Spurgeon, Charles Haddon - Psalm 65

Spurgeon, Charles Haddon - Psalm 65

- Ein Psalm Davids, ein Lied, vorzusingen. - Gott, man lobt dich in der Stille zu Zion, und dir bezahlt man Gelübde. - Du erhörst Gebet; darum kommt alles Feisch zu dir. - Unsre Missetat drückt uns hart; du wollest unsre Sünde vergeben. - Wohl dem, den du erwählst und zu dir lassest, dass er wohne in deinen Höfen; der hat reichen Trost von deinem Hause, deinem heiligen Tempel. - Erhöre uns nach der wunderbaren Gerechtigkeit, Gott, unser Heil, der du bist Zuversicht aller auf Erden und ferne am Meer; - der die Berge fest setzt in seiner Kraft und gerüstet ist mit Macht; - der du stillest das Brausen des Meers, das Brausen seiner Wellen und das Toben der Völker, - dass sich entsetzen, die an den Enden wohnen, vor deinen Zeichen. Du machst fröhlich, was da webet, gegen Morgen und gegen Abend. - Du suchest das Land heim und wässerst es und machst es sehr reich. Gottes Brünnlein hat Wassers die Fülle. Du lassest ihr Getreide wohl geraten; denn also bauest du das Land. - Du tränkest seine Furchen und feuchtest sein Gepflügtes; mit Regen machst du es weich und segnest sein Gewächs. - Du krönest das Jahr mit deinem Gut, und deine Fußtapfen triefen von Fett. - Die Weiden in der Wüste sind auch fett, dass sie triefen, und die Hügel sind umher lustig. - Die Anger sind voll Schafe, und die Auen stehen dick mit Korn, dass man jauchzet und singet.

Überschrift

„Ein Psalm Davids, ein Lied, vorzusingen.“ Der Psalm ist eine Verbindung von Gedicht und Lied. Man konnte ihn vorlesen und vorsingen.

Inhalt

David singt von der Herrlichkeit Gottes in der Gemeinde und in der Natur. Es ist ein Lied über Gnade und Vorsehung. Eine besonders reiche Ernte war für David vielleicht der Anlass, diesen Psalm zu dichten. Er wollte ein Emtedanklied schreiben, das man jedes Jahr wieder singen konnte. Einteilung:

* Der Weg zu Gott (V. 2-5); * die Antwort Gottes auf Gebet (V. 6-9); * das Erntelied (V. 10-14).

Auslegung

V. 2 „Gott, man lobt dich in der Stille zu Zion.“ (Elberfelder Übersetzung: „Deiner harrt schweigend Lobgesang.“) Babylon betet den Antichristen an, aber in Zion wird der wahre Gott angebetet. Wer in Zion das Blut der Besprengung gesehen hat und weiß, dass er zur Gemeinde der Erstgeborenen gehört, kann gar nicht anders, als den Gott Zions von Herzen zu loben. Er hat uns so viele und so kostbare Gnadengaben geschenkt, dass man sie nicht vergessen kann. Die Heiligen warten nur auf ein Zeichen vom Herrn, und sobald er sein Antlitz zeigt, erschallt fröhlicher Lobgesang. Wie Chor und Orchester die Ankunft eines Staatsoberhauptes erwarten, um ihn feierlich zu begrüßen, so warten wir mit unseren besten Liedern, bis der Herr sich in seiner Gemeinde offenbart - ja, bis er vom Himmel her erscheint am Tage seiner Wiederkunft. Der Vers kann auch bedeuten: In feierlicher Stille beten wir dich an, Herr, weil wir nicht wissen, wie wir dich am besten loben können. Unser Schweigen ist Lobgesang. Wenn unser Herz mit tiefster Anbetung erfüllt ist, spüren wir, dass unsere schönsten Lieder nicht gut genug sind für den Herrn in seiner Herrlichkeit und Güte. Eine Gemeinde, die sich in stiller Anbetung vor dem Herrn beugt, weil sie seine Barmherzigkeit so tief empfindet, bringt dem Herrn ein besseres Lob dar als die schönsten Stimmen und Instrumente in einem lauten Lobgesang, hinter dem kein inneres Erleben steht. Aber der Gesang soll auch nicht vernachlässigt werden. Dieser Psalm war zum Singen bestimmt. Es ist aber wichtig, vor jedem Singen das Herz zu stimmen und daran zu denken, dass die schönsten Lieder nicht ausreichen, um den Herrn der Herrlichkeit gebührend zu loben.

„Und dir bezahlt man Gelübde.“ Vielleicht sind hier bestimmte Gelübde gemeint, die man in Not- oder Kriegszeiten ablegt. Völker und Kirchen sollten ihre Versprechungen Gott gegenüber ehrlich und genau erfüllen. Gott lässt sich nicht spotten. Auch der einzelne Gläubige darf seine Gelübde nicht vergessen oder sie nur erfüllen, um von Menschen gelobt zu werden. Es darf uns nur darum gehen, den Herrn zu ehren. Jeder Gläubige ist bei seiner Bekehrung einen Bund mit dem Herrn eingegangen; durch die Taufe, die Teilnahme am Tisch des Herrn und die Zugehörigkeit zur Gemeinde entstehen besondere Verpflichtungen dem Herrn gegenüber, die gut und genau erfüllt werden müssen. Außerdem hat vielleicht mancher in besonderen Lebensumständen ein besonderes Gelübde abgelegt. Das muss auch erfüllt werden. Wir sollten sehr vorsichtig mit Gelübden sein, aber wenn wir etwas gelobt haben, müssen wir sehr gewissenhaft in der Erfüllung des Gelübdes sein. Ein unerfülltes Gelübde brennt im Gewissen wie ein glühendes Eisen. Um welche Gelübde es sich auch immer handeln mag - zum Dienst, zum Opfer oder zum Lob -, es ist keine Spielerei, die man nicht ernst zu nehmen braucht. Wenn die Zeit da ist, die Gelübde zu erfüllen, haben wir sie nach bestem Wissen und Gewissen zu erfüllen.

V. 3 „Du erhörst Gebet.“ (Elberfelder Übersetzung: „Hörer des Gebets \“) Gott erhörte nicht nur, sondern erhört heute und wird immer erhören. Er ist derselbe gestern, heute und für immer. Was für einen herrlichen Gott haben wir! Er ist der Vater des Herrn Jesus Christus. Was ist das für ein herrlicher Name für unseren Gott: „Hörer des Gebets.“ Damit wird uns das innerste Wesen und die ganze Herrlichkeit unseres Gottes beschrieben. Jedes aufrichtige und ernstgemeinte Gebet wird so gewiss erhört, wie es gesprochen ist. David wendet sich in ganz persönlicher Weise an den lebendigen Gott. Er redet ihn direkt an. Gott war für David nicht eine bloße Idee oder ein abstrakter Begriff. „Darum kommt alles Fleisch zu dir.“ Gott erweist seine Göttlichkeit dadurch, dass er jedem antwortet, der sein Angesicht sucht. Das sollte alle Menschen ermutigen, diesem Gott ihre Bitten vorzutragen. Er ist der eine, wahre Gott. Wir sind Fleisch; schwach, gebrechlich und sündig sind wir, und deshalb haben wir es nötig, zu beten. Er ist der Gott, den wir brauchen, denn er hat Mitleid und Liebe, und er neigt sich herab, um unser Flehen zu hören. Wir kommen demütig und vertrauensvoll zu ihm, und er erfüllt uns mit allem Guten. Gott will mit seiner Liebe die ganze Welt gewinnen. Der Kern aller wahren Religion besteht darin, zu Gott zu kommen. Und wir kommen zu ihm - in Reue, in Fürbitte, mit Anbetung und Lob. Falsche Götter verlieren mit der Zeit ihre enttäuschenden Verehrer. Wer das wahre Licht erkannt hat, lässt sich nicht mehr von Irrlichtern täuschen. Wer den wahren Gott erlebt hat und seine Antwort auf Gebet erfahren hat, der ermutigt andere, auch zu diesem Gott zu beten, und so kommt das Königreich Gottes zu den Menschen, und die Menschen kommen ins Königreich Gottes.

V. 4 „Unsre Missetat drückt uns hart.“ (Elberfelder Übersetzung: „Ungerechtigkeiten haben mich überwältigt.“) Menschen verleumden und verklagen mich. Meine eigenen Sünden stehen gegen mich auf und belasten mein Gewissen. Ich würde darunter zugrunde gehen, wenn ich nicht um die Versöhnung wüsste. Gott hat alle meine Sünden gesühnt. Wenn die Gnade nicht wäre, würden unsere Sünden uns überwältigen. Wir würden nicht mit ihnen fertig, weder vor dem Richterstuhl des gerechten Gottes noch vor unserem eigenen Gewissen und schon gar nicht im Kampf des Lebens. Wer die Sünde geringschätzt, ist leichtsinnig. Wer sich an der Sünde freut, ist noch leichtsinniger. Sie hat eine tötende Kraft. Es ist das Beste, vor der Sünde zu fliehen und bei dem Zuflucht zu suchen, der Missetat vergibt. „Du wollest unsre Sünde vergeben.“ (Elberfelder Übersetzung: „Unsere Übertretungen, du wirst sie vergeben.“) Du sühnst sie alle, denn du hast eine Versöhnung geschaffen. Der Gnadenthron bedeckt das Gesetz. Das Blut bedeckt unsere Sünden. Der Beter hier im Psalm schließt alle Gläubigen in sein Gebet ein, weil er weiß, wie groß Gottes vergebende Liebe ist. Welch ein Trost ist es für uns, dass die Sünden, die uns überwältigen, Gott nicht überwältigen können! Sie können uns von Gott fernhalten, aber er fegt sie alle hinweg. Für uns sind sie zu stark, aber nicht für ihn. Er ist der allmächtige Heiland. Mit diesen Worten werden wir aufgefordert, uns von unseren Sünden reinigen zu lassen, bevor wir mit dem Loblied beginnen. So musste auch der Priester sich waschen, bevor er zum Dienst ins Heiligtum ging. Wenn wir uns im Blut des Lammes gewaschen haben, dann können wir auch das Lied des Lammes singen: „Das Heil ist bei dem, der auf dem Thron sitzt, unserm Gott und dem Lamm!“ (Offenbarung 7,10.)

V. 5 „Wohl dem, den du erwählst und zu dir lassest, dass er wohne in deinen Höfen.“ Auf die Reinigung folgt die Segnung. Sie umfasst Erwählung, Berufung, Annahme und Kindschaft.

Zuerst werden wir von Gott erwählt nach dem Wohlgefallen seines Willens. Dann wirkt er mit seiner Gnade in unseren Herzen, weil wir von selbst nie zu ihm gehen würden. Er besiegt unser Widerstreben und beseitigt unseren Widerwillen. Gott verwandelt uns durch die Kraft seiner Gnade. Wir werden mit ihm versöhnt durch das Blut seines Sohnes und ihm nahegebracht durch seinen lebendigen Geist. Nun leben wir in inniger Gemeinschaft mit Gott und haben freien Zutritt zu seinem Thron. Wir brauchen nicht mehr zu befürchten, dass uns seine Nähe vernichtet, wie sie Nadab und Abihu vernichtet hat, als sie fremdes Feuer vor dem Herrn opferten (4. Mose 3,4). Wir gehören zu Gottes Hausgemeinschaft und sind Gottes Hausgenossen. Das ist ein Segen, den man gar nicht beschreiben kann. Wir werden im Hause Gottes wie Söhne behandelt, denn „der Knecht aber bleibt nicht ewiglich im Hause; der Sohn bleibt ewiglich“ (Johannes 8,35). „Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater erzeiget, dass wir Gottes Kinder sollen heißen; und es auch sind!“ (1. Johannes 3,1.)

„Der hat reichen Trost von deinem Hause, deinem heiligen Tempel.“ Wer von Gott angenommen wird, der bleibt bei ihm. Gottes Erwählung ist nicht zeitlich befristet. Seine Gaben und Berufungen können ihn nicht gereuen. Wer einmal Zutritt zu den Höfen Gottes erlangt hat, bleibt dort für immer wohnen.

V. 6 „Erhöre uns nach der wunderbaren Gerechtigkeit, Gott, unser Heil.“ (Elberfelder Übersetzung: „Du wirst uns antworten durch furchtbare Dinge in Gerechtigkeit, Gott unseres Heils.“) Gott antwortet auf Gebet so, dass sein Volk mit heiliger Ehrfurcht erfüllt wird. Ohne Zweifel handelt es sich hier darum, dass der Herr die Feinde seines Volkes in einer Art und Weise vernichtet, die Schrecken und Entsetzen hervorruft. Die Gerichte Gottes sind so angelegt, dass sie durch ihre Strenge und Gerechtigkeit Freund und Feind erschüttern sollen. Wer fürchtet nicht den Gott, der so hart zuschlägt? Oft ahnen wir nicht, was wir mit unseren Gebeten erbitten. Wenn die Antwort dann kommt, ist es möglich, dass wir darüber entsetzt sind. Wir bitten um Heiligung, und die Antwort ist Prüfung. Wir bitten um mehr Glauben, und die Antwort ist mehr Leiden. Wir bitten um Ausbreitung des Evangeliums, und die Antwort ist Verfolgung.

Trotzdem sollen wir nicht mit Bitten aufhören, denn nichts kann uns schaden, was uns der Herr in seiner Liebe gibt. Furchtbare Dinge sind letztlich doch segensreiche Dinge, wenn sie Antwort auf Gebet sind.

In diesem Vers ist auch zu beachten, dass Gerechtigkeit und Heil miteinander verbunden werden, ebenso wie die furchtbaren Taten Gottes mit gnädiger Gebetserhörung in Verbindung stehen. In unserem Herrn Jesus Christus kommt beides zur innersten Einheit. Gott, der uns rettet, kann unsere Gebete so beantworten, dass der Unglaube alles als verloren ansieht. Wenn wir aber vertrauensvoll auf den Heiland schauen, erkennen wir, dass der äußere Schein trügt und die Dinge in Wirklichkeit ganz anders liegen. Er, der so schrecklich ist, ist auch unsere Zuflucht vor dem Schrecken. „Der du bist Zuversicht aller auf Erden und ferne am Meer.“ Die Bewohner ferner Inseln vertrauen Gott. Obwohl sie so weit von Zion entfernt sind, setzen sie doch ihre Zuversicht auf den lebendigen Gott. Überall auf der weiten Erde gibt es Menschen, die Gott vertrauen. Denn er hat Macht, zu schlagen und zu retten. Alle Menschen sind völlig abhängig von Gott, zu Lande und zu Wasser, der Landmann und der Seemann. Nirgends ist Raum für eitles Selbstvertrauen. Gott ist die einzige Zuflucht und Zuversicht für alle Menschen, und überall und immer kommt es einzig und allein auf den Glauben an. Wer sein Vertrauen auf Gott setzt, erfährt, dass Gott schnell und mächtig erhören kann.

V. 7 „Der die Berge fest setzt in seiner Kraft.“ Er hat die Berge in tiefen Gründen festgesetzt, dass sie im Sturm nicht fallen können. Der Dichter sieht die Hand Gottes in der Entstehung der Gebirgswelten und singt deshalb sein Loblied zur Ehre Gottes. „Und der gerüstet ist mit Macht.“ Der Herr ist gerüstet mit Macht und hat die Berge mit seiner Macht errichtet. Die Berge sind ein Bild für Gottes gewaltige Kraft. Wir ohnmächtigen Geschöpfe sollen daraus lernen, dass wir zu dem Starken gehen müssen, wenn wir Kraft brauchen. Ohne Gott würden die Berge zusammenstürzen; ohne ihn stürzen unsere Pläne und Werke zusammen. Lasst uns den festen Grund unseres Lebens dort finden, wo auch die Berge ihren festen Grund haben - in dem allmächtigen Gott, dem Gott der Stärke.

V. 8. „Der du stillest das Brausen des Meers, das Brausen seiner Wellen.“ Gott kann das tosende Meer mit seinen gewaltigen Wellen augenblicklich in eine ruhige, spiegelglatte See verwandeln. Stille kommt von dem Gott des Friedens. Wir brauchen keinen Sturm zu fürchten, wenn Gott kommt. „Und das Toben der Völker.“ Die Völker sind so schwer zu beherrschen wie das Meer. Sie sind genauso trügerisch, unbeständig, ruhelos und wild. Gesetze bringen es nicht fertig, die Völker zu bändigen. Regierungen können sie nicht in Schranken halten. Gott allein ist König aller Völker. Das Meer gehorcht ihm, und auch die Völker müssen ihm gehorchen. Die menschliche Gesellschaft verdankt ihre Erhaltung einzig und allein der erhaltenden Macht Gottes. Böse Leidenschaften, Neid, Ehrgeiz und Grausamkeit würden die Welt sofort in ein Chaos reißen, wenn Gott es nicht verhüten würde. Die Französische Revolution ist dafür ein deutlicher Beweis. Gott sei Dank, dass er das Gebäude der gesellschaftlichen Ordnung aufrechterhält und das Böse unter Kontrolle hat. In Zeiten, wo die Ordnung sich auflöst und brutale Gesetzlosigkeit herrscht, finden Kinder Gottes ihre Zuflucht bei dem, der das Brausen des Meeres stillt. Nichts ist für ihn zu schwer!

V. 9 „Dass sich entsetzen, die an den Enden wohnen, vor deinen Zeichen.“ Es gibt nicht wenig Zeichen dafür, dass Gott gegenwärtig ist, und man kann sie überall sehen. Diese Zeichen sind manchmal schreckliche Naturereignisse wie Erdbeben, Stürme und Überschwemmungen. Da zittern die härtesten Menschen und ahnen etwas von dem lebendigen, gewaltigen Gott. Manchmal sind die Zeichen Gottes in der Geschichte zu sehen wie bei dem Untergang von Sodom und bei der Vernichtung Pharaos. Die Kunde von solchen Gerichten Gottes geht über die ganze Welt. Wir sind dankbar, dass wir uns vor den Zeichen Gottes nicht erschrecken brauchen; wir können uns sogar darüber freuen! Mit heiliger Ehrfurcht staunen wir über seine mächtigen Taten. Wir fürchten uns wohl auch, aber es ist keine sklavische Angst. „DM machst fröhlich, was da webet, gegen Morgen und gegen Abend.“ Gottes Güte erfreut die Menschen in Ost und West. Die Stunden des Morgens sind erfüllt mit Hoffnung und die Stunden des Abends mit Dankbarkeit. Ob die Sonne aufgeht oder untergeht: Wir loben Gott und freuen uns über unseren Herrn. Manche sagen, dass der Tau des Abends den scheidenden Tag beweint; für uns sind die Tautropfen Juwelen, die der folgende Tag wieder aufsammelt. Lebendiger Glaube erfüllt jeden Tag mit heller Freude. Wir können nicht fasten, weil der Bräutigam bei uns ist. Tag und Nacht sind uns gleich, denn beide hat Gott gemacht und gesegnet. Wir freuen uns, weil er uns Freude schenkt. Wenn wir unsere Freude an ihm finden, hört er nicht auf, uns Freude zu schenken.

V. 10 „Du suchst das Land heim und wässerst es.“ Wenn Gott einen Besuch macht, bringt er Segen mit. Wenn er die Erde heimsucht, bringt er immer eine Fülle nützlicher Gaben für seine hilfsbedürftigen Geschöpfe mit. Gott geht über die Erde wie ein Gärtner durch seinen Garten. Er tränkt jede Pflanze reichlich mit frischem Wasser. 0 Herr, besuche so deine Gemeinde und auch mich, sonst welkt unsere Frömmigkeit dahin! Möge deine Gnade mein Herz überströmen. Ich habe die Erfrischung so nötig; gib mir dein lebendiges Wasser! „Und machst es sehr reich.“ Alles Geld der Welt macht die Menschheit nicht so reich wie der Regen aus den Wolken, der den Erdboden tränkt und den Reichtum des Bodens hervorbringt. Das tut Gott; er ist der erste Geber. „Gottes Brünnlein hat Wassers die Fülle.“ Die Brunnen der Erde trocknen schnell aus. Alle menschlichen Hilfsquellen versiegen leicht. Gottes Brünnlein aber ist unerschöpflich. Was für die Natur gilt, gilt noch mehr für die Gnade: „Und von seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade um Gnade“ (Johannes 1,16). Es gibt eine alte Fabel von dem Fluss Paktolus; dieser Fluss soll über Gold fließen. Der Strom Gottes birgt viel reichere Schätze! Immer noch liegt der entscheidende Reichtum der Menschheit in dem Ertrag der Felder. Selbst das Gold wäre ohne Ernte wertlos. „Du lassest ihr Getreide wohl geraten.“ Getreide in den verschiedensten Arten ist das Grundnahrungsmittel der Menschheit. Wie das Manna für das Volk Israel in der Wüste von Gott bereitet wurde, so wird für uns heute das Getreide von Gott bereitet. Ob unser Nahrungsmittel vom Himmel fällt wie das Manna oder aus der Erde wächst wie das Getreide - Gott ist es, der es bereitet, und beides ist ein Wunder. „Denn also bauest du das Land.“ Es genügt nicht, wenn Gott das Land nur zubereitet. Er muss es auch bauen. Das Getreide wächst nicht ohne die bauende Kraft des Schöpfers. Gelobt sei Gott, der uns von Jahr zu Jahr mit Brot versorgt. So versorgt er auch die Seinen mit himmlischer Speise: „Er gibt Speise denen, die ihn fürchten; er gedenkt ewiglich an seinen Bund“ (Psalm 111,5).

V. 11 „Du tränkest seine Furchen und feuchtest sein Gepflügtes; mit Regen machst du es weich.“ Der Erdboden wird durch und durch getränkt. Hitze macht die Schollen hart. Regen macht sie weich. Dann erst können die zarten Pflanzen emporsprießen. „Und segnest sein Gewächs.“ Der Same keimt, die Schößlinge kommen hervor, und der Halm wächst. Über dem Land liegt der Duft frischen Lebens. Der Herr hat gesegnet. Das ist auch ein Bild für das geistliche Leben. Der Heilige Geist füllt die Leere unseres Herzens und bereitet uns zu, damit Früchte der Heiligkeit wachsen können.

V. 12 „Du krönest das Jahr mit deinem Gut.“ Die Ernte ist der deutlichste Beweis für die Güte Gottes. Die Ernte ist die Krönung des Jahres. Der Herr selbst setzt dem Jahr diese goldene Krone auf. Seine Liebe umschließt alle Jahreszeiten, wie eine Krone das Haupt umschließt. Jeder Monat hat seine Edelsteine, jeder Tag seine Perle. „Und deine Fußtapfen triefen von Fett.“ Die Fußspuren Gottes erkennt man im Regen, der das Land tränkt und Fruchtbarkeit schenkt. Man sagte von den Horden der Tataren, dass da kein Gras mehr wächst, wo die Hufe ihrer Pferde hintreten. Bei dem Herrn ist es das Gegenteil: Wo er geht, sind seine Spuren mit Segen erfüllt. Auch geistliche Ernte müssen wir von ihm allein erwarten. Er kann Zeiten geistlicher Erquickung schenken.

V. 13 „Die Weiden in der Wüste sind auch fett, dass sie triefen.“ Gott sendet den Regen nicht nur dorthin, wo Menschen wohnen, sondern auch über menschenleere Gegenden. Der reiche Herr schüttet seinen Reichtum reichlich aus. Auch die Tiere in der Wüste werden von ihm beschenkt. Sie trinken an den Oasen und finden Wasser an den Bächen, die wieder neu vom Himmel gefüllt wurden. So besucht Gott mit seiner Liebe die einsamsten und verlassensten Herzen. „Und die Hügel sind umher lustig.“ In der Trockenheit stehen sie dürr und kahl; wenn aber der Regen kommt, leuchten sie im frischen Grün.

V. 14 „Die Anger sind voll Schafe.“ Die Kleidung der Menschen kleidet zuerst die Felder: Herden von Schafen bedecken die grünen Weiden. „Und die Auen stehen dick mit Korn.“ Sowohl Weideland als auch Ackerland sind fruchtbar. Die Wolken bringen beides, Fleisch und Brot. Weidende Herden und wogende Felder sind Gaben unseres Gottes, der uns wunderbar erhält und ernährt. Ihm sollen wir dafür danken. Schafschur und Ernte - beides soll dem Herrn geweiht sein. „Dass man jauchzet und singet.“ Die Fülle Gottes bringt die Erde zum Erklingen. Das Blöken der Herden und Rauschen der Ähren ist ein Lob Gottes. Er vernimmt die Stimmen der Natur. Sie sind für Gott nicht nur Geräusche, sondern ein harmonisches Lied. Das Brausen des Wassers und das Sausen des Windes sind Lieder für den Herrn. Die ganze Schöpfung singt dem ewigen Gott ein Loblied. Wohl dem, der es hören kann und in diesen Lobgesang mit einstimmt!

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/s/spurgeon/p/spurgeon-psalm_65.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain