Kohlbrügge, Hermann Friedrich - Das Amt der Presbyter - Erste Betrachtung.

Die Presbyter.

1. Petri 5, v. 1.

Die Aeltesten, so unter euch sind, ermahne ich der Mitälteste und Zeuge der Leiden, die in Christo sind, und theilhaftig der Herrlichkeit, die geoffenbaret werden soll.

So schreibt der Apostel Paulus an Timotheus in seinem zweiten Briefe Cap. 3, 1-5: „Das sollst du aber wissen, daß in den letzten Tagen werden greuliche Zeiten kommen. Denn die Menschen werden sein eigenliebich, geldgierig, prahlerisch, aufgeblasen, lästerlich, Aeltern ungehorsam, undankbar, gottlos, störrig, unversöhnlich, verleumderisch, unmäßig, unbändig, dem Guten abgeneigt, verrätherisch, verwegen, verblendet, Wollustfreunde mehr als Gottesfreunde. Die den Schein eines gottseligen Wesens haben, aber seine Kraft verleugnen.“ Diese greulichen, diese schlimmen Zeiten sind gekommen, und wir brauchen nicht weit um uns zu sehen um wahrzunehmen welch ein Geist der verwegensten Verachtung Gottes und seines Wortes, der Eigenliebe, der Empörung, der Erschlaffung, der Gleichgültigkeit gegen alles was Gott, Gesetz und Wahrheit ist, welch ein Geist tiefsten Schlafs in der Sünde und in den Armen des fleischlichen Genusses über Alt und Jung ausgefahren ist. Die Menschen lassen sich gerne leiten von Vorgängern1), die sie in ihrem Verderben und in ihrem unbekehrten Wesen sterben lassen und sie ferne halten von Gott und Christo. Das sind die Vorgänger, die als Grundsatz aufstellen: „Die Priester können nicht irren im Gesetz und die Weisen können nicht fehlen mit Rathen und die Propheten können nicht Unrecht lehren,“ über welche aber Jeremias in die Klage ausbricht: „Mein Herz will mir in meinem Leibe brechen, alle meine Gebeine zittern, mir ist wie einem trunkenen Manne und wie einem der vom Wein taumelt, vor dem Herrn und vor seinen heiligen Worten - beides Propheten und Priester sind Schälke.“ - Mitten unter den sieben Leuchtern geht indessen Einer umher, gleich eines Menschen Sohne, angethan mit einem langen weißen Kleide, begürtet um die Brust mit einem goldnen Gürtel, ein Haupt und sein Haar ist weiß wie weiße Wolle, als der Schnee, seine Augen sind wie eine Feuerflamme, und seine Füße gleich wie Messing, und seine Stimme ist wie ein großes Wasserrauschen, wie der Donner, dem Gott Kraft gibt - und sieben Sterne hat er in seiner rechten Hand, und aus seinem Munde geht ein scharfes zweischneidiges Schlachtschwert, und sein Angesicht leuchtet wie die Sonne in ihrer Macht. Wohl dem Diener am Wort, der, indem er ihn ansieht, zu seinen Füßen fällt als ein todter und der dann sagen kann: Er legte eine rechte Hand auf mich und sprach zu mir: „Fürchte dich nicht: Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige.“ Er, der also spricht und der hinzufügt: „Ich war todt, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit,“ hatte immerdar seine sieben Tausend, die ihre Kniee nicht gebeugt haben vor der Baal, sie steckten denn je wo sie steckten, und er hat sie annoch, sie stecken denn wo sie stecken. Diese sieben Tausend hatten von jeher und haben annoch ihre Vorgänger in dem Herrn, welche er gesandt hat und sendet, auf daß das Wort stehen bleibe: „Er hat etliche zu Aposteln gesetzt, etliche aber zu Propheten, etliche zu Evangelisten, etliche zu Hirten und Lehrern, daß die Heiligen zugerichtet werden zum Werk des Amts, dadurch der Leib Christi erbauet werde.“ So hatten auch zur Apostel Zeit die erwählten Fremdlinge hin und her, in Ponto, Galatien, Cappadocien, Asien und Bithynien solche vom Herrn bestellte und von den Gemeinen nach den apostolischen Befehlen verordnete Vorgänger.

Wenn nun die Zeit eintritt wo das Gericht seinen Anfang nimmt von dem Hause Gottes, und wenn der Gerechte kaum erhalten wird, (1. Petri 4, 17. 18) so ist es offenbar, daß die Vorgänger vor Allen sich zu scheuen haben mit Furcht und Zittern vor solchem Gericht und daß eben ihnen vor Allen dieses „kaum errettet“ gilt, so daß sie wohl zu bedenken haben, daß sie ihre Seele als eine Beute davon tragen. Wo das Gericht am Hause Gottes beginnt, da werden die Wächter des Hauses, die sich nicht auf der Warte befinden und nicht wachen, am allerersten niedergeschlagen. War nicht Moses treu in seinem ganzen Hause und unter allen Propheten keiner ihm gleich und doch, er und Aaron mußten in der Wüste sterben und sollten das verheißene Land nicht sehen, darum daß sie einmal vor dem Volke den Herrn nicht verherrlicht hatten! Wer es unternimmt eine Gemeine des Herrn unter seine Obhut zu nehmen, der sehe zu, daß es von ihm nicht gelte, was geschrieben steht bei dem Propheten: „Das Volk bauet die Wand, so tünchen sie dieselbe mit losem Kalk. Sprich zu den Tünchern, die mit losem Kalk tünchen, daß er abfallen wird, denn es wird ein Platzregen kommen - siehe, so wird die Wand einfallen.“ - Es sei sich ein Vorgänger einer Gemeine des Herrn des gut bewußt, daß er es ist „durch den Willen Gottes,“ und „nach dem Befehl Gottes unseres Heilandes;“ und wenn er sich des bewußt ist, so wird er beben vor dem Wort: „Du Menschenkind, ich habe dich zum Wächter über das Haus Israel gesetzt, du sollst aus meinem Munde das Wort hören, und sie von meinetwegen warnen. Wenn ich dem Gottlosen sage: Du mußt des Todes sterben, und du warnet ihn nicht, und sagt es ihm nicht - so wird der Gottlose um seiner Sünde willen sterben, aber sein Blut will ich von deiner Hand fordern.“ (Ez. 3) Aber wie geht es gewöhnlich her? Die Vorgänger mögen immerhin Gesetz und Evangelium, Werke und Gnade durcheinander werfen, den lebendigen Gott und Götzen aufrichten, lehren wie man das Joch Christi und das Joch Belials auf einer Schulter tragen soll; sie mögen Menschensatzungen und Menschengebot den Leuten aufbürden, den Leuten zu Sünden Anlaß geben, ja sie dazu reizen mit ihrer Lehre, und ihnen sodann vorhalten, wie sie den Leib kasteien sollen; sie mögen unbekümmert sein, ob die Gemeinen „mitlaufen in dasselbe wüste unordentliche Wesen:“ das schadet alles nicht, wenn nur die Kirchenpflichten beobachtet werden. Sie dürfen Philosophie treiben und in Dingen sich bewegen, welche sie nie gesehen haben; dürfen einen andern Jesum predigen und einen andern Geist bringen, als die Apostel geprediget und die Gemeinen im Glauben an das apostolische Wort empfangen haben - und werden wohl unangefochten bleiben. Vorgänger aber die Christum predigen, nichts als Christum und den ganzen Christum, die den Menschen aufs Tiefste demüthigen und die freie Gnade aufs Höchste erhöhen; die von allem Fleisch zeugen, daß es einen Weg verdorben hat, und durch die lautere Predigt der Gnade Christi und der Genugthuung und Versöhnung der Sünden in seinem Blut die Menschen hinleiten zur wahren Heiligung des Geistes und seine Zucht handhaben: Sie werden zwar Gott und alle seine Heiligen zu Freunden, aber auch Teufel und Welt zu unversöhnlichen Feinden haben, und demnach nie unangefochten sein. Gleichwie in der Schlacht der Soldat klug ist, der auf die feindlichen Heerführer zielt, so ist der Teufel seit Jahrtausenden listig um zu zielen auf die Vorgänger der Gemeine des Herrn. Und wie es ihm gelang und noch immer gelingt, das liegt darin ausgesprochen, daß selbst Prediger geklagt haben, der Grund der Hölle werde am meisten mit Predigern bedeckt sein. Der Heilige Geist, der in der Gemeine etliche zu Aufsehern fetzt, hat wohl die Gefahren gekannt, die eigenthümlichen Gefahren, welchen Aufseher zum ewigen Schaden ihrer eignen und der ihnen anvertrauten Seelen ausgesetzt sind, und so gefällt es ihm durch seinen Apostel Petrus, nachdem er durch ihn die Gläubigen in ihrem Leiden um Christi willen getröstet und in solchem Leiden zur Beharrung gestärket, nunmehr auch an die Vorgänger eine Ermahnung zu richten, auf daß sie diesen Gefahren entgehen möchten und thun was ihres Amtes ist. - So schreibt der Apostel: Die Aeltesten so unter euch sind, ermahne ich der Mitälteste und Zeuge der Leiden, die in Christo sind, und theilhaftig der Herrlichkeit, die geoffenbaret werden soll. In diesen Worten liegt für jede kirchliche Einrichtung, Verfassung, Regierung oder Verwaltung der dringendste Anlaß sich die ernste Frage vorzulegen: Will Gott, will der Heilige Geist etwas von uns wissen, gelten uns des Herrn gnädige Verheißungen für seine Kirche, wenn wir nicht so hergerichtet sind, wie es in diesen apostolischen Worten bezeichnet ist? Eine kirchliche Einrichtung, Verfassung und Regierung, wie sie der Heilige Geist hat angeordnet durch die Apostel, ist eine presbyteriale in dem Sinne, daß die Vorgänger oder Vorsteher der Gemeine Presbyter d. i. Aelteste heißen. So nennt sie der Heilige Geist hier durch seinen Apostel Petrum, so auch durch die übrigen Apostel. Darum ergeht an den Titus die Anweisung: Der halben ließ ich dich in Creta, daß du in den Städten hin und her Aelteste anstellen solltest, wie ich es dir befohlen habe. - In dem sogenannten Concil zu Jerusalem finden wir neben den Aposteln nur Aelteste; Act. 15 heißt es fünfmal: Apostel und Aelteste. Diese Aeltesten sind zweierlei Art. Die Einen arbeiten im Wort und in der Lehre, so daß sie das Wort predigen, dem Gebet obliegen, die heilige Taufe bedienen, das Brod brechen und den gesegneten Kelch aufheben; die Andern helfen den Erstern mit dem Wort in allen besonderen Fällen. Bei der gemeinschaftliches Amt ist es der Gemeine vorzustehen, weshalb es auch heißt: „Die Aeltesten, die wohl vorstehen, sollen zwiefacher Ehre werth gehalten werden, vornehmlich die arbeiten im Wort und in der Lehre.“ Der Name Aeltester sieht allerdings zunächst auf alte Leute, wurde aber von jeher vorzugsweise denen beigelegt, die obschon noch jung an Jahren, eine wahre Erkenntniß Gottes und Christi und eine reife Erfahrung in den Wegen des Heils bekundeten. Daß solche Aelteste die Sendung von dem Herrn der Gemeinde haben und sodann von der Gemeinde ordentlich gut geheißen und berufen sein müssen, wird wohl keinen Widerspruch erleiden, wenn die namhaften Beweise dafür in der Apostelgeschichte ehrlich erwogen werden. Vorgänger in der Gemeine sollen doch in ihrem Gewissen darüber im Klaren sein, ob ihnen das Wort des Herrn gilt: „Wehe ihnen, ich habe sie nicht gesandt!“ und: „Wie werden sie predigen, wenn sie nicht gesandt werden?“ Auch wird grade in dieser Beziehung das Wort wohl stehen bleiben: „Niemand nimmt sich selbst diese Ehre, sondern der dazu berufen ist von Gott.“

Wie solche Aelteste sein müssen um dem Herrn zu gefallen und mit Frucht der Gemeine vorzugehen, lernen wir aus dem Briefe Pauli an Titum Cap. 1, und aus dessen erstem Briefe an Timotheum Cap. 3. Es erhellt aus Vergleichung beider Briefe, daß ein Aeltester, insofern er vom heiligen Geiste in der Gemeine gesetzt ist das Aufseher-Amt zu führen, von diesem Auf-sehen auch den Namen Aufseher trägt. Das Wort „Aeltester“ heißt im Griechischen Presbyter; davon ist das barbarische Wort Priester entstanden. „Aufseher“ heißt griechisch: episcopos, davon machte man Bischof. - So ist denn Aeltester (Presbyter) und Bischof (Aufseher) ein und dasselbe, und ist nicht ein Titel oder eine Würde, sondern Bezeichnung eines Amtes und Dienstes an der Gemeine des Herrn. Daß bei den Aposteln unter den verschiedenen Namen Aeltester und Aufseher ein und dieselbe Sache bezeichnet wurde, ist offenbar aus Apostg. 20. Denselben Personen, welche Vers 17 die „Aeltesten“ der Gemeine von Ephesus genannt werden, hält der Apostel Vers 28 vor, daß der Heilige Geist die gesetzt habe zu „Aufsehern“ (Bischöfen) zu weiden die Gemeine Gottes. Dem heiligen Geist, dem Worte, dem Apostel Petro, so wie auch den übrigen Aposteln sind alle übrigen Titel, Würden und Rangstufen bei den Vorstehern der Gemeinen durchaus unbekannt. Alle diejenigen, die in der Kirche sich einen höhern Namen anmaßen wollen als den eines Aeltesten oder Aufsehers mögen sich vorsehen, daß sie nicht von dem Herrn Jesu an seinem Tage mit dem Worte abgewiesen werden: „Ich kenne euch nicht, von wannen ihr seid.“ - So ist denn auch ein Bischof in der Bedeutung von Aufseher über Andere oder über mehrere Aufseher in der Kirche, dem apostolischen Werte durchaus fremd. Es ist aus der Kirchengeschichte (s. Hieronymus ad Titum 1 und Epist. 85) bekannt, wie nach dem Tode der Apostel vor und nach zuerst ein Unterschied zwischen Presbyter und Bischof und dann nach etwa hundert Jahren ein Rang-Unterschied zwischen den verschiedenen Bischöfen entstanden ist. Noch Cyprian in seiner Abhandlung de unitate ecclesiae behauptet die Gleichheit des Ranges unter den Bischöfen. Nicht minder ist der verstümmelte Name „Priester“ in der Bedeutung von einem der opfert (z. B. das Meß-Opfer) schnurstracks dem apostolischen Worte zuwider. - Aelteste sind nicht da um Christum abermal zu opfern; sondern um zu predigen und zu zeugen: daß Christus mit Einem Opfer in Ewigkeit vollendet hat alle die da geheiliget werden. Mit allen Priestern und Hohenpriestern hat's ein Ende genommen, seitdem der Hohepriester gekommen, der Priester bleibt nach dem Gebot eines unvergänglichen Lebens. Er bedarf keines Hohenpriesters auf Erden, denn er hat gesagt zu seiner Gemeine: „Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“ Auch duldet er keinen andern Stellvertreter auf Erden als den unsichtbaren, den heiligen Geist, den Tröster, wie er gesagt: „Ich will euch einen andern Tröster senden, den Geist der Wahrheit, der wird bei euch sein und in euch sein, er wird ewiglich bei euch bleiben - und er wird es euch alles lehren und euch in alle Wahrheit leiten.“ Der Name „Aelteste“ und ihr Amt ist geblieben, und werden mit diesem Namen bezeichnet: Apostel, Hirten, Lehrer, Vorsteher. Selbst scheinen die Diener oder Diaconen manchmal darunter„ begriffen zu werden. So nennt sich der Apostel Johannes in seinen Briefen zweimal einen „Aeltesten“ und Petrus in unsern Textworten einen „Mitältesten.“ Der Ordnung nach kommen zuerst die Apostel und Propheten als die Träger des Wortes Gottes und Christi. In dieser ihrer Eigenschaft werden sie auch als der Grund bezeichnet worauf die Gemeine erbaut ist, wovon Jesus Christus der Eckstein ist (Eph. 2, 20). Sie sind als Solche die Verwalter des Geheimnisses Christi (Eph. 3, 4. 5) und als Solche die einzigen authentischen Verkündiger des Gebots Christi (2 Petri 3, 2). Sodann kommt die Gemeine, und demnächst kommen die Aeltesten in dieser anderen Eigenschaft (und unter ihnen in ihrer Eigenschaft als Mitälteste auch die Apostel) und die Diaconen (Act. 15. Phil. 1, 1). In streitigen Fällen entscheiden die Apostel oder das Wort, und auf Grund dieses Wortes die Aeltesten und die Brüder oder die Gemeine, vorgeleuchtet von dem Willen des Heiligen Geistes. Act. 15, 23. 28. - Man hat sich seitdem vergeblich bemüht einer Gemeine Aufzuhelfen durch Verfassungen. Es herrsche nur das Wort Christi und es bemühe sich ein jeglicher Aeltester allererst zu thun und sodann zu lehren, was das Wort sagt, so geht's mit der Verfassung von selbst, so daß sie da sein wird nach den falschen Wort. Wo das Wort regiert, da regiert Christus selbst als König, und ist wohl zugegen mit seiner Majestät, Gnade und Geist. Wo aber Menschen sich nicht unter das Wort beugen und selbst regieren wollen, da erdrückt sie ihre eigene Verfassung; da ist lauter Gewissenschwächung, Zank, Hader, Zwietracht und während man oben am Bauen ist, sinkt es unten weg, und ist's vor und nach ein Babels-Thurmbau. Es ist sehr zu beachten, daß der Apostel Petrus eine Epistel nicht unmittelbar an die Aeltesten gerichtet hat, ja wenn man den Brief aufschlägt, sollte man sogar meinen, die zerstreuten Gläubigen seien ganz ohne Aufseher gewesen. Dasselbe finden wir auch bei Paulus und Timotheus, welche ihre Episteln zunächst an die Gemeine richten, und in dem Briefe an die Philipper auch an die Aufseher und Diaconen. Wenn nun die sieben Briefe an die sieben Gemeinen von Asien in der Offenbarung Johannes an die Adresse der Engel (oder Vorgänger) gehen, so ist es doch offenbar, daß nicht die Vorsteher als solche, sondern zugleich die Gemeinen in ihrer Gesammtheit angeredet werden; weshalb auch jeder dieser Briefe mit der Warnung schließt: „Wer Ohren hat der höre, was der Geist den Gemeinen jagt.“ Den Gemeinen als der Gesammtheit ist die vollkommene Lehre der Seligkeit anvertraut, und die Gemeine steht in unmittelbarer Verbindung mit derselben, für so viel sie eine Gemeine Christi ist. Die Vorgänger sollen diese vollkommene Lehre der Seligkeit nicht inne haben als Vorgänger, sondern als Glieder der Gemeine; und ihr Amt besteht eben darin diese vollkommene Lehre der Seligkeit den Gemeinen stets vorzuhalten und solcher Lehre gemäß die Gemeine zu verwalten. Diesem Verhältniß von Gemeine und Vorgänger ist es entsprechend, daß der Apostel Petrus die Gemeine gleichsam damit beauftragt, eine für die Aeltesten als solche bestimmten Worte der Ermahnung denselben mitzutheilen. Er schreibt nicht: Euch Aelteste ermahne ich, sondern: Die Aeltesten, so unter euch, d. i. unter euch Gläubigen sind, d. i. sich in eurer Mitte befinden. Der Apostel jetzt also die Aeltesten nicht über die Gemeine, sondern er schließt sie in die Gemeine ein, so daß Aelteste und Gemeine ein Ding sind, und nur unterschieden nach dem Amt und der Berufung. Denn die Gemeine Christi ist. Ein Leib, wovon Christus Jesus allein das Haupt, der König und Gesetzgeber ist, der da Alle, die an ihn glauben Gotte und seinem Vater zu Königen und Priestern gemacht hat, daß sie mit ihm als Könige herrschen auf Erden; sie alle sind sein Haus, worin und worüber Er allein regiert und Spender des Segens und aller Gaben ist als der Sohn des Hauses. Der Aeltesten, obwohl sie an und für sich jedem Gemeindegliede gleich sind, bedient sich der Sohn in einem Hause, auf daß die Wächter seien in seinem Hause, namentlich in der Nacht, und in diesem Hause auf- und abgehen. Alles zu besorgen und den Hausgenossen ihr Gebühr zu geben zur rechten Zeit. (Luc. 12, 42). Aelteste der Gemeine sind „Christi Diener und Haushalter über Gottes Geheimnisse,“ denen nur dieses Eine obliegt: „treu erfunden zu werden;“ vor Allem darin treu erfunden zu werden, daß sie Allen bezeugen die Bekehrung zu Gott und den Glauben in unsern Herrn Jesum Christum; und Sorge tragen, daß der Gemeine die Freiheit, womit Christus sie frei gemacht und die ihr mit Christo ertheilten Heilsgüter und Herrschaft verbleibe. „Wer ist nun Paulus, wer ist Apollo? Diener sind sie, durch welche ihr gläubig geworden seid, und dasselbe wie der Herr einem Jeglichen gegeben hat. Es ist weder der da pflanzet etwas, noch der da begießet, sondern Gott der das Gedeihen gibt. Wir sind Gottes Mitarbeiter, ihr seid Gottes Ackerwerk, und Gottes Gebäude.“ 1. Cor. 3. So sind denn „Aelteste“ vom heiligen Geist verordnete Diener der Gemeine, denen es obliegt dafür zu wachen mit Wandel und Lehre, daß den Gemeinen nichts abgehe von allem dem, worin Christus die erschaffen, wozu er sie erwählt, und was er ihr gegeben und für sie mit einem theuern Blut erworben hat von inwendigen und auswendigen himmlischen Gaben und Vorrechten. Sie sind Diener Christi für die Gemeine. „Niemand rühme sich eines Menschen,“ schreibt der Apostel, „es ist alles euer: Es sei Paulus oder Apollo, es sei Kephas, oder die Welt, es sei das Leben oder der Tod, es sei das Gegenwärtige oder das Zukünftige, Alles ist euer. Ihr aber seid Christi, Christus aber ist Gottes“. Hinwiederum mag ein. Jeglicher, der da meint er stehe, wohl zusehen, daß er nicht gefallen sei. Es dünke sich Niemand solchem Dienste und Amte der Aeltesten entwachsen; es meine Niemand, daß er auch nur einen Augenblick gegen eine abgesagten Feinde, Teufel, Sünde und Welt bestehen kann ohne das durch die Aeltesten gepredigte Wort und ohne die durch sie gehandhabte Zucht. Als warnende Beispiele sind uns aufgezeichnet 2 Chron. 24, 2; 26, 5 und 27, 2. Und selbst der gottselige König Hiskia hätte sich und sein Reich besser gewahrt, wenn er fleißiger das Wort Gottes aus dem Munde des Propheten Jesaias befragt hätte. 2 Chron. 32, 31. „Gott hat die Gemeine gezeuget nach Seinem Willen durch das Wort der Wahrheit,“ (Jak. 1, 18) und in diesem Wort durch das Wasserbad hat Christus seine Gemeine gereiniget; so hat er sie geheiliget, nachdem er sie geliebet und sich selbst für sie hat dargegeben; auch stärket er sie zum ewigen Leben durch dasselbige Wort und mit Brod und Wein, und spricht vom Brode: „Das ist mein Leib für euch gegeben,“ und von dem Kelch: „Dieser ist das Neue Testament in meinem Blute, das für euch und für Viele vergossen wird;“ und: „Solches thut zu meinem Gedächtniß.“ - Wie nun der Sohn Gottes von Anbeginn der Welt bis an's Ende sich eine auserwählte Gemeine sammelt, schützet und erhält durch seinen Geist und sein Wort, so hat er diesen seinen Geist sich selbst vorbehalten, mit demselben nach dem Willen und ewigen Rathschluß des Vaters zu wirken, wie, wann und wo er will, und denselben zu ertheilen nach seinem Gefallen, welchem gemäß er sein den Gemeinen gegebenes Wort seinen Dienern vertraut, um mit dem Worte zu seiner Gemeine zu sammeln so Viele als zum ewigen Leben verordnet sind;2) und dieselbigen zu pflegen, wie geschrieben steht: „Wie sollen sie aber hören ohne Prediger?“ (Röm. 10, 14). So gibt er denn seiner Gemeine Vorsteher, bei denen weder Tag noch Nacht Stillschweigen sein soll der Gemeine es zuzurufen: „Höre, Tochter, siehe da deinen Gott und König!“ Er gibt ihr Vorgänger, von welchen der Apostel Paulus bezeugt „Gedenket an eure Lehrer (Vorgänger) die euch das Wort Gottes gesagt haben, welcher Ende schauet an, und folget ihrem Glauben nach.“ Und: „Gehorchet euren Lehrern (Vorgängern) und folget ihnen, denn sie wachen über eure Seelen, (sie hüten wie in der Nacht eure Seelen) als die da Rechenschaft dafür geben sollen, auf daß sie das mit Freuden thun, und nicht mit Seufzen, denn das ist euch nicht gut.“ (Ebr. 13). Solche Vorgänger kommen mit in den Ofen des Elendes, zu predigen den Angefochtenen mit um so mehr erhobener Stimme, je heißer er wird: Der uns läutert ist der Herr. Er gibt Niemanden die Ehre! Vor solchen treuen Vorgängern und Aeltesten will der Apostel Petrus nichts voraus haben; er macht sie alle unter einander und sich selbst mit ihnen. Eines Ranges, Einer Würde, ja völlig gleich. Er heißt sie alle und sich mit ihnen Presbyter oder Aelteste und Bischöfe oder Aufseher, die heißen nun Paulus, Apollo oder Petrus; so hat es der Apostel selbst verstanden, indem er sich ihren Mitältesten nennt. Ja in sofern es anzunehmen ist, daß etliche dieser Aeltesten solcher Dinge schuldig waren wovon er sie abmahnt, ist es um so schlagender, daß er sich selbst keinen höhern Stand in der Gemeine beilegt, vielmehr dadurch daß er sich ihnen was ihren Dienst angeht gleich hält, sie um so mehr treibt und drängt, sich dem Worte der Ermahnung gehorsam zu erzeigen, welches er, der Mitälteste, nicht als wäre er eine Art Oberaufseher über die andern Aufseher, sondern als Träger des Wortes an sie richtet. Das war die Liebe und Demuth im Herrn ihm eingehaucht und mitgetheilt während des Herrn Unterredung mit ihm am Meere Tiberias (Joh. 21). Wir sehen es, der Apostel Petrus legt sich hier nichts bei, was nicht die Uebrigen auch hatten; und was er sich weiter beilegt, das thut er um den Andern Muth zu machen. Darum eben nennt er sich einen Zeugen der Leiden, die in Christo sind, das ist: der Leiden welche Christus gelitten hat und welche Petrus mit der Gemeine in der Gemeinschaft mit Christo litt von der Welt und von den Obersten dieser Welt. Das gibt einer Gemeine die in Christo Jesu ist Muth um unter dem Kreuz zu beharren bis ans Ende, wenn sie Vorgänger hat die da mitempfunden haben und mitempfinden, wie heiß es in dem Ofen des Elends ist, und die in solcher Hitze des Leidens Christi die Bewährung zeigen ihres Glaubens, und eben dann die Kraft erneuern zu zeugen, daß dieser Leidensweg der königliche Weg, der Weg Christi und aller seiner Heiligen, der Weg zur Herrlichkeit ist.

Ein solcher Zeuge war der Apostel Petrus, solche Zeugen waren auch die übrigen Apostel. Wie furchtbar haben sie alle gelitten von Fleisch und Blut nicht allein, sondern von den Faustschlägen des Satans! Wie war die ganze Hölle, wie die Heiden- und Judenwelt fortwährend gegen sie in Aufruhr! Wie vieles hatten sie namentlich zu leiden von den falschen Brüdern, von solchen die Gesetzlehrer sein wollten und nicht wußten was sie setzten oder behaupteten! Waren die Apostel aber Zeugen von den Leiden des Herrn, sie waren es im Glauben nicht weniger von der ihnen und den Gemeinen bevorstehenden Herrlichkeit. Solches bezeugt der Apostel Petrus auch von sich, er, der vom Herrn wußte, mit welchem Tode er Gott verherrlichen würde; darum schreibt er, daß er sei theilhaftig der Herrlichkeit, welche geoffenbart werden soll. Das Wort „theilhaftig“ will sagen, daß er Gemeinschaft an solcher Herrlichkeit habe. Die Herrlichkeit ist nicht allein oder vornehmlich für ihn da, sondern für alle treuen Bekenner des einzigen Weges des Heiles; der Apostel nun sagt, so gewiß er des Leidens Christi mit theilhaftig sei, eben so gewiß habe er mit Allen die dem Tode Christi ähnlich gemacht werden, auch Antheil an der Ehre, Verherrlichung und Erhöhung, womit der Herr ehrt, verherrlicht und erhöht Alle die ihn ehren und ihn allein erhöhen aufs Höchste. Der Apostel hält aber mit solchen Worten den Aeltesten die Gewißheit vor, daß das Schmachtragen um Christi willen, das Geschändet werden um Gottes willen, das ganze Leiden um des Wortes willen, ihnen im Grunde, dem Unsichtbaren nach, also vor Gott nicht Schande, Schmach und Unehre sei, sondern lauter Ehre und Herrlichkeit. Uebrigens werde diese Ehre weder von ihm noch von ihnen mit Augen des Fleisches gesehen, vielmehr das Gegentheil; aber für den Glauben sei das alles Herrlichkeit. Und daß es so sei, sollten sie hintennach sehen und erfahren und er mit ihnen. Die Herrlichkeit soll geoffenbaret werden. Im Griechischen steht hier ein Wort welches ausdrückt, daß diese Offenbarung bestimmt, gewiß und zuverlässig ist, auch nicht mehr lange auf sich wird warten lassen; möchte man auch in der Hitze des Leidens schreien müssen: Ach, Herr, wie lange! So hält denn der Apostel den Mitältesten die Ehre vor Gott vor, welche ihnen zugeeignet sei und deren sie gewürdiget würden, eben da, wo sie Schmach litten vor den Menschen. Er zeigt ihnen in Glaubensgewißheit an, daß er und sie solche Ehre und Verherrlichung bald mit Augen schauen würden und macht ihnen damit Muth, auf daß sie beharren bis ans Ende nichts wissen zu wollen vor der Gemeine als Jesum Christum und zwar den gekreuzigten und trotz aller Leiden ihre Schuldigkeit zu thun in der Gemeine und für die Gemeine. Denn das mußte einen heiligen Muth im Herrn in den Herzen der Aeltesten entzünden, wo sie von einem Mitältesten, der ein Augenzeuge der Leiden Christi gewesen und auch das Ende dieser Leiden gesehen, der selbst um des Zeugnisses willen so vieles gelitten und annoch litte und leiden würde nach des Herrn Aussage (Joh. 21), also getröstet wurden um vollzuhalten unter allen Leiden, Trübsal, Verfolgung und Schmach. Einen heiligen Muth mußte es in ihren Herzen entzünden, wo ihnen vorgehalten wurde die Herrlichkeit welche gewiß auch ihnen würde offenbar werden, obschon sie bis dahin unter der Hülle des Kreuzes verdeckt war; wo ihnen vorgehalten wurde, daß sie solcher Herrlichkeit bereits mit dem Apostel theilhaftig waren, und in Kurzem den Vollgenuß ererben würden. Dasselbe bezeugt auch der Apostel Paulus den Römern im 8. Kapitel, und in demselben Sinne schreibt der Apostel Johannes (Offb. 1) an die Gemeine: „Johannes hat bezeuget das Wort Gottes und das Zeugniß von Jesu Christo, was er gesehen hat.“ - Und: „Ich Johannes, der auch euer Bruder und Mitgenosse an der Trübsal ist und am Reich und an der Geduld Jesu Christi.“ In derselben Weise, wie die Ansprache des Apostels an die Aeltesten darauf gerichtet ist ihnen Muth zu machen, zeigt sie wie er ganz erfüllt ist von der Hoheit des Amts, welches sie und er mit ihnen bekleiden. Nach unseren Begriffen sollte man erwarten der Apostel würde den Aeltesten befehlen, aber erfüllt von dem Worte hält er dieses Wort des Herrn hoch über sich und über alle Menschen. Selbst auch ein Mensch (Apg. 10, 26), und so als Diener des Herrn, betrachtet und behandelt er die Aeltesten als Väter. Ebenso wie Paulus dem Timotheus schreibt, er solle alte Leute nicht schelten, sondern als Väter ermahnen, so heißt es auch hier: Ich ermahne. Das Wort sagt „herbeirufen, zu Hülfe rufen, bitten, zurufen, einladen zu etwas und ermuntern.“ Es liegt also kein Befehl in diesem Worte, sondern auf Grund der Gleichheit der Berufung zu dem heiligen Amte, und auf Grund des Glaubens und der Hoffnung der Herrlichkeit ruft der Apostel es den Mitältesten freudig und tröstend zu, daß sie doch ja beharren zu thun was ihres Amtes ist. In jedem Krieg haben die Vorgänger es am schlimmsten, im geistlichen Krieg geht's nicht anders her. Die Vorgänger haben am meisten auszuhalten, auf sie hat's der kluge Feind vor Allen abgesehen. Ist der Vorgänger erlegt, so zerstreut sich die Heerde; flieht er, weicht er, gibt er es verloren, so ist das Feldzeichen niedergemacht und die Heerde ist bald aus einander getrieben. So denkt wenigstens der Feind. Die Gemeinlein, an welche Petrus schrieb, sahen bei eignem Leiden auch das Leiden ihrer Vorgänger oder Aeltesten wohl; darum mußte es die hoch erfreuen, solche Ermunterung an dieselben von dem Apostel des Herrn zu erhalten, und fast noch mehr mußten durch die ermuthigenden Worte des Apostels die Vorgänger selbst mit hohem Muth erfüllt werden, wenn sie auch zum Theil dadurch erst gedemüthigt, gebeugt und geschlagen wurden. Schließen wir diese Betrachtung über den ersten Vers des fünften Kapitels mit einigen Bemerkungen zur Anwendung auf uns und unsere Zeit. Die von dem Herrn uns angegebenen Zeichen bekunden, daß wir uns in den letzten Tagen der Welt befinden, und daß die selige Erscheinung und Offenbarung der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Heilandes ganz nahe ist. Der Satanas der tausend Jahre an der Kette lag, ist wieder losgelassen, und der Widerchrist bietet mit neuer Energie Alles auf die Stadt Gottes zu zerstören; er sammelt eine Heere gen Harmageddon, und Alles wird vorbereitet gegen den Tag der Schlacht des allmächtigen Gottes. - Dorthin wirst du kommen, o mein Gott, mit allen deinen Heiligen und wirst Befehl thun den Vögeln des Himmels zu fressen das Fleisch der Mächtigen und Tyrannen, die dein Volk gefressen haben, als äßen sie Brod, und haben dich nicht gefürchtet! Der Brunnen des Abgrundes hat sich aufgethan und ausgeworfen ein zahllos Heer Frösche über das Egypten der Welt. Die in Finsterniß sitzen, sagen, daß sie sehen, und die in Banden verstrickt liegen, sagen, daß sie frei sind, und versprechen Andern Freiheit, so sie doch von ihren Gewissen überführt sind, daß sie Knechte des Verderbens, der Sünde und des Sichtbaren sind.

Allerwärts schreit man um Friede, oder flüstert einander leise ein: Friede - und wo ist denn Friede? Gräuliche Menschen allerwärts, die sich selbst lieben, sich selbst suchen, und treten unter die Füße ihrer Lust das heilige Gebot des Allerheiligsten. Ueber Hohe und Niedrige, über Alte und Junge ist ein Geist ausgefahren, welcher von Gesetz und Ordnung nichts mehr wissen will, und nur in Ungeduld jagt nach Erfüllung der augenblicklichen Lust. Und die Jungfrauen, die klug sein sollten, schlafen und schnarchen. Allerwärts nur Jagd auf Geld, auf das was für den Bauch und dieses Leben ist, auf Essen und Trinken, auf Kleidung, Vergnügen und Genuß. Die sogenannte Industrie erreicht ihren Gipfel, allerwärts wird Gold, Silber und Eisen aufgegraben; aber der im Himmel wohnt, spottet der Rathschläge der Völker. Trotz aller Bestrebungen des Materialismus steigt die allgemeine Noth und das allgemeine Elend. Die Theurung, die Pestilenz an Menschen und Vieh, an den Feldfrüchten und Bäumen wird vergeblich bekämpft und der auf dem schwarzen Pferde sitzt, hält die Wage in seiner Hand. Obschon man erfährt, wie fruchtlos alle Bestrebungen sind, man hört nicht auf die Abhülfe aus der Noth da zu suchen, wo sie nimmermehr zu finden ist, man sucht einen Halt, wo es keinen Halt gibt und Wagen sammt den Wagenlenkern rollen dem Abgrund entgegen. Allerwärts sucht man Künste um der sozialen und kirchlichen Noth abzuhelfen, aber wo ist der Verstand, die Einsicht, die Anerkennung, daß nur die Predigt: „Das Gras ist verdorret, die Blume ist abgefallen, aber das Wort des Herrn bleibet ewiglich“ jede Noth beseitigt, oder über jede Noth hinweghilft? So sucht man auch der Kirche auf allerlei Weise aufzuhelfen. Es gibt deren, die sich von einer permanenten Synodal- oder Consistorial-Gewalt, oder oberbischöflichen oder sonstigen Obergewalt Heil für die Gemeine versprechen; sollte es ihnen aber nicht ins Gewissen schlagen, daß sie auf die Ermahnung eines Apostels nicht horchen, der ihnen so sanftmüthig ins Herz redet und die Ursache anzeigt, woran es liegt, wenn es um die Kirche, wie sie sagen und klagen, schlecht bestellt ist?

Was ist's? Man will mit dem Kreuze Christi nicht verfolget werden und darum predigt man die Verschneidung. Man will. Alles beschneiden und Alles wird verschnitten. Und, was am meisten dabei zu beklagen ist, diejenigen, welche die Sulamith und ihre vom Herrn und seinen Aposteln übergebene Einrichtung des Hauswesens vertheidigen sollten, verlästern diese Einrichtung, wo sie wiederhergestellt ist, oder feinden sie an; sie, welche nur predigt: „Fürchtet Gott und ehret den König; Zoll dem, dem der Zoll; Ehre dem, dem die Ehre gebühret; seid Niemanden etwas schuldig, als daß ihr euch liebet unter einander,“ - als leite sie zum Volksübermuth oder zum Uebermuth einzelner Mächtiger Ist es mit der Gemeine dahin gekommen, daß sie Gottes Wort drangibt und sich vor den Götzen niederbeugt, so möge sie die Strafe erwarten, daß sie verkauft werde von dem Herrn unter die Hand der Menschen, - auch kommt sie nicht wieder frei, es sei denn, sie bekehre sich wieder zu dem Wort, und ergreife das ewige Evangelium. Wer sich aber vordrängen will an die Stelle des heil. Geistes und des einzigen Königs und Oberhirten Christi, um zu regieren die Gemeine Gottes, welche Gott erworben hat durch sein eignes Blut, wird selbst den Schaden davon leiden. Die Geschichte lehrt, daß in dem Streite der weltlichen Macht mit der geistlichen um die Herrschaft in der Gemeine Gottes, die Gemeinen übel berathen waren und daß die Hierarchie nie ruht und rastet, bis sie den Fürsten den Fuß auf den Nacken gesetzt. Gesegnet aber seien die Fürsten, die der Gemeine Christi Säugammen, Pfleger und Beschützer sind und suchen Israels Bestes. Wo aber das Gericht am Hause Gottes beginnt, wird es da nicht am allerersten die Wächter treffen? Was wird nun der Herr des Hauses solchen Wächtern thun, die da beginnen zu essen und zu trinken und die Dienstknechte und Dienstmägde des Herrn zu schlagen? Hat er nicht gesagt, daß wenn er kommt, er sie in zwei Stücke hauen wird? Wie? Für den irdischen König gibt der gemeinte Soldat und der hochgestellteste Offizier das Leben freudig hin; er verläßt das liebende Weib und die zarten Kindlein, Haus und Hof, das Alles Gott anheimstellend; er gehorcht und fragt nicht nach Hunger oder Blöße, nach Fährlichkeit oder Schwert, (Röm. 8) nach Krankheit oder Verlust der Gliedmaßen. - Tod oder Sieg ist's, dem Alle entgegen gehen - und sie thun wohl daran, thäten sie es nicht, man würde sie mit Recht ehrlos und feige schelten. Und die Soldaten des Königs aller Könige, obschon des Sieges gewiß bei Beharrung, sollten hoch von sich halten, sich sondern von dem Kreuz, sitzen an der Anfurt des Meeres und bleiben in den zerrissenen Flecken? (Richt. 5). - Wehe den Aeltesten, von denen bezeugt werden muß: Sie stehen nicht im Streit am Tage des Herrn, sie sprechen: Der Herr hat's gesagt; so sie doch der Herr nicht gesandt hat und mühen sich, daß sie ihre Dinge erhalten. Vergeblich ist ein Kultus von Menschengebot und Menschensatz; zu den Propheten soll gesagt werden: „Was antwortet dir der Herr, und was sagt der Herr?“ Wehe den Propheten, die da „Wäscher sind und haben Gottes Wort nicht.“ Gesegnet aber sind solche Aelteste, die sich selbst nicht suchen, sondern ehren den Herrn, dadurch daß sie suchen, was der Heerde Gottes ist! Gesegnet die, die das herrliche Evangelium Gottes bringen, die da wissen, daß solches ihnen ist anvertrauet und die mit Paulo sagen können: „Ich danke unserm Herrn Christo Jesu, der mich stark gemacht und gesetzt in das Amt“! Denn das ist es, was man doch selbst wissen soll, ob man vom Herrn gesandt ist, wie es der Apostel betheuert: „Ich sage die Wahrheit in Christo, ich lüge nicht, ich bin angestellt als ein Herold und Apostel für das Zeugniß;“ oder wie der Prophet sagt: „So habe ich Menschentage nicht begehrt, das weißt du; was ich geprediget habe, das ist recht vor dir.“ Solche Aelteste, die den Leuten nicht Lasten auflegen, welche sie selbst mit keinem Finger anrühren, sondern die erst selbst thun was die Andere lehren, werden zu armen Sündern. Sie scheuen es nicht von sich zu bekennen: „Ich bin der Sünder Vornehmster; mir ist Barmherzigkeit widerfahren zum Vorbilde euch, die ihr glaubet an seinen Namen.“ Aelteste von Gott gelehrt bleiben in dem was sie gelernt, predigen Christum, Christum allein, Christum ganz. Bleibt da auch das liebe Kreuz nicht aus, nun wohl, sie sind nicht kreuzflüchtig; und möchten sie sich auch eine Weile entziehen wollen, die apostolische Ermahnung macht ihnen neuen Muth, und treibt sie auf den Kampfplatz. Ihre Lebensbeschreibung ist diese: „Ich habe Verfolgungen erduldet und aus allen hat mich errettet der Herr.“ Ihr Wahlspruch lautet: „Alle die gewillt sind gottselig zu leben in Christo Jesu, werden verfolgt werden.“ Sie wissen aber, daß ihr Evangelium, welches sie predigen, das Evangelium ist der Herrlichkeit des vollseligen Gottes; sie hoffen auf den lebendigen Gott; sie ergreifen das ewige Leben, wie sie denn wissen, daß sie dazu gerufen sind. So erblicken sie bald in der Schmach Christi die höchste Ehre, die achten sie höher denn die Schätze Egyptens und den vergänglichen Genuß der Sünde. Je mehr Leiden, je mehr ihnen das Sichtbare entschwindet, desto mehr wird das Unsichtbare ihnen klarer und wahrer. Sie lernen dann das Wort des Herrn verstehen, jenes Wort, welches, wo nun die Leute allerlei Uebels von ihnen reden um des Namens Christi willen und daran lügen, die selig spricht; und sie wissen, daß es allen wahren Propheten von der Welt her nie anders ergangen ist. Sie empfangen ein Ohr für des Herrn Wort: „In der Welt habt ihr Angst, aber habt guten Muth, ich habe die Welt überwunden.“ Wohl solchen Aeltesten, die da mit unserm Apostel sagen können: „Ich bin ein Zeuge der Leiden Christi, ich bin theilhaftig der Herrlichkeit;“ in solcher Gewißheit dürfen sie freudig ausrufen: Diese Herrlichkeit steht auch mir bevor geoffenbaret zu werden. Wohl ihnen, die mit einem andern Apostel bezeugen können: „Denn ich weiß, wem ich geglaubt habe, und bin des versichert, daß er mächtig ist meine Beilage zu bewahren bis auf jenen Tag.“ - Wer den Glauben drangibt, als welcher nicht in Worten, sondern in der Thatkraft liegt, wird seinen Theil finden mit den Heuchlern, mit den Hunden, die nicht bellen noch beißen wollten, da man ihren Herrn antastete, und mit den Furchtsamen und den Giftmischern und allen untreuen Dienern. Wer aber in der Welt nichts anders hat sein wollen als ein Herr, und hat den Glauben gehalten, welchen der Herr, wenn er kommt, suchen wird: der sei eines gerechten Richters mit aufgerichtetem Haupte gewärtig - dieser bringt die Krone mit.

1)
Das Wort „Vorgänger,“ dem Holländischen voorganger nachgebildet, ist im Deutschen nicht gebräuchlich, aber für die bezeichnete Sache nicht wohl zu ersetzen. „Vorsteher“ würde, namentlich in Anwendung des Bildes von Hirt und Heerde, unpassend und störend sein
2)
Apostg. 13,48
Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/k/kohlbruegge/das_amt_der_presbyter/dadp_1.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain