Unbekannt - Zur Kasseler Bewegung (Erklärung 1907)
Am 19. und 20. Dezember 1907 traten im ev. Vereinshaus in Barmen mehr als 30 Vertreter von Gemeinschaften aus vielen Teilen Deutschlands zu einer Beratung über die neueste im Zungenreden gipfelnde Bewegung zusammen. Die Versammlung einigte sich zu folgender Erklärung:
1. Wir bekennen, daß Gott auch in unseren Tagen alle biblischen Geistesgaben geben kann. Vor allem gilt es, daß sich die Gemeinde zubereiten läßt.
2. Wir stellen die ernste Tatsache fest, daß in der Bewegung unserer Tage in Kassel und in anderen Orten manche, die als Gläubige anerkannt werden, ein Zungenreden und Weissagen bekommen haben, das nicht vom Heiligen Geist war.
3. Wir müssen feststellen, daß es in einem erschreckend hohen Maße an der Prüfung der Geister nach den klaren Richtlinien des Wortes Gottes und an der Fähigkeit, von vornherein die Geister zu unterscheiden, gefehlt hat.
4. Wir bekennen diese Armut als eine Schuld, die uns und weite Kreise der Gemeinde trifft. Wir bitten alle Geschwister dringend, sich mit uns darüber zu beugen und ernstlich zu flehen, daß der Herr sich unserer erbarme und unsern Schaden heile.
5. In dem tiefen Bewußtsein, wie not es tut, sich gegen jeden fremden Geist abzuschließen, warnen wir unsere Geschwister, sich eine heilige Zurückhaltung aufzuerlegen mit Wachen und Beten. Was uns not tut, sind nicht sensationelle Erfahrungen und Erscheinungen, sondern fleißiges Forschen in der Schrift mit Ausdauer, Hingabe und nüchternem Sinn und ein heiliger Wandel in der Furcht Gottes.
Im Auftrage der Versammlung:
Theodor Haarbeck, Krawilitzky, E. Lohmann, Michaelis, Regehly, Schopf, Schrenk, Stockmeyer
Nachdem die Barmer Konferenz vorstehende Erklärung zum Resultat gehabt hat, sind die an der Konferenz anwesenden Vertreter christlicher Blätter sich einig geworden, die weitere Besprechung der im Zungenreden gipfelnden Bewegung vorläufig einzustellen. Wir wollen dadurch unsern Lesern Gelegenheit geben, stille zu werden, und in ernstem Schriftstudium, Gebet und Nachsinnen die Richtlinien zu prüfen und weiter zu verfolgen, welche die obige Erklärung ihnen gibt. Wo das in Treue geschieht, erwarten wir, nachdem in den letzten Monaten so reiches Material zur Verarbeitung gegeben wurde, eine gesegnete Frucht für das Volk Gottes in Deutschland.
Quelle: Gärtner - Eine Wochenschrift für Gemeinde und Haus 1908