Wunderlich, Paul Karl August von – Die Segensfrucht der Weihnachtszeit

Wunderlich, Paul Karl August von – Die Segensfrucht der Weihnachtszeit

Predigt am Sonntag nach dem Christfest
Diakonus Wunderlich in Cannstatt.

Ev. Luk. 2, 15-20. (I. Jahrgang.)
Und da die Engel von ihnen gen Himmel fuhren, sprachen die Hirten untereinander: Lasst uns nun gehen gen Bethlehem und die Geschichte sehen, die da geschehen ist, die uns der Herr kund getan hat. Und sie kamen eilend und fanden beide, Maria und Joseph, dazu das Kind in der Krippe liegen. Da sie es aber gesehen hatten, breiteten sie das Wort aus, welches zu ihnen von diesem Kind gesagt war. Und alle, vor die es kam, wunderten sich der Rede, die ihnen die Hirten gesagt hatten; Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen. Und die Hirten kehrten wieder um, priesen und lobten Gott um alles, das sie gehört und gesehen hatten, wie denn zu ihnen gesagt war.

Die Engel sind wieder gen Himmel gefahren, die Wunderklänge aus der oberen Welt des Lichtes und des Friedens sind verstummt, die Klarheit des Herrn leuchtet nicht mehr über der Gnadenstätte auf Bethlehems Flur. Es ist wieder dunkel und still um die Hirten her auf dem einsamen Felde. Aber in ihren Herzen klingen die heiligen Töne mächtig fort, da brennt es noch wie ein heller Schein, wie eine warme Glut und bewegt all ihr Denken und Tun.

So sollte es bei uns auch sein! Wir haben wieder die fröhliche, selige, gnadenbringende Weihnachtszeit erleben, haben die Engelsbotschaft von der Geburt des Weltheilandes vernehmen dürfen reichlich, vielfältig: die Gottesdienste drängen sich ja ordentlich in diesen Wochen, fast Tag für Tag laden die Glocken ein, die frohe Kunde des Evangeliums zu hören. Man beneidet uns Württemberger vielfach draußen um die Feiertage, die wir haben. In den meisten anderen evangelischen Landeskirchen weiß man ja nichts von einem Stephanus- oder Johannes-Feiertag, so wenig wie von anderen Aposteltagen. Wir hier zu Lande dürfen länger verweilen bei der Krippe zu Bethlehem, bei dem Lobgetön der himmlischen Heerscharen und im Lichtglanz festlicher Freude, anbetend die Offenbarung der ewigen Liebe des Vaters. Um so tiefer sollte aber auch bei uns die Wirkung, um so reicher der Gewinn dieser heiligen Festzeit sein; unsere Festfeier, wenn sie nicht bloße äußere, mehr oder weniger wertlose Zeremonie ist, muss eine Segensspur inneren Wachstums zurücklassen, wie man am Baum die Jahresringe sehen und zählen kann, ja eine Segensfrucht am Baum des inwendigen Lebens, bei Jedem, der wieder diese schönen Stunden hat miterleben und mitfeiern dürfen. Welche Segensfrucht? Das wollen wir eben an dem Beispiel der Hirten in unserem Evangelium uns zeigen lassen: es wird von denselben erzählt wie sie

I. hingehen, um die Geschichte zu sehen, dann
II. das Wort ausbreiten, und
III. heimkehrend Gott um alles loben und preisen.

I.

Die frohe Botschaft: „Euch ist heute der Heiland geboren,“ war jenen Hirten auf dem Felde bei Bethlehem zu Teil geworden in einer so eindringlichen, unmittelbaren Weise, dass man meinen sollte, sie hätten sich dabei vollkommen beruhigen und der stillen Freude über das Unzweifelhafte sich hingeben können. Aber nein, sie wollen's auch sehen, um es ganz gewiss zu haben und des eigenen Anblicks, des persönlichen Genusses sich zu freuen.

So ist nun einmal des Menschen Herz und Sinn geartet. Es heißt gar oft: „Die Botschaft hör' ich wohl, allein mir fehlt der Glaube“; und ob auch ein Engel vom Himmel herab es versichern und bestätigen würde: erst mit dem Schauen schwindet aller Zweifel, kommt das fragende Herz zur Ruhe. So lassen denn jene Hirten alles liegen und stehen, und, unbekümmert um ihre Herden des Herzens Freude und Trost und Friede ist ihnen viel wichtiger unbekümmert um Nacht und Dunkel eilen sie beflügelten Schrittes hin nach Bethlehem zur Krippe, wo das Kindlein liegt.

Wollen wir sie darüber tadeln? Nein, es ist ein schöner Zug, ein nachahmungswürdiges Beispiel, dieses ihr Verlangen, das Gehörte nun auch zu sehen, den Heiland, dessen Geburt ihnen verkündet worden ist, selber zu begrüßen.

Darauf sei auch unser tiefstes Sehnen, unser ernstliches Bestreben gerichtet! Wir haben's ja fürwahr viel nötiger, als jene Hirten. Denn ob auch noch so oft und viel und ob auch von den kräftigsten Zeugen das Evangelium von der Geburt des Weltheilandes uns mag verkündigt und ausgelegt worden sein und immer wieder ausgelegt werden: so hell und eindringend, wie's den Hirten dort geschah, kann's keines Menschen Wort uns machen; und darum bleiben auch gar vielen Christen, insbesondere in unserer den Wundern und Geheimnissen der unsichtbaren Welt entfremdeten Zeit, es bleiben die Zweifel, Zweifel an der Wahrheit und Wirklichkeit dessen, was die Christtagsbotschaft erzählt. Die Wundergeschichten in den Evangelien, und so vor allem auch die Wunder, mit welchen die Geburt des Heilandes umgeben ist, betrachten sie als Märchen, als Sagen, als poetische Erfindungen der Phantasie und des dichtenden Volksgeistes; und je mehr man sich so in den Zweifel hineinzweifelt, umso mehr wird am Ende mit der wunderbaren Umhüllung und Einkleidung das Kleid lässt sich eben nicht nur so vom Leibe reißen! es wird auch der wunderbare Kern und Gehalt verflüchtigt, es wird dem Zweifler zweifelhaft, ob denn auch wirklich der Heiland der Welt, Christus, der Herr, der Sohn Gottes, geboren ist oder nicht vielmehr einfach ein hochbegabtes, reich begnadigtes Menschenkind? Was sollen wir solchen Zweiflern vielleicht sind ihrer etliche auch in unserer Mitte was sollen wir ihnen sagen? „Lasst uns nun gehen gen Bethlehem und die Geschichte sehen!“

Ja, so konnten freilich jene Hirten sagen, aber wir? Wir haben's noch viel besser und können's noch viel deutlicher sehen! Jene bekamen ja nur ein Kindlein zu schauen, klein und schwach und arm; da war keine Gestalt noch Schöne (Jes. 53, 2), nichts Ungewöhnliches, Übermenschliches, Göttliches; und doch haben ihre heilsbegierigen Herzen, eingedenk uralter Verheißung und voll von dem Eindruck der himmlischen Botschaft, dieses Anblicks sich tiefinnerlich gefreut, und so sind sie befriedigt und selig von dannen gegangen. Wir aber können und dürfen schauen den Herrn der Herrlichkeit, den Propheten, mächtig von Taten und Worten vor Gott und allem Volk, den, in welchem die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig wohnt (Kol. 2, 9), der Eins ist mit dem Vater (Joh. 10, 30), Den, der da heißt Wunderbar, Rat, Kraft, Held, Ewig-Vater, Friedefürst (Jes. 9, 6). So steht Er vor uns da in dem ganzen großen Wunder seines gottmenschlichen Lebens, in dem unergründlichen Geheimnis seines Leidens und Sterbens. So tritt Er klar heraus aus seinem Wort; wer sich mit offenem, unbefangenem, für die Wahrheit empfänglichem Sinn, ernstlich suchend und betend, vertieft in das Wort der Schrift, der sieht's, der findet's bestätigt: ja, Er ist's! Er ist gekommen, Er, auf den die Väter harrten! Das ist der Ring, in welchem die durch das ganze Alte Testament sich hinziehende Kette tausendjähriger, immer hellerer, immer bestimmterer Weissagungen von dem Ratschluss Gottes zum Heil der Sünderwelt vollendend sich abschließt. Einen solchen Heiland mussten wir haben, und ein solcher ist Er gewesen.

Und sollte dir wohl auch Manches in der Schrift noch dunkel, unbegreiflich, zweifelhaft bleiben, so schaue hin auf die sichtbaren, tatsächlichen Zeugnisse und Beweise, wie sie die ganze Geschichte der Menschheit seit Christi Geburt ablegt für die Wahrheit der Engelsbotschaft: „Euch ist heute der Heiland geboren.“ Jesus Christus hat die Menschheit umgewandelt, Er hat die alte Welt über den Haufen geworfen und eine neue Zeit des Lichtes und der Freiheit und des Friedens angebahnt; und noch heute wo wahres Heil und gesundes Leben und wirklicher Fortschritt gedeiht auf Erden, da sehen wir gewiss seines Wortes und Geistes helles Panier wehen über der sündigen Menschheit verworrenem Treiben. Wo Er nicht ist, ist Nacht und Tod. Das kannst du an dir selber spüren: geh' hin und blick' in dein Herz hinein! Wie sah es aus in dir und wie stand es mit dir, so lange der Heiland dir noch nicht geboren war, so lange du Ihn nicht kanntest, nichts von Ihm wusstest oder wolltest? Oder ist's nicht auch jetzt noch so: wenn Er, Jesus Christus, dir fremd ist oder gleichgültig wird, wenn die Herde draußen, oder der Acker und Weinberg, oder das Geschäft und die Hantierung, oder das Amt, oder das Vergnügen, oder die Sünde und das Laster dir lieber und wichtiger ist, als Er in demselben Maß und Grad kommst du auch um die innere Ruhe und Festigkeit und Freudigkeit wirst immer friedloser und unglücklicher. Je glaubensfroher du aber zu Ihm hingehst und Ihn als deinen Heiland schaust, je näher Er deinem Herzen steht, je lieber Er dir wird, je mehr du Ihn in dir herrschen, von Ihm dich leiten lässest, um so glücklicher und zufriedener bist du.

So kannst du also an dir selbst es erfahren, kannst gleichsam in dir selber es sehen, spüren, erproben, dass der, der dort in der Krippe liegt, der Heiland ist, ja du kannst Ihn schauen und fassen als deinen Heiland. Und das gibt dann eine freudige Zuversicht, eine unerschütterliche Gewissheit, eine persönliche, eigene Überzeugung von der Wahrheit der Christtagsbotschaft.

II.

Wer eine solche hat, wer den Heiland so gesehen in der Krippe zu Bethlehem, den treibt es auch, wie dort die Hirten, „das Wort auszubreiten, welches zu ihnen von diesem Kinde gesagt war.“

Den Glücklichen ist das Herz voll, darum geht ihnen der Mund über. Sie haben's nun gesehen, dass alles wirklich sich so verhält, wie die Engel verkündet, dass Gott seine Verheißung wahrhaftig erfüllt, sein Volk gnädig heimgesucht hat. Nun müssen sie auch reden und rühmen von dem, was sie erfahren, sie können's nicht verschweigen, nicht zurückhalten, die Anderen sollen auch teilhaben an ihrer Freude, an ihres Herzens seligem Geheimnis. So sind sie die ersten Prediger des Evangeliums geworden, diese einfachen Hirten zu Bethlehem; und ihr Zeugnis muss ein feuriges, kräftiges gewesen sein, denn „Alle, vor die es kam, wunderten sich der Rede, die ihnen die Hirten gesagt hatten.“

Wer von uns das Christfest recht gefeiert, eine wirkliche, lebendige, wohlgegründete Weihnachtsfreude gehabt hat, soll nun auch, aus freiem Drang und Trieb eines beglückten, dankbaren Herzens, mit immer neuem Ernst und Eifer an der Predigt des Evangeliums, an den großen Missionsaufgaben der christlichen Kirche teilnehmen; nicht bloß wir, die verordneten Prediger und Diener der Religion, deren Zeugnis und Wirken ja einen Erfolg und Segen auch nur in dem Maße haben kann, als es nicht etwa handwerksmäßig, wie ein Geschäft, betrieben wird, vielmehr hervorgeht aus des Herzens Überzeugung von der Geburt des Weltheilandes und dem warmen Gefühl der Dankbarkeit, die es drängt, die Freude darüber auch auszubreiten. Aber es wäre traurig, wenn das Kindlein von Bethlehem nicht auch noch mehr und noch andere Zeugen hätte. Wer nur immer es gesehen, wem im Herzen das Licht Jesu Christi aufgegangen ist, muss es auch ausbreiten. Treibt's ihn nicht dazu, so hat er es eben noch nicht recht geschaut, noch nicht recht erkannt und erfasst, sonst könnte sein Herz ja nicht so kalt und gleichgültig, sein Mund nicht so verschlossen bleiben. Möchte doch Der, der die Herzen lenkt und treibt mit seinem Geiste, aus solchen Festzeiten, wie wir sie jetzt wieder feiern dürfen, die frische, liebliche Frucht eines neuen Missionseifers, immer völligerer Missionstreue in unseren Gemeinden erwachsen lassen!

Wir wollen in diesen Tagen, da wir frohen Sinnes mit den Hirten im Geist dürfen zur Krippe in Bethlehem pilgern, da wir mit unseren Kindern uns freuen im Lichtglanz der Gnade, die uns erschienen ist: da wollen wir der Millionen und aber Millionen armen Heiden nicht vergessen, die noch in Finsternis und Schatten des Todes sitzen und nichts wissen von einer Erlösung aus Sünde und Not und Tod; wollen uns dazu aufs Neue verpflichten und verbinden, mitzuhelfen nach Kräften, dass es ihnen auch verkündet, dass in aller Welt die frohe Botschaft ausgebreitet werde! Und wie groß, zahllos ist auch inmitten der Christenheit die Menge derer, die in Gottentfremdung, in heidnischer Verfinsterung ihres Herzens und Geistes als Gebundene schmachten und keinen Heiland kennen! Welch entsetzliche, betrübende, erschütternde Berichte muss man hören, insbesondere aus den großen Städten, aber auch aus einfachen ländlichen Gemeinden, von leiblichem und geistlichem Elend, von dunkler Nacht der Sündennot und des Sündenfluchs, die da sich lagert, wo man von dem Erlöser nichts mehr weiß oder wissen will! Wie viel ist also auch unter uns überall noch zu tun, damit die Gnadenbotschaft vom Himmel, welche die Hirten verkündet, recht ausgebreitet werde, dass ihr Licht leuchte auch an allen finsteren Orten! Ist dir's ein aufrichtiger Ernst, dazu mitzuwirken? Ja, das sei dein Christtags dank! Und denen, die um dich her sind, kannst du es, musst du es selber erzählen. Jeder Christ hat ja in seiner Umgebung, im engeren Kreis der Familie, des Hauses, unter Kindern und Freunden und Bekannten auch einen Zeugenberuf, da ist täglich Kanzel und Altar für dich hingestellt, dass du lehrst und mahnst und erbaust, verkündigst die große Freude, die allem Volk widerfahren ist: versäume diese Gelegenheit nicht! Wie dürftig und ärmlich, wie kraft- und saftlos und geistverlassen ist oft die Unterhaltung leeres, nichtiges Geschwätz, oder Langeweile und Totenstille! Wo man das Kindlein in der Krippe gesehen hat, wo man die Freude über die Geburt des Heilandes tief und stark im Herzen trägt: wie erschließen sich da so reiche Quellen der Ergötzung und Belehrung und Erbauung aus der Schrift und aus der Geschichte des Reiches Gottes und aus den großen weltbewegenden Fragen der Zeit und aus den mancherlei in Freud' und Leid geheiligten Erfahrungen der gläubigen Seele! Zu solcher Verkündigung ist jeder, auch der einfachste Christ befähigt, so gut wie dort die Hirten in Bethlehem. Darf man nicht in der Tat manchmal gar wohltuende Beispiele davon sehen und erleben, dass die Freude an Jesu und seinem Wort, das Interesse für seines Reiches heilige Sache dem Wesen und Leben, dem Gespräch und geselligen Verkehr und häuslichen Zusammensein auch ganz einfacher, ungebildeter, ungelehrter Leute einen Gehalt und eine Bedeutung und eine Würde verleiht, wie man sie in den, dem Evangelium entfremdeten Kreisen wohl vergeblich suchen würde. Also- lasst uns hingehen und ausbreiten, das von diesem Kinde gesagt war! Aber ob dem Wirken nach außen, ob dem Zeugnis mit Worten, wollen wir das noch wichtigere und schwerere Zeugnis der Tat, ruhend auf der stillen Arbeit am eigenen Herzen, nicht vergessen noch verkürzen!

III.

„Die Hirten,“ heißt es am Schlusse unseres Evangeliums, „kehrten wieder um, priesen und lobten Gott um alles, das sie gehört und gesehen hatten, wie denn zu ihnen gesagt war.“ Sie kehren wieder zurück zu ihrer Herde, in ihren irdischen Beruf, an das Tagewerk, das ihnen befohlen ist. Aber ihr Herz ist und bleibt des Lobens und Dankens voll, sie können das Erlebte nicht vergessen, es ist nicht etwa nur eine augenblickliche Erregung, sondern eine dauernde Freude, die ihr Leben umgestaltet. Sie sind nicht mehr dieselben wie zuvor, eine neue Welt ist ihnen aufgegangen, und die Sonne, die allda leuchtet, wirft ihren hellen Glanz auf all ihr Denken, Reden und Tun.

So muss es sein! An unserem ganzen Wesen, in unserem ganzen Leben muss man die Wirkung, die Frucht spüren davon, dass wir den Heiland gesehen. Lobend und preisend sind die Engel vom Himmel herab und wieder zum Himmel emporgestiegen, lobend und preisend sind die Hirten von der Krippe weg zur Arbeit zurückgeeilt. Lob und Preis und Dank für Gottes unaussprechliche Güte und Gnade soll der Grundton auch unserer Herzen sein, die Stimmung und Gesinnung, mit welcher wir vom Festtag zum Werktag, von den lichten Höhen der Weihnachtsfreude in die Niederungen des alltäglichen Lebens, vielleicht auch, wenn's so sein soll, ins dunkle Tal der Entbehrung und der Leiden zurückkehren. In der Freudigkeit, mit der wir unseren täglichen Beruf ausrichten, in dem gewissenhaften Eifer, mit dem wir unsere Pflichten alle zu erfüllen trachten, in der demütigen, genügsamen Dankbarkeit, mit der wir alle Tage die unzählbaren Wohltaten Gottes an Leib und Seele hinnehmen, in der unerschütterlichen Geduld und Standhaftigkeit, mit der wir auch im Leiden Gott preisen, dessen gewiss, dass Der, der seines eingeborenen Sohnes nicht hat verschonet, sondern hat ihn für uns alle dahingegeben, in ihm uns alles zu schenken bereit ist in solcher Herzensstellung und Lebensführung muss es sich bewähren, dass unsere Christtagsfreude nicht bloß eine flüchtige Rührung ist, dass das Lob Gottes über all dem, was wir gesehen und gehört, nicht nur auf unseren Lippen schwebt, sondern der Seele Grund erfüllt. Insbesondere, wem etwa im Leben viel Unangenehmes, Herbes, Widerwärtiges bereitet ist wie den Hirten dort eine kümmerliche Existenz, oder ein schwerer Beruf, oder ein drückendes Hauskreuz: an der Krippe zu Bethlehem musst du lernen, auch das ins Licht der göttlichen Gnade zu stellen, und es wird dir leichter werden, alles zu tragen. Die Dankbarkeit gegen Gott, der dir einen Heiland geschenkt, wird dir Mut und Sanftmut, Kraft und Treue verleihen und vermehren; und je eifriger und geübter du wirst in solchem Lob und Preis Gottes mit der Tat und Wahrheit, um so mehr werden alle deine Sorgen schwinden, weil du sie auf Den werfen darfst, der in der Hauptsache so gut für dich gesorgt hat.

Nun, in dem Herrn Geliebte! solch reiche, schöne Frucht am Baum unserer Weihnachtsfreude können wir uns nicht selber geben. Der Geist des Herrn muss sie uns schenken. Aber wir müssen seiner Wirkung uns aufschließen in aller Einfalt des Herzens und des Geistes, gleich jenen schlichten Hirten zu Bethlehem. Und weil in unserer unruhigen, geistig erregten, geräuschvollen, vielgeschäftigen Zeit alle, auch die heiligsten Eindrücke so leicht verfliegen und so rasch verschwinden, wollen wir nur, wie von Maria in unserem Evangelium gesagt ist, das Gehörte recht zu behalten und im Herzen zu bewahren suchen. Ein in Gott gesetzter Geist und ein still Gemüt das ist die Stätte, wo die Früchte des Geistes reifen; da schwinden je länger je mehr alle Zweifel, da wächst die Freudigkeit des Zeugnisses, da wird das ganze Leben zu einem Lob und Preis Dessen, den wir haben im Glauben, bis wir einmal droben ihn, wie die Hirten, schauen dürfen von Angesicht zu Angesicht.

In solchem Sinne treten wir noch einmal zur Krippe in Bethlehem und bitten:

Dies Eine, hoff' ich, wirst du mir,
Mein Heiland, nicht versagen:
Dass ich dich möge für und für
In meinem Herzen tragen.
So lass es deine Wohnung sein,
Komm, komm und kehre bei mir ein
Mit allen deinen Freuden! Amen.

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autoren/w/wunderlich/wunderlich_1_sonntag_nach_weihnachten.txt · Zuletzt geändert: von aj
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