Schuldigern. Wie könnten wir Barmherzigkeit hoffen von dir, so wir nicht Barmherzigkeit üben gegen die Brüder! Wie könnten wir die Sonne untergehen lassen über unserem Zorn, und uns zum Schlafe legen mit einem Herzen voll Hass, da wir nicht wissen, ob du nicht heute Nacht unsere Seele von uns fordern wirst! Wie könnten wir in unseres Jesu Namen zu dir beten und doch sündigen wider sein großes Gebot: liebt eure Feinde, segnet, die euch fluchen, tut wohl denen, die euch hassen, bittet für die, so euch beleidigen und verfolgen! Nein, barmherziger Vater im Himmel, wie für uns, so bitten wir auch für unsere Feinde: vergib du ihnen, wie wir ihnen von Herzen vergeben, und wende ihr Herz zu Lieb und Frieden. Und du, sanftmütiger Jesu, der du nicht wieder schaltst, da du gescholten wurdest, wenn unser Fleisch und Blut aufbrausen will in Zorn und Hass, dann tritt du vor unsere Seele in deiner Kreuzgestalt und Dornenkrone, und sprich uns zu: Lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig! Und du, heiliger Geist, der du bist ein Geist der Sanftmut und der Liebe, pflanze du uns ins Herz die Taubenart und den Lammessinn der Kinder Gottes, damit wir einst Barmherzigkeit erlangen, wie wir jetzt Barmherzigkeit üben, und mit Wahrheit sprechen können nun und immerdar: Vergib uns unsere Schulden, wie wir vergeben unsern Schuldigern! Amen.

Herr, lass mich heute nicht entschlafen,
Bevor ich nicht mit Herz und Mund
In Buß und Tränen neu gereinigt
Den tiefbefleckten Seelengrund.
Lass mich vor deinen Spiegel treten,
Der mir mein ganzes Innre zeigt;
Lass dein Gesetz die Wahrheit sprechen,
Die das betörte Herz verschweigt.

Wenn du mich strafst um meine Sünde,
Wenn der gerechte Mund mir flucht,
Dann wird das Herz von keinem Frieden,
Das Aug' von keinem Schlaf besucht.
Wer könnte dein Gericht empfinden
Und sich erfreu'n der süßen Ruh?
Die Einsamkeit wird ihn erwecken,
Die Stille ruft ihm Schrecken zu.

Verbirg dein Antlitz meinen Sünden,
Dein Licht vor meiner Missetat;
Lass mich auf ihn die Hoffnung gründen,
Der meine Schuld getragen hat.
Drück mir den Stachel und den Kummer
Nicht tiefer ins Gewissen ein;
Lass jeden Atemzug im Schlummer
Ein Wehen deiner Gnade sein.

Amen.

(Heinrich Puchta.)

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