Quandt, Emil - Die biblische Lehre vom Heiligen Geist - 1. Die Persönlichkeit des Heiligen Geistes.
Es war am fünfzigsten Tage nach Ostern, da der Heilige Geist seinen Einzug hielt. Es springt in die Augen, das Kommen des Heiligen Geistes ist viel großartiger und majestätischer, als das Kommen des eingebornen Sohnes in die Welt. Die Stätte, die der Sohn Gottes durch sein Kommen geheiligt hat, ist Bethlehem Ephrata, die da klein war unter den Städten Judas; die Stätte, da der Heilige Geist seinen Einzug hält, ist Jerusalem, eines großen Königs Stadt. In einem Stalle wird Christus geboren, eine Krippe nimmt ihn auf, und Maria und Joseph begrüßen ihn, danach ein paar Hirten. Im Tempel zu Jerusalem erscheint der Heilige Geist; an 120 wartenden Jüngern und Jüngerinnen wird er offenbar; die Folgen seines Einzuges bekunden sich sofort an allerlei Volk, das unter dem Himmel ist. Arm und niedrig kommt der Sohn Gottes; als ein unmündiger Säugling tritt er in die Welt. Reich und prächtig kommt der Heilige Geist, geheimnisvolles Brausen wie Donnerrollen begleitet seinen Einzug; eine leuchtende Saat von Feuerflammen wie Zungen bezeichnet seinen Eintritt und ein Wunderstrom von Liebe, Glaube und Hoffnung wogt durch die Seelen derer, die ihn empfangen. Preis und Anbetung sei dem Heiligen Geiste, der vom Himmel auf die Erde gekommen ist in großer Kraft und Herrlichkeit.
Vornehme Gäste pflegen nicht unvorbereitet, nicht unangemeldet zu kommen. Herolde und Boten pflegen ihnen voranzuziehen, dass sie ihnen die Wege bereiten. Wir wissen, eine Wolke von Zeugen ging die Jahrtausende hindurch dem Sohne Gottes voran und machte ihm Bahn. Noch herrlicher als der Sohn, ist der Heilige Geist gekommen hat denn auch er seine Adventsboten gehabt, durch die seine Ankunft vorbereitet und angekündigt wurde? Ei, freilich, dieselbe Wolke von Zeugen, die dem Sohne die Wege ebnete, hat auch dem Heiligen Geiste Bahn bereitet; ja noch mehr, der Sohn selbst in den Tagen seines Fleisches ist ein Wegbereiter gewesen für den werten Heiligen Geist.
Dieselben Propheten, die da weissagten, dass Gott seine Himmel zerreißen und seinen eingebornen Sohn in die Welt senden werde, haben auch vorherverkündigt das Kommen des Heiligen Geistes. Da tut Jesaias seinen Mund auf und lässt ihn sich füllen vom Herrn, der durch ihn spricht (Jes. 44, 3. 4): „Ich will Wasser gießen auf die Durstigen und Ströme auf die Dürre; ich will meinen Geist auf deinen Samen gießen und meinen Segen auf deine Nachkommen, dass sie wachsen sollen, wie Gras, wie die Weiden an den Wasserbächen.“ Da erhebt Hesekiel seine Stimme und weissagt als im Namen seines Gottes (36, 27): „Ich will meinen Geist in euch geben und solche Leute aus euch machen, die in meinen Geboten wandeln und meine Rechte halten und danach tun.“ Vor andern aber zeugt Joel von der Ausgießung des Heiligen Geistes in zukünftigen Tagen; unter den gottgesandten Sehern des alten Bundes hat er am hellsten und gewaltigsten von dem Tage der Pfingsten zuvor geredet. Also spricht bei ihm (3, 1) der große Gott: „Und nach diesem will ich meinen Geist ausgießen über alles Fleisch, und eure Söhne und Töchter sollen weissagen; eure Ältesten sollen Träume haben, und eure Jünglinge sollen Gesichte sehen.“ Nachdem aber Gott vor Zeiten manchmal und mancherlei Weise zu den Vätern durch die Propheten geredet hat vom Kommen des Heiligen Geistes, hat er in der Fülle der Zeit durch seinen eigenen Sohn zuvor bezeugen lassen, was geschehen sollte am Tage der Pfingsten. Die Reden, die unser Herr Jesus bei seinem Abschiede im Kreise seiner Jünger gehalten hat, kommen wieder und immer wieder darauf zurück, dass es den Jüngern gut sei, dass er hingehe, denn er werde ihnen nach seinem Hingang den Heiligen Geist senden. „Ich will den Vater bitten“, sprach er, „und er wird euch einen andern Tröster senden: Der Tröster, der Heilige Geist, welchen der Vater senden wird in meinem Namen, derselbe wird euch Alles lehren und euch erinnern alles des, das ich euch gesagt habe. Wenn er, der Geist der Wahrheit kommen wird, der wird euch in alle Wahrheit leiten. - Er wird mich verklären; von dem Meinen wird er's nehmen und euch kund tun.“ An diese seine und des Vaters Verheißung vom Heiligen Geiste erinnerte der Herr seine Jünger vornehmlich wieder in den 40 Tagen der Freude; und ehe er auffuhr gen Himmel, vermahnte er sie noch einmal, dass sie nicht von Jerusalem wichen, sondern harrten auf die Kraft des Heiligen Geistes, welcher auf sie kommen werde. Die Jünger aber, eingedenk der Weissagungen des alten Bundes und der Mahnungen ihres erhöhten Meisters, warteten in Geduld und fröhlicher Hoffnung auf die verheißene Ankunft des hohen Gastes. Er aber, der längst Angemeldete, der sehnlichst Erwartete, kam, als der Tag der Pfingsten erfüllt war.
Aber wie ist dem denn? Ist der Heilige Geist denn wirklich erst zu Pfingsten gekommen? Oder war er nicht schon längst vor dem Tage der Pfingsten in der Welt? Es lässt sich ja nicht leugnen, die Heilige Schrift bezeugt, dass der Heilige Geist schon von Anbeginn her in der Welt wirksam war. Schon bei der Schöpfung schwebte der Geist Gottes über dem Gewässer. Von dem vorsintflutlichen Geschlechte klagt der Herr, dass dasselbe sich nicht mehr von seinem Geiste wolle strafen lassen. Die heiligen Seher des alten Bundes waren also vom Heiligen Geiste durchdrungen und erleuchtet, dass das Neue Testament ausdrücklich von ihnen bekennt: Sie haben geredet, getrieben vom Heiligen Geist. Ein David konnte beten: Herr, nimm deinen Heiligen Geist nicht von mir; dein guter Geist führe mich auf ebener Bahn. Nichtsdestoweniger schreibt St. Johannes im siebenten Kapitel seines Evangeliums: „Der Heilige Geist war noch nicht da; denn Jesus war noch nicht verklärt.“ Es waren ins den Tagen des alten Bundes Wirkungen des Heiligen Geistes da und vorübergehende Erweisungen, der Heilige Geist selbst kam erst zu Pfingsten; es war der Morgenglanz des Heiligen Geistes da, aber die helle Sonne ging erst zu Pfingsten auf. So war ja auch der Sohn Gottes schon im alten Testamente da in mancherlei Vorbildern und als der Engel des Herrn; aber gekommen, wahrhaft und wirklich gekommen in die Welt ist er erst, als die Zeit erfüllt war. Die Zeit des Heiligen Geistes aber war erst dann erfüllt, als Jesus verklärt war, als der Heiland das große Werk der Erlösung vollbracht und durch Auferstehung und Himmelfahrt besiegelt hatte. Da kam der Heilige Geist, um die durch Christum erworbenen Schätze des Heils den Menschen zuzueignen.
Und zwar kam er, gesendet vom Vater und vom Sohne, wie denn auch sein ewiger Ausgang vom Vater und vom Sohne ist. Der Sohn ist geboren vom Vater und vom Vater in die Welt gesandt; der Heilige Geist aber ist ausgegangen vom Vater und vom Sohne und gesendet vom Vater und vom Sohne. Die griechische Kirche hat übel daran getan, das Ausgehen des Geistes vom Sohne zu leugnen und ein ausschließliches Ausgehen desselben vom Vater zu lehren. Der Herr lehrt ausdrücklich Ev. Joh. 15, 26: „Wenn aber der Tröster kommen wird, welchen ich euch senden werde vom Vater, der Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht, der wird zeugen von mir“; und Ev. Joh. 16, 15: „Alles, was der Vater hat, das ist mein.“ So geht also der Heilige Geist vom Vater und vom Sohne aus und ist gesendet vom Vater und vom Sohne. Die abendländische Kirche aller Konfessionen hat denn auch immer schriftgemäß an der Lehre des Ausgangs des Heiligen Geistes vom Vater und vom Sohne und der Sendung desselben vom Vater und vom Sohne festgehalten; und die evangelische Christenheit singt in einem ihrer alten guten Kirchenlieder:
O heil'ger Geist, du werte Kron,
Erleuchter unsrer Sinnen,
Der du vom Vater und vom Sohn
Ausgehest ohn' Beginnen:
Du bist allmächtig und ohn' End',
Der Vater und der Sohn dich send't,
Im Glauben uns zu leiten.
Dem Vater und dem Sohne sei gleiches Lob und gleicher Preis und gleiche Ehre, dass sie den, der von ihnen beiden gleicherweise ausgehet, gleicherweise ausgegossen haben über uns reichlich, auf dass wir Erben des ewigen Lebens würden.
Der aber gekommen ist, ausgegangen und gesendet vom Vater und vom Sohne, der nach vereinzelten alttestamentlichen Erweisungen am neutestamentlichen Pfingsten gekommen ist in voller feierlicher Majestät, der gekommen ist, zuvor angemeldet durch die Propheten und durch den Sohn Gottes selbst: wer ist er denn seiner Natur und Wesenheit nach und wofür haben wir ihn zu halten?
Die Vernunft vermag aus sich selbst diese Frage nimmermehr richtig zu beantworten. Sie gerät bei selbstständiger und eigenmächtiger Beantwortung dieser Frage auf allerlei schiefe und falsche Meinungen. Schon die augsburgische Konfession verwahrt sich gegen die Ketzerei derer, die von dem Heiligen Geist Sophisterei machen und sagen, er sei eine erschaffene Regung in Kreaturen. Wir müssen uns ebenso sehr verwahren gegen die neueren vernünftig sein sollenden Darstellungen, die aus dem Heiligen Geist heilige Begeisterung der Menschen oder gar den kirchlichen Zeitgeist machen. Würdiger ist die Vorstellung derer, denen der Heilige Geist eine von Gott ausgehende, belebende und erleuchtende Kraft ist; aber auch sie trifft das Rechte von ferne nicht. Es gilt, um das Richtige zu treffen, die Vernunft gefangen zu geben unter den Gehorsam des Glaubens an das biblische Wort. Auf dem Gebiete der Erkenntnis des Heils müssen die natürlichen Vernunftbegriffe allezeit den biblischen Begriffen weichen. Die Bibel aber lehrt uns auf das Gewisseste, dass der Heilige Geist tausendmal mehr ist, als eine Regung oder gar Aufregung, tausendmal mehr als ein Gemeindegeist und auch mehr als eine bloße göttliche Kraft. Die Bibel lehrt, dass der Heilige Geist eine Persönlichkeit ist und zwar eine solche Persönlichkeit, die im Himmel und auf Erden nur noch im Vater und im Sohne ihres Gleichen hat, eine Persönlichkeit göttlicher Art.
Der Heiland in seinen Abschiedsweissagungen vom Heiligen Geiste bezeichnet ihn als den andern Tröster und seinen Stellvertreter, der da von ihm zeugen würde, gleichwie auch die Jünger von ihm zeugen würden; der da reden würde und lehren, erinnern, strafen und trösten. So kann man nicht von einer bloßen Kraft, Regung oder Stimmung sprechen, sondern nur von einer lebendigen Person. Und wenn schon früher einmal der Heiland zu seinen Jünger sagte: „Ihr seid es nicht, die da reden; sondern eures Vaters Geist ist es, der durch euch redet“; so bezeichnet er den Heiligen Geist damit deutlich als einen Redner, der desto sichtlicher hervortrete, je mehr die menschlichen Redner, die seine Werkzeuge sind, zurücktreten, also als eine des Redens mächtige und auf andre Personen einwirkende Person. Damit stimmt zusammen das Zeugnis der heiligen Apostel, die den Heiligen Geist ausdrücklich als Person von seinen Gaben und Wirkungen unterscheiden und ihm Verstand, Willen und Empfindung beilegen. „Es sind mancherlei Gaben; aber es ist ein Geist. Derselbe Geist wirkt dieses Alles und teilt einem Jeglichen Seines zu, nachdem er will. Der Geist erforscht alle Dinge. Der Geist vertritt die Gläubigen vor Gott, wenn sie nicht wissen, was sie beten sollen. Betrübt nicht den Heiligen Geist.“
Aus allen diesen und ähnlichen Schriftstellen ist sonnenklar: Der Heilige Geist wird uns in der Schrift als ein persönliches Wesen vorgeführt. Nicht eine Redensart, an eine Kraft, die nicht hören kann, gerichtet, sondern eine Bitte an eine lebendige Persönlichkeit ist es, wenn wir sagen: „Halte Rast, erwünschter Gast, in den Herzen, die verlangen, dich jetzt zu empfangen.“
Aber es genügt nicht, den Heiligen Geist überhaupt nur als irgendeine Persönlichkeit zu fassen; es gilt, ihn als unerschaffene göttliche Persönlichkeit anzuschauen. Wie der Sohn, so ist auch der Heilige Geist wahrer Gott. Dies erweist sich aus den göttlichen Namen, die die Heilige Schrift ihm beilegt, aus den göttlichen Eigenschaften und Werken, die sie von ihm aussagt, aus der göttlichen Ehre, deren Erweisung sie für ihn fordert.
Der Heilige Geist ist wahrer Gott; die Schrift nennt ihn so. Als Ananias sein Heuchelopfer darbrachte und das Geld der Lüge zu der Apostel Füßen niederlegte, sprach Petrus, erfüllt mit der Gabe der Geisterprüfung: „Anania, warum hat der Satan dein Herz erfüllt, dass du dem Heiligen Geiste logest? Du hast nicht Menschen, sondern Gott gelogen!“ Das ist das erste glänzende, auf dunklem Hintergrunde glänzende apostolische Zeugnis für die Gottheit des Heiligen Geistes; wie einst Thomas zu dem Herrn Jesu Christo sprach: Mein Herr und mein Gott!“, so nennt hier Petrus den Heiligen Geist mit klarem, sicherem Worte Gott. Und diesen hohen Gottesnamen, der über alle Namen ist, gibt dem Heiligen Geiste auch St. Paulus, wenn er an die Korinther schreibt 1 Kor. 3, 16: „Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt?“ Der Geist wohnt in ihnen; und weil der Geist in ihnen wohnt, sind sie ein Tempel, in dem Gott wohnt. Und wenn die Schrift weiter sagt, die heiligen Menschen im alten Bunde haben geredet, getrieben vom Heiligen Geist, und wiederum, dass Gott geredet habe im alten Bunde durch die Propheten; wenn sie bei Anführung von Schriftstellen wiederholt den Heiligen Geist als redend einführt und stark bezeugt, dass alle Schrift von Gott eingegeben sei: so nennt sie damit den Heiligen Geist Gott, und getrost mag die Kirche ihn auch also nennen, denn er ist es, und ihn frei anrufen: Komm, Heiliger Geist, Herre Gott!
Der Heilige Geist ist wahrer Gott. Die Eigenschaften, die die Heilige Schrift von ihm aussagt, sind nicht einer Kreatur eigen, sondern nur dem großen Gott. Was Vater Luther Hebr. 9, 14 als Heiliger Geist übersetzt hat, bedeutet zwar den Heiligen Geist, aber im Grundtext steht der ewige Geist. Kreaturen sind von gestern her, Gott allein ist ewig; ist der Heilige Geist der ewige Geist, so ist er Gott. „Der Geist erforscht alle Dinge, auch die Tiefen der Gottheit“, spricht St. Paulus 1 Kor. 2, 10. Das Wissen und Forschen der Kreatur ist Stückwerk, auch der höchste Seraph im Throne der Gottheit vermag nicht die Tiefen der Gottheit zu erkennen. Ist der Heilige Geist der allwissende Geist, so ist er Gott; denn nur Gott ist allwissend. In einem andern, dem zwölften Kapitel des ersten Korintherbriefes zählt der Apostel mancherlei Kräfte und Gaben zum Teil wunderbarer Art auf und spricht: Dies Alles wirkt derselbige einige Geist und teilt einem Jeglichen zu, nachdem er will. Ein solches allmächtiges Schalten und Walten mit Gaben und Wundern, eine solche unbeschränkte Freiheit in Austeilung von Gaben und Wundern geht weit über Kraft und Natur geschaffener Wesen. Ist der Heilige Geist der allmächtige und freie Geist, so ist er Gott; denn nur bei Gott steht die Allmacht und die Freiheit. Am häufigsten wird von ihm die Eigenschaft der Heiligkeit ausgesagt, der Heilige Geist, so wird er am häufigsten genannt; und damit geht zusammen die Bezeichnung seiner Wahrhaftigkeit, er heißt der Geist der Wahrheit. Heiligkeit und Wahrhaftigkeit in dem uneingeschränkten Sinne, in dem sie vom Heiligen Geiste ausgesagt werden, kommen nur Gott zu; nicht nur alle Menschen sind Lügner, sondern auch an seinen himmlischen Dienern findet Gott Torheit; Gott allein verdient es, dass alle Welt ihm singe: Heilig, heilig, heilig bist du. Ist der Heilige Geist der Heilige Geist und der Geist der Wahrheit, so ist er Gott; denn nur Gott ist heilig und er allein der Wahrhaftige. Wahrlich, erhellte die Gottheit des Heiligen Geistes schon aus den Namen, die die Schrift ihm beilegt, so noch mehr aus den Eigenschaften, die sie von ihm aussagt.
Und noch mehr aus den Werken, die sie von ihm aufzählt. Bei dem ersten großen Gotteswerk der Schöpfung hat nicht nur der Vater gewirkt, der alle Dinge gemacht hat, sondern auch der Sohn, der das Ebenbild seines Wesens ist und durch den die Welt gemacht ist; aber nicht nur der Sohn, sondern auch der Heilige Geist. Denn also steht geschrieben: „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde; und die Erde war wüste und leer, und es war finster auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser; 1 Mose 1, 1. 2. Der Himmel ist durch das Wort. des Herrn gemacht und alle sein Heer durch den Geist seines Mundes; Psalm 33, 6.“ So erscheint der Heilige Geist als mit verflochten in die erste große wunderbare Offenbarungstat Gottes, und es kommt daher ihm ebenso wohl als dem Vater und dem Sohne der Name des Schöpfergottes zu, und die Kirche singt ganz schriftgemäß: „Komm, Gott Schöpfer, Heiliger Geist, besuch' das Herz der Menschen dein.“ - Desgleichen ist der Heilige Geist in göttlicher Weise bei dem Werke der Erlösung tätig. Der Erlöser selbst ist empfangen vom Heiligen Geiste, wie die Christenheit alle Sonntage bekennt. Als der Erlöser sich taufen ließ, fuhr der Heilige Geist auf ihn hernieder in Gestalt einer Taube, dass sich am Heilande erfüllte, was Jesaias (61, 1. 2) schon längst zuvor als in seinem Namen ausgesprochen hatte: „Der Geist des Herrn Herrn ist über mir, darum hat mich der Herr gesalbt. Er hat mich gesandt, den Elenden zu predigen, die zerbrochenen Herzen zu verbinden, zu predigen den Gefangenen eine Erledigung, den Gebundenen eine Öffnung, zu predigen ein gnädiges Jahr des Herrn und einen Tag der Rache unsers Gottes, zu trösten alle Traurigen.“ So zog der Herr in den Tagen seines Fleisches dahin, als gesalbt mit dem Geist ohne Maß; die ganze Fülle des Heiligen Geistes fasste sich in Christo zusammen. Darum was Christus, unser Herr, als Erlöser vollbracht hat, er hat es mit und in dem Heiligen Geiste vollbracht. Der Heilige Geist ist mitverflochten in das Werk der Erlösung. Aber als des Heiligen Geistes besonderstes und eigenstes göttliches Werk steht die Heiligung da, das Wort in dem allgemeinen Sinne genommen, da es das große Werk bezeichnet, da der Heilige Geist uns zu Christo bringt und durch den Glauben an ihn gerecht, heilig und selig macht, da er aus Sündern Kinder Gottes und Erben des ewigen Lebens macht. Die Schrift lehrt, dass kein Mensch aus eigner Vernunft oder Kraft an Jesum Christum glauben oder zu ihm kommen kann. Der Herr Christus selber sagt: Das ist Gottes Werk, dass ihr glaubt an den, den er gesandt hat (Joh. 6, 29). Und dieses große Gotteswerk das ist nun so recht eigentlich das Werk des Heiligen Geistes. Niemand kann Jesum einen Herrn heißen, ohne durch den Heiligen Geist. Der Heilige Geist verklärt den Heiland vor den Augen der Menschen und führt die Menschen, die sich von ihm führen lassen, zu ihm und erhält sie bei ihm. Ist aber der Heilige Geist ein so gewaltiger Werkmeister, dass er, was der Vater uns getan und was der Sohn uns errungen, uns zueignet und bewahrt, so ist er um solches Werkes willen als Gott von Gott erkennbar, und demütig falten wir vor ihm die Hände und flehen ihn an:
O Heiliger Geist, o heiliger Gott,
Mehr' unsern Glauben immerfort;
An Christum Niemand glauben kann,
Es sei denn durch dein' Hilf' getan.
O Heiliger Geist, o heiliger Gott.
Die Heilige Schrift aber will auch, dass solche Anbetung dem Heiligen Geiste gezollt werde; sie fordert für ihn göttliche Ehre und erweist damit zum vierten und letzten den Heiligen Geist als wahrhaftigen Gott. Da unser Herr der heiligen zwölf Boten Zahl hinaussandte nach den vier Orten der Welt, da befahl er ihnen, die Menschen zu seinen Jüngern zu machen durch Taufe und Lehre; sie sollten aber taufen, so sprach er, in dem Namen Gottes des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Mit solchem Taufbefehl gibt der Herr selber dem Heiligen Geiste göttliche Ehre und will dass alle seine Jünger ihm dieselbe Ehre bezeigen sollen. Er stellt den Heiligen Geist als ebenbürtig neben sich selbst und den Vater im Himmel; der Name ist der Abdruck des Wesens; wenn die Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes auf gleiche Weise zusammengestellt werden, so sind Vater, Sohn und Heiliger Geist gleiche göttliche Personen, und ihnen allen wird gleiche Verehrung zugesichert. So erkennen denn auch die heiligen Apostel aufs Unzweideutigste dem Heiligen Geiste die nämlichen Ehren und Würden zu, die dem Vater und dem Sohne gebühren, und wo sie den Gemeinden Segen von Gott erflehen, da erflehen sie ihn von dem Vater und dem Sohne und dem Heiligen Geiste, am klarsten und bündigsten 2 Kor. 13, 13, wo St. Paulus betet: „Die Gnade unsers Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen.“ Die christliche Kirche aber, in den Fußtapfen der heiligen Apostel wandelnd, betet an und spricht:
„Ehr' sei dem Vater und dem Sohn,
Dem Heil'gen Geist in Einem Thron;
Der heiligen Dreifaltigkeit
Sei Lob und Preis in Ewigkeit.
Dreifaltig, dreieinig ist unser Gott; dem Wesen nach ist's Einer: höre, Israel, der Herr, dein Gott; ist ein einiger Gott - aber der Zahl nach sind's drei, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Das Geheimnis ist groß, aber verkündet von der Schrift, die da sonnenklar lehrt, dass nicht nur der Vater und nicht nur der Sohn, sondern auch der Heilige Geist eine göttliche Persönlichkeit ist.
Wer naht, zu Pfingsten bei uns Einzug zu halten? Der Heilige Geist. Wer ist dieser Heilige Geist? Er ist Gott, von Gott dem Vater und dem Sohne in Ewigkeit ausgehend, von Gott dem Vater und dem Sohne gleicher Weise in der Zeit gesendet, auf dass er die Sünder zum Sohne ziehe, dass der Sohn sie mit dem Vater versöhne, dass der Vater sie als seine lieben Kinder aufnehme. Propheten haben ihn angemeldet und der Sohn Gottes selbst hat seine Ankunft vorbereitet: nun will er kommen, wiederkommen, nicht in Tropfen segnend, wie im alten Bunde, sondern in Strömen, wie er segnete am ersten Pfingsten. Macht die Tore weit und die Türen hoch, dass der große, göttliche Gast bei euch einkehre. Faltet die Hände und sprecht: O Heil'ger Geist kehr' bei uns ein! Amen.