Schopf, Otto - Stehe auf und wandle

Schopf, Otto - Stehe auf und wandle

Diese Worte Jesu sind die Antwort auf die Klage des 38 Jahre lang krank gewesenen Mannes. Aber was für eine Antwort! Wenn die gesegneten Lippen des Sohnes Gottes antworten auf das Stammeln unheiliger Menschenlippen - wie herrlich ist das oft!

Wir haben vorhin hier gebetet, so gut wir es vermochten. Und nun dürfen wir in dieser Stunde und nachher Jesu Antwort erwarten. Und diese Antwort Jesu ist, was jedes Wort sein soll, eine Offenbarung seiner Gedanken. Sie ist noch mehr, sie ist eine Offenbarung seines Wesens, eine Offenbarung Gottes. Sie wirft ihr Licht auf die Welt und ihr Elend, und die Strahlen seines Lichtes fallen selbst noch auf den Fürsten der Finsternis.

Jesu Worte sind Worte der Wahrheit! Was für eine Wohltat ist das, daß es wenigstens einen Menschen gibt, der die Wahrheit redet, und zwar so ganz, daß er die Wahrheit ist! Welche Wohltat, daß wir von ihm die Wahrheit über uns selbst und über alles, was uns Not tut, hören können! Diese Wahrheitsworte erwecken und stärken bei uns den Wahrheitssinn und die Liebe zur Wahrheit. Sie machen den wahrhaftig, der im Dienst der Lüge stand, und bringen ihn in Berührung mit all den ernsten und seligen Wahrheiten, die uns zu seligen Kindern Gottes machen. „Heilige sie in deiner Wahrheit, denn dein Wort ist die Wahrheit!“ „Ich heilige mich selbst für sie, auf daß auch sie geheiligt seien in der Wahrheit.“

Geliebte, unter dem Schutz und der Macht dieses seiner Erhörung sicheren Gebetes aus dem Munde der Wahrheit stehen wir alle, die wir schon Gottes Kinder sind oder noch werden wollen. Welch eine Zuversicht gibt uns das für unsere Zukunft! Und nun laßt uns mit freudiger Erwartung hören, was der Mund der Wahrheit sagt, laßt uns staunen über sein Wort, damit es uns süßer werde als Honig und Honigseim.

„Stehe auf, nimm dein Bett und wandle!“ Das ist ein Befehlswort. Jesus ist, wie wir schon des öfteren uns hier sagten, der einzige Mensch, der so ist, wie der Mensch nach Gottes Schöpfungsplan sein soll. Und der Mensch, wie er sein soll, ist nicht ein ächzendes, klagendes, krankes, von Lüsten und Sünden und Teufeln geknechtetes Wesen. Er ist nicht ein Spielball der Außenwelt, die ihn bald lockt, bald schreckt, kein Knecht der Fleischeslust, kein Knecht des Glases, kein Knecht des goldenen Kalbes, kein Knecht der Menschenfurcht, kein Knecht des Teufels und der Todesfurcht oder der Angst vor Gott. Der Mensch, wie er sein soll, ist ein Herrscher. So tritt Jesus auf. Er bittet nicht den Kranken aufzustehen. Er ist nicht der weichliche, süßliche Heiland, wie ihn die Menschen manchmal malen. Er schilt aber auch nicht den Kranken vor seinen Füßen, so viel Grund dafür da war. Jesus befiehlt ihm: „Stehe auf!“ Das ist ein wunderbarer Befehl. Ja, wenn er aufstehen könnte und wandeln und sein Bett heimtragen, das wäre gerade das, was der Mann brauchte. Das ist ein zweckmäßiger Befehl! Aber es ist doch ein vernunftwidriger Befehl; das war ja gerade des Armen Krankheit, daß er da lag und ihm niemand half. 38 Jahre dauerte schon sein Elend. Der Befehl Jesu brachte ihm gerade dieses Elend recht in Erinnerung. Zweckmäßig erscheint der Befehl und insofern vernünftig, aber doch scheint er vernunftwidrig, es sei denn, daß irgendetwas Jesu das Recht gibt, ein Machtwort zu sprechen. In der Welt überhaupt und in Israel im besonderen waren die Träger der Macht die Fürsten und ihre Beamten, die Priester und die, denen Wissen Macht gibt, die Gelehrten, schließlich noch die Reichen. Aber Jesus hatte keine verwandschaftlichen Beziehungen zum König Herodes, überhaupt keine Beamtenstellung, die ihm irgendwelche Macht verlieh, und auf Krankheiten erstreckt sich die Macht irdischer Machthaber überhaupt nicht. Er gehörte nicht zur Zunft der Schriftgelehrten, deren Wissensmacht hier auch versagte. Er war nicht aus den Reihen der Söhne Aarons gekommen, die auch nur Macht hatten, Kranke für krank und Gesunde für gesund zu erklären, die aber nicht gesund machen konnten. Er war so arm, daß er nicht hatte, wo er sein Haupt hinlegen konnte, und doch, hätte er die Reichtümer der Reichsten besessen, er hätte mit ihnen dem Kranken seine Gesundheit nicht kaufen können. Zu seinem Machtwort gab ihm keine irdische Machtquelle das Recht. Alle diese Machtquellen werden aber auch durch Jesu Wort als ohnmächtig erwiesen. Es offenbart sich hier: Das Wesen der Welt, Herrschaft, Frömmigkeit, Wissen und Geld sind nichts. So arm ist die Welt. Und doch wagt er es, das Machtwort zu sprechen: „Stehe auf!“ Ist er denn ein Schwindler? Ist er ein Selbstbetrüger, Irrender? Nichts in der Welt gibt ihm Kraft und Macht, so zu reden. Es muß daher und es kann nur eines sein, was sein Wort rechtfertigt, wenn man ihn nicht als einen Betrogenen oder Betrüger halten soll; es muß die nicht aus der Welt stammende, seinem Wort selbst innerwohnende Kraft sein.

Sein Wort muß in sich selbst ein Kraftwort sein. Entgegen stand diesem Wort erstens die 38jährige Krankheit, ferner das durch so lange Elendsjahre geschwächte und abgestumpfte Denken, Fühlen und Wollen des Kranken, endlich die religiöse Schranke, die dem strengen Israeliten verbat, am Sabbat irgendetwas zur Heilung eines Kranken zu unternehmen. Und wenn sein Wort nicht nur einen Scheinerfolg haben sollte, wenn es nur eine augenblickliche Kraftanstrengung, Gefühlserregung, hypnotische oder suggestive Einwirkung sein sollte, dann durfte es nicht nur ein Wort sein, das den anderen für kurze Zeit unter den Einfluß eines starken Willens brachte. Es bedurfte eines Wortes, aus dessen Befolgung sich erwies, daß der Kranke gesund war, es bedurfte eines Heilswortes, eines Heilandswortes. Moses und Elias, diese großen Propheten Israels, sie hatten je und dann solche Worte gesprochen, und vor ihnen und nach ihnen hatte das prophetische Wort immer wieder hingewiesen auf einen, der mehr ist als alle seine Vorgänger, in dem der Prophetenberuf seine Erfüllung finde, der der Prophet sei, in dem der Königsberuf seine Erfüllung finde, der ein ewiglicher, auf dem Thron Davids sitzender Davidssohn sei, der nicht im Namen Jehovas nur spräche und regiere, sondern der als Davids Herr über allen Königen stehe und auf dem der Geist des Herrn in seiner Mannigfaltigkeit und Fülle Ruhe gefunden habe, der bei den Propheten nur besuchsweise eingekehrt war. So sprach Jesus allerdings. Nicht im Namen Jehovas kündigt er seine Heilung an, sondern mit selbstgewisser Freiheit und Macht, ohne Mittel und andere Vorschrift hieß sein Wort den Kranken gehen. Und siehe, die Vernunft des Kranken sträubte sich nicht gegen Jesu Befehl, der schlaffe Wille versagte nicht seinen Dienst, er konnte wollen, die Fühllosigkeit wich, das Wort Jesu übte eine solche Gewalt über die ganze Persönlichkeit des Mannes aus, daß er buchstäblich tat und tun konnte, was das Heilandswort ihn hieß. Er stand auf, nahm sein Bett und wandelte.

Das Menschenelend und Satans Macht sinken dahin vor Jesu Heilandswort. Nicht in einem selbstsüchtigen, herrschsüchtigen und ruhmsüchtigen, sondern in einem helfenden, heilenden, dienenden Geist hat Jesu Macht- und Kraftwort seinen Ursprung. Es ging eine Kraft von ihm aus. Aus der ihm innewohnenden Lebensfülle floß die Kraft, die Jesus nicht als einen Raub festhielt, sondern die er hergab zum Heil des Elendesten, dem er durch seine teilnehmende Eingangsfrage gezeigt hatte, daß er nicht nur ein Wundertäter, sondern ein teilnehmender Freund für ihn sei. Fürwahr, er trug unsere Krankheit und lud auf sich unsere Schmerzen! So hatte Jesajas ihn viele Jahrtausende voraus geschaut und geschildert. Nur einen hat er so gesehen, nur von einem das gesagt, von dem, der wie ein Lamm zur Schlachtbank ging und der nicht nur unsere Krankheit trug und auf sich lud unsere Schmerzen, sondern von dem er auch weiter sagt: „Die Strafe liegt auf ihm, auf daß wir Frieden hätten“ und von dem er bezeugt, daß er sein Leben zum Schuldopfer gegeben hat. Darum offenbart sich der, der die Kraft hatte, das Wort zu sprechen, „stehe auf und wandle“ als das Lamm Gottes, das der Welt Sünde trägt, wie ihn Johannes schon am Anfang begrüßt hatte. Ja, dieses Wort „Stehe auf und wandle“ ist noch mehr als ein Wort der Heilung, als ein Wort eines Heilbringers für den kranken Leib.

Es ist ein Liebeswort, das Jesu tiefstes Wesen, das Gottes tiefstes Wesen, die Liebe, den Menschen ebenso offenbart wie seine Macht und Kraft und Barmherzigkeit gegenüber dem Elend des Leibes. Auch dieses Wort schon enthüllt ihn als das Lamm Gottes ohne Fehl, heilig und rein, wie Gott selber ist, dieses Lamm Gottes, das Gottes unaussprechliche Gabe ist, mit der er uns alles geschenkt hat, dieses Lamm Gottes, das Gottes unaussprechliche Gabe ist, mit der er uns alles geschenkt hat, dieses Lamm Gottes, dessen kostbares Blut und Leben ein vollwichtiges Lösegeld für unsere Sünden ist, eine ausreichende und vollkommene Sühne. Dieselbe Liebe, in der er hier für des Kranken zeitliche Heilung die Kräfte seines Heilandslebens hergab, mit der er ihn zuerst liebte und zuerst anredete, dieselbe Liebe ließ ihn sein Leben in den Tod geben, um uns das ewige Leben zu erwerben. Diese Liebe, die nicht das Ihre sucht, darf befehlen, wie Jesus hier befiehlt. Diese Liebe allein findet und übt das höchste Recht, die Gnade. Und weil sie Gnade übt,darum kann sie Machtworte sprechen, Beweise einer Macht, die, wo die Sünde mächtig geworden ist, noch viel mächtiger geworden ist. Sie hat Kraft der Liebe, denn sie trägt alles, sie duldet alles, und wo sie spricht, da sind es Worte voller Kraft. Diese Liebe kann befehlen, was sie will, denn sie gibt, was sie will und was sie hat. Er, dem solche Heilandsliebe im Herzen brennt, er ist das Leben und gibt der Welt das Leben, er ist das Licht und er macht uns zum Licht. Alles ist ihm übergeben von seinem Vater, und er läßt uns sagen: Alles ist euer! Er spricht: „Mir ist gegeben alle Gewalt!“ und so setzt er uns das Ziel, daß auch wir sprechen können: „Ich vermag alles!“

Aber eben, weil er so ist, wie sein Wort ihn offenbart, ein Herrscher, dessen Reich nicht von dieser Welt ist, dessen Gewalt vom Himmel stammt, der gekommen ist, die Werke des Feindes zu zerstören, deshalb ist sein Liebeswort auch ein Kampfeswort, eine Kriegserklärung an alle, die den Fürsten dieser Welt lieben, und an alles, was von dieser Welt ist, das heißt an alles das, was uns zu Sklaven macht. Und das ist die Sünde! Ihr hat der Herr den Krieg erklärt, und zwar einen Krieg, in dem es keinen Waffenstillstand und keinen Frieden, in dem es auch keinen Pardon gibt. Wie tief und wo immer wir gefallen sind, der Herr ruft uns zu: „Stehe auf und gehe!“ Gott sei Dank, daß wir nicht dauernd am Boden liegen müssen, denn er sagt uns: „Stehe auf!“ Wo immer unsere Hände müde geworden sind, da heißt er uns unsere Last aufnehmen: „Wer mein Jünger sein will, der nehme sein Kreuz auf sich!“ Das Ruhebett des Kranken dort am Teich war seine Last, die er zu tragen hatte. Die Last, die wir zu tragen haben, das Kreuz, ist zugleich unser Ruhebett. Die strauchelnden Knie sollen nicht immer ungewisse Tritte tun. Jesus ruft uns zu: „Wandle!“ In seinem Licht können wir wandeln als Kinder des Lichts. In seiner Kraft gehen wir von Kraft zu Kraft. Ihn anschauend, ihn widerspiegelnd werden wir verklärt von einer Herrlichkeit zur andern. Es ist das Kampfeswort Jesu auch eine Siegesverheißung. Er hat der Schlange den Kopf zertreten. Er hat die Fürstentümer und Gewalten ausgezogen und zur Schau getragen öffentlich. „Der vom Kreuz zum Throne stieg, hilft auch dir zu deinem Sieg! Gelobt sei er!“

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