Calvin, Jean - An Farel in Neuchatel (459).

Nr. 459 (C. R. – 2268)

Calvin, Jean - An Farel in Neuchatel (459).

Farel hatte vielleicht Calvin geraten, sein Werk, Zusammenstellung der drei ersten Evangelien (Evangelien-Harmonie). dem Berner Rat zu widmen; doch war Calvin bereits entschlossen, es dem Frankfurter Rat zu dedizieren (vgl. 456). Weggelassen eine kurze Notiz über Wirren in der Kirche von Montbeliard.

Ein übel aufgenommener Rat.

Ich war sehr verwundert, bester Bruder, als mir des Gallars deinen Rat brachte, mein mit größtem Fleiß ausgearbeitetes Werk dem Rüssel der Schweine vorzuwerfen, damit sie es schändlich und schmählich zersetzen könnten, zu meinem bittern Schmerz und zum Hohn und Spottgelächter der Leute, die jetzt schon alle Tage ihre Späße an uns auslassen ohne allen Grund. Ist dir je meine Art so knechtisch erschienen, dass ich freiwillig ihrem Übermut angenehme Ergötzung bereiten soll? Aber sieh, was du erreichst! Ich möchte lieber, ich verlöre mein Leben, als dass die christliche Kirche diese Frucht meiner Arbeit verlöre. Doch wenn eins von beiden sein müsste, so würfe ich doch noch lieber mit eigner Hand ins Feuer, was ich mit größter Sorgfalt ausgearbeitet habe, als dass ich täte, was du mir vorschreibst. Es war gut, dass die Sache bereits entschieden war, als dein Brief kam. Doch ich will das nicht als Entschuldigung brauchen, denn besser ists, offen zu gestehen, was ich finde: Lieber wollte ich mir Zunge und Hand abhauen lassen, als dass ich mich dazu bewegen ließe, das zu diktieren oder zu schreiben, was du mir als deinen Wunsch kund tust, wenigstens solange die Verhältnisse nicht ganz andere geworden sind. Es ist hart genug, dass ich von jenen Leuten so übermütig und grausam geplagt werde; ich brauche mir nicht noch neuen Schimpf aufzuladen. Ich machte mich damit ja vor den Bösen lächerlich und bei den Gutgesinnten anrüchig. Auch wenn mein Herz nicht jetzt schon Ärger genüg hätte, was hülfe es, mich mit einer undankbaren und lästigen Aufgabe an Leute hinzudrängen, die davon gar nichts wollen. Könnte ich doch in Zukunft von solchen Nöten frei sein; es könnte ja sein, wenn ich nichts mehr schriebe! - -

- Lebwohl, bester, trefflichster Bruder. Der Herr sei stets mit dir, er leite und behüte dich. Meine Kollegen und Freunde lassen dich ehrerbietig grüßen. Walte meinerseits bei den Brüdern, dem Statthalter und den übrigen dieses Amtes.

Genf, 12. August 1555.
Dein
Johannes Calvin.

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