Schopf, Otto - Neue Kraft, neue Erquickung.

Schopf, Otto - Neue Kraft, neue Erquickung.

Gedanken über Jesaja 35.

Der Herr unser Gott und unser Vater in Christo Jesu will ein herrliches Volk haben. Er ist der Gott der Herrlichkeit, und die, die aus ihm geboren sind, die will er teilhaftig machen seiner Herrlichkeit.

Als er zum erstenmal sein göttliches: Es werde! sprach, und die ganze herrliche Welt schuf, da krönte er sein wunderbares Werk durch die Erschaffung des Menschen, und siehe da, es war sehr gut. Das ist das Zeugnis, das der ganzen großartigen Schöpfung gegeben werden kann. Wohl ist nun der Feind dazwischen gekommen und hat durch Sünde und Tod das ganze Wunderwerk Gottes befleckt und zerstört. Und doch nicht zerstört; denn: Siehe, ich mache alles neu! so erschallt es triumphierend über der alten Welt; er tut dieses Werk als der einzige, der von Sünde nichts wußte, dem Teufel und Tod nichts anzuhaben vermochten.

“Es ist vollbracht!” das wunderbare, unglaublich große Werk der Welterlösung, es ist vollbracht durch Christum, und ist jemand in Christo, so ist er eine neue Kreatur. Aber ist es denn wirklich vollbracht? Sieht es denn nicht aus in der Welt, als sei alles beim alten, ja, als werde es immer noch schlimmer? Ja, es sieht so aus, und bei vielen ist es auch so, denn sie haben die wunderbar herrliche Erlösung noch nicht angenommen. Aber wie ist es denn bei denen, die “in Christo” sind, die teilhaftig geworden sind der göttlichen Natur? Gottlob, da spürt man bei der Mehrzahl, wenn nicht bei allen, daß ein Neues in ihnen begonnen hat; daß sie einen neuen Sinn, ein neues Lied, (Ps. 40,4) neue Kraft (Jes. 40,31) neuen Mut (Hab. 1 – 11) mit dem neuen Herzen (Hes. 18,31) und neuen Geist empfangen haben. Viele bezeugen es, daß es ein ganz neues Leben ist, das Leben in der Gemeinschaft des Herrn, daß sie einen Frieden und eine Freude haben, wie sie sie früher nicht kannten, und daß sie nun vermögen, was ihnen früher unmöglich war. Aber neben der Freude und dem Dank, werden doch auch Seufzer laut, Klagen lassen sich vernehmen, und die Stimme des Lobes und Preises ist nicht überall so mächtig, wie man es bei den Erlösten des Herrn erwarten sollte.

Viele von uns sind müde geworden vom Laufen, sind matt geworden vom Streiten und Leiden, und die Hände sind erschlafft, die Knie wanken; traurige Tatsache für uns Kinder Gottes, traurige Erscheinung auch in den Augen all derer, die Jesum noch nicht gefunden haben, die gewonnen, nicht abgeschreckt werden sollten, und am allerbeschämendsten beim Gedanken an unsern Herrn, den guten Hirten seines Volkes. Ist er weniger sorgfältig als irdische Hirten? Schon ein Jakob sagt zu Esau, er könne nicht so rasch weiterziehen um seiner Herden willen, denn er dürfe die Schafe und Lämmer nicht übertreiben, und unser guter Hirte sollte den Seinen zu viel zugemutet haben? Nimmermehr!

“Stärket die müden Hände und erquicket die strauchelnden Knie!” so lautet der königliche Befehl unseres himmlischen Herrn. Ist es nicht eine beneidenswerte Aufgabe, einen solchen Befehl ausführen zu dürfen? Denn der König sagt nicht nur, daß solches zu geschehen hat, sondern auch wie. Er sendet zur Stärkung der Müden und Matten sein Wort, und das ist geeignet, sie gesund zu machen. Also, ihr Streiter, ihr Pilger, ihr Arbeiter, ihr Dulder, ja selbst ihr, die ihr dadurch müde und matt geworden seid, daß ihr eure Kraft nicht gebraucht habt, merket auf! Der Befehl an uns lautet, euch alle zu stärken und zu erquicken, indem wir euch sagen: Seid stark, fürchtet euch nicht, euer Gott kommt, Rache kommt, die Vergeltung Gottes; er selbst kommt und wird euch retten.

Der Herr will euch furchtlos und stark sehen, und für die Ermunterungen und Stärkungen trägt er selber Sorge.

Er könnte euch ja jetzt darüber zur Rede stellen, wie es kam, daß ihr so seid wie ihr seid; wir können es noch zwischen den Zeilen lesen. Aber wenn Hagar in der Wüste weint und Ismael verschmachtend liegt, dann hält der Herr ihnen keine Predigt; wenn Elias sich unter den Hollunder wirft und spricht: So nimm denn meine Seele! so tadelt der Herr nicht, sondern erquickt ihn durch Ruhe, Trank und Speise, er ist kein törichter Saul, der seinen ermatteten Streitern die Labe versagt, so daß sie im Kampf ermatten, nein, er will haben, daß unsere Augen wacker werden, darum sorgt er für Honig. Er ist ein barmherziger Samariter, der den unter die Mörder Gefallenen nicht mit Fragen plagt und ihm sagt, wie er es hätte machen sollen, um nicht unter die Mörder zu fallen; er gießt Oel und Wein in unsere Wunden und bringt uns an einen Ort der Sicherheit und Erquickung. Wir können vom Herrn lernen, wie man mit den Müden redet zur rechten zeit. Er redet zu den Mühseligen und Beladenen erst vom Erquicken und dann von dem Joch, unter dem sie bleibende Ruhe finden sollen.

Wie nun ermutigt der Herr die Ermutigungsbedürftigen? Durch den Hinweis auf den Herrn, der als Rächer und Vergelter für die Feinde und als Heil für die Seinen kommt, indem er den mannigfach Schwachen eine Erlösung von ihrem Schaden, eine Veränderung der ganzen Verhältnisse um sie her und so eine Zeit der Freude und Freiheit verheißt.

Daß diese Art der Ermutigung wirksam ist, daß diese Verheißungen erfüllt werden, lehrt uns die Vergangenheit, und diese Lehre der Vergangenheit soll auch uns Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft erhellen.

Es ist ein Hauptgrund aller Schwachheit der Unglaube, aus dem sich dann der Mangel an Verkehr mit Gott, und daraus im Blick auf die eigene Schwachheit ein Preisgegebensein an die Furcht vor den überlegenen Feinden ergibt.

Wenn sich also unsere Schwachheit heben soll, müssen wir Vertrauen fassen lernen, statt zu verzagen. Vertrauen aber fassen wir nur dann mit Recht, wenn wir auf Gott blicken; im Blick auf ihn aber schwindet alle Furcht, denn es gibt keinen ihm überlegenen Feind; ist er für uns, wer mag wider uns sein?

So ruft uns denn der Herr zunächst ein ”Siehe!” zu, “siehe”, wohin? auf Gott! Nun, so laßt uns denn ein wenig auf Gott sehen, wie er, der große heilige Gott im Alten und Neuen Bund besorgt ist für die Seinen, selbst in den Zeiten, wo es nicht so scheint, ja, wie er selbst mit vorsorglicher Liebe die Undankbaren und Gottlosen umgibt.

Ich führe euch zurück in die Zeit der Patriarchen. Abraham, der Vater der Gläubigen, war wohl ausgezogen von seinem Vaterland und seiner Freundschaft, Gott und seiner Leitung gehorchend und vertrauend. Als aber eine Hungersnot in Kanaan entstand, da war sein Glaube noch nicht stark genug; er verläßt ohne göttliche Weisung Kanaan und zieht nach Aegypten. Um nicht in Lebensgefahr zu kommen, veranlaßt er Sarah, sich als seine Schwester auszugeben, bringt sie aber in Gefahr, der köstlichen Verheißung verlustig zu gehen, und nicht die Mutter es Abraham verheißenen Samens zu werden. Aber Gott bewahrt sie und Abraham, indem er den Pharao warnt und aufmerksam macht, so daß er Abraham seine Frau zurückgibt; so wird Abraham durch Gottes gnädige Führung bewahrt, zurechtgebracht, und er kehrt zurück ins gelobte Land, kehrt zurück zum Altar, den er dem Herrn gebaut, und ist fähig, nachher die Weideplätze für seine Herden dem Lot in selbstloser Weise nach dessen Wahl zu überlassen, im Vertrauen auf den für ihn sorgenden Herrn. Und als er noch einmal wankt, in ähnlicher Weise, da nimmt sich der Herr noch einmal seiner an, und er hat ihm nicht umsonst geholfen. Abrahams Glaubenskraft nimmt weiter zu in der Schule des Herrn, und seine Hände und Knie versagen den Dienst nicht, als es den schwersten Gang gilt zum Opferaltar, als es gilt, das Messer gegen den eigenen Sohn zu zücken.

Auch Isaak, sein Sohn, ward müde und matt, und auch ihn bewahrte der Herr vor dem Fall, als des Vaters Fehler sich beim Sohn in derselben Lage zeigte, in der einst Abraham wankend geworden.

ist solche Fürsorge Gottes, solche zarte Liebe, solche langmütige Geduld nicht wunderbar und staunenswert? Warum macht er, der große Gott, sich so viel mit uns schwachen Menschen zu schaffen? Da ist Jakob auf der Flucht, warum muß er fliehen? Um seiner Sünde willen, er hat gelogen, betrogen, im Kleinglauben, denn er kannte Gott, an dessen Verheißung er glaubte, nicht zutrauen, daß er diese Verheißung selber in heiliger Weise erfüllen werde. Und siehe, kaum ist er fort von zu Hause, da läßt es der heiligen Liebe Gottes keine Ruhe, es drängt sie, dem einsamen, glaubensschwachen, stärkungsbedürftige Wanderer zu Hülfe zu eilen und das schwache Glaubensfünklein anzufachen, das unter der Arsche des Unglaubens, des Selbstvertrauens und der Arglist glimmt. Und so erscheint Gott ihm zu Bethel. Und als nach 21 Jahren Jakob zurückzieht und heimlich Laban verläßt, da ist es der Herr, der wie eine sorgliche Mutter sich aufmacht und Laban anweist, nicht anders denn freundlich mit Jakob zu reden.

Und der Gott Jakobs ist unser Gott; der ihn so zart bewacht, der Esau das Herz lenkte, daß er sich an dem Bruder nicht rächte, der ihm am Jabbok erschien und ihn im Kampf mit Gott zum Israel erstarken ließ, der Gott ist unser Gott! Macht uns das nicht Mut? Wie hat er seine Hand gehalten über Josef, Schritt für Schritt ihm das Böse zum Besten lenkend; welche zarte Liebe liegt darin, daß er Jakob seinen betrauerten Liebling wiederfinden, die Brüder durch den Verratenen und Verkauften am Leben erhalten und gesegnet werden läßt! Nicht Miriams Schwesternauge bloß, nein, Gottes Vaterauge hat über dem Knäblein, das in einem Schilfkästchen auf dem Nil schwamm, gewacht. Gottes Liebe hat für sein geknechtetes Volk, als dieses den Retter nicht kannte, in achtzig Jahren sorgfältiger Erziehung einen Führer und Propheten erzogen. Seht das Liebesmeer, das sich ergießt über dem kleingläubigen, hartherzigen Volke, in zehn Plagen errettet, mit den Schätzen der Aegypter ausgestattet, durchs Meer trocken hindurchgeführt, Sieger ohne einen Schwertstreich! Sie murren, Gott verheißt; er macht seine Engel zu Winden und sendet ihnen Brot und Fleisch; er macht das bittere Wasser süß, und läßt aus dem Schoß der Felsen einen labenden quell ihnen entspringen. Jeder dieser Gnadenerweisungen war ein Murren Israels vorausgegangen, aber Gott liebt und sorgt weiter. Er gibt ihnen ein Gesetz, in dem nichts Großes und nichts Kleines vergessen ist, eine wunderbar zarte Offenbarung seiner Liebe; da ist des Lohnes der Arbeiter, der Decke des Armen gedacht, da ist gesorgt für den Ochsen, daß ihm das Maul nicht verbunden, für den Knecht, daß nicht strenge über ihn geherrscht wird und daß er nicht zeitlebens Knecht sein muß; daß das Fleisch, auf dem Felde gefunden, den Hunden vorgeworfen, daß man des Feindes unter der Last zusammengebrochenen Esel aufhelfen soll, und daß die abgefallenen Trauben nicht aufgelesen, sondern samt dem Korn am Rande des Ackers und den aus den Garbenbündeln gefallenen Aehren dem Armen zugute kommen sollen; an alles das denkt der Herr, der dafür Sorge trug, daß die Kleider der wandernden Israeliten nicht veralteten und ihre Schuhe nicht zerrissen. Und als sie ins gelobte Land kamen, da durften sie Städte bewohnen, die sie nicht gebaut und Aecker und Bäume besitzen, die sie nicht gepflanzt hatten. Doch ich würde nimmermehr zu Ende kommen, wenn ich euch auf all die Züge der Liebe und Treue Gottes aufmerksam machen wollte, wie sie sich tausendfach in der Geschichte seines auserwählten Volkes zeigt. Nur um euch es lebendig vor Augen zu stellen und ins Gedächtnis zu rufen, habe ich einiges herausgegriffen, das euch sagen soll: Siehe, das ist euer Gott!

Und dieses auserwählte Volk hat er auserwählt, um es zu Priestern für alle Völker zu machen, nicht um es allein seinen Vorzug genießen zu lassen. Mit Riesenlettern sollte es vor den Augen der ganzen Menschheit gemalt werden: Siehe, das ist euer Gott!

Nur noch eine Seite der Offenbarung der Liebe Gottes sollt ihr heute betrachten. Diejenige nämlich, die der Heiland mit den Worten bezeichnete, daß er gütig sei auch gegen die Undankbaren und Boshaftigen.

Geht zurück an die Schwelle der Menschheitsgeschichte, bis ihr auf die dunkle Gestalt des ersten Mörders stoßt! Wen findet ihr bei ihm in der Stunde der Versuchung, wer redet mit ihm so jedem Kind verständlich, so herzandringlich: Siehe, das ist unser Gott. Und als des Gerechten Blut zum Himmel schreit und als der Heilige und Gerechte über ihn die strenge und doch so gnädige Strafe verhängt, da macht Gott ein Zeichen an Kain, auf daß ihn nicht erschlüge, so ihn jemand fände.

Geht noch einen Schritt weiter zurück in jene unheilvolle Stunde, da die Sünde ihren Einzug in der ersten Menschen Herz gehalten. Was ist nach dem Verhör der beiden Sünder das erste Wort an das gefallene Menschenpaar? Ein Gerichtswort, ein Verdammungsurteil? Nein, ein Verheißungswort, das ihnen Kraft verleiht, unter dem Druck der Schuld und der wohlverdienten Strafe hoffend, glaubend hinauszuschauen auf den Weibessamen, der der Schlange den Kopf zertreten wird.

Doch ich kann euch noch viele Zeichen der Barmherzigkeit und Güte Gottes gegen die Undankbaren und Gottlosen zeigen. Welche einzigartige Gnade erwies der Herr Lots Weib, daß sie des einzigen Gerechten Frau sein durfte, und wie oft seit jenen Tagen hat ein Narr wie Nabal, eine Frau wie Abigail zum Weibe bekommen, haben Söhne wie Ismael, Esau, Hophni und Pinehas, wie Samuels Söhne, wie Absalom und Manasse, in frommer Väter Haus aufwachsen dürfen, sie haben’s nie oder lange nicht genug dem Gott gedankt, der gütig ist über die Undankbaren und Boshaftigen. Aber so ist eben unser Gott. Wenn ein Ahab ein wenig sich demütigt, so läßt er ihm sofort etwas nach von der Strafe, und wenn ein Manasse in Ketten und Banden ins Feindesland geschleppt ist und er schreit zu unserer Väter Gott, dann ist Gott noch imstande zu vergeben und den Gefangenen zurückzuführen. Ein untreuer Knecht wie Gehasi darf in Elisas Dienst stehen und ein Ahitophel in Davids Umgebung sein, ein Ananias und Saphira dürfen an den Segnungen der Gemeinde des Herrn und ein Judas gar an Jesu engster Gemeinschaft teilnehmen, und daß Gottes Güte sie gerichtsreif machte, statt sie wie den Schächer, die Sünderin, den Gichtbrüchigen, den Lästerer und Verfolger Saul zur Buße zu leiten, ist wahrlich nicht Gottes, sondern ihre Schuld. Ihm waren die Ephesiner nicht zu schlecht, die Zauberei getrieben; sein Sohn hat über die Ehebrecherin den Stab nicht gebrochen und dem verleugnenden, ja dem heuchelnden Petrus noch verziehen und den Elfen, die in seines Lebens schwerster Stunde ihn verließen, hat er vergeben.

Daß der erhöhte Herr seine fehlerhafte Gemeinde unter Anerkennung ihrer Gaben und Kräfte, ihrer Werke und Leiden nicht verstößt, sondern ermuntert, und selbst wo er strenge strafen muß, noch durch die köstlichsten Verheißungen lockt, ja einem Laodicäa noch Ratschläge gibt, - o ihr Kleingläubigen und ihr schwachen Kinder Gottes, ist das nichts, um eure müden Hände und eure wankenden Knie wieder aufzurichten, um eure Furcht zu zerstreuen und euer Zagen zu verscheuchen?

Und nun, mein Herr, hilf uns noch eine Offenbarung deiner Liebe, die herrlichste und größte, mit offenen Augen und Herzen in neuem Lichte zu betrachten!

Wer ist es, der sich des Genossen seines Thrones beraubt, der einer rebellischen Welt und der Gesellschaft schmutzbefleckter Sünder sein unvergleichliches Kleinod anvertraut? Siehe das ist unser Gott!

Wer ist es, der seinem Vaterherzen Gewalt antut und es geduldig trägt, daß diese Toren da drunten nicht merken und verstehen, was ihnen gegeben ist? Wer ist es, der stille bleibt, als sie in Gottes Namen Gottes Sohn zurückstoßen? Siehe das ist unser Gott!

Wer ist es, der dem Sohne fortwährend Worte der Liebe, der Weisheit, des Lebens zuflüstert für jene Empörer? Wer, der die Kräfte seiner Allmacht und seiner Allwissenheit dem Mittler einer sündigen Menschheit fortwährend zustürmt zur Stillung ihrer Krankheit, zur Heilung ihrer Gebrechen? Das ist unser Gott!

Wer ist es, der dem Sohne den scharfen Blick, die Geduld, die Kraft schenkt, um die Sünder herauszufinden, zu erziehen und zu ertragen, die das Licht mehr lieben als die Finsternis? Das ist unser Gott!

Wer schaut dem Reifen des Verrats in des Jüngers Herzen, des Mordplans in dem Herzen der Führer des Volkes in heiliger Untätigkeit zu, obgleich die Verräter und Mörder namenlose Leiden für den heiligen und gerechten, für den einzig geliebten Sohn Gottes vorbereiten? Das ist unser Gott!

Und nun ziehet eure Schuhe aus, denn der Boden, den wir betreten, ist heiliges Land. Wer hält die Legionen Engel zurück, um den einzig Unschuldigen aus dem Hause der sündigen Menschen herauszuholen, den sie ans Kreuz schlagen und verhöhnen als einen Gottverlassenen? Wer schweigt, wer entzieht dem, der nie mit der Sünde Gemeinschaft hatte, die Gemeinschaft der väterlichen Liebe, so daß der Schmerzensruf durch die Himmel dringt: “Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen!”?

Der seines einigen Sohnes nicht verschonte, sondern hat ihn für uns alle, für die Gottendfremdeten, die Verbrecher, die Widersacher Gottes dahingegeben, der also die Welt geliebt, daß er seines eingeborenen Sohnes nicht verschonte? Das ist Gott! Darum: Fürchtet euch nicht, denn siehe, das ist euer Gott!

ich habe versucht, das Größte zu tun, was ein Mensch tun kann, wenn es auch nur in einem armen Lallen zu geschehen vermag, ich habe versucht, euch Gottes Liebe zu zeigen. Ich lade euch nicht ein, ihm zu vertrauen, ich ermuntere euch jetzt nicht, ihn zu lieben, ich überlasse das dem Geist der Gnade.

Ich will nicht viel davon reden, wie jede unserer Sünden ins Ungeheure wächst angesichts solcher Liebe, wie die großen Sünden um so größer erscheinen angesichts eines solchen Gottes, und die kleinen unbegreiflich und unverantwortlich dastehen, weil wir nicht einmal so Kleines ihm zuliebe lassen oder tun konnten. Der Geist überzeugt von der Sünde, wenn er Gott verklärt.

Wie tief verderbt muß unser ganzes Wesen sein, wie unfähig unsere Natur, sich aus sich selbst zu erneuern, wenn wir solcher Sünde fähig waren und sind! Da kann es sich nicht bloß um ein Vergeben und Vergessen handeln, da kann es uns nicht einmal genügen, daß wir uns für schuldig und todeswürdig erkannt und erklärt haben und Gottes Wort und Geist recht geben, daß wir ans Kreuz gehören, ja, daß wir dem Geiste Gottes das Recht geben, alles gekreuzigt zu halten, alles zu töten, was aus unserer eigenen Natur stammt. Nein, es kann uns nicht genügen, so unnennbar groß die Gnade ist, es kann uns nicht genügen, für gerecht erklärt und gehalten und behandelt zu werden. Es kann Gott nicht genug sein. Nein, nein, diese furchtbare Sünde, sie muß hinaus aus unserem Wesen, aus unserem Leben. Dieselbe Gnade, die die Gottlosen überführt, zur Buße und zum Glauben beruft, sie der Vergebung versichert, dieselbe Gnade macht die Gottlosen auch wirklich gerecht, macht eine neue Kreatur aus ihnen. Gelobt sei Gott!

Siehe, euer Gott kommt zur Rache, Gott, der da vergibt, kommt und wird euch helfen.

Dort in der Verheißung sind es Israels Feinde, die der Herr einmal alle noch bezahlen und vernichten wird. Für uns, die wir der äußeren Feinde wenige, aber der inneren so viele haben, daß wir oft wie ein gehetztes Wild uns flüchten müssen in die Gemeinschaft Jesu, für uns sind unsere Feinde alle Feindeswerke in uns und um uns, und der Herr Jesus ist gekommen, die Werke des Feindes zu zerstören.

Damals zu Jesajas Zeiten lagerten Sanheribs ungeheure Heeresmassen im jüdischen Land, und Rabsake, sein Feldherr, war mit einem großen Heer nach Jerusalem gezogen. Höhnend hatte Sanherib den Hiskia fragen lassen: Was für ein Vertrauen ist das, womit du vertraust? Hiskias Leute schwiegen still, Hiskia antwortete Sanherib nicht, sondern redete zum Herrn, aber der Herr gab die Antwort und 185 000 Mann lagen tot vor den Mauern Jerusalems.

Gott war gekommen zur Rache und zur Vergeltung den Feinden und den Seinen zur Hilfe. Und was Gott dort Israels äußeren Feinden getan hat, das hat er in Jesu und durch Jesum für uns und an uns dem Feinde der Sünde getan. Er hat Jesum auferweckt; des Todes Stachel, der Hölle Sieg ist vernichtet, Jesus hat am Kreuze triumphiert über jede Macht der Sünde und des Todes; sie konnten ihm nichts anhaben, sie konnten ihm sein Leben nicht streitig machen, niemand hat es genommen, er ließ es von ihm selber und hat seinen Geist in des Vaters Hände befohlen, als alles vollbracht war. Und der Gott, der Jesum auferweckt hat, weil ihn die Bande des Todes nicht halten konnten, der hat ihn erhöht und ihm einen Namen über alle Namen gegeben, der hat durch Jesum den Geist ausgegossen, der streitet wider das Fleisch, durch den des Fleisches Geschäfte getötet, in dem des Fleisches Werke nicht getan werden und statt dessen aber die Früchte des Geistes gebracht werden.

Und solches soll geschehen an denen, die einmal furchtsam und verzagt waren, die schon von Haus aus gar nicht in der Lage waren, ihrer Feinde sich zu erwehren: an Blinden, Tauben, Lahmen, Stummen. Für diese alle wird nicht nur der Herr streiten, so daß ihre Feinde ihnen nichts mehr nur der Herr streiten, so daß ihre Feinde ihnen nichts mehr anhaben können, sondern der Herr wird sie auch heilen von ihren Schäden. Alle diese Krankheiten sind die letzten Folgen des Sündenelends. Gottes Plan ist es, daß auf seiner Erde noch ein Volk wohnen soll, das in der Fülle der Gesundheit und Kraft steht, die der Herr von Anbeginn den Menschen zugedacht hatte; nicht einmal auf dem leiblichen Gebiet soll der Feind einen dauernden Sieg davontragen. Aber diese Zeit ist noch nicht gekommen; jetzt ist noch die Zeit, wo im verborgenen Innern des Menschen die Kraft der Erlösung sich zumeist offenbart, und nur da und dort bezeugt es der Herr wieder und wieder, daß er auch des Leibes Heiland ist. Aber auf dem geistlichen Gebiet, da offenbart sich die umwandelnde Kraft des Herrn schon jetzt in wunderbarer Weise und gerade das ist es ja, wonach unser Herz sich vor allem sehnt, mehr noch als nach des Leibes Erlösung und Verklärung.

Hier ist nun weiterer Stoff zur Ermutigung und Stärkung für uns; denn gerade hier sind Verheißungsworte unseres Gottes, die wir gar wohl gebrauchen können, und wir freuen uns, diese Verheißungen schon bei vielen seiner Kinder in herrlicher Weise eingelöst zu sehen. Und sind sie nicht anfangsweise auch bei uns eingelöst, soweit wir gläubig geworden sind? Hat er uns nicht die Augen über uns und über Jesu Werk geöffnet, hat er uns nicht die Ohren aufgetan, die wir früher mit hörenden Ohren nicht hörten? Hat er unsere Füße nicht auf den Weg des Lebens gestellt und hat er uns nicht Worte und Lieder in den Mund gegeben, die uns früher unaussprechlich waren? Aber es soll noch besser kommen. Als Jesus dort in Bethsaida einem Blinden die Augen auftat und ihm das erstemal die Hände aufgelegt hatte, da gewahrte dieser zunächst solche, die wie Bäume umherwandelten, und als Jesus ihm zum zweiten Male die Hände auflegte, da konnte er klar und deutlich sehen. Und so geht es auch i geistlichen Leben. Die Epheser waren Leute, die schon erleuchtete Augen des Verständnisses hatte, zu erkennen den Wahrhaftigen, und doch wünscht und erbittet Paulus ihnen den Geist der Weisheit und der Erkenntnis, damit sie mit erleuchteten Augen des Verständnisses wissen, welches die Hoffnung ihres Berufs sei, und auch den Philippern und Kolossern wünscht er Fortschritte in der Erkenntnis.

Und wie hat er selber immer mehr und mehr zugenommen an Erleuchtung und an Fähigkeit zu reden von dem Herrn seit dem Tage von Damaskus! “Saulus aber nahm je mehr und mehr zu” und immer noch durfte er neue Offenbarungen des Herrn schauen und neue Geheimnisse verkündigen und immer noch erbittet er sich die Fürbitte der Brüder, damit Gott ihm die Tür des Wortes auftue und er wisse, was er reden soll. Ich habe für einige noch große Hoffnungen, bezüglich ihrer Gaben der Erkenntnis, bezüglich ihrer Fähigkeiten, den Herrn zu bezeugen. Was hat man nicht schon erlebt! Aus schüchternen, ungeschickten Leuten, die kaum vermochten, mit jemandem über sein Seelenheil zu reden, sind Straßenprediger geworden! Leuten, die meinten, sie könnten kein Wort sagen in einer Versammlung, die sich sträubten und wehrten, als sie zuerst aufgefordert wurden, zu reden, denen hören jetzt zu, die einst ihre Lehrer gewesen!

Und manch eine, deren Hand früher so lahm war, daß sie kaum in ihre Tasche langen konnte, um den Armen etwas zu reichen, um eine Reichsgottesarbeit zu unterstützen, die kann jetzt ihre Hand gebrauchen zum Segen für viele. Und manches Ohr, das anfangs nur Donnerschläge und Posaunentöne vernahm, ist immer feinhöriger geworden für die leise Stimme des Geistes Gottes. Auf dem Wege nach Damaskus vermochte nur die Donnerstimme vom Himmel den Saulus zum Stehen zu bringen. Der blindgewordene Saulus hörte auf das Wort eines Ananias, und der vorangeschrittene Apostel braucht nur des Geistes leises Verbot und er reist nicht weiter nach Bithynien. Und am Ende seines Lebens, da vermag er zwischen den Klagen und Bitten der Brüder und dem Abmahnen der Prophetenstimmen hindurch deutlich die Weisung zu vernehmen, daß er doch hinauf muß nach Jerusalem, wo Bande und Gefängnis seiner warten.

Darum richtet wieder auf die müden Hände und die lässigen Knie und tut gewisse Tritte mit euren Füßen, daß nicht jemand strauchle, wie ein Lahmer, sondern vielmehr gesund werde!

Und wie die Verheißungen unseres Textes Israel eine Zeit verkündigen, wo sie in ihr Land zurückkehren, wo ihre Kranken gesund und ihre Schwachen stark sein werden, so verheißt der Prophet ihnen auch, daß der Fluch, der jetzt auf jenem Lande ruht, hinweggenommen sein werde. Die Natur, die mitseufzt unter der Strafe der Sünde, hat auch Anteil an der Hinwegnahme der Sünde. Palästina, das jetzt so verwildert und verwüstet ist, wird noch einmal werden wie ehedem und noch viel herrlicher. Auch von dieser segensreichen Umwandlung, von diesem Einfluß des erlösten Menschen auf die Natur und Kreatur kann man jetzt schon da und dort anfangsweise Beispiele sehen.

Eins aber kann man jetzt schon deutlich gewahr werden, wie die Haushaltungen sich unter dem Einfluß der Gnade verändern, wie, nachdem Auge und Ohr durch Gottes Wort und Geist geschärft und gereinigt und alle Glieder des Leibes dem Herrn geheiligt sind, nach und nach das Aussehen der Wohnung, der Kleider, ja der Gesichtszüge sich ändert, wie der Ton in der Unterhaltung ein höherer, besserer, freundlicherer wird. Und mehr noch. Das: “Glaube an den Herrn Jesum, so wirst du und dein Haus selig,” das bestätigt sich in vielen Familien.

Und auch im Charakter der Kinder Gottes, in ihrem Geistesleben, werden wüste Patrone fruchtbar, und aus dürren Seelen sprudelt Leben hervor durch die Macht der Gnade. Während da, wo der Herr ferngehalten wird von Herz und Haus, sich immer mehr jenes furchtbare Gegenbild entwickelt, das uns das vorhergehende Kapitel zeichnet.

Der Weg, auf dem die Erlösten gehen, ist ein heiliger Weg; kein Unreiner wird darüber gehen, denn sie sind alle gereinigt durch Jesu Blut.

Es ist ein sicherer Weg, denn “niemand wird sie aus meiner Hand reißen” und wer in Jesu, dem lebendigen Weg, bleibt, der hat in Jesu Sieg über die Feinde. Und es ist ein einfacher Weg, ein gerader Weg, denn auch die Toren und die Einfältigen werden darauf nicht irren.

So laßt uns ablegen die Sünde, die uns anklebt und träge macht und laufen in dem Kampf, der uns verordnet ist, aufsehend auf Jesum, den Anfänger und Vollender unseres Glaubens!

Aber im Blick auf das herrliche Ziel haben wir am allerwenigsten Grund, müde zu werden. Sollten wir nicht alles, was dahinten ist, lassen und laufen nach dem, das vorne ist, nach dem Kleinod, welches vorhält die himmlische Berufung? Sollten wir nicht eilen, um Jesum zu sehen, eilen, um ihn zu erfreuen, eilen, um andere mitzuziehen, eilen, um dem allen zu entfliehen, was uns hier hemmt und droht, und bei dem Herrn zu sein allezeit?!

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