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Calvin, Jean - Psalm 80.

Calvin, Jean - Psalm 80.

Inhaltsangabe: Der Psalm ist eine flehentliche Bitte, dass Gott seiner geplagten Gemeinde zu Hilfe komme. Um aber seinen Beistand in ihren Nöten desto eher zu erlangen, stellen die Gläubigen dieselben neben die Zeiten ihrer Anfänge, in denen Gottes Gnade einzigartig geleuchtet hatte.

V. 1. Obschon dieser Psalm mit dem vorhergehenden verwandt ist, so scheint es mir doch, dass er zu Gunsten der zehn Stämme verfasst wurde, nachdem jenes Reich angefangen hatte, durch verschiedene Niederlagen aufgerieben zu werden. Nicht ohne Grund nämlich finden Joseph, Ephraim und Manasse darin ausdrückliche Erwähnung. Einige Ausleger wenden ein, der Prophet nenne sie infolge ihrer Lage und Reihenfolge im Lager (nach 4. Mo. 2, 18), wo Ephraim und Manasse auf derselben Seite marschierten. Aber es wäre doch sonderbar, den Stamm Juda und die heilige Stadt zu übergehen und statt ihrer Joseph, Manasse, Ephraim und Benjamin in den Mittelpunkt zu stellen, wenn nicht eben vom Reich Israel insbesondere die Rede wäre. Wenn jemand einwirft, die zehn Stämme seien, seitdem sie dem Hause Davids entfremdet wurden, entartet und der Gottesdienst bei ihnen verderbt, so antworte ich: es wohnten dort noch manche Gottesverehrer, die ihre Knie nicht vor Baal gebeugt und sich dem Aberglauben der andern nicht ergeben hatten. Und Amos (6, 6) klagt ja über den hartherzigen Stamm Juda eben deshalb, weil dort niemand über den Schaden Josephs trauerte. Wir wissen auch, dass noch zur Zeit des Abfalls Propheten dorthin gesandt wurden, um ihnen Hoffnung auf Erlösung zu machen. Wenn also auch beinahe alles abtrünnig war, so vernachlässigte doch Gott den übriggebliebenen Samen nicht. Und wie er ehemals zum Trost für die kommenden Leiden seine Gnadenverheißungen gegeben hatte, so bestätigt und pflegt er nun diese Hoffnung durch die Bitten, die er den Israeliten in den Mund legt, bis sie in Wirklichkeit erfuhren, dass sie nicht mit eitlen Versprechungen zum besten gehalten worden waren. Hierin zeigt sich denn auch der Unterschied zwischen den beiden benachbarten Psalmen. Wenn das, was ich sage, jemand nicht genügt, so steht es ihm frei, eine andere Auslegung zu wählen; aber wer die Umstände alle erwägt, der wird mir, hoffe ich, gern beistimmen. –

Für die schwierige Worterklärung der Überschrift wird es genügen, auf die Darlegung zum 45. Psalm zu verweisen.

V. 2 u. 3. Du Hirte Israels usw. Ehe der Prophet Ephraim und Manasse nennt, erwähnt er zuerst Joseph. Warum diesen und nicht vielmehr Juda, wenn er nicht eigens von Israel reden wollte, dessen Macht in den Händen der Familie und Nachkommenschaft Josephs lag? Und da ihnen eigene Propheten gegeben waren, so ist auch ganz wohl anzunehmen, dass Gott, nachdem er sie mit seinen Schlägen gezüchtigt, ihnen nun ein Gebet ins Herz gab, wodurch er das Übriggebliebene mit sich vereinigte. Damit sie übrigens nicht in falschem Gottesdienst sich gefallen sollten, ruft der Prophet sie zur reinen, gesetzlichen Lehre zurück, indem er Gott anredet als „der du sitzt über Cherubim“. Der Gnadenstuhl war ein Unterpfand der Gegenwart Gottes. Der Herr hatte verheißen, er wolle daselbst den Seinen nahe sein und von da aus ihre Bitten erhören. Und diese von Gott selbst vorgezeichnete Weise zu ändern, stand menschlichem Gutdünken nicht zu. So werden denn die Israeliten gemahnt und angewiesen, zur anfänglichen Lehre zurückzukehren, damit Gott sich in seiner Gnade von ihnen finden lasse. Übrigens wird durch diese Bezeichnung („sitzend über Cherubim“) die wunderbare Liebe Gottes gegen die Menschen ausgedrückt, nach der er sich gewissermaßen einschränkt, zu ihnen herabsteigt und sich einen Sitz auf Erden erwählt, um da inmitten der Seinen zu wohnen. Er sitzt freilich nicht eigentlich dort, wie denn der, den aller Himmel Himmel nicht fassen, auch von keinem Ort umschlossen wird; aber mit Rücksicht auf die Menschen wird er zwischen den zwei Cherubim sitzend vorgestellt, damit die Gläubigen nicht, in der Meinung, er sei fern von ihnen, sich vom Zutritt abschrecken lassen. Dabei ist festzuhalten, dass, wie gesagt, den Israeliten die gesetzliche Regel für das Beten vorgehalten wird, damit sie nicht in Dan und Bethel einen selbstverfertigten Gott anriefen, sondern dem Aberglauben den Abschied gäben, sich vom Lichte des rechten Glaubens erleuchten ließen und dem Worte Gottes folgten.

V. 4. Gott, tröste uns, das heißt: Stelle uns wieder her. Die Gläubigen haben im vorigen Vers gebeten, Gott solle seine Gewalt vor Ephraim und Manasse aufrichten; nun klagen sie, dass sie darnieder geworfen seien, bis Gott zu Hilfe komme und den unglückseligen Riss heile. Manche fassen das Wort „tröste“ anders aus, nämlich so, dass die Gläubigen von Gott den Geist der Wiedergeburt erbäten. Das ist aber zu spitzfindig, und wir bleiben lieber bei jener ersten Deutung, dass die Gläubigen in ihrer Trübsal ihre Zuflucht zu Gott nehmen, dessen Vorrecht es ist, den Toten das Leben wiederzugeben. Wie sie denn nun bekennen, dass alle Übel daher kämen, dass Gott im Zorn sein Angesicht verborgen habe, so erwarten sie hinwiederum das volle Heil einzig und allein von Gottes Gunst. Das, sagen sie, wird uns eine wahre Auferstehung sein, wenn nur dein Antlitz uns leuchtet, womit sie andeuten, sie würden glücklich sein, und es würde ihnen alles vonstattengehen, wenn nur Gott ihnen günstig und wohlgewogen sei.

V. 5. Herr, Gott Zebaoth. Da Gott aus freien Stücken verheißt und so oft versichert, dass die Bitten der Seinen nicht vergeblich sein sollen, so ist es auffallend, dass die Heiligen nicht erwidern, er sei gegen sie unversöhnlich, so oft sie auch zu ihm ihre Zuflucht nähmen. Denn sie klagen nicht nur, dass sie nicht erhört werden, sondern dass er sogar „seinen Zorn rauchen lasse“, wenn er angerufen werde, gerade als ob er ganz absichtlich dieses ihr frommes Tun verschmähe. Wo bleibt also jene Verheißung (Jes. 65, 24): „Ehe sie rufen, will ich sie erhören“? Allein, weil Gott durch Aufschieben seiner Hilfe die Seinen in der Geduld übt, so sagt der Prophet, wobei er allerdings in fleischlicher Weise redet, er sei taub gegen die Bitten. Nicht als ob nun die Bittenden in solcher Meinung verharren sollten (damit würden sie sich ja den Weg zu ihm versperren), sondern, obschon es ihnen anstände, gegen ihre Stimmung durch den Geist des Glaubens anzukämpfen und so zum Himmel zu dringen, wo sie das verborgene Heil erblicken würden, so gestattet Gott doch, dass sie zur Erleichterung ihres Gemüts ihre Sorgen, Befürchtungen, Schmerzen und Ängste aussprechen. Es scheint übrigens, als ob eine unausgesprochene Beziehung bestehe zwischen dem Rauch des Zornes Gottes und dem Räucherwerk, das bei den Opfern nach dem Gesetz angewendet wurde. Während nämlich das letztere dazu diente, den Himmel zu reinigen, klagen die Gläubigen, dass vielmehr der entgegenströmende Zornesrauch Finsternis darüber decke, so dass ihre Seufzer nicht zu Gott dringen.

V. 6 bis 8. Du speist sie mit Tränenbrot usw. Mit diesen Ausdrücken schildern die Gläubigen die Größe ihres Schmerzes und auch die lange Dauer ihres Ungemachs. Sie wollen damit sagen, sie seien vor Traurigkeit erschöpft bis zum äußersten Überdruss.

Dann fügen sie hinzu (V. 7): Du setzt uns unseren Nachbarn zum Zank. Das kann in zweierlei Sinn gedeutet werden, entweder so, dass die Nachbarn mit ihnen stritten, oder so, dass dieselben als Sieger sich untereinander um die Beute stritten, indem jeder sie an sich reißen möchte. Doch scheint mir die erstere Deutung besser zu passen. Die Gläubigen klagen also, die Nachbarn seien lauter Feinde geworden, während doch sonst die Nachbarschaft gerade ein Band gegenseitigen Wohlwollens bilden sollte. Dasselbe will das zweite Glied des Verses besagen: und unsere Feinde spotten unser, d. h. sie machen sich über unser Unglück in Spott und Witzreden lustig. Übrigens führen die Gläubigen, um sich zur Buße zu reizen, das alles auf das Urteil Gottes zurück, der ja die Herzen der Menschen lenken kann. Da aber uns heutzutage das Gewissen dieselbe Schuld vorwirft, so ist es nicht zu verwundern, wenn auch unsere Lage um nichts besser ist. Indem aber der heilige Geist das vorliegende Gebet Leuten in den Mund legt, die am Rand der Verzweiflung waren, so wird uns dadurch Hoffnung und Freimut eingeflößt, dass unsere Sünden uns nicht am Gebete hindern dürfen.

Die Wiederholung dessen (V. 8), was vorhin schon gesagt war (V. 4), soll ohne Zweifel überwinden helfen, was das Gebet hindern wollte. Denn Gott wollte die Seinen nicht zum geistlosen Plappern anleiten; sondern damit sie unter dem Druck des Ungemachs nichtsdestoweniger sich kühn emporrichten, so wird ihnen diese Glaubensstütze wiederholt dargeboten, wie sie denn auch im dritten Abschnitt des Psalms sich nochmals findet.

V. 9 bis 12. Du hast einen Weinstock usw. Unter dem Gleichnis des Weinstocks preist der Prophet die außerordentliche Gnadenerweisung, deren Gott sein erlöstes Volk würdigte; das trägt nichtwenig bei zur Hoffnung auf Erhörung. Denn wer von uns wagt es, freudig vor Gottes Antlitz zu treten, wenn Gott nicht selber uns zuvorkommt? Er lädt uns aber dazu ein, sowohl durch Wohltaten als durch sein Wort. Und eben dazu wird ihm nun seine Güte vorgehalten, damit er das angefangene Werk seiner Hände nicht im Stiche lasse. Während aber Gottes Wohltaten allein, ohne sein Wort, bei uns unbeachtet blieben, so dient es in besonders wirksamer Weise zur Erweckung unseres Herzens, wenn das Zeugnis im Wort zur Erfahrung hinzukommt. Und die hier erwähnte Erlösung war in die Form eines Bündnisses gekleidet, welches Gott 400 Jahre zuvor dem Abraham gestiftet hatte. Der Gedanke des Psalmisten ist nun kurz der: es wäre Gottes unwürdig, wollte er den mit eigener Hand gepflanzten und sorgfältig gepflegten Weinstock von wilden Tieren zerreißen lassen. Denn der Bund Gottes galt nicht nur für eine kurze Zeit, sondern Gott hatte die Kinder Abrahams zu seinen Kindern angenommen, um sie immerdar zu schützen. Mit der Bezeichnung des Volks als Weinstock deutet der Prophet an, wie wert es vor Gott geachtet war, indem er es nicht nur als teuren Erbschatz betrachten wollte, sondern es besonderer Ehre würdigte, wie ein Weinberg die sonstigen Besitztümer an Wert überragt.

Wenn es weiter (V. 10) heißt: Du hast vor ihm gesäubert, so ist damit das vorhin Gesagte mit bildlichem Ausdruck wiederholt, nämlich dass die Heiden ausgetrieben wurden und dem erwählten Volke Gottes das Feld räumen mussten. Vielleicht wird aber auch an das fortwährende Umgraben erinnert, dessen der Weinstock zu seiner Reinigung bedarf, damit er nicht entarte. Das hieße dann in der Anwendung: Gott hat an seinem Volk das Amt des Weingärtners verwaltet, indem er, nachdem es gepflanzt war, nicht aufhörte, auf seine Pflege und Bewahrung Mühe zu verwenden. Die unmittelbar folgenden Worte: Du hast ihn lassen einwurzeln braucht man nämlich nicht im Sinne der ersten Anpflanzung aufzufassen. Sie bedeuten auch das weitere Ausbreiten, was ebenfalls zur Pflege des Weinstocks gehört.

Und so wurden (V. 11) die Berge mit seinem Schatten bedeckt, indem das ganze Gebiet trotz seiner gebirgigen Gestalt mit Bewohnern angefüllt wurde; so sehr vermehrte sich das Volk. Die Rebschosse vergleicht der Psalmist mit den „Zedern Gottes“, d. h. mit Zedern von der herrlichsten, ausgezeichnetsten Art, womit der Segen Gottes noch mehr gepriesen wird.

Vom (V. 12) Meer und vom Strom, nämlich Euphrat, ist bekannt, dass Gott sie zu Grenzen des verheißenen Erbteils bestimmt hatte.

V. 13 u. 14. Warum hast du denn seinen Zaun zerbrochen? Dies ist noch in Anwendung desselben Gleichnisses gesprochen, indem es nichts Ungereimteres gibt, als dass Gott den von ihm selbst gepflanzten Weinstock der Ausrottung durch wilde Tiere preisgibt. Gott droht dies zwar öfter durch die Propheten an, jedoch nur um des Volkes Undank desto abschreckender darzustellen, der jene ungeheuer schwere Strafe nötig machte. Daneben werden nicht ohne Grund die Gläubigen geheißen, aus der so großartigen Gütigkeit Gottes Vertrauen zu schöpfen, damit sie selbst zu der Zeit, da das Volk ausgerottet würde, wenigstens die Hoffnung hätten, Gott werde für sie sorgen, da er ja das Werk seiner Hände nie verlässt. Wenn nämlich auch das Volk durch Schuld seines unverbesserlichen Starrsinns bis auf den Punkt völliger Verwüstung geriet, so bewahrte doch Gott einige wenige Schößlinge und stellte hernach den Weinstock wieder her. Doch wird diese Bitte dem ganzen Volk empfohlen, damit es dadurch der schrecklichen Zertrennung vorbeuge. Da übrigens nur ganz wenige sich zur wahren Beugung vor Gott bringen ließen, so genügte es, wenn nur sie dem Untergang entrissen wurden, damit hernach ein neuer Weinstock erstünde. Zur Hervorhebung des schmählichen Tatbestandes dient weiter die Gegenüberstellung Gottes als des Weingärtners einerseits und anderseits aller Vorübergehenden nicht nur, sondern selbst der Wildschweine und anderer wilder Tiere.

V. 15 u. 16. Gott Zebaoth, wende dich doch usw. Mit diesen Worten will der Prophet zeigen, dass Gott wohl eine Zeitlang sein Angesicht verbirgt, ja sich so stellt, als ob er seinem Volk entfremdet wäre, dass man aber der Anfechtung trotzdem nicht nachgeben solle. Denn wenn man nur mit bestimmter Hoffnung auf Erhörung betet, so nimmt er die, die er zu verwerfen schien, wieder zu Gnaden an. Wenn es nun auch dem Volke zu sehr hoher Würde gereichte, dass es als ein Weinberg Gottes betrachtet wurde, und die Gläubigen, um Gott mit sich zu versöhnen, sich eben darauf berufen, so bringen sie doch damit nichts bei, was sie in sich selbst besäßen, sondern bitten nur, Gott wolle nicht mitten im Erweisen seiner Freundlichkeit innehalten. Das „vom Himmel“ ist ohne Zweifel zu dem Zweck eingefügt, damit die Gläubigen nicht zaudern sollen, ihre Glaubenshände weit auszustrecken, indem Gott, von dem sie gewichen, weit von ihnen getrennt ist; sodann sollen sie, wenn sich auf Erden keine Möglichkeit der Rettung zeigt, zum Himmel aufsehen.

V. 17. Vom Feuer verzehrt. Der Psalmist bezeichnet nun noch deutlicher die Schäden des Volkes. Er hat gesagt, der Weinstock Gottes sei dem Zerrissenwerden durch wilde Tiere ausgesetzt gewesen. Bei weitem härter aber ist nun, dass derselbe vom Feuer verzehrt wird, dass er entwurzelt wird und zu Grunde geht. Ob aber die Israeliten auch treulos von der Frömmigkeit abgefallen waren, - sie waren doch, wie schon gesagt, noch immer ein Teil der Gemeinde. Durch ihr trauriges Beispiel werden wir also daran gemahnt, welch strenge Strafe unsere Undankbarkeit wert ist, besonders wenn noch der Trotz hinzukommt und bewirkt, dass Gott auch mit Drohen und Schelten nichts bei uns ausrichtet. Zugleich wollen wir aber daraus lernen, auch mitten unter den Flammen des göttlichen Zornes unsere Schmerzen vor Gott auszuschütten, der auf wunderbare Weise seine untergehende Gemeinde wiederaufrichtet. Er wäre zwar bereit, nicht nur in seiner Gunst gegen uns beständig fortzufahren, sondern uns sogar je mehr und mehr reich zu machen, wenn dem nicht unser verkehrtes Wesen hindernd im Wege stände; weil es aber nicht anders möglich ist, als dass er über so viele Übeltaten zürnt, so ist es ein Beweis unschätzbarer Milde, wenn er das von uns entzündete Zornesfeuer auslöscht und von der Gemeinde einen Teil übrigbleiben lässt oder, genauer gesagt, noch aus der Asche ein Volk erweckt, das seinen Namen anruft. Abermals stellt nun der Prophet fest, dass die Gemeinde nicht durch feindliche Gewalt und Waffen, sondern durch das Schelten Gottes untergegangen sei. Denn es besteht nie Hoffnung auf Milderung der Strafen, wenn wir nicht der aufrichtigen Überzeugung sind, dass dieselben von Gottes Hand uns verdientermaßen zugefügt werden. Und ein Zeichen wiederkehrender Besinnung war es, auf die Hand dessen, der schlug, zu blicken, wie es anderswo heißt (Jes. 9, 13).

V. 18 bis 20. Deine Hand sei über dem Mann usw. Die vorhin unter dem Bilde des Weinstocks vorgebrachte Bitte wird hier mit einfachen Worten wiederholt, nämlich Gott wolle mit seiner Hand beschützen den „Mann deiner Rechten und den Menschensohn, den du dir festiglich erwählt hast“. Es ist aber nicht sicher festzustellen, ob hier nur vom König oder dem Volk die Rede ist. Jerobeam wurde zwar zum König gesalbt, aber er erlangte diese Würde nicht auf rechtmäßigem Wege; und keinen von seinen Nachfolgern hat Gott so bestätigt, dass nicht nach wie vor das Recht und die Gewalt des Königtums bei den Nachkommen Davids geblieben wäre. Und wie wir im 78. Psalm (V. 67) hörten, erwählte Gott den Stamm Ephraim nicht; vielmehr war nach seinem unumstößlichen Ratschluss das Zepter dem Hause Juda gegeben worden, wie wir in der Weissagung des Jakob (1. Mo. 49, 10) finden. Es war also ein gottloser Bruch, als der größere Teil des Volkes zu Jerobeam abfiel. Doch lässt sich der Knoten lösen: Wohl war der Anfang des Königreichs ein verkehrter, wie es bei Hosea (13, 11) heißt: „Ich habe euch in meinem Grimm einen König gegeben.“ Aber es wurde hernach durch Duldung bestätigt. Und die Salbung war ein Zeugnis dafür, dass Gott dem, was das Volk in verkehrtem, ungestümem Sinn getan, sein Siegel aufgedrückt habe. Das Volk Israel konnte also von seinem König sagen, er sei von Gott bestimmt und bestätigt uns so zum Schutzmittel gegen die Auflösung des Volkes den Söhnen Davids zur Seite gestellt worden. Wenn nämlich auch durch jene Trennung der einheitliche Bestand des Volkes zerfiel, so wurde ihm doch nach einem verborgenen Ratschluss Gottes jene Stütze gegeben, die es vor dem Zusammenbruch bewahren sollte. Ich denke aber bei diesen Worten gern an die ganze Gemeinde. Es ist auch so nicht unpassend, wenn der Prophet sich der Einzahl bedient. Nach Gottes Willen sollte das Volk wie ein Mann sein, weshalb auch Paulus (Gal. 3, 16) bei dem „einen Samen“ bleibt. Ismael, Esau und andere waren verschwunden, als Gott den Samen Abrahams erlöste und sammelte. So wird unter der Bezeichnung „Menschensohn“ das Volk zu verstehen sein, das Gott aufnahm mit dem Willen, dass es wie ein Mann sein solle. Da aber diese Einheit des Volkes von seinem Haupte abhängig war, so kann wohl angenommen werden, dass zugleich eine feine Hindeutung auf den König vorliegt, als der den größten Teil des Volkes zusammenhielt und vor dem völligen Sturz bewahrte. Im Übrigen stützt sich der Prophet bei dem Bestreben, Gottes Gunst zu erlangen, auch hier wieder nur auf die früheren Wohltaten Gottes. Er will sagen: Herr, weil es deine Sache ist, zu vollenden, was du begonnen, so wollest du den König, den du uns gegeben, behüten. –

Endlich (V. 19) versprechen die Gläubigen, sie wollen dem Herrn dankbar sein, wenn sie erhört werden, - und das nicht nur mit dem Lobopfer, sondern mit ihrem ganzen Leben. Denn des Herrn „Namen anrufen“ bedeutet ein Opfer der Lippen. Dass aber das ganze Leben dazu stimmen soll, erklärt der Psalmist mit den Worten: so wollen wir nicht von dir weichen. Doch kann der Zusammenhang des Verses auch so aufgefasst werden, dass es heißt: Herr, auch in unserer beklagenswerten Lage wollen wir in deinem Gehorsam bleiben, und auch bittere Leiden sollen uns nicht zum Abfall bewegen. Aber durch deine Gnade und Güte erquickt, wollen wir deinen Namen preisen.

Der letzte Vers, der hier zum dritten Male steht, ist schon genügend besprochen.

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