Zuletzt angesehen: Psalm 65

Psalm 65

Psalm 65

65:1 Ein Psalm Davids, ein Lied, vorzusingen. Gott, man lobt dich in der Stille zu Zion, und dir bezahlt man Gelübde.
Mit dem Lob Gottes fängt ein Christ billig das neue Jahr an. Ob er gleich manche Lasten und Leiden aus dem vorigen Jahr in’s neue herübergebracht hat: so ist er doch schuldig, Gott wegen Seiner Eigenschaften und Werke zu loben, und dadurch eine Vorübung auf den Himmel zu machen, in welchem auf die vollkommenste Weise erfüllet werden wird, was Ps. 84,5. steht: Wohl denen, die in Deinem Hause sind, die loben Dich immerdar. Zur Zeit Davids und lange Zeit hernach war das Lob Gottes ein großer Theil des öffentlichen Gottesdienstes. David hatte nämlich viele Lob-Psalmen durch Eingebung des Heiligen Geistes gemacht, und mit diesen lobte man Gott zu Zion, wo die Lade Gottes zu seiner Zeit unter den Teppichen wohnete, und wo hernach der Tempel stund. Ein jeder Israelite konnte an diesem Lob Gottes mit seinem Herzen Antheil nehmen, wenn er die Psalmen Davids singen hörte, oder auch zur andern Zeit für sich allein Gott da anbetete und lobte. Fühlte ein solcher Israelite den Druck seiner Missethat, worüber Ps. 65,4. geklagt wird: so mahnten ihn die Opfer, die täglich auf dem Berg Zion geopfert wurden, als Vorbilder an das Opfer des Messias, wodurch dem Uebertreten gewehret, die Sünde zugesiegelt, und die Missethat versöhnet, und die ewige Gerechtigkeit gebracht werden sollte (Dan. 9,24.), da dann der Glaube an den Messias sein Gewissen stillen, und sein Herz und seinen Mund zum Lob Gottes öffnen konnte. Dabei herrschte auf dem Berg Zion, wenn es recht zuging, eine ehrerbietige Stille, nämlich eine Stille, wobei man die Psalmen Davids, wenn man sie absang, vernehmen, und von dem lieblichen Ton der Instrumente, auf denen man zugleich spielte, gerührt werden, oder auch außer diesem Fall ungehindert beten und Gott loben konnte. An dieser Stille mangelte es, als der HErr Jesus Käufer, Verkäufer und Wechsler in dem Tempel antraf, weswegen Er sie austrieb, um die nöthige Stille wieder herzustellen. So lange das jüdische Regiment wohl bestellt war, konnte es an der Stille auf dem Berg Zion nicht fehlen; weil die Könige auf eben diesem Berg ihre Wohnung hatten, und den Gottesdienst mit ihrer Macht schützten und in der Ordnung erhielten. Für uns, die wir unter dem Neuen Testament leben, ist Zion allenthalben, wo das Evangelium von Christi ewiggeltendem Versöhnungs-Tod und von seinem ewigen Königreich verkündiget und geglaubet wird. Hier siehet man nicht mehr vorbildliche Opfer, sondern man siehet Christum selbst als das Lamm Gottes, welches der Welt Sünde trug, und zur Versöhnung der Welt geschlachtet worden ist. Hier ist auch kein irdischer Thron Davids, bei welchem man Schutz suchen müßte: sondern hier ist der Thron der höchsten Majestät, auf welchem Christus zur Rechten Seines Vaters sitzt, über alles herrschet und Seine Kirche, aber auch ein jedes Glied derselben schützet. Hieher muß sich mit seinem Herzen wenden, wer Gott am Anfang des Jahres, und so auch zu einer jeden andern Zeit, loben will. Bei dem Glauben an Christum, der Sich selbst für uns gegeben oder geopfert hat, ist der Sünder tüchtig, Gott zu loben; er hat aber dabei die Stille nöthig. Bei dem Toben der Völker, dessen Ps. 65,8. Meldung geschieht, und bei der ungestümen Unruhe der Gottlosen, wovon Jes. 48,22. die Rede ist, hat das Lob Gottes keinen Raum. So lobe denn den HErrn meine Seele, und was in mir ist Seinen Heiligen Namen. Alles, was Athem hat, lobe den HErrn! Hallelujah!(Magnus Friedrich Roos)

65:2 Du erhörst Gebet; darum kommt alles Fleisch zu dir.

65:3 Unsre Missetat drückt uns hart; du wollest unsre Sünden vergeben.

65:4 Wohl dem, den du erwählst und zu dir lässest, daß er wohne in deinen Höfen; der hat reichen Trost von deinem Hause, deinem heiligen Tempel.
Wer wohnt in den Höfen des Herrn? Die Erwählten, denen Jesus an das Herz gekommen ist; die seine Gnade zu ihm gezogen hat, die er täglich zu ihm läßt, die stets seine Nähe finden und seine Freundlichkeit kosten; die haben wahrlich reichen Trost von seinem Hause und heiligen Tempel. Denn wir sind selbst sein Haus und sein Tempel, sagt Paulus, (Hebr. 3, 6. 1 Cor. 3, 16.), wenn wir in ihm bleiben und im lebendigen Glauben und in brünstiger Liebe verharren. Wie kann es uns an Trost fehlen, wenn er in uns wie in seinem Hause wohnt? Wer sollte sich nicht nach diesen Höfen des Herrn sehnen, die so voll Reichthum der Gnade und des Trostes sind? wer nicht mit aller Treue darin bleiben, wenn ihn die Gnade darein versetzt hat? Wer einmal geschmecket hat, wie freundlich der Herr ist, wer seine Nähe einmal erfahren hat, o, der bleibe doch in ihm, der suche doch keinen Trost mehr außer ihm. Denn, so bald er dieses versucht, und ihm der Herr nicht allein genug ist, wird er aus den Höfen des Herrn wieder hinaus gewiesen. Der reiche Trost, der nur im Hause, in der Nähe des Herrn fließt, nur in seinem heiligen Tempel, im Umgange mit ihm, genossen wird, verliert sich, vertrocknet bald außer den Höfen des Herrn, und man wird dann elend, blind, jämmerlich und bloß, wähnend, man sei reich, stark und habe gar satt. (Off. 3, 17.) (Johannes Goßner)

65:5 Erhöre uns nach der wunderbaren Gerechtigkeit, Gott, unser Heil, der du bist Zuversicht aller auf Erden und ferne am Meer;

65:6 der die Berge fest setzt in seiner Kraft und gerüstet ist mit Macht;

65:7 der du stillest das Brausen des Meers, das Brausen seiner Wellen und das Toben der Völker,

65:8 daß sich entsetzen, die an den Enden wohnen, vor deinen Zeichen. Du machst fröhlich, was da webet, gegen Morgen und gegen Abend.

65:9 Du suchst das Land heim und wässerst es und machst es sehr reich. Gottes Brünnlein hat Wassers die Fülle. Du läßt ihr Getreide wohl geraten; denn also bauest du das Land.

65:10 Du tränkest seine Furchen und feuchtest sein Gepflügtes; mit Regen machst du es weich und segnest sein Gewächs.

65:11 Du krönst das Jahr mit deinem Gut, und deine Fußtapfen triefen von Fett.
Gott segnet uns reichlich jede Stunde und Tag für Tag durch den ganzen Kreislauf des Jahres; wenn wir schlafen, wie wenn wir wachen, waltet seine Gnade über uns. Die Sonne überläßt uns die gesetzte Zeit der Finsternis, aber unser Gott hört nie auf, mit Strahlen der Liebe über seine Kinder zu scheinen. Wie ein Strom fließt seine Freundlichkeit und Güte ohne Unterbrechung fort, mit einer unerschöpflichen Fülle, wie Er selbst. Gleichwie der Luftkreis die Erde beständig umgibt und das Leben des Menschen bereitwillig erhält, so umgibt Gottes Güte alle seine Geschöpfe; in ihr leben sie als in ihrem Element, in ihr bewegen sie sich und haben sie das Wesen. Dennoch verhält es sich mit den Gnadenerweisungen wie mit der Sonne, die uns in den Sommertagen mit wärmeren und glänzenderen Strahlen erfreut als zu andren Zeiten, und wie mit den Strömen, die nach dem Regen schwellender hinabfließen, und wie mit der Luft, die manchmal von frischeren Hauchen und balsamischeren Düften durchwogt wird als sonst. Die göttliche Gnade hat ihre goldenen Stunden, ihre Tage des Überströmens, wenn der Herr seine Barmherzigkeit an den Menschenkindern verherrlicht. Unter den Segnungen der sichtbaren Welt sind die fröhlichen Tage der Ernte eine besondere Zeit überschwenglicher Güte. Es ist die Herrlichkeit des Herbstes, daß in ihm die reifen Gaben der Vorsehung uns in überströmender Fülle geschenkt werden; es ist die Zeit der Verwirklichung, während vor der Zeit der Reife alles erst Hoffnung und Erwartung war. Groß ist die Freude der Ernte. Glücklich fühlen sich die Schnitter, die ihre Arme mit den reichen Gaben der Freigebigkeit des Himmels füllen. Der Psalmist erzählt uns, daß die Ernte des Jahres Krönungsfest ist. Wahrlich, die krönende Gnade und Güte fordert uns auch zu krönendem Lob und Dank auf! Und dem wollen wir nachkommen in innigsten Gefühlen der Dankbarkeit. Ach, daß doch unsre Herzen recht warm würden! daß unser Geist sich erinnerte, und es erwöge und bedächte, wie gnädig und gütig unser Herr ist! Darum wollen wir Ihn preisen mit unserm Munde und seinen Namen loben und erhöhen, denn aus seiner Güte quillt aller dieser Reichtum des Segens. Wir wollen Gott damit verherrlichen, daß wir Ihm unsre Gaben weihen. (Charles Haddon Spurgeon)


Der „Fußstapfen des Herrn,“ die „vom Fett triefen,“ sind viele, aber eine ganz besondere Fußspur ist die des Gebets. Kein gläubiger Christ, der oft in seinem Kämmerlein verweilt, wird nötig haben auszurufen: „Wie bin ich aber so mager? Wie bin ich aber so mager? Wehe mir!“ Seelen, die Hunger leiden müssen, sind die, die sich vom Gnadenstuhl ferne halten; sie werden wie die verbrannten Fluren zur Zeit der Dürre. Anhaltendes Ringen mit Gott im Gebet stärkt den Gläubigen, ja, es macht ihn glücklich. Der nächste Ort an der Himmelspforte ist der Thron der himmlischen Gnade. Bist du viel in der Stille, so erlangst du viel innere Gewißheit; bist du selten mit deinem Jesu allein, so steht dein Christentum auf schwachen Füßen; es wird von mancherlei Zweifel und Furcht befleckt, und strahlt nicht in des Herrn Freude. Weil aber die seelenerquickenden Fußstapfen des Gebets auch den schwächsten Heiligen zum Vorwärtsgehen einladen; weil keine hohen Befähigungen erforderlich sind; weil dir als einem geförderten Christen nicht befohlen wird zu kommen, sondern weil dir die Einladung offen steht, sobald du überhaupt dich von Herzen zu Jesu bekennst: so siehe zu, lieber Christ, daß du recht oft auf dem Pfade der stillen Sammlung und des einsamen Gebets erfunden werdest. Wirf dich oft auf deine Knie nieder, denn damit hat Elia Regen herabgebracht auf die ausgedörrten Gefilde Israels. Noch ein andrer Pfad des Herrn trieft von Fett für die, die darauf wandeln, es ist der verborgene Wandel der Gemeinschaft mit dem Herrn. O, welche Wonne gewährt doch der Umgang mit Jesu! Die Erde besitzt keine Worte, welche die heilige Ruhe einer Seele zu schildern vermöchten, die an der Brust Jesu liegt. Wenige Christen wissen, was das ist; sie leben in den Niederungen und ersteigen selten die Höhen des Nebo; sie wohnen im äußern Vorhof und kommen nicht ins Heiligtum, noch eignen sie sich das köstliche Vorrecht des priesterlichen Amtes an. Sie schauen von weitem dem Opfer zu, aber sie setzen sich nicht mit den Priestern zum Mahl des Heiligen und erfreuen sich nicht am Fett der Brandopfer. Aber du, liebe Seele, setze dich unter den Schatten deines Jesus; komm herauf zu dieser Palme und fasse ihre Zweige; dein Freund sei dir, wie ein Apfelbaum unter den wilden Bäumen, so wirst du satt werden vom Mark und Fett. O Herr Jesu, suche uns heim mit Deinem Heil! (Charles Haddon Spurgeon)

65:12 Die Weiden in der Wüste sind auch fett, daß sie triefen, und die Hügel sind umher lustig.

65:13 Die Anger sind voll Schafe, und die Auen stehen dick mit Korn, daß man jauchzet und singet.1) 2)
Ewiger, unveränderlicher Gott, der Du nie alterst und wechselst, sondern bliebst, wie Du bist, zu Dir blicken wir empor aus dem Unbestand der Erde. Umgeben von Bildern des Dahinwelkens und Absterbens, vergegenwärtigt sich uns der ernste Gedanke, dass auch wir einst hinsinken werden zu einer langen Ruhe, aus welcher kein irdischer Morgen uns wieder erwecken wird. Rings um uns her wohnt in den herbstlichen Fluren der Odem des Todes. Alles erinnert uns jetzt an die Stunde, wo unsere Lebenskraft erlöschen wird, und wir von Allem, was uns hienieden lieb und theuer ist, scheiden müssen. Aber mitten unter den welkenden Fluren fühlen wir unsere Christenwürde, vom Grabe erhebt sich unser Blick über die vergängliche Erde zu Dir, der unserem Geiste ein höheres Ziel gesteckt hat. Der Gerechte ist dem fruchtvollen Baume gleich, und seine Blätter verwelken nicht; seiner wartet nicht Vernichtung und Auflösung; sein besseres Theil bleibt, lebt fort und schwingt sich auf in eine bessere Welt.
Preis sei Dir für diese selige, durch die Auferweckung Deines Sohnes so herrlich bestätigte Hoffnung! Sie belebe uns mit heiligem Eifer für das Bleibende und Ewige; sie lehre uns jeden Tag weise auskaufen und wohl anwenden; sie waffne uns im Kampfe mit der Welt und Sünde, und flöße uns Frieden und Trost in das Herz unter den Bürden der Zeit! Nur der Gerechte ist im Tode getrost, nur ihm winkt jenseits des Grabes das Morgenroth der Vollendung; nur ihm folgen seine Werke zum Segen nach. Dieser Gedanke schwebe stets vor unsrer Seele, und lehre uns die höhere himmlische Weisheit, die nur nach Dem trachtet, was ewig bleibt und ewigen Frieden beut. Diesem Ziele wollen wir, gestärkt durch Deine Kraft, stets nachstreben und unsere Sorgfalt auf solche Güter richten, die der Sturm des Todes nicht verwehen und der Strom der Zeit nicht entführen kann! Dann nahe sich, früher oder später, die letzte Stunde unsers Erdenlebens, sie wird uns nicht unbereitet treffen; wir werden vielmehr voll gläubigen Vertrauens auf Jesum, den Urheber unserer seligen Unsterblichkeit, durch die dunkle Pforte des Todes eingehen in das Land des Lichts und der ewigen Freude. Amen. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
bibel/at/19_psalter/psalm_65.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain