An dieses geflügelte Wort könnte man denken, wenn man Schwester Ich beobachtet, wie sie ihren Platz außen an der Ecke ihrer Bank verteidigt. Sie ist früh gekommen, sie will einen Eckplatz haben, und sie hat einen Eckplatz und will einen Eckplatz behalten, es komme, was da wolle und wer da wolle. Es ist ihr ganz einerlei, wieviel Leute an ihr vorbeirutschen müssen, ob ihre Kleider dabei zerdrückt werden oder ob andere sich ihre Kleider zerdrücken. Sie ergibt sich nicht. Eine Versammlungsbesucherin kommt zum ersten Mal in die Versammlung; sie hat gehört, Christen seien freundliche Leute. Sie ist schüchtern, sie weiß natürlich nicht, wo sie Platz nehmen soll. Da in unseren Versammlungen, wie fast allgemein üblich, die letzten Bänke zuerst besetzt werden und die ersten Bänke als Strafplätze für die Späterkommenden aufbewahrt werden, so hat das arme, fremde Fräulein ohnedies schon bis beinahe nach vorn gehen müssen. Nun sieht sie, daß in der Reihe, wo Schwester Ich sitzt, noch viel Platz ist. Sie wagt nicht, an ihr vorbeizuschlüpfen. Mit flehentlichem Blick bittet sie die ihre Ecke behaltende Schwester ich - die ja freundlich sein soll - ein bißchen zu rücken. Schwester Ich hätte Gelegenheit, das Herz des jungen Mädchens zu gewinnen. Aber was ist ihr daran gelegen? Sie muß ihre Ecke verteidigen, sie schleudert dem fremden Fräulein einen Blick zu, daß diese schleunigst die Flucht ergreift. Nein, Schwester Ich ergibt sich nicht. Irgend jemand hilft dann doch dem Mädchen, ein Plätzlein zu finden; aber sie gelobt, so bald nicht wieder in die Versammlung zu gehen, wo man nicht einmal freundlich Platz macht.

Quelle: Gärtner - Eine Wochenschrift für Gemeinde und Haus 1908