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Schlatter, Adolf - 1. Mose

Schlatter, Adolf - 1. Mose

Kap. 3

Die Schlange war listiger als alle Tiere auf dem Feld.
1. Mose 3,1

Wie klein ist der Verstand eines Menschen neben der Klugheit einer Schlange! Sie verzweifelt nicht, läuft nicht ratlos hin und her und macht keine dummen Streiche. Messen wir den Menschen nur nach den Leistungen seiner Sinne, seines Verstandes und seines Gedächtnisses, dann bleibt er weit hinter den geistigen Leistungen der Tiere zurück. Das gibt dem Tier die für uns versuchliche Macht, weil im Tier ein großer Verstand ohne Hemmung und Einschränkung im Dienst seiner Triebe steht. Wenn ich nichts anderes als Verstand wäre, warum sollte ich nicht das Tier nachahmen und dasjenige Maß von Verstand, das ich habe, so brauchen, wie das Tier den seinigen braucht, eben dazu, dass ich alles erjage, wonach mein Gelüsten verlangt? Dem lockenden Beispiel des Tieres tritt zunächst das Gebot entgegen: Du bist nicht selbst über dein Leben Herr und weißt nicht selber, was gut und böse ist; das sollst du nicht selber nach deiner Willkür festsetzen, sondern sollst hören, was für dich gut ist und was für die böse ist, was dich ins Leben führt und was dich zerstört. Das wird dir gesagt, und dadurch, dass zu dir gesprochen wird und du hörst, bist du kein Tier. Wenn aber zum Tier in mir nichts anderes kommt als das Gebot, das mir erklärt: du hast nicht zu begehren, sondern zu gehorchen, und sollst nicht wünschen, sondern empfangen, was dir gegeben wird, dann entsteht in mir noch nicht mehr als ein nicht zu schlichtender Streit. Zu meiner tierischen Klugheit muss die Torheit des Evangeliums kommen. Den muss ich kennen lernen, der das Kreuz getragen hat. Das ist das vollkommene Gegenteil zur Klugheit der Schlange. Sein Bild, das Bild des Gekreuzigten, befreit mich von der Bewunderung für den Geist des Tiers und schließt seinem Einfluss die Türe zu.

Weil Du, Herr, uns von der Schlangenklugheit befreist, öffnest Du uns das Paradies. An Deinem Kreuz erscheint uns die Weisheit, die von oben kommt. Wache über dem Getümmel meiner Gedanken und sende in mich hinein die Strahlen Deines Lichts, des richtenden, das zwischen dem, was gut und was böse ist, scheidet, des weisenden, das mir die Spur Deines Wandels zeigt. Amen.

Kap. 6

Da reute es den Herrn, dass er die Menschen gemacht hatte auf Erden, und es bekümmerte ihn in seinem Herzen.
1. Mose 6,6

Mit dem Gewimmel und Getümmel unseres Lebens füllt sich jeder Tag. Der Blick auf das, was es uns bringt, kostet Überwindung. Denn unser Tun und Treiben ist hässlich, so leer, so gottlos. Gott mutet mir nicht zu, dass ich daran ein Wohlgefallen habe. Er sagt von der Menschheit auch, sie sei nicht wert, dass sie lebe, eine Verunzierung seiner Schöpfergröße. Das Tier ist keine Schande für Gott; das ist nur der Mensch. Darum gibt es Fluten, die Tausende wegraffen, darum sterbende Völker, darum lädt der Tod den Menschen zum Tanz. Aber ich habe mit diesem Schriftwort noch nicht die ganze Schrift gehört. Sie verkündet nicht einzig den Abscheu Gottes von der Welt, sondern sagt mir zugleich: „Also hat Gott die Welt geliebt. “ Er hat sie wert gehalten, dafür gesorgt, dass sie nicht verderbe, und ihr die Rettung bereitet. Nimm beide Worte der Schrift zusammen, dann steht Gottes Wunderbarkeit vor dir. Nun kannst du anbeten und bist für das, was der neue Tag dir bringt, gerüstet. Um diese Menschen, deren leeres Treiben dir verächtlich ist, müht sich Gott und stellt sie unter die Herrschaft seines Sohnes. Ihnen gibt der er den Herrn der Herrlichkeit, damit er am Kreuz offenbare, was es heißt: Gott hat das menschliche Gesindel lieb.
Herr Gott, ich versuche es, barmherzig zu denken, und kann es nicht recht. Du lehrst es mich, weil Du mir deine Barmherzigkeit zeigst, die, die ich bedarf wie alle, die, die mir hilft wie allen. Damit ich mich unbefleckt von der Welt erhalte, dazu hast Du mich in sie hineingestellt. Sie befleckt mich, wenn sie mich mit sich reißt; sie befleckt mich aber auch, wenn ich sie unbarmherzig verachte. Darum suche ich Dein Angesicht und folge Dir, Herr Christus, nach. Amen.

Kap. 11

Sie sprachen: „Wohlan!, lasset uns eine Stadt und Turm bauen, dessen Spitze bis an den Himmel reiche, dass wir uns einen Namen machen.“
1. Mose 11,4

Die Tiere bauen für die Lebenden, nicht für die Toten, und auch der Mensch baut das Nest für die Lebenden. Damit tut er, was Gott ihn tun heißt. Denn auch Gott baut uns das ewige Haus in seiner ewigen Stadt. Der Mensch baut aber auch babylonische Türme und diese baut er nicht für die Lebenden, sondern für die Toten; denn sie sollen dauern, wenn er selbst dahin gegangen ist, und seinen Namen verewigen. Darum gibt er diesen Bauten seine Massivität. Je höher sie ragen, desto sichtbarer leuchtet der Name in die Ferne der Zeiten hinaus. Über diese Versuche des Menschen, sich innerhalb der irdischen Welt zu verewigen, ergeht das göttliche Gericht. Wie einheitlich hat auch hier der das Wort schaffende Geist den weit auseinander liegenden Geschlechtern Gottes Regierung enthüllt! Auf den Turm Babylons, der zusammenstürzt, folgt der Pharao in Ägypten, der im Meer untergeht, folgt aber auch nach demselben göttlichen Gesetz der Untergang Jerusalems und seines Tempels trotz aller angeblich gläubigen Versicherungen: „Hier ist der Tempel des Herrn“, der unzerstörbare, der sichere Schutz für Gottes Stadt. Und dann folgt noch einmal der Zusammenbruch des jüdischen Stolzes, der erklärt: „Wir wissen aus der Schrift, dass der Christus für immer bei uns bleiben wird“, und es für unmöglich erklären, dass der Christus sterbe. Mit dem Kreuz Jesu endet jede Verewigung des irdischen Menschen und es ist uns sichtbar gemacht, dass wir durch Auferstehung zum Leben gelangen. Dorthin erhebt sich der Mensch nicht selbst. Der in den Tod Gegebene bereitet sich nicht selber sein Auferstehen; er wird erweckt. Ewig lebt der Mensch nicht, weil er die Ewigkeit errafft, sondern weil und wenn Gott ihm aus dem Tod heraus das Leben gibt.
Davor, dass wir bauen, was zerfallen muss, so dass nur Ruinen entstehen, behüte, lieber Herr und Gott, Deine Christenheit. Weil Du der Ewige bist, suchen wir von Deiner Hand geleitet das ewige Leben. Wir suchen es aber nicht in uns, sondern finden es in Dir, der Du dem Tod übergibst, was sterben muss, und Dich dadurch verherrlichst, dass Du dem, was nicht ist, rufst, dass es sei, und dem Toten, dass es lebe. Amen.

Kap. 12

Der Herr sprach zu Abram: „Gehe aus deinem Vaterland und von deiner Freundschaft und aus deines Vaters Haus.“
1. Mose 12,1

Wie es geworden ist, so wird es je und je und im Anfang enthüllt sich der Fortgang und die Vollendung des göttlichen Werkes. Wie entstand Gottes Volk? Wie kam es dazu, dass es Menschen gab, die vor Gott wandelten? „Gott sprach zu Abraham.“ So entstehen Gottes Kinder. „Sie werden durch das Wort der Wahrheit geboren nach Seinem Willen.“ Jakobus 1,18. Gottes Wort besucht uns; das stiftet zwischen Ihm und uns das lebendige Band, beschenkt uns mit seiner Erkenntnis und erweckt in uns den neuen Willen, der nach dem begehrt, was Gottes ist. So macht er mich zu seinem Eigentum, durch seines Wortes Gegenwart bei mir. Gottes Wort führte Abraham aus seinem Geschlecht und seiner Heimat heraus. Das wiederholt sich in jeder Begegnung mit dem göttlichen Wort. Es kennt nur den Einen, preist nur den Einen und macht in mir den Einen zu meinem Herrn, den Einen, der über allem ist, den Einen, neben dem nichts in meinem Glauben Raum hat, den Einen, der mich ganz für sich begehrt. Das pflanzt in den Glauben jenes starke Nein, ohne das er nicht vorhanden ist, das sich gegen alles wendet, nicht nur gegen das, was vor mir steht, sondern auch gegen das, was ich selber bin und in mir selber finde. Gehe aus, sagt Gottes Wort; so kommst du zu mir. Indem er durch sein Wort mit uns verkehrt, bleibt er in der Höhe und zieht unsern Blick von uns selber weg zu Ihm empor.
Nun habe ich mich auf den Fels meines Heils gestellt, auf Dein Wort. Ich bitte Dich: Rede, Herr, Dein Knecht hört. Ich muss in mein Tagewerk hinein. Ich will es nicht tun ohne den Helm des Heils, der mich schützt, und ohne das Schwert des Geistes, das mich verteidigt. Das Schwert des Geistes, das Du in unsere Hand legst, ist Dein Wort. Ich danke Dir, dass ich Dich hören darf. Amen.

.Kap. 22

Gott versuchte Abraham.
1. Mose 22,1

Gott tat es, das heißt, seine Gnade tut es. Alles, was Gott den Seinen tut, ist Gnade. Es ist Gnade, dass der Anspruch Gottes an mich ergeht, der mich zum bewussten Entschluss nötigt und mir aufgibt, dass sich meine Liebe in freier, eigener Bewegung ihm zuwende. Es würde uns keine Versuchung zuteil werden, stünden wir nur in der Abhängigkeit von Gott. Die Sterne werden nicht versucht; sie gehen ihre Bahn in fehlloser Richtigkeit, gebunden in das ihnen gegebene Gesetz. Ich werde versucht, weil mir Gottes Gabe so gegeben ist, dass sie mein Eigentum wird. Dass sie mein eigen ist, von mir erfasst, geschätzt, als heilig erkannt und treu bewahrt, dies stellt eben die Versuchung fest, und sie wird, indem sie dies bewährt, zur Pforte für die neue Gnade. Die Schwere der Entschließung, die die Versuchung von uns verlangt, entsteht daraus, dass das göttliche Gebot die uns gegebenen Bedingungen des Lebens angreift. Nicht nur die natürliche Empfindung, auch alles, was Abraham im Verkehr mit Gott erlebt hat, macht ihm das Leben des Sohnes teuer und seine Opferung unerträglich. So muss er sich von aller, auch der reinsten und frömmsten Eigensucht, lösen, muss auf den von Gott ihm gegebenen Sohn verzichten um Gottes Willen und bewähren, dass ihm Gott mehr gilt als seine Gabe. Die Frage, die am Eingang der Geschichte Hiobs steht: dient Hiob Gott umsonst? Wird hier auch an Abraham gestellt. Dies kehrt in jeder Versuchung wieder. Sie stellt das, was uns gegeben ist, und das, was von uns gefordert wird, gegeneinander und löst uns um deswillen, was kommt, von dem ab, was hinter uns liegt. Sie fordert immer die reine Bejahung Gottes, die nicht seinen Gaben gilt, sondern ihm. Darum, weil uns die Versuchung zur reinen Liebe Gottes beruft, ist sie selbst die Offenbarung der göttlichen Liebe im selben Sinn, wie das Gebot: Du sollst Gott lieben, ein Zeugnis der Liebe Gottes ist. Es ist seine reine Liebe, die von uns die reine, ganze Liebe begehrt.

Ich bete mit Deinem Wort, Herr Jesus: Führe mich nicht in Versuchung. Ich will aber in meine Bitte kein Murren mischen. Ich gedenke der Gebrechlichkeit meines Willens und der Schwäche meiner Liebe und weiß, dass ich mich leicht nach der falschen Seite wende. Das weißt auch Du, Allwissender. Darum bist Du in die Versuchung gegangen und hast herzlich nach ihr verlangt und mit Deinem vollendeten Opfer den Vater verherrlicht, damit Du für uns der Helfer seiest dann, wenn wir versucht werden. Amen.

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