Die 16 Artikel der im Jahr 1533 zu Straßburg gehaltenen Synode.

Die 16 Artikel der im Jahr 1533 zu Straßburg gehaltenen Synode.

Zum erstenmal abgedruckt, aus dem straßburgischen Kirchenarchiv.

  1. Wir glauben und bekennen, das Ein Einiger Gott im Wesen ist und keinen, dann der Personen, Vaters, Sohns und heiligen Geists, Unterscheid haben mag. Erkennen also unchristlich und der Geschrift entgegen, alles was dieser Bekanntnuß zuwider ist, und mit Namen, das neulich ein Hispanier geschrieben, daß das ewig Wort Gottes nichts dann ein Verblendung und Schatten sey des Menschen, unsres Herren Jesu Christi, in Creaturen und allerley Erscheinungen Gottes und der Engel fürgangen.
  2. Dieser Einiger Ewiger Gott hat die Menschen zu seinen Ehren geschaffen, welche hernach durch die Teufel in die Sünd und Tod verführet seindt. Darumb die Gott der Lügen strafen, alle die da sagen, daß nit Teufel und böse Geist seindt, die die Menschen, wie im Anfang, zur Sünden reitzen und anstiften.
  3. Im Adam seindt wir alle gestorben, das ist, der Sünden so verpflichtet und zugeeignet, daß unser Sinn und Gedanken, von Jugend uff, nur zum Argen und also von Gott, ders Leben ist, in ewigen Tod gericht und ganz verdammt seindt. Derhalben erkennen wir alles der Schrift und Erfahrniß zuwidersagen, daß wir nit in Erbsünden geboren und von uns selbst etwas Guts vermögen.
  4. Uns von diesem Tod zu helfen, hat der allmächtig Gott sein ewiges Wort, durch das er Alles gemacht hat, wollen Fleisch und uns armen Sündern aller Dingen, die Sünd allein ausgenommen, gleich werden; der ist nun wahrer Gott und wahrer Mensch, unser Herr Jesus Christus beides, göttlich und unser menschlich Natur und Eigenschaft, hat durch sein Leiden für uns genug gethan und uns dem Vater versöhnet Alle, die an ihn glauben und also zu ihm kommen. Erkennen also daß der höchsten Gotteslästerung eine ist, sagen, wie jetzt ein neuer Irrthum aufgestanden, daß das ewige Wort Gottes nit hab Menschliche Natur, aus Maria der Jungfrauen durch den heiligen Geist geschwängert, an sich genommen, sondern ein himmlisch Fleisch nit unserer Art und Natur.
  5. Zu Christo mag aber niemandt kommen - so gar kein Erkänndtnuß, will geschweigen Vermögen zum Guten haben wir von unß selbst - es ziehe uns dann der Vatter. Dasselbige thut er aber, so er uns recht zu erkhennen gibt, daß wir in Christo unserm Herren verzeihung der Sünden und das Ewig leben finden: Welcher glaub bringt dann die Frommkeit und Alles gute. Derhalben ein lesterung ist der Erlösung Christi, sagen, daß der Mensch, aus kräften der Natur, noch nit von obenrab neugeboren und mit dem h. Geist begabt, könnte Gott als das höchste Gut erkennen und lieben, sich zum Guten schicken, aus seinem freyen Willen angebotten Gottes Gnad annehmen, oder etwas Guts oder Verdienstlichs, auch nachdem er wiedergeboren, aus ihm selbst wirken. Also daß solches nit ganz und gar Gottes Gab und Werk sey, wie das nit allein von Philosophen und Schullerern 1) sondern auch jetzunder von etlichen dem freyen Willen, wider allen christlichen Glauben wird zugeben.
  6. Zu diesem Zug braucht Gott die Aeußerliche Predigt seines Worts und dann auch die Sacramenten: Der Glaub kommt aus dem Gehör. Jedoch ist weder der Pflanzer noch der Begießer etwas, sondern Gott, der das Gedeihen giebt, Alles. Derhalb aber muß ein Abbruch seyn göttlicher Gnaden und Werk, wöllen den Worten und Handlungen der evangelischen Predig und Sacramenten etwas Kraft zugeben, uns von Sünden zu reinigen, welche Kraft sie an ihnen selbst haben, wenn sie nur von Menschen gepredigt und gehandelt werden, es werde von denen welchen man die Wort und Sacrament mittheilet, geglaubt wie es wölle, welches die Schul Lehrer heißen Efficaciam ex opere operato, ein Kraft aus dem, daß die Rede oder Handlung allein für sich selbst geredt oder gehandelt werde und geschehe; also daß man taufe, Meß halte und dergleichen thue, unangesehn was die Leut glauben.
  7. Die Sacrament also, Tauf und Nachtmahl Christi, seindt sichtbarliche Evangelia; dann sie vorbilden die Erlösung Christi, so wir uns dann dieser Erlösung, auch unser Kinder halb, in gemein vertrösten, also daß wir für sie bitten, mit dem daß wir sie taufen, und erinnern uns alles deß das den Kindern, damit sie nach Gottes Willen uffgezogen würden, zu thun, das sich gebürt unsern Mitgliedern in Christo. Derhalben erkennen wir wider die Schrift und Gottes Ordnung handeln alle, die den Kindertauf unchristlich schelten.
  8. Im Tauf wird uns angebotten die Abwäschung von Sünden, die aber der Vatter, Sohn und heilige Geist bei uns ausrichten müssen, doch dermaßen daß der Diener dazu durch Darreichung der Wort und Zeichen mitwirket. Darumb der Tauff nit nur ein schlecht bloß Zeichen ist uns untereinander zu erkennen, sondern vielmehr was uns Gott durch unsern Herrn Jesum Christum seyn, und nach seiner göttlichen Ordnung geben wolle. Derhalben sich die irren, die fürgeben der Tauf seye nichts dann ein Bezeugen deren, so sich taufen lassen, daß sie ihnen selbst wollen absterben.
  9. Gleicherweis auch im Abendmahl wird uns Christus selb, die Speise des ewigen Lebens zum fürnehmsten, und also sein wahrer Leib und wahres Blut dargereicht und geben und von den Jüngern des Herren wahrlich empfangen und genoßen. Dies aber dergestalt, daß darum das Brod nit müsse der Leib Christi selber seyn und der Wein das Blut, oder das Brod und der Wein in den Leib und das Blut verwandelt werde, oder auch räumlich eingeschlossen, oder einig natürlich Vereinbarung mit dem Brod und Wein erlange, dadurch der unsterblich Leib und Blut Christi sollte ein zerstörlich Bauchspeis und Trank werden wie Brod und Wein ist, daß im Wesen und Natur rein Leib und Blut ewiglich gescheiden bleibe: sondern mit Brod und Wein samt den Worten wird uns da der wahre Leib und das wahre Blut, das ist, die wahre Gemeinschaft Christi angeboten, dargeben und in der Wahrheit von den Glaubigen empfangen und zum ewigen Leben genoßen: wie im Tauff durch das Eintauchen oder Besprengung samt den Worten die neu Geburt und Reinigung von Sünden. Daher ein Menschengedicht ohn Schrift, sagen, daß das Brod seines Wesens in Leib Christi, der Wein ins Blut verwandelt oder in Kraft der Worte Christi, so sie nur vom Diener also erzählet werden, sollen räumlich ins Brod und Wein geschlossen werden, oder mit dem Brod und Wein einig Weis, die natürlich und nit sacramentlich wäre, vereinbaret. Dies ist aber auch ein erschrecklich Lästerung des Leidens Christi, sagen, daß der Leib und das Blut Christi vom Diener solle Gott dem Vater für die Sünd Lebendiger und Todter aufgeopfert werden;; wie auch ein schwerer Mißbrauch, das Nachtmahl anders halten, dann daß den Glaubigen in gemein da die Sacramenta, bede das Brod und Kelch des Herrn, mitgetheilet werden: alles auch in der Sprach gehandelt, welche die Gemein verstehn und sich damit bessern möge.
  10. Solch Nachtmahl Christi gehört allen denen zu zeihen und empfahen, die Christum ihren Heiland erkennen und seiner in der Wahrheit, als des wahren Himmelbrods und einigen Mittlers, wohl und ewig zu leben von Herze n begehren, und das Widerspiel nit durch ein öffentlich unbußfertig Leben von ihnen selbst bezeugen. Derhalben irren sich die und trennen solche Leut vom h. Abendmahl, die da lehren eines befindlichen Absterbens und Vergeltens zu erwarten2), oder auch nit zum Abendmahl Christi zu gehn, sie haben sich denn anderwärts taufen lassen.
  11. Unter solchen dann die nun Ein Leib und Brod sind in Christo, soll die höchste Lieb und Einigkeit seyn daß sie christliche Sorg für einander haben, sich durch einander mit aller Sänfte und Bescheidenheit unterweisen, warnen, ermahnen und anhalten: und ist falsch, daß ein Christ nit alle Solche brüderlich lehren und warnen solle, ob sie schon weiter Bündniß mit ihm nimmer aufgericht haben.
  12. Von dieser Gemein hat man niemand auszuschließen, dann die in den groben Lastern, die der heilig Paulus in der ersten zu den Corinthern am 5ten Capitel und 2 Thessal. 3 erzählt, liegen und endlich nit hören wollen, noch sich die Kirch Christi zur Besserung vermahnen lassen. Derhalben begehrt deren Geist nur Zerstörung anzurichten, die den Bann anders gebrauchen wollen.
  13. Welche dann also auf Erden gebunden, die werden im Himmel gebunden seyn; wie auch alle die im Himmel los, welche die Kirch Christi, so sie sich zur Besserung auf Christum begeben, löset und ihnen Verzeihung der Sünden verkündiget. Andrer Gewalt ist bei keinem Menschen, er sey Papst oder Bischof, dann nur nach dem Wort Gottes und aus Gottes Geist, Sünd zu behalten und zu verzeihen und gar nit durch Gesetze, die im Wort Gottes nit gegründet sind, zumachen und binden, da Gott nit will gebunden haben. Derhalb auch dieweil der Christ Christi ist und alle Welt sein, so seye von Menschen GEsetz gebottet, oder hab er gelobt, was es wölle, wo es nun darzu nit dienlich daß er Christo, der ihn so theuer erkauft, gelebe, so ist er aller solcher Gesetze, Gebote und Gelübde frey das in allen Dingen fürzunehmen, was ihm zu wahrer Frommkeit am dienlichsten seyn mag.
  14. Die Obrigkeit so das Schwerdt und höchsten äußerlichen Gewalt hat, ist eine Dienerin Gottes, soll also, wie Gott in seinem Gesetz befohlen und der Geist Christi in allen die er führet, selbst lehret und treibet, alles ihr Vermögen dahin richten, daß bey ihren Unterthanen Gottes Name geheiligt, sein Reich erweitert und seinem Willen gelebt werde, so viel sie immer mit ihrem Amt darzu dienen mag. Derohalb muß deren Geist, die da wöllen daß die Obrigkeit sich christlichs Thuns gar nicht beladen solle, ein widerwärtiger Geist Christo unserm Herrn und ein Zerstörer seyn alles Guten.
  15. Die Obrigkeit aber wird dannoch ihrem Amt, zu Heiligung seines Namens und Erweiterung seines Reichs, recht handeln, wann sie in allen Treuen, wie sie vor Gott erkennt und vermag, versicht daß bey den Ihren Gottes Lehr rein und rechtschaffen geführet, jedermann verkündigt, denen die davon abziehen wollen, ihr gottloser Frevel im Widersprechen und Lästern und dann auch in dem groben Aeußerlichen Aergerlichen des Lebens gewehrt werde: dann je die Obrigkeit das Gut fördern und das Bös durch Strafen abtreiben solle. Darum müssen die nichts dann Raum ihrer Zerstörung und Rottung suchen, die da wöllen, daß die Obrigkeit öffentliche Verkehrung, christlicher Lehr Trennung, der jenen falschen gotteslästerlichen Gottesdienst nit strafen solle.
  16. Wie wohl aber nun Gott der Herr, der uns alle aus Nichts gemacht, will den Dienst des Worts und auch die Obrigkeit dazu gebrauchen, daß er die Seinen, von ihnen selbst und allem Argen, zu ihm durch unsern Herren JEsum Christum ziehe, so sind doch etliche Geschirr des Zorns, an denen beede Dienst nichts mehr schaffen, dann daß sie ihnen alle Beschuldigung benehmen, sonst nur ärger und verstopfter machen. Dieselbigen sündigen in Tod, ist nit für sie zu bitten, werden endlich ins ewige Feuer verstoßen. Darum widersprechen sie Gott in aller seiner Schrift, die da sagen, es sey kein ewige Verdammnuß, noch Unterscheid der Erwählten zum ewigen Leben und der Verworfnen, die endlich zum ewigen Tod verworfen werden.

Quelle: Röhrich, Timotheus Wilhelm - Geschichte der Reformation im Elsass

1)
Scholastikern
2)
D.h. die sinnlich bemerkbaren Wirkungen der Gnade Gottes bei der Bekehrung des Menschen, welche die Mystiker aller Zeiten, auch Schwenkfeld und später die Pietisten, behaupteten.
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