Calvin, Jean - Das Buch Josua – Kapitel 21.

Calvin, Jean - Das Buch Josua – Kapitel 21.

V. 1. Da traten herzu usw. Was hier erzählt wird, war schon früher geschehen. Denn die Freistädte konnten nicht eher ausgewählt werden, ehe nicht feststand, dass die betreffenden Orte den Leviten gehörten. Zudem lesen wir ja schon früher (19, 51), dass Josua und Eleasar die Austeilung des Landes vollendet hatten, was ein zutreffender Ausdruck doch nur ist, wenn auch die Leviten ihre Wohnsitze erhalten hatten. Wir werden also anzunehmen haben, dass bei der Auslosung an die zehn Stämme diejenigen Städte im Lande Kanaan zurückgenommen werden sollten, welche den Leviten gehören sollten: denn jenseits des Jordans haben sie bereits ihre Sitze erhalten. Wenn nun jetzt die Leviten kommen und den vom Herrn ihnen verheißenen Besitz dieser Städte rechtskräftig bestätigt wissen wollen, so hat man sich wahrscheinlich bis dahin nicht um sie gekümmert, - bis sie anfangen, ihre Sache zu betreiben. So geschieht es ja oft, dass Leute, die mit großer Aufmerksamkeit für sich selbst sorgen, ihre Brüder vergessen. Es war doch eigentlich schändlich, dass das Volk jetzt aufgerüttelt und energisch an Gottes Verordnungen über die Leviten erinnert werden musste. Wenn diese sich nicht gemeldet hätten, so hätten sie unter freiem Himmel lagern müssen. Doch der Fehler war aus Sorglosigkeit und Vergesslichkeit, nicht aus betrügerischer Absicht begangen worden: darum zögern die verschiedenen Stämme keinen Augenblick und geben bereitwillig her, was recht und billig war.

V. 4. Und das Los fiel usw. Die Söhne Aarons bekamen nicht ohne Absicht ihren Anteil im Stamme Juda. Gottes Ratschluss wies ihnen ihre Wohnsitze in dem für seinen Tempel erwählten Gebiete zu. Weiter wird berichtet (V. 11), dass Kaleb bereitwillig Hebron abtrat. Man könnte erwarten, dass auch Jerusalem den Leviten wäre gegeben worden, weil es später die besondere Stätte ihrer Wirksamkeit sein sollte. Doch die Frage beantwortet sich leicht. Es wurden ihnen nur Städte mittlerer Größe überwiesen, je nachdem ihre Lage günstig war. Auch war Jerusalem noch nicht sicher vor feindlichen Unternehmungen, da die Jebusiter noch dort herrschten. Es wäre übrigens auch verkehrt gewesen, die königliche Residenzstadt den Priestern zum Eigentum zu überweisen. Zudem wurde ihr frommer Eifer und ihre Treue dadurch besonders erprobt, dass sie immer mit freudiger Bereitschaft ihren Heimatsort verlassen mussten, wenn sie ihren heiligen Dienst ausübten. Jeder Priester, der seines Amtes waltete, wurde also ein Pilgrim und Fremdling. Doch wurde auf ihre Schwachheit soweit Rücksicht genommen, dass ihnen Städte in der Nähe angewiesen wurden, um beschwerliche Reisen zu dem Orte der Berufspflicht ihnen zu ersparen. – Wenn übrigens einer einzigen, nicht einmal sehr zahlreichen Levitenfamilie 13 Städte als Wohnsitze überwiesen wurden, so können wir schließen, was ich früher schon sagte (zu 19, 24), dass den übrigen Stämmen mehr Städte gehörten, als in den Verzeichnissen aufgezählt wurden.

V. 20. Den Geschlechtern der andern Kinder Kahath usw. Warum die Leviten unter alle einzelnen Stämme verteilt wurden, ist aus den Büchern Mose zu ersehen (Bd. 2, Abschnitt 90; Auslegung zu 4. Mo. 35, 1 – 8). Es sollte eine Strafe sein für des Vaters hinterlistige Grausamkeit gegen die Sichemiten (1. Mo. 49, 7 vgl. 34, 25). Doch diese Zerstreuung wurde zu einer Ehre für sie; denn jetzt waren sie gleichsam als Wächter durch das ganze Land verteilt, die das Volk bei der reinen Frömmigkeit erhalten sollten. Sie waren zwar überall Fremdlinge, genossen aber das größte Ansehen, weil sie als Gottes Wächter das Volk bewachen sollten, damit es nicht von der rechten Frömmigkeit abließe. Aus diesem Grunde wird ausführlich berichtet, wie viel Städte jeder Stamm ihnen abzutreten hatte.

V. 41. Aller Städte der Leviten usw. Der Stamm Levi war der kleinste unter allen. Darum wäre es nicht gerecht gewesen, ihm viermal so viel Städte zuzuweisen als dem Sebulon, der bei seiner viel größeren Kopfzahl mit zwölf Städten zufrieden sein sollte. Isaschar erhielt nur sechzehn, Naphtali neunzehn, Asser zweiundzwanzig Städte. Es wäre ungerecht gewesen, dem kleinsten Stamm die größte Anzahl zuzuweisen. So zeigt auch diese Erwägung mit voller Deutlichkeit, dass die Aufzählung der Städte bei den übrigen Stämmen nicht erschöpfend ist.

V. 43. Also gab der Herr usw. Sollte jemand fragen, wieso Israel so schnell (V. 44) Ruhe finden kann, so ist die Antwort leicht: die kanaanitischen Stämme waren derartig erschreckt und durch die Furcht gebrochen, dass sie nichts Besseres zu tun wussten, als durch demütige Unterwerfung sich den Frieden erkaufen. So war das Land vollständig erobert, sodass man ruhig wohnen konnte: keine Drohungen, keine Gewalttaten, keine Verschwörungen waren mehr zu befürchten. Schwieriger ist die Frage, mit welchem Recht gesagt werden kann (V. 45): es fehlte nichts an allen Gebieten, das der Herr Israel verheißen hatte. Sahen wir doch, dass noch viele Feinde unter ihnen wohnten. Gottes Meinung war, dass keiner davon hätte übrig bleiben sollen: die Kinder Israel aber trieben viele nicht aus, sondern dulden sie als Nachbarn, als hätten sie ein gemeinsames Erbteil, ja sie gehen mit ihnen Verträge ein. Wie stimmt es nun zusammen, dass Gott dem Volk den Besitz des Landes ganz so übergeben haben soll, wie er verheißen hatte, - und dass wegen der Stärke und des hartnäckigen Widerstands der Feinde ihm doch ein Teil desselben verschlossen blieb? Um diesen Schein des Widerspruchs zu heben, wird man zu unterscheiden haben, wie Gott zwar in der Erfüllung seiner Verheißungen durchaus treu, zuverlässig und klar ist, wie aber das Volk in seiner Weichlichkeit und Trägheit sich Gottes Wohltat fast aus den Händen entschlüpfen ließ. Bei jedem Krieg hätte der Sieg von vornherein gewiss sein können, - nur Israels willentliche Gleichgültigkeit war schuld daran, dass nicht alle Feinde ausgerottet wurden. So bleibt Gottes Wahrheit unangetastet: es wäre ein leichtes gewesen, alles zu erlangen, wenn Israel nur die ihm zugedachten Siege ergriffen hätte.

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