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Psalm 33

Psalm 33

33:1 Freuet euch des HERRN, ihr Gerechten; die Frommen sollen ihn preisen.

33:2 Danket dem HERRN mit Harfen und lobsinget ihm auf dem Psalter von zehn Saiten.

33:3 Singet ihm ein neues Lied; machet's gut auf Saitenspiel mit Schall.
„Singet ihm ein neues Lied.“ Tut das alte weg. Ihr kennt ein neues Lied. Ein neuer Mensch, ein neuer Bund, ein neues Lied. Das neue Lied kann niemand singen, der noch im alten Wesen ist. Nur neue Menschen können neue Lieder singen. (Aurelius Augustinus)


Der Psalmist muß seine Genossen nicht dazu mahnen, daß sie singen; wohl aber ruft er ihnen zu: ein neues Lied singt. Sie sangen ihre alten Lieder, die der Schatz der Gemeinde waren und das aussprachen, was die Väter als göttliche Hilfe erlebt hatten. Ihre alten Lieder waren ihnen unentbehrlich. „Unsere Väter trauten auf dich und du halfst ihnen“; daß es so war, das wußten sie aus dem alten Lied und deshalb trauten auch die Kinder jener Väter auf ihn. Das Gebet der Väter wurde zum Gebet der Kinder und die Danksagung der Alten erweckte die Seele der Jungen zur Danksagung. So ging ein Strom von Erfahrung von Geschlecht zu Geschlecht und gab der Gemeine in ihren wechselnden Geschlechtern dasselbe einheitliche Wort. Aber ebenso unentbehrlich wie das alte Lied ist das neue. Gäbe es kein neues Lied, so gäbe es keine Gegenwart Gottes, keine jetzt uns belebende Gnade, keinen jetzt uns geschenkten Sieg. Kann ich nur von Erinnerung leben? Kann ich Gott nur in dem suchen, was einst vor Zeiten bei den Vätern geschah? Das Lied der Alten hat auch das an sich, was die Eigenart der Alten war und ihrem Leben die Schranken setzte. Ihre Lage ist nicht die meinige, ihr Glaube nicht der meine und das Werk, das sie zu vollbringen hatten, habe nicht auch ich zu tun. Unser Lied kann nicht zeitlos sein; denn es ist die Frucht unseres Lebens, begleitet mit Bitte und Dank unser Handeln und wandelt sich darum mit dem Wechsel der Geschlechter. Der Psalmist hielt aber seine Mahnung, ein neues Lied zu singen, nicht für ein Gebot ohne Kraft, nicht für einen Wunsch ohne Wurzel. Der Stoff zum neuen Lied ist ihm und seinen Genossen gegeben. Denn er selber schaut in seinem eigenen Leben Gottes Werk und dieses darf nicht in Heimlichkeit verschwinden und durch Undank entkräftet werden. Keiner empfängt Gottes Gabe nur für sich selbst; als Glied der Gemeinde erhält er sie für sich und die anderen. Darum entsteht aus dem alten Lied das neue, aus der Stimme der Vorzeit die des lebenden Geschlechts und sie bereitet das Gebet der kommenden vor, deren selige Pflicht es sein wird, an ihrem Ort mit ihrem Wort Gott für das zu preisen, was er ihnen geben wird.
Unser Lied, Herr, Gott, ist schon lange stumm und wir können nur das Lied der Alten singen. Schenke uns ein neues Lied. Nur unsere Undankbarkeit macht uns stumm. Unser starres Herz will nicht singen. Nimm uns das steinerne Herz und mache uns wach, daß wir deinen Namen loben. Amen. (Adolf Schlatter)

33:4 Denn des HERRN Wort ist wahrhaftig; und was er zusagt, das hält er gewiß.
Nicht bloß den Erzvätern und dem Volke Israel gab Gott Verheißungen; auch uns sind deren gegeben, Zusagen, die uns auf unserer Pilgerbahn allüberall begleiten und wie ein Gesänge in der Nacht, wo wir gehen und stehen, beschwichtigend und entzückend uns umtönen. Nichts Geringeres verheißt uns der Herr, als: „Wir werden nimmermehr umkommen. Niemand wird uns aus Jesu Händen reißen. Berge werden stürzen; aber nicht der Bund des Friedens. Hügel werden von ihrer Stelle weichen; aber seine Gnade weichet nimmer von uns. Der Same Gottes wird bei uns bleiben ewig, der Geist nicht mehr von uns genommen werden. Der Herr will uns bewahren, wie seinen Augapfel, Er will uns tragen, wie auf Adlers Flügeln. Der Arge soll uns nicht antasten, die Pforten der Hölle uns nicht überwältigen. Der Herr will bei uns sein im Feuer der Anfechtung, daß uns die Flamme nicht verbrenne. Über Vermögen sollen wir nicht versucht werden. Wenn Er eine Last uns auflegt, will Er auch selbst sie uns tragen helfen. Wir sollen zur rechten Stunde getröstet werden, wie Einen seine Mutter tröstet.“ Selbst auf das leibliche Dasein und alle äußerlichen Verhältnisse und Lagen, in denen wir uns befinden mögen, erstrecken sich die göttlichen Verheißungen: daß Er sein wolle der Armen Schutz, der Kranken Arzt, der Witwen Richter, der Waisen Vater und eine feurige Mauer um die Seinen her in jeder Gefahr. O wie erhebend und stärkend ist da die Gewißheit: Des Herrn Wort ist wahrhaftig, und was Er zusagt, das hält er gewiß! - Wohlan, so wollen wir uns denn mit diesen Gottes-Zusagen bekannt machen, wollen sie gleichsam als ein Amulett um den Hals tragen, und alle Pfosten und Wände unserer Häuser und Kammern damit bestreichen. Wie Sterne, die Tag und Nacht nicht untergehen, sollen sie über unserm Haupte strahlen. Mit David wollen wir sprechen: „Deine Zeugnisse, o Gott, sind mein ewiges Erbe.“ - Vor Allem wollen wir sie uns aneignen durch den Glauben! Gott ist getreu und kann sich selbst nicht leugnen. Fürwahr, wo seine Verheißungen die Sprossen an der Leiter bilden, auf der wir betend zu Gott emporsteigen: da werden wir uns auch nimmer ohne die begehrte Wohltat und Hülfe zurückkehren sehen. Der Arm des Herrn ist noch nicht verkürzt und seine Güte hat noch kein Ende. Er ist derselbe gestern und heute und in Ewigkeit, und was Er einst zu Martha sagte, das gilt uns Allen: „Ich sage dir, so du glauben würdest, du solltest die Herrlichkeit Gottes sehen.“(Johann Friedrich Wilhelm Arndt)


Daß der Menschen Gedanken eitel seien, wie der HErr, der vom Himmel auf die Menschenkinder sieht, am besten weiß (Ps. 94,11.): offenbaret sich am deutlichsten aus den Religionen, welche sie selbst erdacht haben. Sie haben schon in den ältesten Zeiten die Herrlichkeit des unsichtbaren Gottes verwandelt in ein Bild gleich den vergänglichen Menschen, und der Vögel, und der vierfüßigen und der kriechenden Thiere (Röm. 1,23.). Sie haben Götter erdacht, welche Sünder waren, wie die bösen Menschen, und an Schandthaten ihr Vergnügen hatten, wie diese. Ja, wenn sie auch glaubten, daß ein einiges göttliches Wesen sei, welches Alles erschaffen habe und regiere, so konnten sie doch nicht mit Gewißheit sagen, wie gelind oder wie streng dieses göttliche Wesen sei, wie viel es fordere oder übersehe, wie viel es vergebe oder räche, und was es dem Menschen für ein Schicksal nach dessen Tod bestimmt habe. Gesetzt auch, daß Einer oder der Andere hierin etwas von der Wahrheit gemerkt habe: so blieb doch die Furcht im Herzen zurück: wie? wenn es sich anders verhielte; wie? wenn das göttliche Wesen anders dächte als ich; wie? wenn ich nach dem Tod Alles anders anträfe, als ich mir’s jetzt vorstelle? Ich bin ein Mensch, und kann irren. Andere Menschen denken anders als ich: wer bin ich, daß ich Andere übertreffen wollte? Aus dieser Ungewißheit und Furcht kann nichts heraushelfen als ein Wort des ewigen Gottes. Wenn der um Wahrheit und um sein Heil bekümmerte Mensch das erstemal hörete: es gibt ein Wort Gottes! sollte er nicht über’s Meer fahren, um es zu holen, oder seine ganze Habe daran rücken, um dessen habhaft zu werden? Allein es ist jetzt den Christen anvertraut, und diese haben es in der lieben Bibel. Glückselige Christenheit, welche sie hat! Wehe denen, die Christen heißen und sie verachten! Des HErrn Wort ist wahrhaftig: folglich soll es geglaubt werden. Es bedarf keines Beweises: es ist genug, daß es des HErrn Wort ist. Es ist wahrhaftig, wenn es alte Geschichten erzählt, und wenn es zukünftige Dinge verkündiget, wenn es hohe und tiefe Geheimnisse entdeckt, und wenn es von gemeinen Sachen handelt; wenn es den Menschen straft, und wenn es ihn tröstet; wenn es von Zorn und wenn es von Gnade handelt. Es ist durchaus wahrhaftig; und wer es glaubt, wird nicht zu Schanden. Wenn also die Menschen, die dieses Wort hintansetzen, in Religionssachen irren, streiten, zweifeln und endlich verzweifeln: so ist dieses Wort denen, die es verstehen und glauben, ein wahrhaftiger Lehrer, ein treuer Rathgeber, ein Licht auf dem Weg ihrer Wallfahrt, eine Richtschnur ihres Lebens, und ein unbeweglicher Grund, worauf sie bauen können. Dieses Wort enthält den Plan, wornach Gott die Welt regiert, so weit er uns faßlich ist, und es ist das Gesetzbuch, wornach Er sie richten wird; und es geht täglich so, und wird am jüngsten Tag und ewiglich so gehen, wie dieses Wort sagt. Was Gott in Seinem Wort zusagt, das hält Er gewiß; denn Er ist Jehovah, der ist, und der war, und der sein wird, der Ewige und Unveränderliche, bei dem kein Wankelmuth Raum hat, der nie anderer Meinung wird, der Sich Seine Ansprüche nie reuen läßt, der etwas, das Er geredet hat, nie durch einen neuen Ausspruch umstößt, und der Sich auch aller Seiner Worte immer bewußt ist. Sein Thun besteht also in der Wahrheit, und kommt mit Seinem wahrhaftigen Wort überein. Er gibt, was Er versprochen hat, und thut, was Er zugesagt hat.(Magnus Friedrich Roos)

33:5 Er liebt die Gerechtigkeit und Gericht; die Erde ist voll der Güte des Herrn.
Die Erde ist ein Schauplatz der Sünde, der Leiden und des Todes, und doch ist sie auch der Güte des HErrn voll. Gott hat das Feld um Adams willen verflucht. und doch sit noch ein Segen übrig geblieben um des HErrn Christi willen. Die Sündfluth hat die schöne und regelmäßige Gestalt der Erde verderbet, und doch ist noch viel Schönheit und Ordnung übrig geblieben. Die Erde ist nicht das Vaterland wahrer Christen, sondern nur der Ort ihrer Pilgrimschaft: die Güte Gottes aber theilt sich auch solchen Pilgrimen täglich und reichlich mit, damit ihre Pilgrimschaft ihnen nicht allzu beschwerlich werde. Wenn wir die Menge der Sünden wüßten, die täglich auf der Erde geschehen: so würden wir uns wundern, daß die Erde noch der Güte des HErrn voll sein kann. Aber Gott ist Gott. Seine Langmuth und Barmherzigkeit ist unermeßlich, und das Mittleramt Christi hat eine unaussprechliche Kraft und Wirkung. Auch in denjenigen Gegenden, wo kein Evangelium und keine Sakramente anzutreffen sind, thut der HErr noch dasjenige, was Paulus Ap. Gesch. 14,17. den Heiden zu Lystra als einen Beweis Seiner Güte vorhielt, da er sagte: Gott hat Sich selbst nicht unbezeugt gelassen, hat uns viel Gutes gethan, und vom Himmel Regen und fruchtbare Zeiten gegeben, unsere Herzen erfüllet mit Speise und Freude. Auch ist überall wahrzunehmen, was Ps. 136,1-9.25.26. als eine Offenbarung der Güte Gottes und als eine Verpflichtung zum Dank gerühmet wird: Danket dem HErrn, denn Er ist freundlich, und Seine Güte währet ewiglich! Danket dem Gott aller Götter, denn Seine Güte währet ewiglich! Danket dem HErrn aller Herren, denn Seine Güte währet ewiglich, der die Himmel ordentlich gemacht hat, denn Seine Güte währet ewiglich; der die Erde auf’s Wasser ausgebreitet hat, denn Seine Güte währet ewiglich; der große Lichter gemacht hat, denn Seine Güte währet ewiglich; die Sonne, dem Tag vorzustehen, denn Seine Güte währet ewiglich; den Mond und Sterne, der Nacht vorzustehen, denn Seine Güte währet ewiglich, der allem Fleisch Speise gibt, denn Seine Güte währet ewiglich! Danket dem Gott vom Himmel, denn Seine Güte währet ewiglich! Alle diese Beweise der Güte Gottes sind in allen Gegenden der Erde anzutreffen: sie mögen bewohnt werden, von wem sie wollen. Gedenkt man aber an die christlichen Länder, so trifft man in denselben die Erfüllung dessen an, was Ps. 147,19 ff. von dem Volk Israel gesagt wird: Er zeiget Jakob Sein Wort, Israel Seine Sitten und Rechte. So thut Er keinen Heiden, noch lässet sie wissen Seine Rechte. Hallelujah. Welch‘ ein Schatz, welch‘ ein großer Beweis der Güte Gottes ist nicht Sein Wort, dem die heiligen Sakramente gleichsam als ein Siegel angehängt sind! Wie weise, wie getrost, wie vergnügt, wie heilig und selig kann man dadurch werden! Wie gütig ist der HErr, daß Er Sich zu den Menschen herabgelassen hat, um mit ihnen zu reden, und daß Er, weil Er nicht mit allen unmittelbar reden kann, Seine Worte wenigstens für Alle hat aufschreiben lassen, und durch Seine Diener Allen verkündigen läßt. die Erde ist also voll der Güte des HErrn; denn alles Gute, das alle Menschen täglich auf der Erde genießen, ist Seine Gabe, und Er kann dabei sagen: Wer hat Mir etwas zuvor gethan, daß Ich’s ihm vergelte? Es ist Alles Mein, was unter allen Himmel ist. Hiob 41,2.
Ein Christ denkt von der Erde mäßiglich und nach der Wahrheit. Sie ist voll der Güte des HErrn, ja sie ist ganz der Herrlichkeit des HErrn voll, wie die Seraphim Jes. 6,3. gesagt haben: sie ist aber auch ein Schauplatz heilsamer Leiden, folglich zu einer Laufbahn, zu einem Kampfplatz und Pilgrimsland wahrer Christen eben recht eingerichtet.(Magnus Friedrich Roos)

33:6 Der Himmel ist durch das Wort des HERRN gemacht und all sein Heer durch den Geist seines Mundes.

33:7 Er hält das Wasser im Meer zusammen wie in einem Schlauch und legt die Tiefen in das Verborgene.

33:8 Alle Welt fürchte den Herrn; und vor ihm scheue sich alles, was auf dem Erdboden wohnt.

33:9 Denn so er spricht, so geschieht's; so er gebeut, so stehet's da.
Es ist nicht müßiges Spiel, wenn wir fragen, woher die Dinge kommen. Wir sollen in der Welt heimisch werden; sie bliebe uns aber fremd, wenn uns ihr Ursprung nur ein Rätsel wäre. Bliebe uns die Herkunft der Welt dunkel, so wüssten wir auch nicht, woher wir kommen; denn wir sind ein Teil der Natur. Ungefährlich ist aber die Bahn nicht, auf der wir unsere Gedanken dann wandeln lassen, wenn sie uns den Anfang der Dinge deuten sollen. Wie oft war das Ergebnis dieser Wanderung ein phantastisches Gebilde, ein Weltbild, das Gott verbirgt! Es kann nichts anderes entstehen, wenn unser Denken unserer Eigensucht dient, die nach der Macht über die Welt begehrt. Da wir die Dinge dann beherrschen, wenn wir sie begreifen und ihre Entstehung kennen, stellt es sich dem selbstischen Willen als ein lockendes Ziel dar, in den Ursprung der Dinge einzudringen. Ist es nicht der höchste Erweis der menschlichen Größe, wenn wir imstande sind, die Welt von oben herab zu betrachten als die, die wissen, was sie ist und wie sie ward? Ist nicht das das Mittel, durch das wir uns ihrem Druck entziehen? Allein die Welt entstand durch das göttliche Schaffen und dieses ist etwas völlig anderes als das, was wir Menschen können, und bleibt darum unserem Begreifen gänzlich verschlossen. Der Anfang der Welt ist, weil sie Schöpfung ist, ein Wunder und dieses verlangt von uns die Beugung, die uns still macht und unser Denken zügelt. Wird uns deshalb die Welt zum Rätsel, das uns plagt, zur Fremde, in der es uns nicht wohl sein kann? Nein, sagt der Psalmist mit frohlockendem Jubel. Auch er fragt die Welt, woher sie komme, und er fragt nicht umsonst, sondern hat eine Antwort, die einzige, die sich hier geben lässt, die ganz gewisse. Denn er kennt Gott und kennt sein Wort, die unerschöpfliche Fülle der Gedanken, die nicht nur Gedanken bleiben, sondern mit der wirksamen Macht geeinigt sind. Daher weiß er, woher die Dinge kommen, auch die, die in erhabener Höhe über dem Menschen stehen wie das leuchtende Himmelsheer. Nun endet die Furcht und Flucht vor der Natur. Weil sie das Werk des göttlichen Wortes ist, sind wir in ihr daheim; denn jede Berührung mit ihr bringt uns eine Begegnung mit Gott und seinem schaffenden Wort.
Nicht dazu bist Du, mein Schöpfer und Vater, der Wirker Deiner Werke, damit sie Dich mir verbergen, sondern damit ich sehe, wie wunderbar Du bist, und die schaffenden Macht Deines Wortes inne werde. Dasselbe Wort, das so spricht, dass es geschieht, gab mir mein Leben und gibt mir den zu dir emporgerichteten Blick, der Deine Gnade schaut. Ich will meiner Kleinheit bewusst werden im Blick auf Deine Größe und an Deiner Größe messen, was Dein gnädiges Wort mir schenkt. Amen. (Adolf Schlatter)


Vom jüdischen Unglauben, sagte Paulus, er ändere an Gottes Treue nichts. Das sagt er, der für sein ganzes Wirken kein anderes Ziel hatte als den Glauben, weil er den Glauben die Gerechtigkeit des Menschen hieß, die einzige, die vor Gott gilt, weil sie von Gott kommt. Nun sagt er der Judenschaft, die Jesus kreuzigte und sich von seiner Gemeinde gänzlich schied, die sich der Entstehung der Heidenkirche mit allen Mitteln der Gewalt widersetzte und Paulus beständig ins Leiden stieß; einige von euch glauben nicht; was ändert das? Gottes Treue bricht nicht und Gottes Wort verliert seine Geltung nicht. Euch ist Gottes Wort übergeben und das ist euer Vorzug, den kein Unglaube vernichten kann. Sprach Paulus jetzt gläubig vom Glauben? O ja, nicht der spricht vom Glauben gläubig, der die Macht des Glaubens in den Glauben selbst hineinlegt. Eine Macht ist der Glaube deshalb, weil er sich an Gottes Gnade hängt und das sucht und hat, was Gott ihm gibt. Ich hätte ihn zerstört, wenn ich Gott an meinen Glauben bände. Indem Paulus sagt, dass Israel mit seinem Unglauben nicht Meister über Gottes Willen werde, pries er Gottes Gnade und sprach als Glaubender. Ich spüre freilich, dass dieses Wort mir gefährlich werden kann. Trotze, streite, wehre dich, sagt Paulus den Juden, du kannst es nicht ändern, dass du Gottes Wort hast. Wird es nun nicht gleichgültig, wie ich mich verhalte? Verliert nicht vor der unwandelbaren Herrlichkeit der göttlichen Gnade der Glaube jede Wichtigkeit? Zweifellos kann ich mir aus dem vollendeten Glauben des Paulus den Anlass zum Unglauben holen. Es gibt nichts, weder in der Natur noch in der Schrift, womit ich mir nicht schaden kann. Aber die Schuld an einem solchen Missbrauch der Gnade, die aus ihr die Ermächtigung zum Bösen macht, legt Paulus einzig auf den Menschen. Wohin sieht der Glaube? Er sieht empor zu Gott. Was sieht er dort? Den, der die Welt richtet, den Heiligen, der keine Bosheit duldet, den Gnädigen, der dem hilft, der ihm vertraut, nicht aber dem, der auf seinen Glauben pocht, nicht dem, der sich boshaft macht, weil Gott gütig ist. Zu diesem Schluss kann ich nur kommen, wenn ich mir verberge, worin der Glaube seinen Grund und Inhalt hat. Wem gehört mein Glaube? Gott. Wenn ich das nicht vergesse, bin ich vor allem Trotz und Übermut bewahrt.
Dein Wille, Herr, Gott, geschehe an mir und an der ganzen Welt in seiner ganzen Herrlichkeit. Wer steht fest? Du. Wer schwankt nicht? Du, der Du uns zu Dir berufen hast. Wer ist willkommen? Deine Güte, die nicht weicht, wenn wir weichen, sondern gibt, was sie uns verordnet hat. Dein Name sei gelobt. Amen. (Adolf Schlatter)

33:10 Der HERR macht zunichte der Heiden Rat und wendet die Gedanken der Völker.

33:11 Aber der Rat des HERRN bleibt ewiglich, seines Herzens Gedanken für und für.
Der Rat der Völker hat größere Macht als der Rat der Regierenden, wenn auch der Rat der Völker nur dadurch zur Tat gelangen kann, dass die, die sie regieren, ihn vertreten. Aber die, die die Macht verwalten, wechseln rasch und machen nach kurzer Dauer ihren Nachfolgern Platz. Der Rat der Völker dagegen bleibt und sie halten ihn oft durch Jahrhunderte hindurch mit zäher Anstrengung fest. Der Psalmist fand bei den fremden Völkern, die er kannte, eine sie beherrschende Politik, Ziele, nach denen ihre Geschlechter in langer Reihe einträchtig strebten und die für alle Glieder des Volkes unanfechtbare Geltung hatten. Der Assyrer strebte nach der Weltherrschaft; der Rat der Tyrier begehrte nach einem weit ausgedehnten kolonialen Reich; der Rat der Ägypter machte aus Ägypten eine eigene Welt für sich und schuf die ägyptische Kultur mit ihren Tempeln und Gräbern. Schaffen die Völker mit ihren nationalen Bestrebungen Bleibendes? In der Gewissheit, die der vom Geist geschenkte Blick auf Gott gewährt, sagt der Psalmist: alle diese Politiken scheitern; der Rat der Völker zerbricht. Warum? Sie kennen den Rat Gottes nicht und dies ist der einzige Rat und Plan, der besteht und geschieht. Gott ließ, sagte Paulus, die Völker ihre eigenen Wege wandeln. Darum suchen sie ihre Ziele im Bereich der Natur. Sie ringen um den Besitz der Erde und um die Ausnützung der von der Natur uns geliehenen Kräfte. Darum sind die Wege der Völker anders als die Wege Gottes. Sein Rat setzt fest, was er uns gibt, wie er uns seine Herrlichkeit zeigt und uns zu Erben seines Reichtums macht. Dieser Rat besteht und nicht der der Völker, wie einst, so auch jetzt. Der Psalmist hat völlig Recht behalten. Alles, was die Völker damals mit großer Macht und scheinbarem Erfolg anstrebten, versank. Dass es aber ein Volk Gottes gab, das blieb und bleibt.

Nicht mein Rat, auch nicht der Rat meines Volkes geschieht, ewiger Gott, sondern der Deine. Auch meine Pläne und Ziele müssen zerfallen, weil sie die meinen sind. Ich bitte nicht, dass Du sie erfüllest, sondern darum bitte ich: es bestehe und geschehe der Rat Deiner Gnade und erfülle sich auch an mir in Zeit und Ewigkeit. Amen. (Adolf Schlatter)

33:12 Wohl dem Volk, des Gott der HERR ist, dem Volk, das er zum Erbe erwählt hat!1)

33:13 Der HERR schaut vom Himmel und sieht aller Menschen Kinder.
Vielleicht zeigt uns kein Redebild Gott in einem gnadenreicheren Licht, als wenn es von Ihm heißt, Er steige hernieder von seinem Thron und komme vom Himmel herab, um mitleidsvoll auf die Leiden der Menschen zu achten und die Not der Menschenkinder sich zu Herzen dringen zu lassen. Wir lieben Ihn; denn da Sodom und Gomorrha mit Gottlosigkeit erfüllt waren, wollte Er diese Städte nicht zerstören, bevor Er dieselben nicht mit seiner persönlichen Heimsuchung begnadigt hätte. Wir können nicht anders, wir müssen unser Herz in Liebe gegen unsern Herrn ausschütten, der aus der höchsten Herrlichkeit sein Ohr zu uns herabneigt, und es an die Lippen des sterbenden Sünders legt, dessen ermattete Seele sich nach Versöhnung und Frieden sehnt. Was können wir anders als Ihn lieben, dieweil wir wissen, daß Er auch die Haare auf unserm Haupte alle zählt, auf jeden unsrer Tritte achtet, und uns auf allen unsren Wegen leitet? Besonders nahe tritt uns diese Wahrheit und bewegt unser Herz, wenn wir bedenken, wie aufmerksam Er ist, nicht allein auf die zeitlichen Bedürfnisse seiner Kreaturen, sondern ganz besonders auf ihre geistlichen Anliegen. Obgleich ein unermeßlicher Abstand besteht zwischen dem endlichen Geschöpf und dem unendlichen Schöpfer, so sind doch beide durch unzerreißbare Bande miteinander verbunden. Wenn eine Träne aus deinem Auge fällt, so glaube nicht, daß Gott sie nicht wahrnehme; denn „wie sich ein Vater über Kinder erbarmt, so erbarmet sich der Herr über die, so Ihn fürchten.“ Dein Seufzen kann das Herz Jehovahs bewegen; dein Lispeln zieht sein Ohr zu deinen Lippen nieder; dein Gebet kann seiner Hand Stillhalten gebieten; dein Glaube kann seinen Arm bewegen. Stelle dir nicht vor, Gott throne in der Höhe, ohne deiner zu gedenken, noch deiner Tritte zu achten. Der Herr siehet auf dich, wie arm und elend du auch seiest. Denn des Herrn Augen schauen alle Lande, daß Er stärke die, so von ganzem Herzen an Ihm sind. (Charles Haddon Spurgeon)

33:14 Von seinem festen Thron sieht er auf alle, die auf Erden wohnen.

33:15 Er lenkt ihnen allen das Herz; er merkt auf alle ihre Werke.
„Er merkt auf alle ihre Werke.“ Zwei Menschen beschenken einen Armen. Der eine sucht seinen Lohn im Himmel, der andere das Lob der Menschen. Wir sehen bei beiden nur eins: Sie beschenken den Armen. Gott aber sieht beides: was sie tun und warum sie es tun. Gott weiß, was im Herzen ist. Er durchschaut die innersten Absichten. (Aurelius Augustinus)

33:16 Einem Könige hilft nicht seine große Macht; ein Riese wird nicht errettet durch seine große Kraft.
In der Schlacht bei Gaugamela wurde das gewaltige Heer der Perser von Alexander geschlagen, obwohl das persische Heer eine zehnfache Übermacht besaß. Der mächtige Darius wurde bald darauf ermordet. Napoleon führte mehr als eine halbe Million Soldaten nach Russland Aber der furchtbare russische Winter vernichtete sein Heer, und er selber saß bald darauf gefangen auf der einsamen Insel St. Helena. Der Verlauf der Menschheitsgeschichte bestätigt diesen Psalmvers. Die mächtigsten Heere zergehen wie Schneeflocken vor der Sonne, wenn Gott sich gegen sie stellt. (Charles Haddon Spurgeon)

33:17 Rosse helfen auch nicht, und ihre große Stärke errettet nicht.

33:18 Siehe, des HERRN Auge sieht auf die, so ihn fürchten, die auf seine Güte hoffen,

33:19 daß er ihre Seele errette vom Tode und ernähre sie in der Teuerung.

33:20 Unsre Seele harrt auf den HERRN; er ist unsre Hilfe und Schild.

33:21 Denn unser Herz freut sich sein, und wir trauen auf seinen heiligen Namen.
Es ist etwas so Seliges darum, daß sich die Christen auch im tiefsten Elend und im größten Unglück freuen können; obgleich Trübsal sie umgibt, so singen sie dennoch; singen, wie manche Vögel am besten im Käfig. Ob die Wellen immer höher und höher schwellen und hoch über ihr Haupt hinbrausen, so steigt dennoch ihre Seele bald empor zur Oberfläche und schaut das Sonnenlicht vom Angesicht Gottes; sie haben einen Rettungsgurt bei sich, der ihr Haupt allezeit über Wasser erhält und sie trägt, daß sie singen können mitten im Schrecken des Sturmes: „Du, Gott, bist noch bei mir.“ Wem gebührt nun die Ehre? O, wem anders als Jesu; das alles kommt von Jesu. Trübsal bringt nicht notwendig zugleich den Trost mit für den Gläubigen, aber die Gegenwart des Sohnes Gottes, der bei ihm im Feuerofen stehet, erfüllt sein Herz mit Freude. Er ist krank und leidend; aber Jesus besucht ihn und erquickt ihn auf seinem Krankenbett. Er liegt im Sterben, und die kalten schauerlichen Wellen des Jordan umspülen ihn bis an den Mund, aber Jesus faßt ihn in seine Arme und ruft ihm zu: „Fürchte dich nicht, mein Lieber, Sterben ist Erben; die Fluten des Todes haben ihren Quell im Himmel; sie sind nicht bitter, süß sind sie wie Nektar, denn sie entströmen dem Throne Gottes.“ Und wenn der scheidende Heilige die Strömung durchschreitet, und wenn sich die Wellen um ihn her auftürmen, und wenn das Herzblut stockt und der Blick erstarrt, dann flüstert ihm dieselbe Stimme ins Ohr: „Fürchte dich nicht, ich bin mit dir; weiche nicht, denn ich bin dein Gott.“ Und wenn er den Gestaden der unbekannten Ewigkeit naht, und schon zurückschaudert vor den Toren des Schattenreichs, spricht Jesus: „Fürchte dich nicht, es ist deines Vaters Wohlgefallen, dir das Reich zu geben.“ So gestärkt und getröstet fürchtet sich der Gläubige nicht, zu sterben; ja, er freut sich abzuscheiden, denn weil er Jesum erblickt hat als den Morgenstern, so sehnt er sich, Ihn anzuschauen und sich an seinem Anblick zu weiden als an einer hellstrahlenden Sonne. Wahrlich, die Gegenwart Jesu ist der ganze Himmel, nach dem uns verlangt. (Charles Haddon Spurgeon)


Die Wurzel des Glaubens bringt die Blume der Herzensfreude hervor. Zuerst mögen wir uns nicht freuen, aber das kommt seiner Zeit. Wir vertrauen dem Herrn, wenn wir traurig sind, und zur rechten Stunde vergilt Er unsre Zuversicht so, daß unser Glaube sich in Genuß verwandelt und wir uns in dem Herrn freuen. Zweifel brütet Elend aus, aber Vertrauen wird auf die Länge zur Freude.
Die Gewißheit, die der Psalmist in diesem Verse ausdrückt, ist wirklich eine Verheißung, die in den Händen heiliger Zuversicht uns vorgehalten wird. O, daß wir Gnade hätten, sie uns anzueignen. Wenn wir uns nicht in diesem Augenblick freuen, so sollen wir es doch künftig thun, so gewiß Davids Gott unser Gott ist.
Laßt uns über des Herrn heiligen Namen nachsinnen, damit wir Ihm um so besser vertrauen und um so rascher uns freuen. Er ist Seinem Wesen nach heilig, gerecht, wahrhaftig, gnädig, treu und unveränderlich. Soll man einem solchen Gott nicht vertrauen? Er ist allweise, allmächtig und allgegenwärtig, können wir uns nicht freudig auf Ihn verlassen?
Ja, wir wollen dies thun.
„Jehovah-Jireh, 1.Mose 22,14. Der Herr siehet“ wird versehen, „der Herr des Friedens“ wird Frieden senden, „der Herr, der unsre Gerechtigkeit ist“, wird rechtfertigen, „hier ist der Herr,“ Hes. 48,35, wird ewig nahe sein. Die Deinen Namen kennen, werden Dir trauen, und die Dir trauen, werden sich Deiner freuen, o Herr. (Charles Haddon Spurgeon)

33:22 Deine Güte, HERR, sei über uns, wie wir auf dich hoffen.2)

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