Harms, Theodor - Der Heilsweg - Der neue Gehorsam.

Die Gnade unsers HErrn und Heilandes Jesu Christi, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen.

Lasst uns beten: Lieber HErr und Heiland Jesus Christus, wir stehen hier vor Deinem heiligen Angesichte, Dein heiliges teures Wort zu hören, salbe Du uns mit Deinem Heiligen Geiste, dass wir es recht hören und dass wir in willigem Gehorsam Deinem Worte nachleben als der einigen Richtschnur für unser ganzes Leben. Du hast es uns gegeben, dass es uns werden soll ein Geruch des Lebens zum Leben, ach wir bitten Dich, gib uns offene Ohren und treue Herzen, dass es uns doch ja nicht zur Verdammnis gereiche. Du hast Dein Leben nicht zu teuer geachtet, sondern hast es für uns in Not und Tod gegeben, darum hilf uns, dass wir Dich preisen mit unserm ganzen Leben durch treuen kindlichen Gehorsam. Gib uns allen die rechte Aufmerksamkeit und Treue, Dein heiliges Wort zu hören und zu lernen und schreibe es selbst mit Deinem Gottesfinger in unser Herz, dass es unsere Kraft werde im Leben und unser Ruhekissen im Sterben. Erhöre uns um Deiner Liebe willen. Amen.

Text: 2. Korinth. 5, 17.
Darum, ist Jemand in Christo, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, es ist Alles neu geworden.

Wir kommen heute, meine Lieben, zu dem letzten Stück der Heilsordnung, zu dem neuen Gehorsam. Wenn der Mensch gerechtfertigt worden ist auf Grund des Verdienstes Christi aus Gnaden allein durch den Glauben, dann nimmt er eine ganz andere Stellung ein zu Gott als vor der Rechtfertigung. Vor der Rechtfertigung war er ein Feind Gottes, nach der Rechtfertigung ist er ein Freund Gottes; vor der Rechtfertigung war er kein Hausgenosse Gottes, nach der Rechtfertigung ist er ein Hausgenosse Gottes; vor der Rechtfertigung war er ein Kind des Teufels, nach der Rechtfertigung ist er ein Kind Gottes; vor der Rechtfertigung war er ein Erbe der Hölle, nach der Rechtfertigung ist er ein Erbe des Himmels. Es wird aus dem Menschen was unser Text sagt: Ist Jemand in Christo, so ist er eine neue Kreatur. Durch die Rechtfertigung wird die, Lebensgemeinschaft mit Christo wiederhergestellt, also dass der begnadigte Sünder ein lebendiges Glied an Jesu Leibe ist, dass Jesus in ihm wohnt und der Heilige Geist seine Lebens- und Triebkraft ist und er eins ist mit seinem HErrn und Gott, also dass durch die Rechtfertigung diese wunderbare Verbindung zwischen Christo und dem Gerechtfertigten geschlossen wird, die man zu nennen pflegt die geheimnisvolle Vereinigung. Das ist das Höchste, was geschehen kann, dass Christus wesentlich in dem Herzen des gerechtfertigten Sünders wohnt. Aber nicht allein das, dass Er in uns ist, wir sind auch in Ihm. Das kann Niemand begreifen, aber es ist die lautere Wahrheit, denn Er hat selbst gesagt: Ich in euch und ihr in Mir, Joh. 15, 4. Diese Gemeinschaft ist eine so innige und vollständige, dass sie nicht herrlicher gedacht werden kann. Darin besteht des Christen Glück und Seligkeit auf Erden, dass wir Jesum ganz unser eigen nennen können und haben wir Jesum, so haben wir den Himmel auf Erden, es fehlt uns nichts mehr an unserer Seligkeit, als dass wir die Sünde ganz los werden, den Sündenleib ablegen und eingehen in den Himmel, um bei Jesu in alle Ewigkeit zu bleiben. Ist Jemand in Christo, so ist er eine neue Kreatur, das ist im eigentlichen und buchstäblichen Sinne wahr, denn der gerechtfertigte Sünder ist ein ganz neuer Mensch geworden. Nun wir denn sind gerecht geworden durch den Glauben, so haben wir Frieden mit Gott, durch unsern HErrn Jesum Christ. Durch welchen wir auch einen Zugang haben im Glauben zu dieser Gnade, darinnen wir stehen; und rühmen uns der Hoffnung der zukünftigen Herrlichkeit, die Gott geben soll. Diese neue Kreatur ist der inwendige Mensch, der in dem auswendigen Menschen steckt und weil der inwendige Mensch den Geist Gottes hat, so ist er eine selbständige Person, nicht der auswendige Mensch, denn der hat den Geist Gottes nicht. Bei dem inwendigen Menschen ist Ales neu. Doch klebt uns freilich die Sünde noch an so lange wir auf Erden leben. Wenn wir uns auch bekehrt haben, so haben wir doch damit den alten Adam noch nicht ganz abgelegt, sondern schleppen ihn mit uns herum bis zum Tode. Daher kommt im Leben des Christen der beständige Kampf zwischen dem inwendigen und auswendigen Menschen, zwischen Geist und Fleisch und es kommt alles darauf an, wer den Sieg gewinnt. Darum müssen wir alle Tage unsern Taufbund erneuern und im heißen Kampf zu Felde liegen, dass der inwendige Mensch immer kräftiger werde. An dem HErrn liegt es nicht, wenn wir nicht wachsen und stark werden. Er hat uns Seinen Heiligen Geist gegeben, der uns vertritt mit unaussprechlichem Seufzen und der Christus, der in uns ist, ist derselbe, der im Himmel ist und uns vor Seinem Vater vertritt mit Seiner Fürbitte, so dass die Segensströme der Gnade ununterbrochen herabfließen auf den inwendigen Menschen. Wenn wir dem Geiste Gottes nicht widerstreben, so müssen wir selig werden, denn die Macht der Gnade ist so stark, dass keine andere Macht Himmels und der Erden etwas dagegen ausrichten kann. Es liegt an uns, ob wir den Strom der Gnade in uns aufnehmen wollen und ob wir uns leiten lassen wollen vom Heiligen Geist. Ist so aus dem Menschen eine neue Kreatur geworden, so liegt es auf der Hand, dass ein solcher nicht anders kann als Jesu dienen in Liebe und Treue. Was hat ein solcher nicht in der Buße durchgemacht! Er hat die ganze Scheußlichkeit der Sünde erkannt, er hat sich vertieft in sein eigenes böses Herz, er hat erfahren was die Sünde sei, nämlich Satans Werk und Wesen und darum ist ihm nichts mehr zuwider als die Sünde. Er hat erfahren was die Welt ist, dass sie nichts anders ist als Satans Reich und dass sie dem Menschen nichts anders geben kann als den Taumel der Weltlust und dass sie voll Reize, aber auch voll Verderben ist, also dass der Teufel sie braucht, um die Menschen zu belügen und zu betrügen. Darum ist ihm die Welt gallenbitter und die Sünde ein Ekel. Davon ist die Folge, dass der begnadigte Sünder sich von der Welt und Sünde abwendet und dass er mit Wissen und Willen keine Sünde tun kann, sondern in Liebe und Treue Jesu dienen muss. Nun muss er sich aber sagen, dass er hier von der Sünde noch nicht ganz frei kommen kann, weil der alte Adam noch da ist und der inwendige Mensch im auswendigen steckt und alles, was er tut, durch den auswendigen Menschen geschehen muss, der stets dem inwendigen entgegentritt und alles mit Sünde beschmutzt. Darum sagt Paulus: Das Wollen habe ich wohl, aber das Vollbringen des Guten finde ich nicht. So taugt unser eigenes Tun, wenn wir auch im Glauben stehen, nichts, wir können nicht anders als sündigen. Dazu haben wir in der Buße durch den Glauben die Kräfte der zukünftigen Welt empfangen und der Glaube ist das Leben aus Gott, das sich nicht zufrieden geben kann, sondern wie Dr. Luther sagt, ein mächtig, kräftig, geschäftig Ding ist, der nicht lange fragt, ob gute Werke zu tun seien, sondern sie längst getan hat, ehe er danach fragt. So ist der Glaube die Tätigkeit des inwendigen Menschen und das Leben des gerechtfertigten Sünders ist ein Glaubensleben. Daraus folgt, dass der Christ dem Worte Gottes nachleben muss und tun muss, was der Heilige Geist haben will, obgleich alles wieder mit Sünde befleckt wird. Müssen wir auch mit Paulus sagen, dass uns, die wir das Gute wollen, das Böse noch immer anklebt, so können wir doch nicht müde darin werden, den neuen Gehorsam zu üben, das liegt in der Art des wahren Glaubens. Wenn wir es auf Erden auch nicht weiter bringen als dass wir aufstehen und wieder fallen, so wird der Christ doch nicht müde, es immer wieder zu versuchen. Der Heilige Geist lässt ihm keine Ruhe. Wir wissen, wenn die Sünde erst ganz abgestreift ist und wir eingegangen sind in den Himmel, dann haben wir nicht bloß das Wollen, sondern auch das Vollbringen des Guten. Es geht dem Christen wie einem gesunden Kinde auf dem Arm der Mutter. Ist das Kind ein Jahr alt und hat seine gesunden Kräfte und Glieder, so will es nicht auf dem Arm der Mutter bleiben, es merkt, wozu Gott ihm die Beine gegeben hat und treibt die Mutter, dass es auf die Erde kommt. Es muss gehen und wenn es auch hundert Mal fällt und sich den Kopf blutig stößt, danach fragt es nicht. Warum fragt es nicht danach, es könnte ja denken, auf dem Arm der Mutter ist es viel besser? Weil es nicht anders kann, die natürliche gesunde Kraft treibt zum Gehen. So ist es auch mit dem inwendigen Menschen. Hier fangen wir an mit Straucheln und Fallen das Gute zu tun, wenn wir aber erst im Himmel sind, dann haben wir das Gehen und Laufen gelernt und werden nicht mehr fallen. Darum braucht man von einem gerechtfertigten Sünder die guten Werke nicht zu fordern, er bringt sie von selbst und kann auch nicht anders. Doch macht's ihn so traurig, dass er gar keine guten Werke bringen kann, er hat das Wollen, aber das Vollbringen fehlt immer, darum hält er auch nichts von guten Vorsätzen, denn er weiß, dass die Gnade des HErrn alles allein tun muss und hält an am Gebet, dass der HErr ihn stärken möge zu jeglichem guten Werk. Aber wie, wenn wir im neuen Gehorsam wandeln und uns bei gutem Willen das Tun beständig fehlt, können wir Gott doch wohlgefällig sein? muss Er nicht die Sünde strafen, wo Er sie findet? und Er findet so viel Sünde bei Seinen besten Kindern. Da müssen wir anstaunen das Wunder der Gnade Gottes. Der Heilige Geist hilft unserer Schwachheit auf und wirkt die Werke Gottes in uns, und diese Werke legt uns der HErr bei als wären sie unser eigen und unsere Sündenwerke, die wir tun nach dem Fleische, vergibt Er uns als wenn wir sie nie getan hätten, so dass wir vor Gott doch rein und unsträflich sind. Je weiter wir im Christentum kommen, desto mehr erkennen wir unser böses Herz und desto treuer wir werden im Kampf mit Satan, Welt und Fleisch, desto mehr wird uns bewusst, wie viel uns noch fehlt. Wir dürfen ja nicht meinen, dass der neue Gehorsam darin besteht, dass wir ganz von der Sünde frei werden schon hier auf Erden. Wohl wird der inwendige Mensch immer stärker und kräftiger, aber an uns erkennen wir immer mehr die Scheußlichkeit der Sünde und das soll uns treiben zu Jesu, der die Sünde vergibt und den Glauben stärkt. So kommt der Christ nie dahin, dass er aufhört zu sündigen, denn wenn Paulus, der doch wohl weiter war als wir, sagen musste: Das Wollen habe ich wohl, aber das Vollbringen des Guten finde ich nicht, ich elender Mensch, wer will mich erlösen von dem Leibe dieses Todes, was sollen wir denn sagen? Aber dahin muss es kommen, dass ein Christenmensch nicht mehr der Sünde und der Welt Knecht ist, sondern im ritterlichen Kampfe gegen seine Erzfeinde zu Felde liegt und sein Gewissen im Blute Christi rein erhält. Wir dürfen auch nicht so töricht sein, dass wir die guten Werke, die wir bringen und die der Geist Gottes in uns wirkt, selbst sehen wollen, wir täuschen uns sonst über unsern Gnadenstand. Der gute Baum sieht auch seine guten Früchte nicht und doch bringt er sie. Es kommt nicht darauf an, dass wir die Glaubensfrüchte sehen, sondern ob der himmlische Gärtner sie sieht, bricht und aufbewahrt zum ewigen Leben. Darum dürfen wir uns nicht dem Wahn hingeben, als ob wir auf Erden dahin kommen könnten, die eigenen guten Werke zu sehen. Wir sollen an uns nichts finden als unsere Sünden, dann wird die Überraschung desto größer werden, wenn der HErr am jüngsten Tage uns die Werke anrechnet, die der Heilige Geist durch uns gewirkt hat und wir werden staunen darüber, dass der HErr unsere schmutzigen Werke rein gewaschen hat mit Seinem Blute. Darauf kommt es nicht an, wie wir uns ansehen, sondern wie der HErr uns ansieht, wie viel wir vor Ihm gelten. Dabei bleiben wir: Wo Vergebung der Sünden ist, da ist auch Leben und Seligkeit und trauen es dem Heiland zu, dass Er uns alle Tage die Sünde vergibt und Sein Werk beilegt. Da erkennen wir, meine Lieben, dass auch bei dem neuen Gehorsam, bei den Früchten des Geistes, die wir bringen und die Gott sucht und fordert, wir nichts ausrichten können mit eigener Kraft und aus eigenem Vermögen, sondern dass der neue Gehorsam ein Werk der Gnade des HErrn ist. Wollen wir im neuen Gehorsam bleiben, so ist es mit unserer Macht nicht getan, wir können nichts tun als dem Heiligen Geist still halten, dürfen Ihm aber ja nicht helfen wollen. Denn auch die Erhaltung und Vollendung soll ein Gnadenwerk Gottes sein und nur ein solcher, der dem Heiligen Geist still hält, wird des Glaubens Ende davon bringen, der Seelen Seligkeit. So gehen wir als Christen dem Tode entgegen und wer diesen Weg wandelt, der kann gewiss sein, dass er durch den Tod in das ewige Leben eingeht. Darum ist Jemand in Christo, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe es ist Alles neu geworden. Und wie getrost und fröhlich kann der, der in Christo ist, in die dunkelste Zukunft hineingehen, denn er weiß, vor Jesu Augen ist Alles Licht und Seine Gnade über die Seinen nimmt nie ein Ende, und wenn wir erst im Himmel sind, dann werden wir nie müde werden die Treue unsers HErrn zu preisen. So sollen wir uns dem lieben HErrn ergeben, Ihm zu leben und Ihm zu sterben. Selig wer Jesum kennt und Ihn nicht lässt im Leben und im Sterben, den wird Jesus nicht lassen um Seines teuren Namens willen.

Lasst uns beten: Wir danken Dir, lieber HErr Jesu Christe, für Dein heiliges, teures, wertes Wort, das Du uns gegeben hast und bitten Dich unsern lieben HErrn, Du wollest uns alle unsere Sünden aus Gnaden vergeben, wollest uns beistehen mit Deiner Kraft, dass wir der Welt und Sünde mehr und mehr absterben und dass Alles, was Dir zuwider ist, uns ein Gräuel und Ekel werde. Du wollest das gute Werk, welches Du in uns angefangen hast, vollenden bis auf den Tag Deiner herrlichen Zukunft. Erbarme Dich über uns und sei uns armen Sündern gnädig. Lass es uns nicht vergessen, dass wir hier keine bleibende Stätte haben, sondern die zukünftige suchen, auf dass wir uns freuen auf den Himmel, wo alles Fallen und Straucheln ein Ende hat und wir nie wieder Dein treues Heilandsherz betrüben durch Unbedachtsamkeit und Ungehorsam. Erhöre uns um Deines Namens willen. Amen.

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