Arnold, Gottfried - War der Kaiser Konstantin ein Christ?

Arnold, Gottfried - War der Kaiser Konstantin ein Christ?

(Beantwortet von Gottfried Arnold in seiner 1689 erschienenen „Kirchen- und Ketzergeschichte“1) )

Ueber den Regierungsantritt des Kaisers Konstantin hat man die Fabel aufgebracht, ein Engel habe seinem Vater, dem römischen Teilkaiser Konstantius, befohlen, diesem Sohn die Herrschaft anzuvertrauen. Das ist aber ebensowenig glaubwürdig, als wenn andere erzählen, Konstantin sei von seinem Vater unter Zustimmung des römischen Volkes und Senats zum Kaiser gewählt worden. Die Sache war vielmehr die, daß Konstantin beim Begräbnis seines Vaters vom Heere zum Herrscher ausgerufen wurde. Er hatte es eben verstanden, sich die Herzen der Soldaten durch große Freigebigkeit zu gewinnen, und mit dem gleichen Mittel hat er sich auch später die Soldateska geneigt zu halten gewußt.

Das Konstantin zur Regierung kam und der Nachfolger seines Vaters wurde, ist allerdings deshalb merkwürdig, weil er ein unehelicher Sohn war und somit den legitimen Kindern vorgezogen wurde. Seine Mutter, die unter dem Namen Helena bekannt ist, soll die Tochter eines Wirtes gewesen sein, die Konstantius auf seiner Reise zu Drepano kennen gelernt hatte; einige behaupten sogar, sie sei eine öffentliche Dirne bei jenem Wirte gewesen. Seiner Mutter zu Ehren hat Konstantin ihren Geburtsort später Helenopolis genannt. Ueber die Art und Weise, wie Helena die Mutter Konstantins wurde, haben seine Verehrer viele Fabeln berichtet; jedenfalls ist es ganz erlogen, wenn sie sagen, Helena sei eine britische Königstochter gewesen. Sie hat mit Britannien nichts zu tun, während Konstantin allerdings der Feldherr der britischen Legionen war und von dort zur kaiserlichen Würde kam.

Auch über die Bekehrung Konstantins zum Christentum ist viel Fabelhaftes berichtet worden. Alle diejenigen, die wissen, was echtes Christentum ist, müssen zugeben, daß er eher ein Versucher und Betrüger gewesen ist als ein rechter Christ. So schreibt ein Schriftsteller: „Konstantin ist in die Kirche eingegangen nicht als ein wahrer und völliger Christ, was freilich zu wünschen gewesen wäre, sondern er hat mit sich hinein gebracht den hohen Stand, Ehre, Waffen, Triumph, Hochmut und Pracht; er ist in Begleitung des Satan in das Haus Christi eingegangen und hat wider alle Möglichkeit zwei Reiche vereinigen wollen, das Reich Gottes und das Reich des Teufels.“ Und ein anderer Schriftsteller bekennt: „Die Welt mit ihren Wollüsten, ihrem Hochmut und Geiz ist von Konstantin mit Gewalt in die Kirche gebracht worden!“ - „Aller Übermut und alle Üppigkeit hat von da an unter den Christen überhand genommen, daß hernach keine Worte mehr halfen!“ So gewiß diese und andere Urteile wahr sind, so gewiß ist es, daß Konstantin aus politischer Klugheit die Partei der Christen ergriff und das schon, bevor er Kaiser war, aber nur zu dem Zweck, damit er desto leichter die Herrschaft gewinnen könne. So haben auch seine anfänglichen Mitregenten Maxentius und Licinius sich als Christen gestellt, obschon sie nichts weniger waren als dies.

Was verschiedene Schriftsteller von einer Bekehrung und Taufe Konstantins zu berichten wissen, ist ganz fabelhaft, so besonders jener Bericht, er habe den Aussatz gehabt, sei von dem römischen Bischof ganz wunderbar davon geheilt und dadurch bekehrt worden. - Auch von seiner Mutter Helena werden viele Fabeln erzählt, auch sie soll durch diesen Bischof Sylvester bekehrt und getauft worden sein, was aber jedenfalls nicht zutrifft; selbst Eusebius, der große Lobredner des Kaisers, gibt zu, daß sie sich erst im hohen Alter als Christin bekannt habe. Außerdem berichtet Eusebius, daß sie vorher ein grundböses Weib gewesen sei und daß ihr Sohn sich gerade deshalb über ihre Bekehrung so sehr gefreut habe, so daß er ihr den Titel einer Kaiserin verlieh und ihr gestattete, die kaiserlichen Einkünfte nach Belieben zu gebrauchen; das soll sie denn auch wacker getan und herrlich gelebt haben. Ihr Christentum hat sie hauptsächlich dadurch bewiesen, daß sie mit großen Kosten zwei Kirchen erbaut hat. Daß sie das Kreuz wiedergefunden hat - die Kreuzerfindung ist ja bis heute ein Fest in der katholischen Kirche - ist eine Fabel, von der erst die späteren Schriftsteller viel zu reden wissen.

Die Mutmaßung, daß Konstantin sein Christentum von den Eltern überkommen habe, ist somit wenig stichhaltig, auch die anderweitigen Vermutungen halten die Probe nicht aus. Einige haben gesagt, er sei aus Haß gegen seine Nebenkaiser, den Maxentius und die andern, zu den Christen übergegangen, aber dann würde eben daraus hervorgehen, daß schon diese Gründe sein Christentum sehr verdächtig machen. Der Geschichtsschreiber Eusebius, der sein Leben beschrieben hat, allerdings mehr im Sinne der Lobrede als der Geschichte, will von ihm berichten, er hätte lange geschwankt, welche Religion er annehmen wolle, da habe der bekannte Bischof Sylvester in seiner Gegenwart einen Ochsen durch ein bloßes Wort umgebracht und wieder lebendig gemacht, und das soll ihn zur Entscheidung gebracht haben. Jedenfalls erzählen einige alte Schriftsteller diese lächerliche Fabel. Eusebius erzählt sie zwar nicht, sondern behauptet Konstantin sei der Religion seines Vaters gefolgt, was sicherlich nicht der Wahrheit entspricht. Allgemein bekannt ist die alte Erzählung, Konstantin habe vor der Schlacht gegen seinen Hauptnebenbuhler Maxentius ein Kreuz am Himmel gesehen mit den Worten: „In diesem Zeichen siege!“ Diese Erzählung ist jedenfalls deshalb verdächtig, weil Eusebius sie in seiner Kirchengeschichte zunächst nicht berichtet. Er sagt nur, daß Konstantin in der Schlacht wider Maxentius zu Gott und Christo um Hülfe gerufen und nach dem Sieg das Zeichen des Kreuzes in sein Feldzeichen gesetzt habe. Auch ist längst anerkannt, daß das sogenannte Labarum, d.h. das Feldzeichen des Kaisers mit dem bekannten Monogramm Christi auch den Anbetern des Sonnengottes als Symbol ihres Glaubens dienen konnte. Es wäre also dieses Zeichen ein sehr zweideutiges Zeichen gewesen. In seiner Kirchengeschichte erzählt Eusebius nichts von der Erscheinung des Kreuzes am Himmel, wohl aber in seinem späteren Werk, in seiner Lebensbeschreibung des Konstantin, wo er berichtet: „Der Kaiser und die ganze Armee habe am hellen Mittag über der Sonne ein helles Kreuz mit jener bekannten Inschrift gesehen.“ Einige berichten, Engel hätten beim Kaiser gestanden und jene Worte ausgerufen, andere sagen, man hätte sie am Himmel lesen können. Wieder andere Berichte stellen die Sache noch anders dar, und dieser Kreuzstandarte ist ein Haufen Wunder zugedichtet worden. Eusebius erzählt, er habe sich die Sache vom Kaiser selber erzählen und sogar mit einem Eidschwur bekräftigen lassen. Wie sich die Sache mit diesem berühmten Gesicht immer verhalten mag, uns scheint gewiß, daß ganz andere Ursachen diesen Mann zu den Christen hin getrieben haben, und zwar hauptsächlich die Politik.

Sehr merkwürdig ist das Zugeständnis der bedeutendsten Historiker, daß Konstantin erst am Ende seines Lebens ein Katechumene geworden sei. Viele ziehen es in Zweifel, daß er überhaupt je getauft worden sei; doch ist es wohl als Tatsache anzusehen, daß er sich auf dem Sterbebett hat taufen lassen. Jedenfalls läßt das alles auf sein Christentum wenig günstige Schlüsse ziehen, Wenn wir dazu nehmen, daß aus seinen sonstigen Handlungen viel heidnisches Wesen hervorblickt, so werden wir die Mutmaßung nicht zurückweisen können, soviel auch seine Lobredner an ihm rühmen, daß er das Christentum nur aus politischer Ursache begünstigte, ohne von Herzen ein Christ zu sein. Vielleicht hatte er auch, besonders in den Anfangszeiten, dem Christentum nicht die Herrschaft, sondern nur Freiheit geben wollen, ohne das Heidentum als solches abzuschaffen. (Hätte er es so gemacht, hätte er nach unserer Meinung am besten gehandelt.) Was Eusebius von dem Christentum des Konstantin zu rühmen weiß, das sind meist solche Dinge, die noch lange keinen rechtschaffenen Christen nach dem Muster der ersten Zeit ausmachen. So z.B. rühmt jener Historiker es sehr, daß Konstantin sich oft mit dem Kreuze gezeichnet habe, daß er das Zeichen des Kreuzes auf seine Standarte gesetzt, daß er sich habe malen lassen mit dem Kreuz auf dem Haupt und dem Kreuz unter den Füßen; ebenso rühmt er, daß er in Jerusalem die Grabeskirche mit großen Kosten und Pracht habe aufführen lassen. Aber das alles ist doch kein Beweis dafür, daß er selbst ein wirklicher Christ gewesen ist. Und wenn Eusebius unter anderem an ihn herausstreicht, daß er sehr bescheiden gewesen und kein Lob hätte vertragen können, so berichten andere das gerade Gegenteil von ihm, und er selber, Eusebius, hat in seiner Lebensbeschreibung des Kaisers demselben jedenfalls mehr Lobhudeleien ausgesprochen als gut war. Die Bischöfe haben jedenfalls auch nicht umsonst ihm allerhand Ehrentitel und Würden beigelegt, so z.B. wenn sie ihn bald einen „Apostel“, bald einen „Boten Gottes“, bald einen „Gesandten des Himmels“ nannten. Ja, sie nannten ihn sogar einen „Bischof der Kirche“ und gaben ihm den Ehrentitel „religionis et fidei auctor“ d.h. „Allezeit Mehrer des Glaubens und der Religion“. Es ist nichts anderes als die Sucht nach irdischen Dingen, nach Ehren und Gold, die die Bischöfe so reden ließ, und Konstantin kannte seine Leute und wußte die Klerisei durch Freigebigkeit sich zum Freunde zu machen. Ganz schweigen muß man von den erlogenen Schenkungen und Privilegien, die Bischöfe und Kirchen von ihm erhalten haben wollen.

Es ist zwar nicht zu leugnen, daß Konstantin dem Christentum äußerliche Rechte gab, die es bisher im Zeitalter der Verfolgung nicht besaß. Er bewirkte, daß die Verfolgungen aufhörten; die Vertriebenen sollten wieder nach Hause kommen, die als Sklaven Verkauften und in die Bergwerke Geschickten sollten frei und ledig sein; die geraubten Güter, Häuser, Äcker und anderer Besitz sollte wieder zurückgegeben werden. Die christlichen Lehrer sollten von allen Beschwerungen, auch von Zoll und Steuern frei sein. Es sollte jeder die Macht haben, Kirchen zu bauen und Kapitalien dazu zu stiften, Legate zu vermachen etc. Dies alles wäre ja für die Christen ein großer Vorteil gewesen, wenn nur auch Konstantin selbst seiner Persönlichkeit nach dem christlichen Geist und Wesen entsprochen hätte. Neben manchen bösen Anschuldigungen, z.B. daß er verschwenderisch in Pracht und Üppigkeit gelebt, das Volk aber gedrückt und ausgesogen habe, ist es der dunkelste Flecken an ihm, daß er sich mit dem Blute nicht nur seiner Feinde und Gegner, sondern auch seiner Verwandten befleckt habe. Seinen einstigen Nebenbuhler und Schwager Licinius, den er nach Thessalonich in die Verbannung geschickt hatte, ließ er dort umbringen, entgegen eines seiner Gemahlin gegebenen eidlichen Versprechens. Die Behauptungen, Licinius habe aufs Neue nach der Kaiserkrone getrachtet, sind nicht erwiesen, und muß Konstantin sich den Vorwurf des Eidbruchs und des Mordes an seinem Verwandten und einstigen Nebenbuhler gefallen lassen., Sonderbar ist dabei, daß der Kaiser alsbald nach der Ermordung des Licinius nach Nicäa zu dem berühmten Konzil ging, wo man über die Kirche Christi entscheiden wollte (325). Ebenso hat Konstantin den Sohn seiner Schwester, Licinius den Jüngeren, umbringen lassen, und was das Schlimmste ist, seinen eigenen Sohn Crispus, einen löblichen jungen Mann, den er schon zum Cäsar hatte erklären lassen, ließ er ebenfalls um's Leben bringen und zwar aus folgender Ursache: Konstantin hatte zwei Weiber, die Minervina und die Fausta, wovon die erstere bei etlichen Schriftstellern als seine Concubine bezeichnet wird. Crispus war der Sohn der ersteren, und nun kam am Hofe die Rede auf, als unterhalte jener mit seiner Stiefmutter, der Fausta, sträfliche Beziehungen. Dem Kaiser kam das zu Ohren, und so ließ er seinen Sohn zu Pola in Istrien durch Gift heimlich aus der Welt schaffen. Diese Tat aber verdroß die alte Helena, seine Mutter, so sehr, daß sie ihrem Sohn fortwährend mit Schelten und Weinen in den Ohren lag, bis er die greuliche Tat der Ermordung des Crispus, mit einer noch greulicheren wieder gut machen wollte. Er erklärte den umgebrachten Sohn für unschuldig und ließ die Fausta auf grausame Weise umbringen, indem er sie im heißen Badewasser ersticken ließ. Es werden diese Vorgänge von Eusebius und seinesgleichen zwar mit Fleiß verschwiegen, und einige behaupten sogar, es seien heidnische Verleumdungen, aber die Sache läßt sich doch wohl nicht aus der Welt schaffen. Ein Schriftsteller Josimus erzählt, daß der Kaiser noch eine dritte Gemahlin wegen Ehebruchs habe hinrichten lassen, doch läßt sich das nicht genug beweisen. Die meisten Gelehrten gestehen gerne zu, daß man ihn von heidnischem Blutdurst und von böser Tyrannei nicht lossprechen könne. Eigentümlich berührt ein Bericht, den nicht allein der schon erwähnte Josimus, sondern auch andere griechische Schriftsteller bringen und der so lautet: Konstantin habe über seine Morde und andere Sünden ein sehr unruhiges Gewissen gehabt, und so sei er zuerst zu den heidnischen Priestern gegangen, um von ihnen Trost und Mittel dagegen zu erlangen, sie aber hätten keinen Rat für ihn gewußt. Dann hätte ein Ägypter bei ihm Audienz gehabt und ihn darüber belehrt, daß die Lehre der Christen die Kraft hätte, alle Sünden wegzunehmen. Dadurch hätte sich dann der Kaiser bereden lassen und sei vom Heidentum abgetreten, habe sich sogar als Feind desselben erklärt zum großen Verdruß des römischen Volkes und Senats. - Es wird sich auf die Oberflächlichkeit und nur scheinbare Bekehrung des Konstantin wohl beziehen, was sein Neffe und Nachfolger, Julian der Abtrünnige, in spöttischer Weise einst gesagt hat: „Wer einer Schändung, eines Mordes oder anderer schrecklicher Missetaten schuldig ist, der komme nur getrost zu mir, ich will ihn ganz rein machen, sobald ich ihn mit Wasser abwaschen werde; wird er aber in diese bösen Laster noch einmal fallen, so will ich ihn noch einmal reinigen, wenn er nur wacker an die Brust und ans Haupt schlagen wird.“ Wir sehen, wie einsichtige Heiden schon damals den Mißbrauch der Taufe und der äußeren Bußübungen merkten und ihn den Christen zum Vorwurf machten, und schmerzlich ist es, daß dem Gründer des Staatskirchentums von seinen eigenen Verwandten so nachgeredet wird.

Auch mit seinen Verhältnissen zu den verschiedenen Parteien der Christen, die sich infolge der Lehrstreitigkeiten bildeten, hatte der Kaiser kein Glück. Zuerst hielt er es auf dem Konzil zu Nicäa mit den Orthodoxen, mit Athanasius und seiner Partei, später aber gewannen die Arianer und Halbarianer Einfluß auf ihn, so daß er seine Überzeugung wechselte und seine früheren Freunde von sich stieß. Die Orthodoxen sind ihm deshalb nicht sehr gewogen und Eusebius schweigt sich darüber möglichst aus. Jedenfalls haben sowohl die Anhänger der Orthodoxie wie die des Arius es gründlich zu schmecken bekommen, wie betrüglich es ist, aus einem großen Herrn einen Abgott zu machen, wenn es auch ein Kaiser ist und wenn er sich noch so gütig stellt. Auf dem Konzil zu Nicäa wußten die Orthodoxen nicht genug von seiner Rechtgläubigkeit zu rühmen, später haben sie erfahren müssen, daß er ihren Gegnern beifiel. Am meisten ärgerte es die Orthodoxen, daß sich der Kaiser auf dem Sterbebett von einem arianischen Bischof, dem Euseb von Nikomedien, taufen ließ. Manche wollen allerdings behaupten, er habe nicht gewußt, was dieser Bischof für ein Mann war, doch ist das ja unglaublich. Wie dem aber auch gewesen sein mag, sehr bedenklich war es jedenfalls und ein seinem Christentum wenig günstiges Zeichen, daß er sich erst vor seinem Ende, im 65. Jahre seines Lebens hat taufen lassen. Er hat dadurch vielen ein schlechtes Beispiel gegeben, denn viele haben es so gemacht wie er, haben die Taufe bis an den Tod verschoben, um desto freier und sicherer in den Tag hinein leben zu können, um dann, wenn es not wäre, in der Taufe auf einmal aller Sünden und Strafen los zu werden und somit in einem Sprung in den Himmel zu kommen. Die Behauptung, Konstantin habe deshalb mit der Taufe so lange gewartet, weil er sich in dem Jordanfluß habe taufen lassen wollen, ist über die Maßen abgeschmackt. Daß er freilich auf christliche Äußerlichkeiten viel gab, geht daraus hervor, daß er sich mit den Reliquien und Leichen der Heiligen, mit dem angeblichen Kreuz Christi und den Nägeln desselben ungeheuer viel Mühe gab, prächtige Kirchen zu ihren Ehren baute und was dergleichen Dinge mehr sind. Ebenso eifrig wie er in diesen Dingen war, ebenso konnte er auch in heidnischen Künsten eifrig sein. So ließ er z.B., als er die Residenz nach Konstantinopel verlegte, durch heidnische Astrologen dieser Stadt eine sogenannte Nativität stellen (d.h. also ihr Schicksal weissagen), und ähnliche Sachen ließen sich mehr von ihm berichten, die wir der Kürze halber übergehen wollen. In einem seiner Gesetze erklärt er, der Ehebruch mit einer Gasthaus-Kellnerin sei nicht strafbar, weil solche Leute ja ohnedem ein liederliches Leben führten und nicht wert wären, daß die Justiz sich um sie bemühe. Dieses alles läßt uns bei manchen Vorzügen, die man ihm nicht absprechen kann, doch nicht glauben, daß Konstantin wirklich ein Christ war. Er hat das Christentum zu politischen Zwecken benutzt, er selber stand ihm innerlich fern. So hat er auch dem Christentum nicht in wahrer Weise dienen können. er hat ihm wohl das Kreuz der Leiden und Verfolgungen abgenommen, aber er hat dadurch die Gemeinde zur weltherrschenden Kirche gemacht, und ein alter Schriftsteller sagt daher mit Recht, daß durch sein Tun in der Gemeinde Gift ausgeschüttet worden sei.

Quelle: Gärtner - Eine Wochenschrift für Gemeinde und Haus 1913

1)
Das päpstliche Rom begeht in diesem Jahre 1913 eine große Feier zu Ehren des Kaisers Konstantin, der vor 1600 Jahren durch das „Mailänder Edikt“ bekanntlich das Staats-Kirchentum schuf. Aus Anlaß des päpstlichen Jubiläums wird über diesen Kaiser auch in der weltlichen Zeitungsliteratur vielerlei geschrieben. So denken wir, wird es uns interessieren, zu vernehmen, was der bekannte Historiker und Liederdichter, dessen Name uns lieb und wert sein sollte, Gottfried Arnold, gestorben 1714, über die Person des Kaisers Konstantin geschrieben hat.
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