Zinzendorf, Nikolaus von - Reden über den 2. Artikel - Die vierzehnte Rede.

Zinzendorf, Nikolaus von - Reden über den 2. Artikel - Die vierzehnte Rede.

In ewiger Gerechtigkeit, Unschuld und Seligkeit.

Ziehet den neuen Menschen an, der nach Gott geschaffen ist, in rechtschaffener Gerechtigkeit und Heiligkeit. Eph. 4, 24.

Wir wollen erstlich von der ewigen Gerechtigkeit und Unschuld und Seligkeit mit einander reden, zweitens von der Methode, wie wir zu einem jeden ins Besondere kommen.

Das Mittel, zu der ewigen Gerechtigkeit zu gelangen ist die Rechtfertigung; die Heiligung bringt uns die ewige Unschuld zuwege, und die Erlösung die ewige Seligkeit.

Die Sache, die uns im Reiche Jesu so glücklich machet, heißt Gerechtigkeit, Unschuld und Seligkeit.

Wir müssen sie nach der Zeit abtheilen, und sehen, erstlich: wie sie vor dem Falle war, zweitens, wie sie nach dem Falle beschaffen ist, drittens, wie es nach der Wiederbringung und Versöhnung des Heilandes damit aussiehet.

Der Satan verstellt sich in einen Engel des Lichts, und setzet den göttlichen Wahrheiten Dinge entgegen, die eben das bedeuten sollen, und auch fast so herauskommen, aber desto tiefere Irrthümer sind. Nach diesem Plan hat er eine andere Gerechtigkeit, eine andere Unschuld, eine andere Seligkeit erfunden. Sie sind von denen göttlichen darin unterschieden, daß sie nicht wahrhaftig und daß sie nicht dauerhaft sind.

Erstlich, vor dem Falle sahe es mit uns überhaupt so aus: Wir hatten Weisheit, Gerechtigkeit, Unschuld und Seligkeit. Sie war wahrhaftig, aber wie es der Ausgang zeigte, nicht nothwendig ewig.

Insbesondere hatten wir eine Weisheit, die ich nicht beschreiben kann, weil ich sie in der Schrift nicht ausgedrückt finde, und mit Gedanken und Wahrscheinlichkeiten nicht umgehen mag.

Die wahre Gerechtigkeit war, daß Gott den Menschen erschaffen hatte zu einem Zweck, den Er selbst erkläret 1. Mos. 1, 26-28: Daß er herrschen, und sich die Erde unterthan machen sollte. Und in dem Zustande konnte der Mensch mit Recht prätendieren, was ihm gehörte; denn das wird zu einer Gerechtigkeit erfordert. Der Herr stand allein nicht unter dem Menschen, und hatte ihm darin eine Regel vorgeschrieben, an die er sich binden sollte, zu bezeugen, daß Jehovah um den Thron höher sei, (s. 1. Mos. 41, 40.) Sonst hatte der Mensch unter sich die ganze Welt, und das Bild des unsichtbaren Gottes wurde an ihm gesehen, welches ihm über alle Creaturen insgemein eine unwidersprechliche Autorität, und zu einer jeden insbesondere ein undisputierliches Recht gab. Er konnte die Fruchtbarkeit der Erden und die Herrlichkeit des Himmels als einen Tribut einfordern, der ihm gehörte. Und es stehet einem Thier im Walde nicht natürlicher und unschuldiger an, seine Speise zu nehmen, wo es dieselbe findet, als es dem Menschen in der ersten Verfassung gegeben war, Alles, was um und neben ihm war, zu nutzen und zu gebrauchen.

Die Heiligkeit des Menschen vor dem Fall beruhete auf der Unschuld, daß ihm unbekannt war, was wir heutzutage Sünde nennen, und er darum nicht einmal einen Gedanken darauf richten konnte. Daher er auch zuerst durch Berückung fiel. Denn die Gehülfin des Adam hat das Zeugniß, daß sie sich hatte berücken lassen, und ihren einfältigen Plan verloren.

Die Sünde nahm freilich zum ersten Mal am Gebot Ursach, wie es noch immer ist.

Die Seligkeit vor dem Fall war, daß es ihm immer wohl war, auch bei aller Arbeit beschwerte ihn nichts: der Mensch wurde durch nichts herumgetrieben, seine Ruhe und Friede wurde nicht gestöret. Er hatte gar keinen Begriff vom Wollen und nicht Wollen, und seine Gemüthsstellung war so beschaffen, daß einem in diesem Zustande nicht möglich gewesen wäre, von selbst in den Affect zu gerathen, den wir die Begierde nennen, und der uns darum zur Sündlichkeit wird, weil er unordentlich ist. Wie wäre ihm eingefallen, etwas zu sein in dieser Welt? Er war so Alles. Wie hätte ihm einfallen sollen, etwas zu verlangen? Er hatte Alles, um etwas zu sorgen? Er nahm Alles, was er wollte, lüstern zu werden? Er war in beständigem Genuß, träge zu sein? Er konnte nicht ermüden.

Zweitens, nach dem Fall ist es ganz anders.

Unsere Weisheit läuft da hinaus, daß man von Natur, aus Begierde alles das zu wissen verlanget, woran nichts gelegen ist, und dasjenige nicht wissen mag, woran einem Alles lieget. Die Sache, dazu man destiniert ist, lernet man nicht mit Lust, sondern lieber eine andere, sonderlich im Geschäfte der Seligkeit. Daher wird unsere Weisheit als eine Thorheit vor Gott beschrieben. Sie besteht nur in müßigem Spekulieren, und unsere Einsichten werden von Andern bald wieder übern Haufen geworfen. Was wir wissen sind Dinge, die wir nicht brauchen, und entweder ganz unwahrscheinlich, oder doch sehr ungewiß sind.

Die Gerechtigkeit nach dem Falle bestehet darinnen, daß wir uns zusammen raffen, womit wir vor Gott zu bestehen gedenken. Ich rede von solchen Menschen, die sich um Gott bemühen, und Ihn suchen; von den andern kann man auch das nicht sagen. Jene suchen sich Gott durch allerlei Arten des Gottesdienstes und durch gute Werke zum Freunde zu machen, welches sich bald bei dem israelitischen Volke einschlich, und noch so fort währet. Die Gerechtigkeit der Menschen, die sich um Gott bekümmern, besteht gemeiniglich darinnen, daß sie das Böse unterlassen, dagegen was Gutes thun, Almosen geben etc., das soll ihnen helfen. Auf dem Katheder wird das von Etlichen widersprochen, in der That sind sie fast Alle eins.

Unsere Heiligkeit nach dem Falle bestehet entweder in einer unsichern Unwissenheit, oder in einer gemachten Heiligkeit.

Die Unwissenheit hat insofern etwas gleiches mit der Unschuld vor dem Falle, daß man diese und jene böse Dinge nicht weiß noch kennt. Sie ist ihr aber zuerst darinnen ungleich, daß neben der Geschicklichkeit, auch die Neigung zum Bösen da ist, nur verborgen liegt, und nur einer Reizung oder Gelegenheit bedarf, so säumet sie nicht hervorzubrechen; darnach, daß die vor dem Falle allgemein, die nach dem Falle aber particular ist, und nur von etlichen Personen und Dingen kann gesaget werden. Nur gewisse Laster sind uns unbekannt. Einer ist von Natur nicht unkeusch, der Andere nicht stolz, der Dritte nicht geizig, der Vierte nicht unactiv; nicht aus Liebe zum Heilande, sondern theils aus guter Erziehung der Eltern, theils weil selbst die Struktur des Körpers der Seele zu gewissen Ideen Anlaß gibt, zu andern aber eine Unfähigkeit verursachet.

Es kann also ein Mensch von Natur gewissermaßen keusch, demüthig, freigebig oder arbeitsam, oder doch so anzusehen sein, und sich darüber die vergebliche Hoffnung machen, als sei er heilig und ein Kind Gottes. Zur natürlichen Heiligkeit kann man sich auch durch die Moral und Sittenlehre, zumal wenn man brav angelaufen, und viele Unglücksfälle erlitten hat, nach und nach angewöhnen. Da werden die Leute auch durch Vernunft und den Zusammenhang ihrer Regeln gewöhnt, keusch, liebreich, demüthig, mitleidig zu denken. Und das ist von der äußerlichen Verstellung unterschieden, da man sich nur tugendhaft bezeiget, und das Herz voll sich selbst bewußter Lasterhaftigkeit ist.

Die Heiligkeit aus der Vernunft ist aber doch nichts; denn sie ist nicht durch Den erlangt, der Alles wirken muß. Phil. 2, 13. Die Kinder der Vernunft sind auch Kinder des Zorns. Eph. 2, 3.

Die Glückseligkeit der natürlichen Menschen bestehet darinnen, wenn einer seinen Zweck erhält, und das Erlangte behält, so lange er will. Ich will nicht von denen sagen, die eine Glückseligkeit suchen, die gar eingebildet, oder alsobald wieder dahin ist, sondern von denen, die einen Schein vor sich haben, zum Exempel, eine vergnügte Ehe, gesunde und wohlgezogene Kinder, ein ordentliches und unbeschuldet Haushalten, vernünftige Nachbarschaft, gemäßigte und nothdürftige Freiheit.

Wenn man aber auch Alles beisammen hat, und das Herz ist nicht daheim, wo es hingehöret: so ist weder Eins noch Alles vermögend, den Menschen, ohne Beihülfe der Einschläferung oder Übertäubung des Gemüths, vergnügt zu erhalten. Drum ist's auch mit der Seligkeit nach dem Falle nichts.

Drittens, was ist denn nun nach dem Tode Jesu die wahre Weisheit, die wahre Gerechtigkeit, die wahre Heiligung und Erlösung mit dem unvergleichlichen Prädicat der unverwelklichen Dauerhaftigkeit?

Die Weisheit ist die einfältige und unverrückte Betrachtung, daß die Liebe Jesu zu uns die höchste und einzige Erkenntniß ist (der Seele und ihrer Betrachtung würdig), daß es schade um einen Gedanken ist, der von diesem großen Object abkommt, und daß Sein Tod und Leiden, bis Leib und Seele scheiden, uns soll in unsern Herzen ruhn.

Die Gerechtigkeit ist, wenn einem Menschen alles sein Recht, das er aus der Natur oder Vernunft hat, weggefallen ist, daß man sich vom Heilande das Zeugniß geben lässet, und glaubet, daß unsere künftige Forderung aus Erbarmen und Gnade ankommt, und wir das Alles begehren dürfen, was Jesus durch Sein Verdienst, und als Er Sein Blut am Holze für uns vergossen, uns Allen erworben hat.

Und das ist eine Gerechtigkeit, die ewig ist, und die Jesus erfunden hat. Wer sie hat, der weiß es. Es ist Alles Einbildung gewesen, was er zu haben dachte; und was er wirklich hatte, war verflucht. Was er nun hat, ist Gnade.

So lange der Mensch noch was weiß, damit er sich, außer der Versöhnung, dem Blute und der Fürbitte Jesu Christi, selbst helfen kann: der hat nichts weniger als Gnade und Barmherzigkeit zu gewarten.

Ehe wir von ganzem Herzen unsere Zuflucht zu dem Gebetlein nehmen: Herr, erbarme Dich; so hat der Heiland mit uns keine Connexion. Alles unser Gutes muß uns erst zur Sünde, und alle unsere Kraft zur Ohnmacht werden.

Unsere Unschuld nach dem Falle fängt sich bei der Heiligung an, und gehet auf die alte Unschuld. Niemand aber, der die Gerechtigkeit Jesu nicht hat, ist unschuldig. Denn ist er's gleich in einem, so ist er's im andern nicht.

Wer die Gerechtigkeit im Blute Jesu erlanget hat, der bekommt Kraft, alles Böse, das er an sich weiß, und daran er immer genauer suchen und studieren muß, unter die Füße zu bringen und zu beherrschen, bis endlich, wenn wir lange beim Heiland bleiben, des Dinges mit einander vergessen wird, und man nur in dem Heilande lebt, welches endlich durch beständige Gnade, bei der getreuen Nachfolge des Heilandes zuwege zu bringen ist; da es heißt: Ich lebe, aber nicht ich, sondern Christus lebet in mir. Gal. 2, 20. Denn so viel man für sich selbst lebt, Röm. 7, 25. bleibet man ein Sünder. Ein Gerechtfertigter lässet sich eben in gar nichts ein; man übt sich allezeit in dem Gegentheil, und was sich reget, das überwindet man.

Wer nun die Erfahrung im Bösen durch den Nichtgebrauch zu verlieren anfänget, der wird ein unschuldiger Mensch in Christo.

Die Seligkeit ist, daß ein Mensch alles das genießet, und wieder kriegt, was er vor dem Falle gehabt, gute Tage, Ruhe, Zufriedenheit, dem Zweck gemäßes Glück und Fortgang, aber am Geist, am Herzen.

Der Körper behält freilich seine Ordnung, und Kinder Gottes erfahren da eben das, was Er erfahren hat, da Er in der Welt war. Unsere Herz aber ist fröhlich, sicher und gewiß. Wir werden zu Herren gemacht über unsern Körper und dessen Beschwerlichkeiten, und sind immer zufrieden, wenn' s auch dem Ansehen nach noch so hart geht. Nun das ist die Sache.

Wie kommt man aber dazu? Wie werden wir so weise, so gerecht, so unschuldig und so selig, und das Alles auf ewig?

Die Methode, zur Weisheit zu gelangen, ist die Unterweisung und Lehre des Evangelii.

Es ist eine Lehre in der Welt aufgekommen, die dem Menschen den Weg zeigt. Sie bestehet nicht aus etlichen tausend Worten, die zusammen hängen, sondern wenn uns Jesus Christus lehret, so erfahret der Mensch Worte, die er nicht aussagen kann. Er bekommt eine göttliche Gewißheit, und daß das auch so ist, daß das so bestehet.

Die Weisheit dieser Welt ist veränderlich, diese aber unveränderlich. Eben die Weisheit, die die Apostel gehabt, ist auch unsere Weisheit.

Die elendesten und geringsten Leute, die Jesum in den finstersten Zeiten hatten, redeten eben das, was wir reden, obgleich mit andern Worten. Es ist keine Seele, so lange die Welt stehet, anders selig geworden, als aus der Gnade (ohne Verdienst, ohne Werke), durch das Blut Jesu Christi und Sein Verdienst, von der ewigen Gnadenwahl her in Christo.

Sonst heißet es, Jeder hat seinen Kopf für sich; hier aber heißet es, wir sind Alle einerlei gesinnet auf Christum.

Diese Weisheit ist das Geheimniß vom Verdienst Jesu Christi, davon die Seelen von Natur nichts wissen, und nichts Solides reden können, und wenn sie von allen andern auch guten Dingen noch so viel zu reden wissen. Sie muß uns von oben gegeben werden.

Wir haben von Natur keine Köpfe dazu. Es kann sie kein Gelehrter und Kluger erfinden, es kann sie keine natürliche Geschicklichkeit fassen. So bald aber der Heiland anfängt zu informieren, so wird es nicht mit vielen Argumenten und Gründen bewiesen, sondern Er bringet was ins Herz, das man fühlet, und das unveränderlich widerhält. Es ist lauter göttliche Kraft und göttliche Weisheit.

Der Weg zur Gerechtigkeit, die rechtschaffen und ewig ist, zu gelangen, ist die Rechtfertigung.

Der Heiland hat eine Methode, in Ansehung des ganzen menschlichen Geschlechts, und wir eine mit einer jeden Seele insonderheit.

Die Methode, dem ganzen menschlichen Geschlechte die Gerechtigkeit zu erwerben, ist die: „Gott sprach zu Seinem lieben Sohn:
die Zeit ist hie, zu erbarmen;
fahr' hin, mein's Herzens werthe Kron'!
und sei das Heil der Armen,
und hilf ihn'n aus der Sündennoth,
erwürg' für sie den bittern Tod,
und laß sie mit Dir leben.“

Was ward aus diesem göttlichen Schluß?

„Es war ein wunderlicher Krieg,
da Tod und Leben rungen,
das Leben, das behielt den Sieg;
es hat den Tod verschlungen.“

Wie ging's zu?

„Die Schrift hat bezeuget das,
wie ein Tod den andern fraß.
Dieweil das rechte Osterlamm, \ davon Gott hat geboten,
für uns ist an dem Kreuzesstamm
in heißer Lieb' gebraten;
deß Blut zeichnet unsre Thür,
das hält der Glaub' dem Tode für,
der Würger kann uns nicht rühren.“

Ich gebrauche mich dieser einfältigen Reime, weil in denselben so deutlich steht, daß das Blut Jesu Christi, des Sohn's Gottes, die Ursach unsers Rechts ist.

Das können wir nicht glauben, wir müssen dann erst zu Narren werden an unserer Vernunft.

Wir müssen's mit Gutem lernen, oder erfahren es, wenn wir durch die Gnade Gottes unter das Gesetz kommen. Wenn wir nicht einfältig glauben wollen, so gehöret das Gesetz für uns, und wir müssen uns so lange plagen und quälen, bis der heilige Geist gleichsam mit uns Mitleiden kriegt, und uns im Herzen den Heiland zeigt; und wenn wir dahin sehen (müde und matt, an uns und an aller Welt verzagt), so geschieht die Rechtfertigung der Seele ins Besondere. „Er zeigt sie Seinem Vater an, daß Er hat gnug für sie gethan.“

Da wird die Seele inne des ewigen Privilegii, daß sie, durchs Blut Jesu Christi, das sichere Geleit durch Welt und durch Sünde und Noth, ja durch die Hölle hat, und nirgends aufgehalten werden kann, zur ewigen Seligkeit einzugehen.

Die Heiligung ist, daß uns der heilige Geist in Seinem Lichte zeiget, daß Alles, was wir vorher für gut und glückselig gehalten haben, elende, miserable Sachen, Gelüste des Satans oder Nachäffungen des Einigen Guten sind, das wir in Jesu haben sollten.

Da lässet man das Sündigen gerne bleiben, wenn uns nur der Heiland die alten Sünden vergeben hat. Der heilige Geist versichert uns, daß uns unsere Sünden vergeben sind durch Jesu Namen, daß wir das Sündigen lassen dürfen, und damit macht Er im Herzen einen ganz andern Plan.

Dem Hochmüthigen ist nichts abominabler und ekelhafter, als Ruhm und Ehre; dem Wollüstigen ekelt vor den Lüsten; der Träge erschrickt vor dem Müßiggange; der Geizige macht gleichsam das Kreuz gegen den Reichthum.

Das Werk führt der Heiland vom ersten Tage an bis auf den letzten Tag des Lebens fort. Wir werden immer heiliger, gerechter, seliger; und unheilig sein macht der Heiland nicht nach und nach gut, wie es die Sittenlehre zu thun suchet, sondern es muß Alles auf einmal verläugnet werden. Der Heiland schwemmet alles Böse mit Seinem Blute aus einander und unterdrückt es mit Seiner Kraft, und zerreißt das Systema des Sündigens.

Das Gute aber hat seine Grade. Der Mensch wird keuscher, demüthiger, freigebiger, geschäftiger, oder, daß ich mich noch deutlicher mache, der Schüler wird zum Mann, und nach und nach gar zum Lehrmeister.

Man lernt das Geheimniß der Heiligkeit im Grunde immer inniger einsehen, wird der Handgriffe in der Ausübung immer gewohnter, bekommt immer mehr Glück, es durchzusetzen, und an den Mann zu bringen; und nachdem man in der seligen Betrachtung immer mehr zugenommen, die Ausübung immer mehr practicieret, die Sache vielfältigemal an Mann gebracht, und durch Gewohnheit in Allem geübte Sinnen und eine hoffnungsvolle Erfahrung hat; so preiset man' s Andern an, legt's ihnen gründlich aus, zeigt ihnen auch die Handgriffe, und wird ihnen zu einem glücklichen und gesegneten Vorgänger, daß sie denjenigen auch kennen lernen, der uns leitet und hütet, den heiligen Geist, der aller Seelen Hüter und Vormund ist.

Die Erlösung, als das Mittel, die Menschen selig zu machen, als für welche Jesus am Holze gestorben, bestehet darin, daß Jesus der Gekreuzigte uns von allen Ursachen unsers Elendes erlöset, von der Sünde und ihrer Anklebung; und lehret uns Alles um Seinetwillen thun und uns gefallen lassen.

Wie Er das um der Seele willen einmal angefangen hat, so wird's auch von Ihm fortgesetzet bis ans Ende.

Das heißet selig, wenn uns keine Sache mehr vergnügt, als der Heiland. Und weil wir Den unverrückt bei uns haben, weil nichts in der Welt vermögend ist, zwischen Ihm und uns eine Trennung anzurichten: so bewahret Sein Friede unsere Herzen und Sinnen immerdar; uns ist wohl, wo wir gehen und stehen, sitzen und liegen, wachen und schlafen, siegen und leiden, sterben und leben.

Die Welt unterstehet sich nicht lange, unsere Glückseligkeit zu verhindern. „Das Fleisch muß endlich aus dem Sinn, wie sehr sich' s immer sträubet.“ Der Arge ist allein übrig, dessen Gewalt groß und erschrecklich ist, und der sich um die Gläubigen so fleißig herum macht, und ihnen so nahe tritt, als er immermehr kann, wo er die geringste Vermuthung haben kann, ihnen etwas anzubringen: so daß uns der Heiland nicht nur gelehret hat, fleißig zu beten: erlöse uns vom Bösen; sondern für nöthig hielt, selber für uns zu beten, daß zur Zeit der satanischen Begierde, uns zu sichten, unser Glaube nicht aufhöre.

Es gründet sich aber dieses und jenes Gebet, und die Verheißung, daß der Herr Seine Auserwählten in einer Kürze erretten wolle, allein darauf, daß uns der Heiland zur Erlösung ist.

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