Besser, Wilhelm Friedrich - Predigt am Sonntag Sexagesimae 1878.

Besser, Wilhelm Friedrich - Predigt am Sonntag Sexagesimae 1878.

Epistel 2. Korinther 11,19-12, 10.

Text:
Denn ihr vertragt gerne die Narren, dieweil ihr klug seid. Ihr vertragt, so euch jemand zu Knechten macht, so euch jemand schindet, so euch jemand nimmt, so jemand euch trotzt, so euch jemand in das Angesicht streicht. - Das sage ich nach der Unehre, als wären wir schwach geworden. Worauf nun jemand kühn ist (ich rede in Torheit), darauf bin ich auch kühn. Sie sind Ebräer, ich auch. Sie sind Israeliter, ich auch. Sie sind Abrahams Same, ich auch. Sie sind Diener Christi; (ich rede töricht) ich bin wohl mehr. Ich habe mehr gearbeitet, ich habe mehr Schläge erlitten, ich bin öfter gefangen, oft in Todesnöten gewesen. Von den Juden habe ich fünfmal empfangen vierzig Streiche weniger eins. Ich bin dreimal gestäupt, einmal gesteinigt, dreimal habe ich Schiffbruch erlitten, Tag und Nacht habe ich zugebracht in der Tiefe (des Meers). - Ich habe oft gereist; ich bin in Gefahr gewesen zu Wasser, in Gefahr unter den Mördern, in Gefahr unter den Juden, in Gefahr unter den Heiden, in Gefahr in den Städten, in Gefahr in der Wüste, in Gefahr auf dem Meer, in Gefahr unter den falschen Brüdern; in Mühe und Arbeit, in viel Wachen, in Hunger und Durst, in viel Fasten, in Frost und Blöße; ohne was sich sonst zuträgt, nämlich, dass ich täglich werde angelaufen und trage Sorge für alle Gemeinen. Wer ist schwach, und ich werde nicht schwach? Wer wird geärgert, und ich brenne nicht? So ich mich je rühmen soll, will ich mich meiner Schwachheit rühmen. Gott und der Vater unsers HErrn Jesu Christi, welcher sei gelobt in Ewigkeit, weiß, dass ich nicht lüge. Zu Damaskus, der Landpfleger des Königs Ureta verwahrte die Stadt der Damasker, und wollte mich greifen; und ich ward in einem Korbe zum Fenster aus durch die Mauer niedergelassen, und entrann aus seinen Händen. Es ist mir ja das Rühmen nichts nütze; doch will ich kommen auf die Gesichte und Offenbarungen des HErrn. Ich kenne einen Menschen in Christo vor vierzehn Jahren (ist er in dem Leibe gewesen, so weiß ich es nicht; oder ist er außer dem Leibe gewesen, so weiß ich es auch nicht; Gott weiß es); derselbige ward entzückt bis in den dritten Himmel. Und ich kenne denselbigen Menschen, (ob er in dem Leibe, oder außer dem Leibe gewesen ist, weiß ich nicht; Gott weiß es.) Er ward entzückt in das Paradies, und hörte unaussprechliche Worte, welche kein Mensch sagen kann. Davon will ich mich rühmen; von mir selbst aber will ich mich nichts rühmen, ohne meiner Schwachheit. Und so ich mich rühmen wollte, täte ich darum nicht töricht; denn ich wollte die Wahrheit sagen. Ich enthalte mich aber des, auf dass nicht jemand mich höher achte, denn er an mir sieht, oder von mir hört. Und auf dass ich mich nicht der hohen Offenbarung überhebe, ist mir gegeben ein Pfahl ins Fleisch, nämlich des Satans Engel, der mich mit Fäusten schlage, auf dass ich mich nicht überhebe. Dafür ich dreimal dem HErrn gefleht habe, dass er von mir wiche. Und er hat zu mir gesagt: Lass dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft ist den Schwachen mächtig. Darum will ich mich am allerliebsten rühmen meiner Schwachheit, auf dass die Kraft Christi bei mir wohne. Darum bin ich gutes Muts in Schwachheiten, in Schmachen, in Nöten, in Verfolgung, in Ängsten, um Christi willen. Denn wenn ich schwach bin, so bin ich stark.

Im HErrn geliebte Gemeinde! Für Sein Wort und die Predigt desselben hält unser lieber Heiland in dem Gleichnis des heutigen Sonntags-Evangeliums eine Verteidigungsrede. Er ist nie Schuld daran, wenn die Predigt Seines heiligen Wortes an uns vergeblich wird. Es ist noch heut so und es wird bis an den lieben jüngsten Tag nicht anders sein, wie er es im heutigen Sonntags-Evangelium im Gleichnis vom Säemann, der seinen Samen ausstreut, uns vor Augen stellt: Dem guten Lande sind wenige gleich. Gottes Wort wird ausgestreut, und fällt es auf den Weg, oder auf den Fels oder unter die Dornen, dringt es nicht ein, hat es nicht Wurzel, nimmt es nicht den ganzen Gemütsboden ein, so weicht es zurück, denn Gott will ungezwungen lassen, die Er lockt und beruft. Es ist so beweglich wenn Er ruft: „Wer Ohren hat zu hören, der höre“. Wir haben Ohren. So lasst uns hören, und das Wort annehmen mit Sanftmut! Unser heutiges Evangelium stimmt trefflich mit der heutigen Epistel, in der wir vernehmen St. Pauli apostolisches Selbstzeugnis. Seht, das ist ein Diener des himmlischen Säemanns, der hingeht und trägt in alle Welt den edlen Samen; der wehrt hier den Raubvögeln, die das Wort dem Herzen stehlen wollen, und führt dort mit dem Hammer des göttlichen Wortes kräftige Schläge und wehrt den Dornen, dass sie es nicht überwuchern dürfen. O Geliebte! Was wendet doch Gott an uns, dass er ein Menschenherz so bilden kann wie St. Pauli Herz; dass es so leiden will wie er, und alles an das Eine setzt, Seelen zu gewinnen. Nun Geliebte, dies ist die Harmonie zwischen Evangelium und Epistel unseres heutigen Sonntages lasst uns letztere betrachten und zwar Pauli apostolisches Selbstzeugnis: 1. von seinen menschlichen Leiden; 2. von seiner paradiesischen Erfreuung; 3. von seiner satanischen Qual; 4. von seinem Christentrost.

Es ist eine ganz eigentümliche Tonart, die heut der Apostel anstimmt. Wir werden dergleichen in allen seinen Briefen auch in der Apostelgeschichte, wo von Pauli Reisen und Leiden erzählt wird, nicht wiederfinden. Die Korinther haben ihn dazu gezwungen um der falschen Propheten willen, die unter ihnen aufgestanden waren, also zu reden: „Ich muss zum Narren werden und mich selber rühmen, denn ihr vertragt gern die Narren und darum muss ich wie sie ins Rühmen geraten“. Da ers aber einmal muss den falschen Propheten gegenüber, die da Paulum übertreffen wollten da ers einmal musste so will ers wohl tun, aber nur so, dass er sich seiner Leiden, seiner Schwachheit rühmte. Er könnte es auch anders machen und von allen den Dingen reden, die Gott durch ihn getan - aber nein das will er nicht „soll ich denn und muss ich mich rühmen, so will ich mich nur meiner Schwachheit rühmen“. Merkwürdig, dass wir von dem, was Paulus den Korinthern hier sagt, in der Apostelgeschichte fast nichts geschrieben finden auch sonst nicht, und er konnte gern schweigen - das Eine hat er sogar 14 Jahre verschwiegen und erst jetzt redet er davon, wo die Liebe zu den Brüdern ihn dazu zwang. Geliebte! Merken wir gleich hier, in welchem Sinne die Korinther, an die Paulus schrieb, dies lesen mussten - in welchem Sinne wir es heute lesen sollen! wie lieb muss Gott die Menschen haben, dass Er ein Menschenherz so ziehen kann, dass es sich ganz daran gibt, um Ihm Seelen zu werben! Die falschen Propheten, die in die Korinthische Gemeinde eingedrungen waren wie Raubvögel, um den Samen der lauteren Lehre, den Paulus ausgestreut hatte, wegzustehlen, die waren viel zu klug, als dass sie sich menschlichen Leiden aussetzen sollten, und das, womit sie stolzierten, unterschied sich ganz und gar von dem, was Paulus getan und wovon er ein Bild uns hinmalt, das sich das Wohlgefallen aller erzwingt, die es anschauen. Es ist nicht möglich, wie ich sonst gewohnt bin, Vers für Vers unsrer Epistel heute durchzugehen darum nur einen kurzen Überblick über dieselbe lasst mich euch geben: „Sintemal viele sich rühmen nach dem Fleisch, will ich mich auch rühmen“. „Ich will auch ein Tor werden vor euch wie jene und euch auch ein Bild schicken von mir“ will er den Korinthern sagen, denn ach sie vertrugen nicht nur diese Toren, sondern sie gerieten nun grade in die Grube, wovor die Neider des Apostels sie zu bewahren vorgaben, und derweil sie denen zuhörten, die eine Lehre brachten, die nicht Pauli Lehre war, machten sie sich zu der „Menschen Knechten“, die es wohl verstanden den alten Menschen in Ruhe zu lassen. Das ist das Verhängnis aller derer noch heute, die sich der Predigt der treuen Prediger Gottes nicht unterwerfen wollen, die sich Prediger suchen, nach denen ihnen die Ohren jucken, die da kommen und predigen „zeitgemäß“, „nach der Aufklärung“, nach dem „Bewusstsein der Gemeinde“, aber sie predigen Lügen und es ist alles Heuchelei! Davor warnt Paulus seine Korinther und sagt: Seht diese Leute an und seht mich an und merkt den Unterschied: Was haben sie für euch gelitten? sie werden sich wohl hüten davor! Und nun zählt er seine Leiden auf bis zu dem „Ich bin dreimal gestäupt“, „von den Juden habe ich fünf mal empfangen vierzig Streiche weniger eins“. Er hat sie gezählt, diese Streiche und diese Leiden, aber auch ein anderer hat sie gezählt, von dem es heißt: „Zähle meine Flucht, fasse meine Tränen in deinen Sack“. Im 26. Verse, nachdem er aufgezählt hat alle die Gefahr zu Wasser und unter den Mördern und unter den Juden, da setzt er als die äußersten und tiefsten Schmerzen das: „In Gefahr unter den falschen Brüdern!“-

„O Zion! wach' und sieh, damit nie viel von falschen Brüdern unter deinen Gliedern.“ Und dann fährt er fort: „In Mühe und Arbeit, in viel Wachen, in Hunger und Durst, in viel Fasten und Frost und Blöße“ und tut sein Herz auf und spricht: „Ohne was sich sonst zuträgt, nämlich dass ich täglich werde angelaufen und trage Sorge für alle Gemeinen, wovon ich nicht sagen kann so und so viele mal habe ichs erlitten, denn es ist mein täglich Brot.“ „Wer ist schwach und ich werde nicht schwach? Wer wird geärgert und ich brenne nicht“. „Wer ist schwach und ich werde nicht schwach?“ Was heißt das? Paulus war freilich befreit von allem, was ihm selbst den freisten Zugang zu Gott hätte stören können, aber die Liebe, die Liebe, die bewegte ihn, sich so in die Seele des andern zu versehen, dass er von sich sagen konnte: „Ich werde allen allerlei“, und er ging in dieser heiligen Liebeskunst, so weit er irgend konnte, dass er auch darum oft bis an den Rand des Todes sich brachte, und nahm auf seine Brüder nach dem Fleisch, die Juden, solche Rücksicht, dass er zu deren Schwachheiten bis an die äußerste Grenze des vor Gott zulässigen sich herabließ. Er wurde durch das Mitleid mit den Schwachen schwach und aus seinem ganzen Leidensregister leuchtet das Mitleid mit den Brüdern uns entgegen. Er ließ sich täglich „anlaufen“ und sorgte für alle Gemeinen, er lebte nicht für sich, sondern für andere - das war seine Erholung. Nun wenn die Verführer der Korinther sich rühmten „wir sind Diener Christi“, sie waren‘s freilich nicht aber will ers ihnen dennoch zulassen, dass sie's seien, so sagt er, „ich bin wohl mehr,“ denn er war wirklich ein Prediger des Kreuzes, der auch ein Träger des Kreuzes war! O wie anziehend ist das Bild, das St. Paulus uns von seiner Schwachheit hinmalt. „Es ist mir ja das Rühmen nichts nütze, so ich mich je rühmen soll, will ich mich meiner Schwachheit rühmen,“ dazu führt er noch eines an; er erzählt ihnen selbst: es ist wahr, was ihr vielleicht schon von mir gehört habt dass ich einmal geflohen bin, ja ich habe mich nicht geschämt mich in einen Korb zu setzen. „Zu Damaskus, der Landpfleger des Königs Areta verwahrte die Stadt der Damasker, und wollte mich greifen und ich ward in einem Korbe zum Fenster aus durch die Mauer niedergelassen und entrann aus seinen Händen.“ Sehr demütigend, Geliebte! Das war kein Heldenstück, gewiss, aber er will sich auch nicht rühmen und erzählt es den Korinthern, als wollte er sagen: „Ärgert euch nicht daran“! Nachdem er so seine menschlichen Leiden uns recht menschlich vor die Augen gestellt hat, kommt er zu reden auf eine Erfahrung, wo er in die Höhe gehoben wird - in die höchste Höhe, zum Fluge dahin hatten seine Gegner keine Flügel. „Ich kenne einen Menschen in Christo“. Als dieser Mensch Gottes in Christo noch ein Verfolger Jesu Christi war, da hatte er einmal in einer unvergesslichen Stunde eine Stimme reden hören davon, dass Gott die Scheidewand niederreißen könne, die Himmel und Erde trennt, den Vorhang zwischen Zeit und Ewigkeit auf eine Weile lüften kann, er hatte Stephanum reden gehört: „Siehe, ich sehe den Himmel offen und des Menschen Sohn zur Rechten Gottes stehen“. Und was er damals für Wahnsinn eines Schwärmers hielt, das hat er nachmals selbst erlebt. Wir müssen darauf achten, dass es nicht eine Offenbarung war, die er zur Ausrichtung seines Predigtamtes empfing, sondern es war eine Offenbarung zu persönlicher Erquickung. Diesen außerordentlichen Leiden, denen sein Diener ausgesetzt war, gewährt Gott auch eine außerordentliche Erfreuung! Traue es deinem Gott zu, liebe Seele, dass er es auch bei dir kann! Siehe, wenn deine Not und dein Elend eine solche Höhe erreicht hat, dass du wohl denkst, nun geht es nicht weiter, das ist über menschliche Kräfte siehe dann wird der liebe Gott ein Einsehen haben und dir auf außerordentliche Weise einen Blick Seiner Liebe schenken. „Ich kenne einen Menschen in Christo (ist er in dem Leibe gewesen, so weiß ich es nicht; oder ist er außer dem Leibe gewesen, so weiß ich es auch nicht; Gott aber weiß es), derselbige war entzückt bis in den dritten Himmel.“ Er ist so gewissenhaft, dass er sagt: „ich weiß nicht ganz bestimmt, ob ich im Leibe oder außer dem Leibe gewesen bin“, d. h. ob ich einen Vorschmack der Verwandlung oder einen Vorschmack des Daheimseins der vom Leibe erlösten Seele erlebt habe, aber es ist am Ende das auch gleich der Mensch Gottes in Christo hat es erlebt. Er ward entzückt bis in den dritten Himmel, in das Allerheiligste, da Jesus thront zur Rechten Gottes, er hat die Himmel durchschritten, er ward entzückt, entrückt in das Paradies und hörte unaussprechliche Worte, welche kein Mensch sagen kann! Darum will ich davon schweigen, aber eines ist wahr: von dieser seligen Realität der himmlischen Dinge hat Paulus ein Erlebnis bekommen, dass, wenn die Juden ihn steinigen und die Heiden ihn durchs Schwert töten wollten, er eines weiß, dass, wenn sie es tun, er stehen wird im Paradiese, das er hier geschaut. Paulus hat es bedurft und darum ist er so gestärkt worden von seinem Gott!

Und nun kommt das Merkwürdigste: die andern Apostel alle haben nicht erlebt, was Paulus hier erlebte, denn sie sind mit dem HErrn gewesen von Anfang an, dem Paulus aber sollte als einer unzeitigen Geburt wohl dieses ersetzt werden. Aber er sieht nun ein, dass auch dieses köstlichste Erlebnis ihm zum Seelenschaden werden könne, wenn er sich dessen überhebe. Er hatte noch Erbsünde, er hatte noch den alten Menschen. Er sah ein, dass Gott etwas besonderes tun musste, um dieses Feuer zu löschen, und ihn vor einer Feuersbrunst zu bewahren. „Und auf dass ich mich der hohen Offenbarung nicht überhebe, ist mir gegeben ein Pfahl ins Fleisch nämlich des Satans Engel, der mich mit Fäusten schlage, auf dass ich mich nicht überhebe. Dafür ich dreimal den HErrn gefleht habe, dass er von mir wiche. Und Er hat zu mir gesagt: Lass dir an Meiner Gnade genügen, denn Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.“ „Ich habe oft gesonnen,“ sagt unser lieber Martin Luther, „was wohl St. Paulus mit seinem „Pfahl im Fleisch“ meint? Zuletzt bin ich darauf gekommen, Paulus hat es darum nicht so deutlich ausgedrückt, damit ein jeder seinen Pfahl im Fleisch darunter verstehen könne.“ Geliebte! Das ist eine tröstliche Auslegung und weil die Bibel vom „Tröster“ geschrieben ist, so ist sie auch die richtigste und darum ist sie auch wahr.

„Pfahl im Fleisch,“ also ein leibliches Leiden muss es gewesen sein. Als er nach Galatien kam und die Galater ihn aufnahmen als Jesum Christum selbst, und, da er ihnen das Evangelium verkündigt hatte, sie gerne ihre Augen ausgerissen hätten und ihm gegeben, was solche große Bewegung war entstanden unter ihnen geschah denn, wenn sie zu ihm gingen? Da lag derselbe Paulus und war krank! Konnte der liebe Gott das nicht verhindern, musste denn die Gegenwärtigkeit des Leibes so schwach sein? Oder auch, mochten die Juden ihm sagen: Hast du es vergessen, wer du gewesen? wir haben es nicht vergessen, und haben ihn an seine Verfolgung und Ausrottung der Gemeinde erinnert. Er hatte es auch nicht vergessen und nannte sich wohl darum den „vornehmsten der Sünder“ und hielt jedes seiner lieben Kinder höher als sich selbst; er hatte ja der Predigt von Christo nicht geglaubt, sondern es auf eine Offenbarung vom Himmel ankommen lassen so stand Paulus und darum schreibt er, „dass ich mich nicht überhebe, ist mir gegeben ein Pfahl ins Fleisch, nämlich des Satans Engel, der mich mit Fäusten schlage“. Des Satans Faustschläge sind geistige, denn er ist ein Geist, es sind Gedanken. Und was waren denn Pauli Gedanken? Seine höchste Anfechtung war ohne Zweifel die Verstocktheit der Juden, seines eigenen Volkes, und Satan wird nicht müßig gewesen sein, in die Trauer über deren Verlorengehen hineinzuflüstern: „Da bist du schuld daran, wenn du dich mit Petrus gleich vereinigt hättest, dann hätte es anders kommen können. Du hältst dich für einen Apostel Gottes und hast die Gemeinde verfolgt?“ Seht, das sind die Faustschläge Satans, wo Gott mir kein gnädiger Gott mehr zu sein scheint; alles andre sind keine hohen Anfechtungen. Aber dies ist Feuer der Anfechtung, da sind wir der brennende Busch; der Busch brennt wohl, aber er wird nicht verzehrt. Ich weiß, wenn Gott mit mir ins Gericht gehen wollte, so wäre mir kein Paradies offen, aber der Hölle wäre ich wert! Dreimal war die Versuchung so hoch gestiegen, dass Paulus seufzte: „ich sehe es wohl ein, dass Satan nur Dein Fronknecht ist - aber lass ihn von mir weichen ich will mich nicht mehr überheben!“ „Lass dir an Meiner Gnade genügen,“ sagt Gott zu ihm „aber die leibliche Plage sollst du behalten, sie ist dir nötig.“ „Und Er hat zu mir gesagt: Lass dir an Meiner Gnade genügen, denn Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.“ Das ist nun die Krone und das Kleinod unsrer heutigen Epistel: Christentrost, Christentrost! „Lass dir an Meiner Gnade genügen.“ Was willst du noch? Was schreist du so zu mir? Ob deine Sünde blutrot ist, sie soll schneeweiß werden, sei stille! Lass dich nicht den Satan blenden, der sonst nichts als schrecken kann; siehe, hier in Meinen Händen hab' Ich dich gezeichnet an! Du bist wert geachtet vor Meinen Augen und ich habe dich so lieb, dass in deiner Schwachheit sich Meine Kraft vollenden soll, und gerade an dir soll offenbar werden, dass keine Schwachheit sich eines anderen zu rühmen hat, als dass Ich mit Meiner Kraft bei ihr wohne. Sei stille, lass dir an Meiner Gnade genügen und alles andre überlass Mir!“ Geliebte! ist es nicht eigentümlich, dass Gott uns so häufig zureden muss, dass wir uns an Seiner Gnade genügen lassen sollen? O, wir sind so sehr ungenügsam! Wollen wir denn noch mehr? Ja, wir möchten es gern auch manchmal fühlen! Geliebte, das Fühlen ist nicht nötig, und wenn Er es für nötig hält, und wir es brauchen, so kann Er noch heute uns trunken machen von den reichen Gütern Seines Hauses im Übrigen aber bleibt die Ordnung: „Lass dir an Meiner Gnade genügen!“ Diese Gnade ist dir gewiss in dem Sakrament der heiligen Taufe, das du empfangen hast, sie ist dir gewiss in dem „Für dich, für dich gekreuzigt und gestorben“. Diese Gnade fasst sich in das Wort der Absolution, in jedes Wort brüderlicher Tröstung. Und ist Gott dir ein gnädiger Gott, dann mangelt deinem Christentroste nichts. ,,Darum bin ich gutes Mutes, in Schwachheiten, in Schmachen, in Nöten, in Verfolgungen, in Ängsten um Christi willen. Denn wenn ich schwach bin, so bin ich stark.“ Wenn wir stark uns fühlen, dann sind wir bald verloren, aber wenn wir recht schwach uns fühlen, an Leib und Seele, dann will der HErr uns stark machen! -Gelobt sei Jesus Christus! Amen!

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besser_predigten/besser_predigten_sexagesimae.txt · Zuletzt geändert: von aj
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