Schopf, Otto - Mit Christo gekreuzigt

Schopf, Otto - Mit Christo gekreuzigt

Ausführungen über Gal. 2,19.20

Der Gärtner, 31/1922

Da es unmöglich ist, auf dem Wege der Gesetzeserfüllung gerecht zu werden, bleibt dem Menschen und noch der Weg des Glaubens der Gnade offen. Der Weg des Glaubens ist der des Glaubens an Christum, die Gnade ist eine in Christo verliehene, die Gerechtwerdung geschieht in Christo. Was Gesetz und Glauben an Christo gewirkt haben, in welcher Weise beide an der Rechtfertigung beteiligt sind, zeigen die Verse 19 und 20: „Ich bin durchs Gesetz dem Gesetz gestorben, auf daß ich Gott lebe; ich bin mit Christo mitgekreuzigt…“

Durch das die Sünde offenbarende Gesetz ist der Mensch dem Tode verfallen; diesen Tod hat Christus stellvertretend erlitten, jeder, der an ihn glaubt, erkennt für seine Person an, daß er den Tod verdient hat nach dem Gesetz und infolge der Sünde; er bekommt aber durch den Glauben Anteil an der in Christo geschehenen Genugtuung und nimmt Anteil an der von Christo dem Fleischesleben gegenüber eingenommenen Stellung, er ist mit Christo gekreuzigt. Er hat auf sein eigenes Wollen, Denken, Fühlen, sein eigenes Leben freiwillig als ein dem Gericht verfallenes verzichtet und sich davon losgesagt, so daß das Eigenleben aufgehört hat. An seine Stelle ist das Leben aus Christus getreten, eine geistige Kraft und Substanz, die den Menschen gesinnt sein läßt wie Jesus Christus auch war, denn er ist sein Geist, sein Sinn; der Mensch kann sagen: „Christus lebt in mir!“ Diese Wesensänderung ist seitens des Menschen vermittelt durch den Glauben, d.h. das vertrauensvolle, hingebende Verhalten des Menschen, wo derselbe sich auf den geoffenbarten Retter stützt und sich von ihm bestimmen läßt.

Hier ist also offenbar die Rede von der Wiedergeburt, denn hier ist ein neues Leben zustande gekommen, ein Christusleben in einem Menschen. Voraus ging ein mit Christo Gekreuzigtwerden. Hierzu ist schon Glauben an Christum nötig, aber erst nach dem mit Christo Gekreuzigtsein des eigenen Ichs wird Christus im Menschen lebendig. Die Liebe und Hingabe Christi ist die objektive Bedingung, die gläubige Hingabe des Menschen aber die subjektive Voraussetzung der Wiedergeburt. Nachdem der Mensch wiedergeboren ist, kann der Mensch den Glauben nicht entbehren, sondern er verharrt im Glauben: „ich lebe im Glauben“ (V. 20) Paulus, der in seinem früheren Leben bestrebt gewesen war, dem Gesetz zu leben, das Gesetz zu erfüllen, dessen ganzes Leben im Gesetzesdienst aufgegangen war, hat sich gelöst vom Gesetz. Und zwar ist diese Lösung eine völlige, denn er sagt: „Ich bin ihm gestorben“, und mit dem Tode hören ja sämtliche Lebensbeziehungen auf. Der Prozeß des Sterbens ist ein schmerz- und kampfvoller. Paulus ist durch denselben hindurchgegangen, nicht leichten Sinns und leichten Kaufs haben sich seine Beziehungen zum Gesetz gelöst, dieser Schritt hat vielmehr sein ganzes Ich in Anspruch genommen; aber der Kampf ist vorbei, ganz und für immer ist seine Beziehung zum Gesetz aufgehoben.

Die Todesursache aber lag im Gesetz selbst, dem er gedient hatte. Durch das Gesetz ist er dem Gesetz gestorben. Das Gesetz offenbart die Sünde und richtet die geoffenbarte Sünde. Es bringt die sich ihm unterstellenden Sünder zum Tod. So war David dem Gesetz verfallen nach dem Gesetz, aber gerade das, daß er dem Tode verfallen war nach dem Gesetz, ließ ihn einen andren Ausweg suchen, nachdem durch die Größe seiner Sünde der Weg der Opfer und Brandopfer verschlossen war. Schon er tut, was auch Paulus tat: er sucht einen andern Weg, und der einzige Ausweg ist der des Glaubens an die Gnade Diese Gnade ist nun in Christo geoffenbart worden.

Das Gesetz fordert den Tod des Sünders. Christus aber hat den Fluch des Gesetzes und die Strafe der Sünde auf sich genommen und darum den Tod erlitten. Er anerkennt damit die Gerechtigkeit der Gesetzesforderung und unterzieht sich derselben. Der Sünder, der die Gerechtigkeit dieser Forderung gleichfalls anerkennt, hat Anteil am Tode Christi, so daß er die Strafe nicht mehr leiden muß. Daß Christus starb, ist so gut, als wenn er gestorben wäre. Der Tod Christi, die Darangabe des eigenen Willens und Lebens reproduziert sich im Gläubigen ebenso wie die Verurteilung der Sünde und die Anerkennung der gesetzmäßigen Strafe.

Daß aber der Mensch durch das Gesetz dem Gesetz gestorben und mit Christo gekreuzigt ist, ist nur die negative (verneinende) Seite, der eine positive (bejahende) entspricht, das Leben für Gott. Nicht mehr für das Gesetz, bestimmt durch das Gesetz, im eigenen Interesse dem Gesetz dienend lebt der Mensch, sondern für Gott. Um für Gott leben zu können, um vom eigenen Ich erst einmal frei zu sein, ebenso um vom Gesetz frei zu sein, mußte der Mensch erst sterben. Was er lebt, ist nicht sein Eigenleben, es ist Leben in Christus, subjektivierter (persongewordener) Christusgeist. Aber noch ist es ein Leben im Fleisch, d.h. nicht unter der Herrschaft des Fleisches, sondern auf der Naturbasis des geschwächten Fleisches. Noch ist es ein Leben im Glauben, und nicht im Schauen, aber im Glauben an den, der uns geliebt und seine Liebe durch die Hingabe seines Lebens bewiesen hat. Die von ihm bewiesene Liebe gibt dem im Fleische lebenden Gläubigen die Felsengrundlage für seinen Glauben.

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