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Psalm 141

Psalm 141

141:1 Ein Psalm Davids. HERR, ich rufe zu dir; eile zu mir; vernimm meine Stimme, wenn ich dich anrufe.

141:2 Mein Gebet müsse vor dir Taugen wie ein Räuchopfer, mein Händeaufheben wie ein Abendopfer.
Das wahre Beten ist nicht eine künstlich abgefaßte Rede an Gott, nicht die sorgfältige Wiederholung glücklich erlernter Formeln oder gar das Spiel einer reichen Einbildungskraft; alles das sind Formen ohne Geist, dem Herrn ein Greuel. Er sieht aufs Herz. Dieses Herz in Liebe und kindlichem Vertrauen zu ihm erheben, es in seinen geheimsten Regungen und Wünschen ihm darlegen, ihm seine Sünden und all sein Elend ohne Rückhalt bekennen, allen Schmerz vor seinem Angesicht ausweinen, allen Kampf in seiner heiligen Gegenwart auskämpfen, ihm für alles danken, ihn in allem zu Rat ziehen und im Flehen nicht ablassen, bis er die ersehnte Gabe verleiht - das heißt beten. der einfältige, unverrückte Blick der Liebe auf den Herrn, dieser Blick, der selbst beim Menschen alles vermag, ist auch das Geheimnis des rechten Gebets. So versteht es David, der große Gebetsmann, und bringt im Gebet sein Herz als Morgen- und Abendopfer dem Herrn dar. Wer etwas von solchem Beten aus seliger Erfahrung kennt, der weiß, welch unvergleichlicher Segen es der Seele ist, wie es sie stillt und erquickt und nach den aufregendsten Eindrücken und stürmischen Empfindungen ihr Ruhe und Frieden wiedergibt. Wenn das Gemüt unter schwerem Weh zusammengepreßt ist, tut jede Mitteilung dem bekümmerten Herzen wohl, und müßte es seine Klagen an eine leblose Bildsäule richte, es würde ihm eine Erleichterung sein. Wie wohl wird ihm dann an treuen Freundes Seite! Hier aber tritt, im geheimnisvollen Leben der Gebetsgemeinschaft mit dem Herrn, er selbst, der treueste und weiseste Freund, dein Erlöser vor dich hin, von dem der Prophet spricht: „Er erlöste sie, darum daß er sie liebte und ihrer schonte; er nahm sie auf und trug sie alle Zeit von Alters her.“ (Jes. 63,9) (Hermann Heinrich Grafe)

141:3 HERR, behüte meinen Mund und bewahre meine Lippen.

141:4 Neige mein Herz nicht auf etwas Böses, ein gottloses Wesen zu führen mit den Übeltätern, daß ich nicht esse von dem, was ihnen geliebt.

141:5 Der Gerechte schlage mich freundlich und strafe mich; das wird mir so wohl tun wie Balsam auf meinem Haupt; denn ich bete stets, daß sie mir nicht Schaden tun.1)

141:6 Ihre Führer müssen gestürzt werden über einen Fels; so wird man dann meine Rede hören, daß sie lieblich sei.

141:7 Unsere Gebeine sind zerstreut bis zur Hölle, wie wenn einer das Land pflügt und zerwühlt.

141:8 Denn auf dich, HERR Herr, sehen meine Augen; ich traue auf dich, verstoße meine Seele nicht.

141:9 Bewahre mich vor dem Stricke, den sie mir gelegt haben, und von der Falle der Übeltäter.
Es mag die Sünde, oder das Fleisch, oder die Welt - oder der Satan, oder alle diese Uebelthäter, Gottlosen und Stolzen dich anfechten, dir Stricke und Fallen legen, so kannst du, wenn du nur willst, dennoch bewahret bleiben, kannst herausgerissen und gerettet werden durch die Hand des Herrn. Aber du mußt auch in dieser Hand sein, und nicht mit deiner eignen Faust gegen diese gottlosen Feinde kämpfen. Du mußt dein Herz in die Hand nehmen, und es zu dem Heiland tragen, es in seine Hand legen, und darin liegen lassen, alle Tage, alle Stunden nachsehen (je öfter, je besser), ob es noch darinnen liege. Ist dein Herz, bist du in seiner Hand, fest und beständig; trägst du dein Herz immer wieder zu ihm und in seine Hand, so stehst du fest gegen alle Anläufe deiner Feinde, unüberwindlich in allen Versuchungen; und selbst der ärgste Feind, der Satan, kann deiner Seele nicht schaden, weil sie in der Hand des Herrn ist. Darum entziehe dich nur ihm nicht, reiß dich von Allem, nur von seiner Hand nicht los. Außer ihr bist du ein Spielball der Welt, des Teufels und des Fleisches, und kommst leicht wieder in alle alte Sachen hinein, die du längst verabscheuet hast; wirst von dem Feinde, den du längst besiegt zu haben glaubst, wieder überwunden, und ein Sklave deiner vorigen Sünden. In der Hand des Herrn aber bist du unantastbar. Sie hält dich auch eine verborgene, wunderbare Weise, auch wenn du zu unterliegen scheinst. Und wärest du schon in den Klauen des Satans, kannst Du die Hand des Herrn ergreifen, so reißt sie dich heraus und erlöset dich von aller Gewalt der Feinde und Sünden. (Johannes Goßner)

141:10 Die Gottlosen müssen in ihr eigen Netz fallen miteinander, ich aber immer vorübergehen.
Der Herr ist mit mir; darum fürchte ich mich nicht, was können mir Menschen thun? Also spreche ich mit David, liebreicher Gott, in dieser Abendstunde und sage Dir Dank, daß Du mich diesen Tag unter Deinem väterlichen Schutz und reichen Segen hast zurücklegen lassen. Herr, Deine Güte ist groß, und Deine Barmherzigkeit hat kein Ende. Ach, mein Gott, wie geschwind geht doch ein Tag dahin, wie ein Pfeil wird abgeschossen, so geschwind verfließen unsre Jahre. Darum lehre mich doch, daß es ein Ende mit mir haben muß, und mein Leben ein Ziel hat, und ich davon muß. Wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi, daß ein Jeglicher empfahe, nach dem er gehandelt hat bei Leibes Leben, es sei Gutes oder Böses. Darum richte ich mich selbst und frage: Meine Seele, wie hast du heute den Tag hingebracht? Hast du auch etwas Gutes gedacht? Ist Gott heute mit dir vereinigt geblieben, oder hast du Ihn mit vorsätzlichen und wissentlichen Sünden von dir gestoßen? Mein Mund, was hast du heute geredet? Ist das Lob Gottes von dir ausgebreitet, die Wahrheit von dir bekannt, die Liebe des Nächsten von dir bezeugt worden, oder bist du mit thörichten, unwahren und lieblosen Worten übergeflossen? So seid ihr hingegangen, ihr Füße? Was habt ihr verrichtet und verübt, ihr Hände? Was habt ihr gehört, ihr Ohren? Ihr Augen, wonach habt ihr gesehen? Was ist heute dein Verlangen, Dichten und Trachten gewesen, mein Herz? – Ach, mein Gott, wenn ich auf alle diese Fragen antworten soll, wie werde ich bestehen? Herr, nimm weg mit dem entweichenden Tage meine Uebertretungen. Jesu, tilge meine Sünden mit Deinem heiligen Blut. Heiliger Geist, versichere mich der Vergebung aller meiner Sünden, ehe ich noch einschlafe, daß ich nicht, wenn diese Nacht die letzte sein sollte, verloren werde. – Bin ich also von meiner Schuld, dreieiniger Gott, freigesprochen, so schlafe ich mit Ruhe und hüte mich morgen mit größerem Fleiß vor Allem, was Dich betrüben kann. Mein Vater, Deine Liebe decke mich und die Meinigen. Mein Jesu, in Deinen Wunden ruhe ich sanft und wohl. O heiliger Geist, thue Du den letzten Seufzer in meinem Herzen, ehe ich einschlafe, mit welchem ich meinen Geist in die Hände Gottes empfehle. Amen. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)

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