Roos, M. Magnus Friedrich - Christliches Hausbuch - Januar.

Inhaltsverzeichnis

Roos, M. Magnus Friedrich - Christliches Hausbuch - Januar.

1. Januar. Morgen-Andacht.

Gott, man lobet Dich in der Stille zu Zion. Ps. 65,2.
Mit dem Lob Gottes fängt ein Christ billig das neue Jahr an. Ob er gleich manche Lasten und Leiden aus dem vorigen Jahr in’s neue herübergebracht hat: so ist er doch schuldig, Gott wegen Seiner Eigenschaften und Werke zu loben, und dadurch eine Vorübung auf den Himmel zu machen, in welchem auf die vollkommenste Weise erfüllet werden wird, was Ps. 84,5. steht: Wohl denen, die in Deinem Hause sind, die loben Dich immerdar. Zur Zeit Davids und lange Zeit hernach war das Lob Gottes ein großer Theil des öffentlichen Gottesdienstes. David hatte nämlich viele Lob-Psalmen durch Eingebung des Heiligen Geistes gemacht, und mit diesen lobte man Gott zu Zion, wo die Lade Gottes zu seiner Zeit unter den Teppichen wohnete, und wo hernach der Tempel stund. Ein jeder Israelite konnte an diesem Lob Gottes mit seinem Herzen Antheil nehmen, wenn er die Psalmen Davids singen hörte, oder auch zur andern Zeit für sich allein Gott da anbetete und lobte. Fühlte ein solcher Israelite den Druck seiner Missethat, worüber Ps. 65,4. geklagt wird: so mahnten ihn die Opfer, die täglich auf dem Berg Zion geopfert wurden, als Vorbilder an das Opfer des Messias, wodurch dem Uebertreten gewehret, die Sünde zugesiegelt, und die Missethat versöhnet, und die ewige Gerechtigkeit gebracht werden sollte (Dan. 9,24.), da dann der Glaube an den Messias sein Gewissen stillen, und sein Herz und seinen Mund zum Lob Gottes öffnen konnte. Dabei herrschte auf dem Berg Zion, wenn es recht zuging, eine ehrerbietige Stille, nämlich eine Stille, wobei man die Psalmen Davids, wenn man sie absang, vernehmen, und von dem lieblichen Ton der Instrumente, auf denen man zugleich spielte, gerührt werden, oder auch außer diesem Fall ungehindert beten und Gott loben konnte. An dieser Stille mangelte es, als der HErr Jesus Käufer, Verkäufer und Wechsler in dem Tempel antraf, weswegen Er sie austrieb, um die nöthige Stille wieder herzustellen. So lange das jüdische Regiment wohl bestellt war, konnte es an der Stille auf dem Berg Zion nicht fehlen; weil die Könige auf eben diesem Berg ihre Wohnung hatten, und den Gottesdienst mit ihrer Macht schützten und in der Ordnung erhielten. Für uns, die wir unter dem Neuen Testament leben, ist Zion allenthalben, wo das Evangelium von Christi ewiggeltendem Versöhnungs-Tod und von seinem ewigen Königreich verkündiget und geglaubet wird. Hier siehet man nicht mehr vorbildliche Opfer, sondern man siehet Christum selbst als das Lamm Gottes, welches der Welt Sünde trug, und zur Versöhnung der Welt geschlachtet worden ist. Hier ist auch kein irdischer Thron Davids, bei welchem man Schutz suchen müßte: sondern hier ist der Thron der höchsten Majestät, auf welchem Christus zur Rechten Seines Vaters sitzt, über alles herrschet und Seine Kirche, aber auch ein jedes Glied derselben schützet. Hieher muß sich mit seinem Herzen wenden, wer Gott am Anfang des Jahres, und so auch zu einer jeden andern Zeit, loben will. Bei dem Glauben an Christum, der Sich selbst für uns gegeben oder geopfert hat, ist der Sünder tüchtig, Gott zu loben; er hat aber dabei die Stille nöthig. Bei dem Toben der Völker, dessen Ps. 65,8. Meldung geschieht, und bei der ungestümen Unruhe der Gottlosen, wovon Jes. 48,22. die Rede ist, hat das Lob Gottes keinen Raum. So lobe denn den HErrn meine Seele, und was in mir ist Seinen Heiligen Namen. Alles, was Athem hat, lobe den HErrn! Hallelujah!
Mel.: Sieh, hier bin ich etc.
1.
In der Stille aus der Fülle
Meines Herzens sing‘ ich Dir;
O Du Liebe – feur‘ die Triebe
Meiner Seelen an in mir!
Mach‘ von innen meine Sinnen
Voll von heiliger Begier.
2.
Nach dem Falle stimmen Alle,
Die nun leben, freudig an;
Auch ich lebe, und erhebe,
Was der HErr an mir gethan.
Das ist Gnade für mich Made,
Daß ich singen darf und kann.
3.
Dem Verdammen in den Flammen
Stund ich als ein Sünder bloß;
Gott vergiebet, Gott, der liebet,
Kaufte mich durch Jesum los.
Sein Erbarmen an mir Armen
Ist auch unvergleichlich groß.
4.
Auf, ihr Kräfte, dieß Geschäfte
Soll euch euer liebstes sein!
Stimmt zusammen, Seinen Namen
Sei der Ruhm des Heils allein.
Hier sind’s Proben; dort, dort oben
Stimmen alle Schaaren ein.

1. Januar. Abend-Andacht.

Der HErr wird die Krone der Gerechtigkeit geben Allen, die Seine Erscheinung lieb haben. 2 Tim. 4,8.
Am Abend des ersten Tages dieses Jahres denke ich billig an den letzten Tag der Welt, an welchem Christus in Seiner Herrlichkeit erscheinen, und die Lebendigen wegen dessen, was sie in den Tagen ihres irdischen Lebens gethan haben, mit Gerechtigkeit richten wird. Auf Ihn warten, Seine Erscheinung lieb haben, Ihm gleichsam entgegen gehen, und durch den Geist mit Seiner Braut sagen: komm! – dieses ist der Sinn und die Eigenschaft glaubiger und gerechtfertigter Seelen. Ein Mensch, der Böses gethan, und noch keine Vergebung seiner bösen Werke erlangt, und den Geist der Kindschaft noch nicht empfangen hat, denkt mit einer heimlichen Angst an diese Erscheinung Jesu Christi, und tröstet sich mit dem Gedanken: Mein HErr kommt noch lange nicht. Er sagt aber: siehe, Ich komme bald. Bald kommt Er nach der göttlichen Zeitrechnung, nach welcher tausend Jahre wie ein Tag und wie eine Nachtwache sind: bald aber auch nach der menschlichen Zeitrechnung, nach welcher der Todestag eines jeden Menschen perspektivisch an den jüngsten Tag stößt, weil die Zeit, die dazwischen liegt, in dem Gericht, in welchem ein jeder nur empfahen soll, nachdem er bei Leibesleben gehandelt hat, nicht zum Vorschein kommen wird. So vergnügt ein Christ schon in diesem Leben werden kann, wenn er Gnade und Friede empfangen hat und empfindet; und so selig, fröhlich und herrlich auch seine Seele nach ihrem Abschied aus dem Leibe werden kann: so hat er doch Ursache genug, über dieses Alles noch die Erscheinung Jesu Christi in der Hoffnung lieb zu haben, weil dieser viel Neues mit sich bringen, und die Herrlichkeit der Auserwählten vollkommen machen wird. Paulus hoffte, bei der Erscheinung seines HErrn auch die Krone der Gerechtigkeit zu empfahen. Damit man sie aber nicht für ein apostolisches Vorrecht halten möchte, bezeugte er ausdrücklich, der HErr werde sie nicht allein ihm geben, sondern auch Allen, die Seine Erscheinung lieb haben. Auch dir wird er sie also, mein Leser, geben, wenn du Seine Erscheinung lieb hast. Off. Joh. 2,10. ist von einer Krone des Lebens die Rede, und 1 Petr. 5,4. von einer unverwelklichen Krone der Herrlichkeit. Es wäre allzukühn, wenn wir darüber viele Auslegungen machen wollten. Nur wissen wir überhaupt aus 1 Kor. 9,25., daß vor der Empfahung der Krone ein guter Kampf und guter Lauf hergehen müsse; Paulus thut 2 Tim. 4,8. der Krone der Gerechtigkeit Meldung, nachdem er unmittelbar vorher als ein dem Tod naher Mann gesagt hatte: ich habe den guten Kampf gekämpfet, ich habe den Lauf vollendet, ich habe Glauben gehalten. Off. Joh. 2,10. hatte der Heiland dem Bischof zu Smyrna zugesprochen: sei getreu bis an den Tod, und setzte hernach hinzu: so will Ich dir die Krone des Lebens geben. 1 Petr. 5. ist von Aeltesten oder Lehrern der christlichen Gemeinden die Rede, und es wird ihnen für ihre Uneigennützigkeit und für ihre Demuth, bei welcher sie nicht über das Volk herrschen, sondern Vorbilder der Heerde werden, die unverwelkliche Krone der Herrlichkeit versprochen. Sie wird aber alle Erwartung übertreffen. Sie wird ein herrlicher Schmuck der Auserwählten sein: es werden große Vorrechte damit verbunden sein. Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, ihr lieben Mitchristen: die Krone des Lebens, der Gerechtigkeit und der Herrlichkeit wird alles ersetzen.
So will ich denn auch in diesem Jahr durch die Kraft des heiligen Geistes den guten Kampf fortkämpfen, den Lauf nach dem vorgesteckten Ziel fortsetzen, und Glauben halten. Der heilige Geist stärke mich dazu durch das Evangelium.
Mel.: Jesu, meine Freude etc.
1.
Jesu, all die Deinen
Liebe Dein Erscheinen
In der Herrlichkeit;
Vormals bist du ihnen
In dem Fleisch erschienen,
Das hat sie erfreut.
Kamst Du dort
Nach Deinem Wort,
So ist nach dem Wort zu trauen,
Daß wir Dich einst schauen.
2.
Jetzt Dich zu erkennen
Und sich Dein zu nennen,
Ist schon wahre Lust;
Aber ein Verlangen,
Dich einst zu empfangen,
Kränket noch die Brust;
Und wer glaubt,
Erhebt sein Haupt
Erst begierig nach der Höhe,
Daß er Dich selbst sehe.
3.
HErr, ich arme Made
Habe zwar schon Gnade,
Daß mein Herz Dich ehrt;
Weil Du mir auch kamest
Und mein Fleisch annahmest,
Und ich wars nicht werth.
Gabst Du mir
Nun Glauben hier,
Gieb, daß ich mit gleichem Triebe
Dein Erscheinen liebe.
4.
Glaubt nur fort, ihr Seelen!
Ihr glaubt nicht auf’s Fehlen;
Lauft ohne Aufenthalt;
Kämpfet als die Seinen,
Jakob that’s mit Weinen:
Er erscheint doch bald.
Kommt Er euch,
So kommt Er reich:
Er kann Kämpfer wohl belohnen,
Er giebt ihnen Kronen!

2. Januar. Morgen-Andacht.

Es ist in keinem Andern Heil, ist auch kein anderer Name den Menschen gegeben, darin sie sollen selig werden, als allein der Name Jesus. Ap. Gesch. 4,12.
Wer selig oder von allem geistlichen und leiblichen Elend errettet werden will, sehe sich nach keinem andern Namen um, als nach dem Namen Jesus. Ist in Jesus allein Heil: so muß man zu Ihm kommen, und hernach durch den Glauben in Ihm erfunden, ein Glied an Seinem Leib, und eine Rebe an Ihm, dem Weinstock sein, wenn man Heil genießen will. Und davon versichert uns Sein Name Jesus, welcher von dem Engel Gabriel genennet ward, ehe Er in Mutterleib empfangen wurde, und welcher Ihm hernach bei der Beschneidung wirklich gegeben wurde. Der Täufer Johannes bekam seinen Namen auch durch den Engel Gabriel, und sein Name hieß: Der HErr (der Jehovah) ist gnädig: allein Johannes war nicht der HErr selbst, sondern sollte nur von der Gnade des HErrn zeugen. Als aber der heilige Sohn der Maria: Jesus, das ist Heiland, Seligmacher, Erretter genennet wurde. so war Er selbst derjenige, der diesen Namen in die Erfüllung bringen wollte. Sein Namen war und ist noch die Summe des ganzen Evangelii; und dieses Evangelium handelt von Ihm selbst als demjenigen, der die Menschen selig machen oder von allem Uebel erretten will. In Ihm hat man die Erlösung durch Sein Blut, nämlich die Vergebung der Sünden, Kol. 1,14. Er ist der Sohn Gottes, der von der Herrschaft der Sünde frei machen kann, Joh. 8,36. Er ist unser Licht und Leben, Fürsprecher und König, und unsere Hoffnung auf’s Künftige. (1 Tim. 1,1.) Er ist auch das Heil unsers Leibes, den Er am Tage seiner Erscheinung auferwecken und verklären wird.
So wende ich mich denn jetzt zu dem Namen Jesus, als dem Horn des Heils, um mich glaubig daran zu halten, denn er ist von dem himmlischen Vater den Menschen dazu gegeben. Wenn ich mich nicht an diesen Namen hielte, so würde ich von Lust und Furcht umgetrieben, und von eiteln Begierden und Sorgen gequälet. Das Vergangene kränkte mich, und das Zukünftige ängstete mich. Dieser Name aber gewährt mir Gnade und Friede, Trost und Hülfe, ja die Hoffnung einer ewigen Herrlichkeit. Durch diesen Namen wird mir klar, wie der Vater unsers HErrn Jesu Christi auch unser Vater, und der heilige Geist unser Tröster oder Beistand heißen und sein könne. Mein Name ist der Name des Zöllners, der sich selbst, da er im Tempel betete, einen Sünder nennete. Mein Name ist ferner derjenige, den Paulus sich selbst beilegt, da er Röm. 7,24. schrieb: ich elender Mensch! Zu diesem meinem Namen schickt sich der Name Jesus, wie die Arznei zur Krankheit, wie die Hülfe zu dem Verderben, wie das Licht zu der Finsterniß, welche dadurch aufgeheitert werden soll. Ja der Name Jesus wird den Namen eines Sünders und eines elenden Menschen bei mir endlich gar verschlingen und aufheben. und gleichwie er mit schon bei Leibesleben den Namen eines Kindes Gottes verschafft, also wird er mir dereinst einen neuen Namen verschaffen, welchen niemand kennet, denn der ihn empfähet. Nun dem ewigen und eingebornen Sohn Gottes, der sich den Menschen als Jesus geoffenbaret hat, dem wesentlichen Wort, welches Fleisch wurde, und voll Gnade und Wahrheit ist, dem Mittler zwischen Gott und Menschen, welcher König und Priester auf dem allerhöchsten göttlichen Thron ist, sei Ehre und Dank ewiglich! Amen.
Mel.: O Jerusalem, du Schöne etc.
1.
Sagt mir nichts von andern Namen;
Denn in keinem ist das Heil.
Menschen haben all‘ zusammen
An dem Sündernamen Theil.
Jesus Nam‘ ist ganz allein
Uns ein Nam‘ zum Seligsein.
2.
Vater, Du hast ihn gegeben:
Dir sei Dank in Ewigkeit!
Jesu, Du trägst ihn zum Leben!
Dir sei Ruhm von uns bereit’t.
Geist, der ihn in uns verklärt,
Sei in ihm von uns geehrt!
3.
Lehr‘ uns ihn im Glauben kennen,
Und in Ihm thun, was wir thun;
In dem Beten von ihm brennen,
Und im Tode auf ihm ruh’n;
Also werden wir allein
Auch in Jesu selig sein.

2. Januar. Abend-Andacht.

Wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi. 2 Kor. 5,10.
Lasset uns jetzt hinzutreten mit Freudigkeit zu dem Gnadenstuhl, auf daß wir Barmherzigkeit empfahen und Gnade finden auf die Zeit, wenn uns Hülfe noth sein wird (Ebr. 5,16.) Wenn wir dieses täglich und bis an unser Ende thun werden, so werden wir dereinst Freudigkeit haben, vor Seine Richterstuhl offenbar zu werden. Vor diesem Richterstuhl müssen alle Menschen offenbar werden; denn obschon diejenigen, die nicht an Jesum glauben, schon gerichtet sind, wie Er selbst Joh. 3,18. sagt, und diejenigen, die an Ihn glauben, gerechtfertiget sind und Friede mit Gott haben: so müssen doch beide Haufen ihr Urtheil auch öffentlich und völlig bekommen, und der Beweis des Urtheils muß so geführt und in’s Licht gestellet werden, daß jedermann die Gerechtigkeit Jesu Christi preisen könne. Die Menschen sind, so lang ihr irdisches Leben währet, sich und Andern großentheils unbekannt. Niemand siehet dem Andern in’s Herz, und viele kennen sich selbst sehr wenig, ja Niemand kennet sich selbst vollkommen. Die Worte höret man, und die Werke siehet man: aber der Rath des Herzens, aus welchem jene und diese fließen, bleibt meistens verborgen. Oft wird auf Erden das Gute für bös, und das Böse für gut, der Fromme für einen Heuchler, und der Heuchler für fromm gehalten. Endlich wird das Allermeiste wieder mit er Vergessenheit bedeckt, indem nicht nur ein jeder Mensch viele von seinen Gedanken, Worten und Werken wieder vergißt, sondern auch von den allermeisten Menschen bei den späten Nachkommen gar nichts mehr im Angedenken bleibt. Es wird aber ein Tag kommen, da alle Menschen vor dem Richterstuhl Christi werden offenbar werden. Alsdann wird der HErr an’s Licht bringen, was im Finstern verborgen ist, und den Rath der Herzen offenbaren. Alle Werke werden in’s Gericht kommen, und alles, was verborgen gewesen war, es sei gut oder bös. Dieser Tag wird Alles klar machen. Er wird entdecken, wer Weizen oder Unkraut auf dem Acker Gottes gewesen sei. Es wird insonderheit der Werth aller Werke der Menschen bestimmt werden, und bei dieser Würdigung oder Schätzung werden viele Werke höher geschätzt werden, als diejenigen, die sie gethan hatten und auch andere gemeint hatten, wie aus Matth. 25,35-40. zu schließen ist: andere Werke aber, die einen großen Schein gehabt hatten, werden als Holz, Heu und Stoppeln, zum Schaden derer, die sie gethan hatten, verbrannt werden 1 Kor. 3,12-15. Auf gleiche Weise werden auch die bösen Werke derjenigen, die verloren gehen, gleichsam auf der Wage der Gerechtigkeit abgewogen werden. Offenb. Joh. 20,11.12.15. wird diese große Sache so beschrieben: ich sahe einen großen weißen Stuhl, und den, der darauf saß, vor welches Angesicht flohe die Erde und der Himmel, und ihnen ward keine Stätte funden. Und ich sahe die Todten beide groß und klein stehen vor Gott, und die Bücher wurden aufgethan; und ein ander Buch ward aufgethan, welches ist des Lebens. Und die Todten wurden gerichtet, nach der Schrift in den Büchern nach ihren Werken. und so jemand nicht ward erfunden geschrieben in dem Buch des Lebens, der ward geworfen in den feurigen Pfuhl. Nur Wahrheit oder rechtschaffenes Wesen wird alsdann gelten: nur wer Christo angehört, wird vor dem Richtestuhle Christi mit Freudigkeit stehen können.
Mel.: Nun ruhen alle Wälder.
1.
Die Welt kommt einst zusammen,
Und alle Menschennamen
Vor Christi Richterthron;
Da muß sich offenbaren,
Wer sie und diese waren;
Sie kennt und prüft des Menschen Sohn.
2.
Der Gräu’l in Finsternissen,
Das Brandmal im Gewissen,
Die Hand, die blutvoll war,
Das Aug‘ voll Ehebrüche,
Das frevle Maul voll Flüche,
Das Herz des Schalks wird offenbar.
3.
Das Fleh’n der armen Sünder,
Das Thun der Gotteskinder,
Die Hand, die milde war,
Das Aug‘ voll edler Zähren,
Der Mund voll Lob und Lehren,
Des Christen Herz wird offenbar.
4.
Wo wird man sich verstecken?
Was will die Blöße decken?
Wer schminkt sich da geschwind?
Wen kann die Lüge schützen?
Wie wird ein Werkruhm nützen?
Da sind wir alle, wie wir sind.
5.
HErr, diese Offenbarung
Drück‘ Du mir zur Bewahrung
Beständig in den Sinn,
Daß ich auf das nur sehe,
Ich gehe oder stehe,
Wie ich vor Deinem Auge bin!

3. Januar. Morgen-Andacht.

Nun HErr, weß soll ich mich trösten? Ich hoffe auf Dich. Ps. 39,8.
Diese Worte stehen in der Verbindung mit der Beschreibung einer äußerlichen und innerlichen Noth, worin David einmal steckte. Er war krank und betete deßwegen V. 11.12.: Wende Deine Plage von mir: denn ich bin verschmachtet von der Strafe Deiner Hand. Wenn Du einen züchtigest um der Sünde willen, so wird seine Schöne verzehret wie von Motten. Auch kränkte es ihn nach V. 2. und 3., daß er mußte den Gottlosen vor sich sehen, und dabei verstummet und still sein, der Freuden schweigen, und sein Leid in sich fressen. Endlich befürchtete er auch nach V. 9. wegen seiner Sünde den Narren ein Spott zu werden. Ob er nun gleich immer Macht genug hatte, Andern zu schaden, und in seiner Krankheit wenigstens den Mund zum Befehlen oder Schelten brauchen konnte: so wurde er doch von dem Geist Gottes nach V. 2. und 3. zum Stillesein angewiesen, und ergab sich auch dazu, wie er denn V. 10. sagte: Ich will schweigen und meinen Mund nicht aufthun: Du wirst’s wohl machen. Er that hingegen seinen Mund gegen Gott auf, und sagte: Nun HErr, weß soll ich mich trösten? Ich hoffe auch Dich. Es ist doch schön, wenn man einen König oder Feldherrn (denn eines von beiden war David, da er diesen Psalmen schrieb) bekennen hört: er könne sich keines Dings trösten, hoffe aber auf den HErrn. Die Ursache dieses Bekenntnisses war nicht eben der Mangel irdischer Hülfsmittel, sondern das Gefühl ihrer Unzulänglichkeit und Schwachheit, und zugleich die Furcht, einen ungerechten Gebrauch davon zu machen, überdieß aber auch die Erkenntniß Gottes, als des treuesten und mächtigsten Trösters und Nothhelfers.
Ich, der ich dieses heute lese, kann und soll eben dieses Bekenntniß vor Gott ablegen: Nun HErr, weß soll ich mich trösten? Ich hoffe auf Dich. Ich habe zwar Menschen um mich, die mir treu und hold sind. ich habe zeitliche Gaben von Gott empfangen, wodurch mein Leben und meine Wallfahrt erhalten und erleichtert werden soll: allein ich kann mich doch dieser Dinge nicht trösten. Brauchen kann ich sie wohl mit Maße und mit Danksagung: aber trösten kann ich mich derselben nicht; denn wenn ich es thäte: so wäre ich trostlos, wenn mich Gott (wie es täglich geschehen kann) von diesen Dingen durch den Tod wegrisse. Aber so lange auch der Besitz und Gebrauch derselben noch währet, sollen sie doch nicht mein Trost sein. Meine Seele ist für Gott erschaffen. Er allein kann meines Herzens Trost und mein Theil sein, wie Assaph Ps. 73,26. sagt, weil Er allein unermeßlich gut ist und allein Unsterblichkeit hat. Ich wende mich also von allen Geschöpfen weg, und sage zu dem HErrn: ich hoffe auf Dich. Daß ich auf den HErrn hoffen darf, habe ich Sünder meinem Erlöser und Fürsprecher Jesu Christo zu danken: und daß ich auf Ihn hoffen kann, dem Tröster, dem Heiligen Geeist, der mich auf die wahren Verheißungen Gottes weiset, und mich tüchtig macht, dieselben zu glauben. Ich stehe nicht in dem völligen Genuß der göttlichen Liebe (denn wer wollte bei Leibesleben darin stehen?); ich sehe hier Gottes Angesicht noch nicht: aber doch hoffe ich auf Ihn. Was ich schon von Seiner Liebe empfunden, und von Seiner Treue erfahren habe, ist mir ein Angeld künftiger Empfindungen und Erfahrungen. Ich hoffe auf Ihn, und erwarte, daß Er mich in keinem Stück verlassen und versäumen, sondern Seinen ganzen Liebes-Rath an mir ausführen, und alle Seine Verheißungen an mir erfüllen werde.
Mel.: Nun ruhen alle Wälder.
1.
Gott Lob, ich kann mich trösten,
Auch wenn die Noth am größten,
Mit meines Gottes Huld;
Sein Zorn führt nicht die Ruthe,
Er züchtigt uns zu Gute,
Bleibt Gott des Trost’s und der Geduld.
2.
Da jene in dem Grämen
Den Trotz zum Troste nehmen,
Die Gottes Feinde sind:
So sagt Er meiner Seelen:
Dir soll’s an Trost nicht fehlen;
Ich bin dein Vater, du Mein Kind.
3.
Wie sanft thut das den Herzen,
So stillen sich die Schmerzen,
So wird die Last ganz leicht;
Man kriegt Luft im Gedränge,
Man singt auch Lobgesänge,
Der Unmuth und der Hochmuth weicht.
4.
HErr, wenn Dein Trost auf Erden
Kann so erquicklich werden,
Wie wird’s im Himmel geh’n!
O laß mir diesen offen,
Hier tröste mich mit Hoffen,
Dort tröste mich auch mit dem Seh‘n!

3. Januar. Abend-Andacht.

Wir sind nun Gottes Kinder, und ist noch nicht erschienen, was wir sein werden. 1 Joh. 3,2.
Gottes Kinder sind ein Erstling oder eine vornehme und vorzügliche Classe unter den Geschöpfen. Die Schmach ihrer sündlichen Abstammung von Adam, und alle Schande, welche sie sich selbst zugezogen haben, wird durch die Kindschaft Gottes bedeckt, ja aufgehoben und ersetzt. Es sind große Vorrechte mit dieser Kindschaft verbunden, nämlich das Recht, durch die kraft es heiligen Geistes Gott Vater zu nennen, das Recht, Seine väterliche Liebe und Vorsorge, nach welcher alle Dinge zum Besten dienen müssen, zu genießen, das Recht, vertraulich zu Ihm zu nahen, und insonderheit das Recht, ein Erbe Gottes und Miterbe Christi zu sein. Dabei muß man aber bedenken, daß diese Kindschaft Gottes kein in die Augen fallendes Ansehen und keine äußerlichen Vorzüge mit sich führt. Man kann so arm, so krank und so verachtet sein wie Lazarus, und doch ein Kind Gottes sein. Hat man’s in der Welt besser, so ist es eine zufällige Sache und nicht nothwendig mit der Kindschaft Gottes verbunden. Auch fällt diese der Welt nicht in die Augen, als welche ohnehin keinen vertraulichen Umgang mit Kindern Gottes sucht, und keinen erleuchteten Verstand hat, die Kennzeichen und den Werth derselben zu bemerken. ist es doch dem Sohn Gottes selber so gegangen, daß ungeachtet seiner höchst ehrwürdigen Gestalt und der mannigfaltigen Offenbarung seiner Herrlichkeit; Viele von ihm sagten: Wir sahen Ihn, aber da war keine Gestalt, die uns gefallen hätte; ja Ihn auf eine grobe Weise schmäheten. Kinder Gottes sollen’s also mit Geduld ertragen, wenn die Welt sie entweder schmähet, oder außer einer ehrlichen und uneigennützigen Dienstfertigkeit nichts an ihnen erkennet; denn bis zur Kindschaft Gottes reicht der Blick der Welt nicht, denn sie kennet Gott, den Vater Seiner Kinder, nicht. Es ist aber überhaupt noch nicht erschienen, was die Kinder Gottes sein werden. Es erzählt ein alter Schriftsteller, der HErr Jesus sei einmal von Seinen Jüngern gefragt worden: wann kommt das Reich Gottes? und Er habe geantwortet: „alsdann kommt es, wenn das Aeußere sein wird wie das Innere.“ Alsdann wird freilich erscheinen, was die Kinder Gottes sind, wenn ihr Aeußeres sein wird, wie ihr Inneres. Sie werden alsdann wie die Sonne in ihres Vaters Reich leuchten. Sie werden mit Christo zur Herrlichkeit erhaben sein: sie werden Ihm gleich sein, denn sie werden Ihn sehen, wie Er ist. Dieses ist die Offenbarung der Kinder Gottes, auf welche die Creatur sehnlich harret, weil sie auch daran Antheil haben wird. Röm. 8,19. Wir werden Gottes Kinder, wenn wir aus Gott geboren werden, folglich ein geistliches leben empfangen, und an Jesum glaubig werden, Joh. 1,12.13. so lange dieses Leben und dieser Glaube noch schwach sind, so lange ist die Gewißheit von der Kindschaft noch wankend, gesetzt daß sie auch in heitern Stunden, da die Empfindung der Gnade lebhaft ist, groß zu sein schiene. Je völliger aber das geistliche Leben, und je stärker der Glaube ist, desto fester wird das Herz, und desto getroster kann der Christ mit Andern an Einem fort sagen: wir sind nun Gottes Kinder.
Fragt also Jemand in der Absicht auf Kinder Gottes: Was haben sie Gutes vor Andern? und was haben sie Schönes vor Andern? (Zach. 9,17.) so können sie unter Anderem antworten: Wir sind nun Gottes Kinder, und es ist noch nicht erschienen, was wir sein werden: wir wissen aber, wenn es erscheinen wird, daß wir Ihm, unserem herrlichen Heiland, werden gleich sein; denn wir werden Ihn sehen, wie Er ist.
Mel.: HErr Jesu, Gnadensonne.
1.
Oft thut mir’s weh im Herzen,
Man schilt das Christenthum,
Die Welt darf ob uns scherzen,
Treibt uns als Narren um;
Sie thut nach Satans Lüsten,
Weiß sich dabei zu brüsten,
Und hat von Bosheit Ruhm.
2.
Was kann zum Trost hier dienen?
Das Wort des HErrn allein:
Es ist noch nicht erschienen,
Was wir einst werden sein,
Doch sind wir Gottes Kinder.
Dieß Wort macht Ueberwinder
Bei Christi Schmach und Pein.
3.
Herz, schweig zu jenem Spotte!
Du weißt, weß Kind du bist;
Die Welt laß ihrem Gotte,
Dem sie die Fesseln küßt;
Bleib du nur bei dem Deinen,
Den du, wenn’s wird erscheinen,
Wirst sehen, wie Er ist.
4.
HErr, stärke mir den Glauben,
Damit er überwind‘,
Und wenn die Spötter schnauben,
Sein Loos im Himmel find‘.
Muß ich der Welt hier schweigen,
Laß Deinen Geist mir zeugen,
Ich sei ein Gotteskind.

4. Januar. Morgen-Andacht.

Des HErrn Wort ist wahrhaftig, und was Er zusagt, das hält Er gewiß. Ps. 33,4.
Daß der Menschen Gedanken eitel seien, wie der HErr, der vom Himmel auf die Menschenkinder sieht, am besten weiß (Ps. 94,11.): offenbaret sich am deutlichsten aus den Religionen, welche sie selbst erdacht haben. Sie haben schon in den ältesten Zeiten die Herrlichkeit des unsichtbaren Gottes verwandelt in ein Bild gleich den vergänglichen Menschen, und der Vögel, und der vierfüßigen und der kriechenden Thiere (Röm. 1,23.). Sie haben Götter erdacht, welche Sünder waren, wie die bösen Menschen, und an Schandthaten ihr Vergnügen hatten, wie diese. Ja, wenn sie auch glaubten, daß ein einiges göttliches Wesen sei, welches Alles erschaffen habe und regiere, so konnten sie doch nicht mit Gewißheit sagen, wie gelind oder wie streng dieses göttliche Wesen sei, wie viel es fordere oder übersehe, wie viel es vergebe oder räche, und was es dem Menschen für ein Schicksal nach dessen Tod bestimmt habe. Gesetzt auch, daß Einer oder der Andere hierin etwas von der Wahrheit gemerkt habe: so blieb doch die Furcht im Herzen zurück: wie? wenn es sich anders verhielte; wie? wenn das göttliche Wesen anders dächte als ich; wie? wenn ich nach dem Tod Alles anders anträfe, als ich mir’s jetzt vorstelle? Ich bin ein Mensch, und kann irren. Andere Menschen denken anders als ich: wer bin ich, daß ich Andere übertreffen wollte? Aus dieser Ungewißheit und Furcht kann nichts heraushelfen als ein Wort des ewigen Gottes. Wenn der um Wahrheit und um sein Heil bekümmerte Mensch das erstemal hörete: es gibt ein Wort Gottes! sollte er nicht über’s Meer fahren, um es zu holen, oder seine ganze Habe daran rücken, um dessen habhaft zu werden? Allein es ist jetzt den Christen anvertraut, und diese haben es in der lieben Bibel. Glückselige Christenheit, welche sie hat! Wehe denen, die Christen heißen und sie verachten! Des HErrn Wort ist wahrhaftig: folglich soll es geglaubt werden. Es bedarf keines Beweises: es ist genug, daß es des HErrn Wort ist. Es ist wahrhaftig, wenn es alte Geschichten erzählt, und wenn es zukünftige Dinge verkündiget, wenn es hohe und tiefe Geheimnisse entdeckt, und wenn es von gemeinen Sachen handelt; wenn es den Menschen straft, und wenn es ihn tröstet; wenn es von Zorn und wenn es von Gnade handelt. Es ist durchaus wahrhaftig; und wer es glaubt, wird nicht zu Schanden. Wenn also die Menschen, die dieses Wort hintansetzen, in Religionssachen irren, streiten, zweifeln und endlich verzweifeln: so ist dieses Wort denen, die es verstehen und glauben, ein wahrhaftiger Lehrer, ein treuer Rathgeber, ein Licht auf dem Weg ihrer Wallfahrt, eine Richtschnur ihres Lebens, und ein unbeweglicher Grund, worauf sie bauen können. Dieses Wort enthält den Plan, wornach Gott die Welt regiert, so weit er uns faßlich ist, und es ist das Gesetzbuch, wornach Er sie richten wird; und es geht täglich so, und wird am jüngsten Tag und ewiglich so gehen, wie dieses Wort sagt. Was Gott in Seinem Wort zusagt, das hält Er gewiß; denn Er ist Jehovah, der ist, und der war, und der sein wird, der Ewige und Unveränderliche, bei dem kein Wankelmuth Raum hat, der nie anderer Meinung wird, der Sich Seine Ansprüche nie reuen läßt, der etwas, das Er geredet hat, nie durch einen neuen Ausspruch umstößt, und der Sich auch aller Seiner Worte immer bewußt ist. Sein Thun besteht also in der Wahrheit, und kommt mit Seinem wahrhaftigen Wort überein. Er gibt, was Er versprochen hat, und thut, was Er zugesagt hat.
Mel.: Was Gott thut, das ist wohlgethan.
1.
Was Gott sagt, das bleibt wahr gesagt,
Gott will nicht mit uns scherzen.
Wenn nun mein Herz ein Zweifel plagt,
So sag‘ ich meinem Herzen:
Verspricht Er dieß,
Er hält’s gewiß;
Du, Herz, kannst mich betrügen,
Nur Gott kann mir nicht lügen.
2.
Singt Gott ein Lied, für solch‘ ein Wort,
Für solch‘ ein theur‘ Versprechen!
Eh‘ muß die alte Erde fort,
Der alte Himmel brechen.
Sein Wort dau’rt fort,
Bis durch Sein Wort
Sie selbst zur neuen Erden,
Zum neuen Himmel werden.
3.
Wahrhaftiger, ich danke Dir
Auch für Dein Wort des Lebens.
Liegt dieser feste Grund in mir,
So bau‘ ich nicht vergebens.
Mein Herz nimmt Theil
Am Wort und Heil.
Dort preis‘ ich in der Klarheit
Dich, Gott, und Deine Wahrheit.

4. Januar. Abend-Andacht.

Wie wir getragen haben das Bild des Irdischen: also werden wir auch tragen das Bild des Himmlischen. 1 Kor. 15,49.
Paulus handelt 1 Kor. 15. ausführlich von der Auferstehung der Gerechten zum ewigen Leben, und beantwortet hiebei die Frage: Wie werden die Todten auferstehen? und mit welcherlei Leib werden sie kommen? V. 35. und sagt in der Antwort unter Anderem V. 44.: Es wird gesäet ein natürlicher Leib, und wird auferstehen ein geistlicher Leib. Es gibt einen natürlichen Leib, und es gibt einen geistlichen Leib; gleichwie es nach V. 40. himmlische Körper und irdische Körper gibt. Hierauf lehrt er, welches der Stammväter des natürlichen oder irdischen Leibes sei, und nennet in dieser Absicht den Adam, welchen er hier nicht als den ersten Sünder, sondern nur als den ersten Menschen vorstellt, der durch die Schöpfung in’s natürliche Leben gemacht, oder, wie 1 Mos. 2,7. steht, zu einer lebendigen Seele, und nicht zu einem lebendigmachenden Geist gemacht worden sei. Er nennet ihn auch V. 47. den irdenen Menschen, der von der Erde genommen worden sei, folglich keinen himmlischen Leib habe. Das Bild dieses irdischen Stammvaters tragen die Gerechten, so lang ihre Leiber natürlich und irdisch sind; da dann auch ihre Seelen an diese Leiber gebunden sind, sie mühsam bewegen, durch sie mit einer ermüdenden Arbeit wirken, und durch sie Empfindungen und Vorstellungen bekommen, welche der Beschaffenheit irdischer Leiber, deren Leben im Blut ist, gemäß sind. Ueberdieß sind diese Leiber durch den Sündenfall Adams auch noch verweslich, unansehnlich und schwach worden, und werden als solche wie Weizenkörner, die ersterben müssen, in die Erde gesäet. Woher kommt aber der geistliche oder himmlische Leib, der durch die Auferstehung aus dem natürlichen und irdischen werden soll? Sein Urheber ist Christus, welcher durch Seine Erhöhung zu einem lebendigmachenden Geist worden ist. Paulus nennet Ihn V. 47. den HErrn vom Himmel, weil Er bei der Auferweckung der Todten vom Himmel kommt. Er nennet ihn auch V. 48. den Himmlischen (Menschen oder Stammvater) und sagt, die himmlischen Menschen werden von Seiner Art sein, gleichwie die irdenen Menschen von der Art des irdenen Stammvaters seien. Endlich faßt Er Alles in dem Ausspruch zusammen: Wie wir das Bild des Irdischen (Adams auf Erden) bisher getragen haben: also werden wir auch tragen das Bild des Himmlischen. Wir werden verkläret sein, wie Er, himmlische Menschen sein, wie Er, geistliche Leiber haben, ja ganz Geist sein, wie Er. Nur sollen wir nicht meinen, der geistliche Leib, welcher nach dem natürlichen entsteht, werde aus Nichts erschaffen, oder aus einem fremden Stoff gemacht werden. Nein: sondern der natürliche Leib ist das Samenkorn, woraus der geistliche wird: oder das Verwesliche ist, welches die Unverweslichkeit anziehen wird, und das Sterbliche ist’s, welches die Unsterblichkeit anziehen wird, V. 53.54., und durch dieses Anziehen wird das Verwesliche und Sterbliche aufhören, V. 50., sondern dagegen geistliche und himmlisch, folglich unverweslich und unsterblich werden. Hiemit tröste sich ein Jeder, dessen unsterblicher Geist oft durch die irdische Hütte beschweret wird, und dem vor der Verwesung grauet.
Mel.: Es traure, wer da will.
1.
Ich werde auferstehn,
Das kann mich freuen;
Daß ich zu Grab muß gehen,
Heißt mir kein Dräuen;
Wenn da der Wurm mich frißt,
Ist’s kein Verderben;
Weil dieß der Wurm nicht ist,
Der nicht wird sterben.
2.
Nur was von Erde war,
Das wird zu Erden;
Der neue Leib wird klar
Und himmlisch werden;
Denn das ist Gottes Kraft,
Von der ich glaube,
Daß sie was herrlich’s schafft
Aus schlechtem Staube.
3.
Das Leben ließ der Hirt
Für Seine Schafe,
Und durch Sein Sterben wird
Mein Tod zum Schlafe;
Hernach wird auch erfüllt
Die große Sache,
Daß ich nach Seinem Bild
Einst wieder wache.
4.
Auf Sein Wort sterbe ich,
Das Er gegeben:
Ich lebe ewiglich,
Und ihr sollt leben.
Spricht Er es, so geschicht’s,
Weil Er nicht lüget.
Vernunft, hier giltst du nichts,
Der Glaube sieget!
5.
HErr, diesen Trost gib mir,
Einst mit zu Grabe;
Weil ich dieß Wort von Dir
Im Herzen habe.
Wenn ich in meinem Theil
Werd‘ auferstehen,
Laß mich mein ewig Heil
An Jesu sehen.

5. Januar. Morgen-Andacht.

die Erde ist voll der Güte des HErrn. Ps. 33,5.
Die Erde ist ein Schauplatz der Sünde, der Leiden und des Todes, und doch ist sie auch der Güte des HErrn voll. Gott hat das Feld um Adams willen verflucht. und doch ist noch ein Segen übrig geblieben um des HErrn Christi willen. Die Sündfluth hat die schöne und regelmäßige Gestalt der Erde verderbet, und doch ist noch viel Schönheit und Ordnung übrig geblieben. Die Erde ist nicht das Vaterland wahrer Christen, sondern nur der Ort ihrer Pilgrimschaft: die Güte Gottes aber theilt sich auch solchen Pilgrimen täglich und reichlich mit, damit ihre Pilgrimschaft ihnen nicht allzu beschwerlich werde. Wenn wir die Menge der Sünden wüßten, die täglich auf der Erde geschehen: so würden wir uns wundern, daß die Erde noch der Güte des HErrn voll sein kann. Aber Gott ist Gott. Seine Langmuth und Barmherzigkeit ist unermeßlich, und das Mittleramt Christi hat eine unaussprechliche Kraft und Wirkung. Auch in denjenigen Gegenden, wo kein Evangelium und keine Sakramente anzutreffen sind, thut der HErr noch dasjenige, was Paulus Ap. Gesch. 14,17. den Heiden zu Lystra als einen Beweis Seiner Güte vorhielt, da er sagte: Gott hat Sich selbst nicht unbezeugt gelassen, hat uns viel Gutes gethan, und vom Himmel Regen und fruchtbare Zeiten gegeben, unsere Herzen erfüllet mit Speise und Freude. Auch ist überall wahrzunehmen, was Ps. 136,1-9.25.26. als eine Offenbarung der Güte Gottes und als eine Verpflichtung zum Dank gerühmet wird: Danket dem HErrn, denn Er ist freundlich, und Seine Güte währet ewiglich! Danket dem Gott aller Götter, denn Seine Güte währet ewiglich! Danket dem HErrn aller Herren, denn Seine Güte währet ewiglich, der die Himmel ordentlich gemacht hat, denn Seine Güte währet ewiglich; der die Erde auf’s Wasser ausgebreitet hat, denn Seine Güte währet ewiglich; der große Lichter gemacht hat, denn Seine Güte währet ewiglich; die Sonne, dem Tag vorzustehen, denn Seine Güte währet ewiglich; den Mond und Sterne, der Nacht vorzustehen, denn Seine Güte währet ewiglich, der allem Fleisch Speise gibt, denn Seine Güte währet ewiglich! Danket dem Gott vom Himmel, denn Seine Güte währet ewiglich! Alle diese Beweise der Güte Gottes sind in allen Gegenden der Erde anzutreffen: sie mögen bewohnt werden, von wem sie wollen. Gedenkt man aber an die christlichen Länder, so trifft man in denselben die Erfüllung dessen an, was Ps. 147,19 ff. von dem Volk Israel gesagt wird: Er zeiget Jakob Sein Wort, Israel Seine Sitten und Rechte. So thut Er keinen Heiden, noch lässet sie wissen Seine Rechte. Hallelujah. Welch‘ ein Schatz, welch‘ ein großer Beweis der Güte Gottes ist nicht Sein Wort, dem die heiligen Sakramente gleichsam als ein Siegel angehängt sind! Wie weise, wie getrost, wie vergnügt, wie heilig und selig kann man dadurch werden! Wie gütig ist der HErr, daß Er Sich zu den Menschen herabgelassen hat, um mit ihnen zu reden, und daß Er, weil Er nicht mit allen unmittelbar reden kann, Seine Worte wenigstens für Alle hat aufschreiben lassen, und durch Seine Diener Allen verkündigen läßt. die Erde ist also voll der Güte des HErrn; denn alles Gute, das alle Menschen täglich auf der Erde genießen, ist Seine Gabe, und Er kann dabei sagen: Wer hat Mir etwas zuvor gethan, daß Ich’s ihm vergelte? Es ist Alles Mein, was unter allen Himmel ist. Hiob 41,2.
Ein Christ denkt von der Erde mäßiglich und nach der Wahrheit. Sie ist voll der Güte des HErrn, ja sie ist ganz der Herrlichkeit des HErrn voll, wie die Seraphim Jes. 6,3. gesagt haben: sie ist aber auch ein Schauplatz heilsamer Leiden, folglich zu einer Laufbahn, zu einem Kampfplatz und Pilgrimsland wahrer Christen eben recht eingerichtet.
Mel.: Von Gott will ich nicht lassen.
1.
Wie groß ist doch die Güte,
Wovon die Erde voll!
Erkennt dieß ein Gemüthe,
So dankt es, wie es soll.
O Gott, ich danke Dir;
Denn was Du thust an Allen
Nach Deinem Wohlgefallen,
Das thust Du auch an mir.
2.
Wer kann was Gutes nennen,
Das Deine Hand nicht thut?
Auch das, was wir nicht kennen,
Ist doch verborgen gut.
Denn gut ist, was Du willst,
Auch da Du denen Heiden
Mit Speise und mit Freuden
Die dummen Herzen füllst.
3.
Was meine Augen sehen,
Dem seh‘ ich Güte an.
Dieß lehr‘ mich HErr verstehen,
Daß ich Dich loben kann,
Bis ich Dich loben soll
Auf jener neuen Erden,
Ich weiß, die wird erst werden
Von Deiner Güte voll.

5. Januar. Abend-Andacht.

Es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben, darnach das Gericht. Hebr. 9,27.
Einmal stirbt ein jeder Mensch, und diejenigen, welche zu dem irdischen Leben erweckt worden, folglich zweimal gestorben sind, machen eine sehr kleine Ausnahme bei dieser allgemeinen Regel. Einmal stirbt ein jeder Mensch, wenn es also bei diesem einigen Sterben unglücklich ablauft, so ist der Schaden nicht mehr zu ersetzen. man macht von vielen Dingen die Probe mehr als einmal, da man dann bei der folgenden Probe verbessern kann, was man bei der vorhergegangenen verderbt hatte: allein die Sterbensprobe macht man nur einmal; wiewohl doch Gott so treu ist, daß Er den Menschen, ehe er wirklich stirbt, gemeiniglich einmal oder etlichemal durch Krankheiten nahe zum Tod hinführet; damit er einigermaßen inne werde, was das Sterben sei; und sich in der noch übrigen zeit durch eine bußfertige Vorbereitung dazu gefaßt mache. Es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben, und Christus ist einmal geopfert, wegzunehmen Vieler Sünden. Diese einige Aufopferung Christi soll also auf unser einiges Sterben einen Einfluß haben, und dasselbe segnen, und zu einem Gewinn für uns machen. Dieses geschieht aber, wenn uns um des Opfers Christi willen, an den wir glauben, alle Sünden vergeben werden. Es sei doch ein jeder sterbliche Mensch darauf bedacht, daß er bei Leibesleben der Vergebung seiner Sünden durch den Tod Jesu theilhaftig werde! Christus hat die Sünden der ganzen Welt durch Sein Opfer in so fern weggenommen, daß Er für Alle genug gethan hat: nun müssen aber auch bei einem jeden seine Sünden durch die gnädige Vergebung derselben weggenommen sein. Wir sind Gott versühnet durch den Tod Seines Sohnes: nun muß auch ein Jeder diese Versühnung für seine Person empfangen. man fürchte keinen Schmerz, keine Bangigkeit, kein Röcheln bei dem Sterben: dieses Alles ist eine kurze und leichte Trübsal. Man fürchte nur die Sünde, welche allein das Sterben zum größten Unglück machen kann, und es lege sich Niemand auf’s Todtenbett hin, es sei denn, daß er die Erlösung durch das Blut Jesu habe, nämlich die Vergebung der Sünden.
Nach dem Sterben ist dem Menschen das Gericht gesetzt, nämlich das Gericht am jüngsten Tage, auf welches alle abgeschriebenen Seelen mit Freude oder Furcht warten. Wenn aber nun die Sünden dem Sterbenden vergeben gewesen, und das Sterben durch die Gnade Jesu Christi wohl gelungen ist: so hat es mit dem Gericht keine Gefahr mehr, Christus wird alsdann denjenigen, die mit Verlangen und Freuden auf Ihn warten, zur Seligkeit erscheinen, und zwar ohne Sünde: nämlich ohne daß Er eine fremde Sünde auf Sich liegen hätte, die noch nicht gebüßt und bezahlt wäre. Eben dieses wird aber auch beweisen, daß Seine Aufopferung am Kreuz vollgültig gewesen sei, und diejenigen, welche durch den Glauben den Segen und die Frucht derselben empfangen haben, ohne Weiteres von aller Schuld und Strafe frei seien, oder, wie Christus sagt, nicht in’s Gericht kommen.
So lasse mich denn der ewige Hohepriester Jesus Christus den Segen von Seinem Versühnopfer in meinem Sterben genießen. Er vergebe mir alle meine Sünden, und lasse mich in Seiner Gnade und in Seinem Frieden dahin fahren, so wird der Tag Seiner herrlichen Erscheinung mein fröhlichster Tag sein, und mich in den völligen Genuß alles Guten, das Er mir erworben und bereitet hat, setzen.
Mel.: Werde munter, mein etc.
1.
Einmal ist’s gesetzt zu sterben,
Nach dem Sterben das Gericht.
Scharf’s Gesetz für Adams Erben!
Doch den Glauben trifft es nicht.
Spötter stürben gern wie Vieh,
Und ein Weltherz blieb gern hie;
Eitler Wunsch! man muß zur Erden
Und hernach gerichtet werden.
2.
Thor! der kein Gericht will wissen,
Wird deßwegen keines sein?
Wenn das Aug‘ dir ausgerissen,
Ist hernach kein Sonnenschein?
Flehe vielmehr noch bei Zeit,
Weil dir dein Gewissen dräut,
Mit bethräntem Angesichte:
Ach, HErr, geh‘ nicht in’s Gerichte!
3.
Schrecklich ist’s, das Grab zu sehen
Und hernach den Richterstuhl;
Denn wer da nicht kann bestehen,
Fället in den Schwefelpfuhl.
Selig, welchem nun kein Tod,
Und auch kein Gericht mehr droht,
Weil er hier zum Kreuz gekrochen,
Wo ihn Gott schon losgesprochen!
4.
Gott, Du hast vor Deinem Throne
Mir den Zutritt schon erlaubt,
Und durch’s Blut von Deinem Sohne
Hab‘ ich mich schon frei geglaubt.
Muß ich sterben, rede Du
Meiner Seele tröstlich zu:
Seele, dir ist schon vergeben,
Dringe durch den Tod zum Leben!

6. Januar. Morgen-Andacht.

Unser Gott ist im Himmel, Er kann schaffen, was Er will. Ps. 115,3.
Wenn die Heiden ehemals von den Israeliten sagten: wo ist nun ihr Gott? so antworteten diese: unser Gott ist im Himmel, Er kann schaffen, was Er will. Die Heiden waren gewohnt, Götzen anzubeten, und konnten von einem jeden Götzen sagen, wo er sei, nämlich in dieser oder jener Stadt, in diesem oder jenem Tempel. So war der Dagon in seinem Tempel zu Asdod 1 Sam. 5,2., der Baal-Sebub zu Ekron 2 Kön. 1,2. u.s.w. Die Israeliten wußten dieses wohl, sagten aber noch der Anweisung des Heiligen Geistes: Jener Götzen sind Silber und Gold, von Menschenhänden gemacht. Sie haben Mäuler, und reden nichts: sie haben Augen, und sehen nicht. Sie haben Ohren, und hören nicht: sie haben Nasen, und riechen nicht. Sie haben Hände, und greifen nicht: Füße haben sie und gehen nicht: und reden nicht durch ihren Hals. Die solche machen, sind gleich also, und Alle, die auf sie hoffen. Ps.115,4-8. Wenn nun die Heiden fragten: wo ist der Israeliten Gott? so konnten diese ihnen kein sichtbares Bild zeigen, das auf einem Gestell gestanden, und in einen Tempel eingeschlossen gewesen wäre. Der HErr, der Gott Israels, hatte zwar einen Tempel unter Israel: wenn man aber auch in diesen Tempel ging: so sahe man Ihn doch nicht. Auch wußten alle verständigen Israeliten, daß Er in diesen Tempel nicht eingeschlossen sei, s. 1 Kön. 8,27. Das Glaubensbekenntniß der Israeliten war also dieses: unser Gott ist im Himmel. Sie leugneten dadurch die Allgegenwart Gottes nicht, die auch Ps. 139,1 ff. bezeugt wird; denn wie hätten sie an allen Orten, wo sie waren, beten, und sich des göttlichen Schutzes und Seiner Leitung getrösten können, wenn sie nicht geglaubt hätten, daß Gott allenthalben, oder wie Jer. 23,23.24. gesagt wird, nahe sei, und Himmel und Erde erfülle? Sie sagten aber: unser Gott ist im Himmel, um anzuzeigen, daß man ihren Gott so wenig sehen könne, so wenig man in den Himmel hineinschauen könne. Und gleichwie der Himmel das Höchste sei unter Allem, was man sieht: also sei der Gott Israels der Allerhöchste, und über Alles unermeßlich erhaben. Gleichwie ferner der Himmel Alles umgebe: also umfasse die Regierung und Vorsehung Gottes die ganze Erde, ja die ganze Welt. Und gleichwie endlich alle Menschen unter Einem Himmel leben: also sollen sie auch nur Einen Gott anbeten, nämlich den Gott Israels, der im Himmel ist, wo Er Sein Haus hat, in welchem alle Seine Kinder versammelt werden sollen.
Die Israeliten sagten ferner von ihrem Gott: Er kann schaffen, was Er will, s. Jer. 10,10-13. Er hat geschaffen, was Er wollte, da Er im Anfang Himmel und Erde gemacht hat. Er schafft aber auch noch, was Er will, indem Er Veränderungen in der Natur macht: auch schafft Er in den Seelen der Menschen, was Er will. Sein Wille ist nie ohne Kraft, und Seine Kraft richtet immer Seinen Willen aus.
Als die Weisen aus dem Morgenland, deren man heute in allen christlichen Kirchen gedenkt, zu Jerusalem fragten: wo ist der neugeborene König der Juden? so sagte man zu ihnen, er sei zu Bethlehem. Man konnte also damals sagen: Siehe, da ist euer Gott, wie Jesaias K. 40,9. geweissagt hatte. Der HErr Jesus fuhr aber hernach auf gen Himmel, und setzte Sich zur Rechten des Vaters auf den allerhöchsten göttlichen Thron. Mein Herz sei also aufwärts gerichtet. Ich soll suchen, was droben ist, da Christus ist, sitzend zur Rechten Gottes, und trachten nach dem, das droben ist, nicht nach dem, das auf Erden ist (Kol. 3,1.2.).
Mel.: O Durchbrecher aller Bande.
1.
HErr, nur Dir gebührt die Ehre
Einer unumschränkten macht.
Erdenschaaren, Himmelsheere
Hat Dein Wort an’s Licht gebracht.
Träumt der Unverstand sich Götter
In Ermanglung wahren Lichts,
So ist nirgends kein Erretter,
Denn ich Götze ist ein Nichts.
2.
Du sprichst mächtig, sie sind Stumme;
Du siehst Alles, sie sind blind;
Du hörst gnädig, sie sind Dumme;
Wer sie macht, ist, wie sie sind;
Du hast Kraft, sie sind die Lahmen;
Ihr Verehrer wird zu Spott.
Aber dieses ist Dein Name:
HErr, allein lebend’ger Gott.
3.
Dir sei Dank, daß ich Dich kenne,
Und ich bin von Dir erkannt;
Daß ich dich den Schöpfer nenne,
Mich das Werk von Deiner Hand.
Gib mir, mich vor Dir zu beugen
Als Dein ganzes Eigenthum,
Und mit tiefstem Lob zu zeugen:
Dir gebühre Furcht und Ruhm!
4.
Menschen haben schwache Gnaden;
Du hast Gnade sammt der Macht.
Menschen können wenig schaden;
Du kannst thun, wie Du gedacht.
In dem schrecklichsten Getümmel
Singt der Glaube froh und still:
Unser Gott ist in dem Himmel;
Er kann schaffen, was Er will.


6. Januar. Abend-Andacht.

Sehet auf, und hebet eure Häupter auf; darum, daß sich eure Erlösung nahet. Luk. 21,28.
Der HErr Jesus wurde auf dem Oelberg auf einmal wegen der Zeit der Zerstörung des Tempels zu Jerusalem und wegen des Endes der Welt befragt; denn nachdem Er gesagt hatte, es werde an dem Tempel nicht ein Stein auf dem andern bleiben, der nicht zerbrochen werde, sprachen sie zu Ihm: sage uns, wann wird das geschehen, und welches wird das Zeichen sein Deiner Zukunft und der Welt Ende? Matth. 24,3. In der Antwort, die theils Matthäus und theils Lukas beschrieben hat, redete der Heiland bald von der Zerstörung des Tempels, bald von dem Ende der Welt und Seiner herrlichen Zukunft, weil die Jünger von beiden gefragt hatten, und weil beide große Begebenheiten eine Aehnlichkeit miteinander haben. Er sagte unter Anderem: wenn dieses anfähet zu geschehen, so sehet auf, und hebet eure Häupter auf, darum, daß sich eure Erlösung nahet. Deutet man diese worte auf die Zerstörung des jüdischen Tempels, so haben sie diesen Verstand: wenn ihr von Kriegen und Empörungen hören, Erdbeben, Pestilenz, Schrecknisse und große Zeichen vom Himmel erleben, und wenn ihr endlich sehen werdet, daß Jerusalem mit einem Heer belagert werde, V. 9.10.11.20., so sehet auf, und hebet eure Häupter auf, darum, daß sich eure Erlösung von den Drangsalen nahet, die euch die trotzigen und mächtigen Juden vorher angethan hatten, und die V. 12.16.17. beschrieben sind. Weil aber die Zerstörung des jüdischen Tempels mit dem Ende der Welt in einer Aehnlichkeit steht, so darf man auch sagen: wenn die Zeichen anfahen zu geschehen, die V. 25.26. beschrieben sind, so sollen die Auserwählten unter den Menschen aufsehen, und ihre Häupter aufheben, weil ihre Erlösung von allem Uebel nahet.
Wunderbar ist’s, daß die schrecklichsten Gerichte Gottes Zeichen einer herannahenden Erlösung sind. Hiebei gibt es nun unterschiedene gerechte und heilige Empfindungen. Jesus weinete, als Er an die Zerstörung Jerusalems und des Tempels gedachte: hernach hieß Er Seine Jünger bei dem Anblick der Vorboten dieser Zerstörung heiter aufschauen. Der Untergang des Pharao und seines Heeres im Schilfmeer gab den Stoff zu einem fröhlichen Gesang, den Mirjam mit den israelitischen Weibern sang. Daß Gott bei der Einnahme des gelobten Landes große Könige geschlagen, und mächtige Könige erwürget, Sihon der Amoriter König und Og den König zu Basan, wird Ps. 136,17-20. mit dem Beisatz gepriesen: denn Seine Güte währet ewiglich. So preiset man im Himmel den HErrn mit Freuden über das Gericht, das Er über das neue Babel, und über andere Feinde Seines Volkes ergehen läßt, s. Off. 17,3.4. 16,5. 18,20. 19,1.2.3, obschon auf Erden unzählige Menschen dabei zu Grunde gehen. Wer nun aus Liebe zu Christo, dessen Namen auf Erden verklärt zu werden verdient, an einer solchen heitern Freude bei dem Ausbruch Seiner Gerichte Antheil nehmen kann, thut wohl: derjenige thut aber auch wohl, der über den Untergang seiner Mitmenschen Thränen des Mitleidens vergießt, wie Jesus bei dem Anblick der Stadt Jerusalem. Der Heilige Geist stehe mir in meinen letzten Tagen und Stunden bei, daß, wenn sich an meinem Leibe die Vorboten eines nahen Todes zeigen, ich alsdann heiter aufsehe, und wo nicht mein Haupt, doch meinen Geist erhebe, weil sich meine Erlösung nahet.
Mel.: Jesus, meine Zuversicht.
1.
Christen, hebt das Haupt empor,
Weil sich die Erlösung nahet!
Denn dieß Alles kommt zuvor,
Was ihr bisher kommen sahet;
Auch wenn Sodoms Sünde schreit,
Ist ihr Schwefel nicht mehr weit.
2.
Seht nicht nur mit Jammern an,
Wie sich Schuld und Strafe häufen;
Wenn man lange bös gethan,
Muß Gott zu dem Schwerte greifen;
Sehet auf, und denket da,
Die Erlösung ist nun nah.
3.
Wohl der Seele, die das Haupt
Darf getrost zur Höhe heben;
Denn wer keinen Rächer glaubt,
Muß bei dessen Ankunft beben;
Nur wer den Erlöser kennt,
Geht wie Lot, wenn Alles brennt.
4.
Jesu, unterrichte mich,
Mich in Zeit und Welt zu schicken,
Daß bei allem Vorfall ich
Kann nach der Erlösung blicken;
Führe mich durch diese Welt
Unbefleckt durch, bis sie fällt.
5.
Bei dem Leiden gib Geduld,
In Versuchung Sieg im Glauben;
Bleibt mir nichts als Deine Huld,
Kann ich Alles lassen rauben.
O Erlöser, richte mir
Auch mein sterbend Aug nach Dir!

7. Januar. Morgen-Andacht.

Spricht Jesus zu Maria: Weib, was weinest du? wen suchest du? Joh. 20,15.
Man weinet zuweilen, wenn man sich freuen sollte, und freuet sich, wenn man weinen sollte. Maria von Magdala weinete vor dem Grab Jesu, weil sie den Leichnam Jesu nicht darin sahe, da sie sich über diesen Umstand als ein Zeichen Seiner geschehenen Auferstehung hätte freuen sollen. Hingegen freuen sich Einige, Böses zu thun, und sind fröhlich in ihrem bösen verkehrten Wesen, Spr. Sal. 2,14., da sie hingegen Abscheu, Furcht und Thränen bei dieser Gelegenheit haben und zeigen sollten. Maria war schon von den zwei Engeln, die im Grab Jesu saßen, gefragt worden, warum sie weine, und sie hatte ihnen geantwortet: sie haben meinen HErrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie Ihn hingelegt haben. die Engel eilten nicht, ihr hierauf eine tröstende Antwort zu geben, weil sie den HErrn Jesum in der Nähe sahen, und ließen es geschehen, daß Maria sich zurückwandte, und im Weinen fortfuhr. Sie sah dabei Jesum stehen, und wußte nicht, daß es Jesus sei. Jesus sprach alsdann zu ihr: Weib, was weinest du? wen suchest du? Er wußte wohl, warum sie weine, und wen sie suche, es gefiel Ihm aber, durch diese Frage mit ihr in’s Gespräch zu kommen, und ein Bekenntniß von ihr herauszulocken. Sie meinte, es sei der Gärtner des Joseph von Arimathia, und sprach zu Ihm: Herr, hast du Ihn weggetragen, so sage mir: wo hast du Ihn hingelegt? So will ich Ihn holen. Sie nannte denjenigen nicht, den sie suchte, sondern setzte voraus, der vermeintliche Gärtner wisse schon, wer er sei, nämlich Jesus, vor dessen geöffnetem Grab sie damals stand. Sie war in die Einbildung, daß Jemand den Leichnam Jesu weggetragen habe, so sehr verschlossen, daß sie den vermeinten Gärtner nur fragte, ob er’s gethan habe. Und eben diese Einbildung war auch die Ursache ihrer Thränen, welche sie zu stillen hoffte, wenn sie den Leichnam Jesu holen und mit Beihülfe Anderer wegtragen dürfte. Sie meinte nämlich, Joseph von Arimathia habe ihn nicht länger in seinem eigenen neuen Grab behalten wollen, und deßwegen seinem Gärtner befohlen, ihn daraus wegzutragen. Sie erbot sich also, wenn man ihr den Ort anzeige, wo er jetzt liege, ihn, weil er dem Joseph so unwerth sei, wegzutragen, und ihm ein anderen anständiges Begräbniß zu verschaffen. Wer erkennt nicht die Liebe zu Jesu, die Ehrerbietung gegen Ihn, und die Geflissenheit, Ihm zu dienen, welche aus diesen Worten herausleuchteten? Der HErr Jesus erkannte dieses Alles noch viel heller als wir, und übersah dabei die thörichte Einbildung der Maria. Anstatt aber sie mit Worten zu belehren und zu trösten, redete Er sie mit seiner gewöhnlichen Stimme an, und nannte sie mit Namen. Schon der Name scheint die Maria aufmerksam gemacht zu haben, wenn sie nämlich gedacht hat, der Gärtner Josephs wisse ihren Namen nicht. Sie wandte sich also um, kannte in diesem Augenblick Jesu, und sprach zu Ihm: Rabbuni. Maria wurde auf diese Weise auf’s Kräftigste getröstet; denn nun wurde sie überzeugt, daß Jesus nicht todt, nicht weggetragen sei, sondern daß Er lebe und gegenwärtig sei. Die Ursache ihrer Thränen fiel also weg: ihr Weinen wurde in Freude verkehret, aber in eine stille Freude, denn sie redete nichts als das einige Wort Rabbuni. Was in ihrem Herzen vorging, wußte der Herzenskündiger. Sie war aber auch alsbald gehorsam, da Jesus sie wegschickte, um Seinen Brüdern zu verkündigen, was Er zu ihr sagte.
Es ist merkwürdig, daß Maria von Magdala nicht von den zwei Engeln, die im Grab Jesu saßen, getröstet werden sollte, sondern von Jesu selbst. Es gibt Menschen, die sich zu andern Menschen wenden, um Trost durch sie zu bekommen. Ob nun gleich der HErr auch Menschen als Seine Werkzeuge braucht, wenn Er Traurige trösten will: so geschieht es doch zuweilen, daß Er Sich dieser Werkzeuge nicht bedienen will.
Mel.: Alles ist an Gottes Segen.
1.
Wunderbarer HErr! die Deinen
Fühlen Dich auch bei dem Weinen,
Daß Du ihnen nahe bist,
Thränen wirkst, und siehst und zählest,
Und dem Volk, das Du erwählest,
Zeit und Maß der Thränen miß’st.
2.
Dir sei Dank, daß Du noch Segen
Willst auf meine Thränen legen;
Denn ich wein‘ nicht um die Welt!
Dieser willst Du mich entwöhnen,
Da hat auch ein Esau Thränen,
Der den Segen nicht erhält.
3.
Mach‘ Dich mir je mehr je lieber,
Denn ein Aug‘ geht köstlich über,
Wann das Herz von Liebe voll.
Tröst‘ mich, wie die Magdalene,
Daß ich Dich einst ohne Thräne
In dem Leben sehen soll!

7. Januar. Abend-Andacht.

Gott wird abwischen alle Thränen von ihren Augen. Off. 7,17.
So lange das irdische Leben währet, gibt es viele Ursachen zur Traurigkeit, wie denn die Summe des Leides auf Erden die Summe der Freude übertrifft, und deßwegen, wenn es kein ewiges Leben gäbe, ein Todter besser wäre als ein Lebendiger, und der noch nicht ist, besser als alle beide, Pred. Sal. 4,2.3. Wenn nun die Traurigkeit nicht allzu heftig ist: so ist sie eine Ursache der Thränen. Es gibt zwar auch Thränen, die man Freudenthränen nennet, dergleichen Joseph am Halse seines Vaters Jakob weinete, 1 Mos. 46,29., allein die Thränen von dieser Art fließen nur alsdann, wenn das erfreuliche Gute noch neu, und dabei noch eine Empfindung des vorigen Mangels und Elends vorhanden ist: da dann diese mit der Freude gemilderte Empfindung eigentlich die Thränen hervorbringt. Wenn Menschen im Zorn weinen, so entstehen ihre Thränen eigentlich aus dem Verdruß, den sie wegen der Unmöglichkeit der Rache, welche sie gern ausüben möchten, empfinden.
Weinen hat seine Zeit, und Thränen sind an sich selbst einem Christen nicht unanständig; wie denn der HErr Jesus bei dem Anblick der Stadt Jerusalem, und bei dem Grabe Lazari geweinet hat, und am Oelberg Gebet und Flehen mit starkem Geschrei und Thränen geopfert hat. Auch hat Er mehrmalen bei dem Fasten geweinet, wie Er denn Ps. 69,11. sagt: Ich weine und faste bitterlich, und man spottet Mein dazu. doch währet das Weinen bei denen, die Gott lieb hat, nicht in Ewigkeit, denn es wird an ihnen erfüllet, was Off. 7,17. und 21,4. steht: Gott wird abwischen alle Thränen von ihren Augen.
Wenn gesagt wird: Gott wird alle Thränen von den Augen von den Augen Seiner Geliebten abwischen, so wird angezeigt, daß die Seligen freundliche Tröstungen von ihrem Gott empfangen, und eben deßwegen keine weiteren Thränen vergießen werden. Manchmal weint ein Mensch gleichsam aus Mitleiden mit sich selbst, wenn er sich seines ausgestandenen Elends lebhaft erinnert, ob ihn gleich zur selbigen Zeit, da er weint, nichts Besonderes drückt. Auf diese Weise könnten die Seelen im Tempel Gottes und die Bürger im Neuen Jerusalem noch immer weinen: allein die göttlichen Tröstungen werden solches nicht zulassen. Sie werden Licht genug empfangen, um den göttlichen Liebesrath, der sie durch’s Leiden zur Herrlichkeit geführet hat, zu ihrer vollkommenen Beruhigung einzusehen, und sie werden Kraft genug haben, im Lob Gottes beständig fortzufahren.
In der Hölle, wo die äußerste Finsterniß sein wird, werden die unseligen Menschen nicht weinen, sondern heulen (welches keinem Auserwählten auch auf Erden wohl ansteht), und dabei grimmig sein wie diejenigen, die mit den Zähnen knirschen. Wehe demjenigen, der in diesen Zustand geräth! Die aber mit Buß- und andern Thränen säen, werden mit Freuden ernten. Sie gehen in der Anbetung und im Dienst Gottes hin, und tragen edlen Samen, um ihn auszustreuen, und kommen in der seligen Ewigkeit mit Freuden wieder zum Vorschein, und bringen ihre Garben. Das ist: sie empfangen und genießen den Gnadenlohn ihrer Werke.
Mel.: Alles ist an Gottes Segen etc.
1.
Gottes Kind sein, und doch weinen,
Will oft unbegreiflich scheinen,
Aber Niemand als der Welt;
Denn der Vater will durch Thränen
Nur die Weltlust abgewöhnen,
Wenn dem Kind ihr Spiel gefällt.
2.
Jesus ließ zu Seinen Füßen
Lobenswerthe Thränen fließen,
Thränen einer Sünderin,
Ihr den Trost in’s Herz zu sprechen:
Ich vergeb‘ dir dein Verbrechen,
Gehe nur im Frieden hin!
3.
Gottes Geist pflegt zu vertreten,
Die mit nassen Augen beten,
Jeden Tropfen läutert Er.
Theu’r sind auch der Kinder Thränen,
Die sich nach der Heimath sehnen;
Dorten gibt es keine mehr.
4.
Glaube, Hoffnung und die Liebe
Wachsen oft mit stärk’rem Triebe,
Wenn sie dieser Thau erfrischt.
Endlich werden dort dem Kinde
Alle Thränen ganz gelinde
Von den Augen abgewischt.
5.
Gott, erfülle mein Begehren,
Daß ich nicht des Esau’s Zähren,
Sondern wie der Jakob hab‘!
Komm‘ ich einst aus dem Gedränge,
Wisch‘ sie mir, wie jener Menge
Vor dem Stuhl des Lammes, ab.

8. Januar. Morgen-Andacht.

Von Gottes Gnade bin ich, das ich bin. 1 Kor. 15,10.
Indem Paulus schrieb: Von Gottes Gnade bin ich, das ich bin, so dachte er nicht an dasjenige, was er mit gottlosen Menschen gemein hatte, sondern er achte an den Stand, worin er als ein Jünger und Knecht Jesu Christi stund. Ich bin der geringste unter den Aposteln, sagte er, als der ich nicht werth bin, daß ich ein Apostel heiße, darum, daß ich die Gemeinde Gottes verfolgt habe. Aber von Gottes Gnade bin ich, das ich bin: und Seine Gnade an mir ist nicht vergeblich gewesen, sondern ich habe viel mehr gearbeitet, denn sie Alle; nicht aber ich, sondern Gottes Gnade, die mit mir ist. Dasjenige also, was er von Gottes Gnade war, deuchte ihm sehr groß und wunderbar zu sein, weil er vorher die Gemeinde Gottes verfolgt hatte. Er war also nicht werth, ein Werkzeug Gottes zur Ausrichtung vieler und großer Dinge zu sein: aber Gottes Gnade, die mit ihm war, hatte Alles durch ihn ausgerichtet.
Wer bin ich nun von Gottes Gnade? Bin ich ein Kind Gottes? Und bin ich in meinem Stand ein Knecht oder eine Magd Gottes? Hat mich Seine Gnade zu etwas gemacht, das ich vorher nicht war? Und habe ich bisher nur selber gearbeitet, oder hat die Gnade Gottes, die mit mir ist, durch mich etwas gewirkt und ausgerichtet? Diese Fragen sind wichtig; und wenn sie bejaht werden können: so folget daraus, daß sich derjenige, von dem sie bejahet werden, dessen, was er ist, und was er ausrichtet, nicht rühmen dürfe. Er ist, was er ist, aus Gottes Gnade, und eben diese Gnade hat alles Gute durch ihn ausgerichtet. So sei denn Gott allein die Ehre!
Wenn man aus Gottes Gnade ist, was man ist: so soll man sich seinen Stand wegen der Leiden, mit denen er verbunden ist, nicht entleiden lassen. Paulus war ein Apostel, er hatte aber als ein solcher Vieles zu arbeiten und zu leiden. Allein er war gutes Muths in Schwachheiten, in Schmachen, in Nöthen, in Verfolgungen, in Aengsten, um Christi willen. 2 Kor. 12,10. Darum konnte er’s auch unter allen solchen Leiden für eine Gnade Gottes halten, daß er ein Apostel sei, und als ein Apostel viel arbeiten und leiden dürfe. Hiemit beschämt er denn viele Christen, die aus Gottes Gnade sind, was sie sind, aber es ungern sind, und immer etwas Anderes zu sein wünschen, weil mit ihrem Stand und Amt empfindliche Leiden und Beschwerden verknüpft sind. Allein solchen Christen darf man zurufen, was Paulus 1 Kor. 3,3. an die Korinther schrieb: Seid ihr denn nicht fleischlich, und wandelt nach menschlicher Weise?
So will ich denn auf’s Neue mit der Führung Gottes zufrieden sein, und bedenken, welche Gnade es sei, daß Gott aus mir, der ich ein geborner Sünder bin, und eine geraume Zeit meine Kräfte und Tage der Sünde gewidmet habe, hat noch etwas machen wollen, und mich als ein Werkzeug in einem gewissen Stand brauchen will. Soll ich nach etwas Neuem streben: so sei es neue Gnade, neue Kraft, neues Licht, neue Erfahrungen und Geistesgaben. Der Weg, in den mich Gott eingeleitet hat, ist recht für mich: nur soll ich auf diesem Weg recht wandeln lernen. Gelingt mir aber etwas, und sehe ich eine Frucht einer Arbeit: so erinnere mich der HErr selbst durch Seinen Geist, daß die Ehre Ihm und nicht mir gebühre.
Mel.: Ein Lämmlein geht und trägt etc.
1.
Von Gnaden bin ich, was ich bin,
Die Gnade will ich rühmen.
Der eig’ne Ruhm ist ganz dahin,
Wie sollt‘ er Sündern ziemen?
Die Gnade war’s, die angeklopft;
Daß ich mein Ohr ihr nicht verstopft,
War Gnade, die mich faßte;
Sie drang mich, daß ich Buße that,
Daß ich bei Gott um Gnade bat,
Und meine Sünde haßte.
2.
Den Glauben wirkte sie in mir
An Christi Tod und Leben.
Ja, Jesu, sie trieb mich zu Dir,
Dir ganz mich zu ergeben.
Sie gibt zum Beten Lust und Kraft;
Sie ist’s, die Gutes in mir schafft;
Sie hilft mein Kreuz mir tragen;
Ich sterbe auch auf Gnade hin.
Von Gnaden bin ich, was ich bin,
Will ich im Himmel sagen.

8. Januar. Abend-Andacht.

Sie werden Pein leiden von dem Angesicht des HErrn, und von Seiner herrlichen Macht. 2 Thess. 1,9.
Wer sind diese Unglückseligen? Es sind diejenigen, welche Gott nicht erkennen, und nicht gehorsam sind dem Evangelio unsers HErrn Jesu Christi, V. 8. Gott erkennen, heißt nicht nur mit dem Munde sagen: es ist ein Gott, und Seine Eigenschaften erzählen können: sondern es heißt: von Seiner göttlichen Majestät einen tiefen Eindruck bekommen, welcher Ehrfurcht, Liebe und Vertrauen erweckt; und dem Evangelio unsers HErrn Jesu Christi gehorsam sein, heißt nicht sich selbst durch eigene Vernunft und Kraft zur Ehrbarkeit bilden, und zuweilen eine der menschlichen Gesellschaft nützliche that thun, die muthwilligen Sünden aber mit dem Verdienst Christi entschuldigen, sondern es heißt sich dazu ergeben, daß man allein durch die Gnade Jesu selig werden, Ihm anhangen, und als ein wiedergeborner Mensch Seine Gebote ohne Ausnahme durch die Kraft des Heiligen Geistes halten wolle. Wer sich nun bis an sein Ende nicht dazu verstehen und ergeben will, sondern hartnäckig bei seiner eigenen Weise zu denken und zu thun beharret, wird dereinst Pein oder eine gerechte Strafe leiden von dem Angesicht des HErrn und Seiner herrlichen Macht. Das Angesicht des HErrn, das ist Seine aufgedeckte Majestät, ist den Gerechten erquicklich, den Ungerechten aber schrecklich. Das Angesicht des HErrn ist wider diejenigen gerichtet, die Böses thun. 1 Petr. 3,12. Deswegen sagen diejenigen, die sich ihrer Verdammniß bewußt sind, zu den Bergen und Felsen: fallet auf uns, und verberget uns vor dem Angesicht deß, der auf dem Stuhl sitzt, und vor dem Zorn des Lammes. Jetzt schränken viele leichtsinnige Leute ihre Begriffe von Gott nur darauf ein, daß sie denken, Er sei das höchste Wesen, von dem Alles herkomme und abhänge, und der Regen und Sonnenschein geben oder entziehen könne. Uebrigens lassen sie sich nicht mit Ihm ein. sie begehren nicht zu Ihm zu nahen, und verlangen nicht, daß Er zu ihnen nahe, und in ihnen wirke und wohne. Ja, es ist ihnen beschwerlich, wenn Er sie durch Seine Gnadenzüge beunruhigt, und den guten Muth, womit sie sündigen, eine Zeit lang trübe macht; weswegen sie alsdann heimlich zu Ihm sagen: hebe Dich von uns! wir wollen von Deinen Wegen nichts wissen. Allein sie werden diese Weise nicht immer behaupten können. Er wird Sein Angesicht zu ihnen wenden, und dieses wird ihnen unerträglich sein. Er wird Sich ihnen offenbaren und zu fühlen geben als ein verzehrendes Feuer. Er wird ihnen zeigen, daß Er Alles wisse, was sie gedacht, geredet und gethan haben. Sein Zorn wird sie berühren. Er wird sie aber auch mit Seiner herrlichen Macht ergreifen, und zu Seiner Linken hinstellen, ohne daß sie widerstreben könnten, und so in das höllische Feuer gehen heißen, daß sie alsbald werden hingehen müssen, ohne daß sie einen Widerstand thun könnten, und so werden sie ihre gerechten Strafen ausstehen, und ewiges Verderben zu leiden bekommen.
Ach Gott, erbarme Dich meiner und hilf mir, daß ich dem zukünftigen Zorn entrinne, und am Tage Deiner herrlichen Erscheinung nicht sei wie Spreu, die der Wind zerstreuet. Laß mir Dein Angesicht alsdann nicht schrecklich, und Deine herrliche Macht nicht verderblich sein. Laß mich nicht, wenn Du mich in Deiner Wage wiegst, zu leicht erfunden werden. Schenke mir die Gerechtigkeit Deines Sohnes und Deinen Geist, und bilde mich so, wie Du mich haben willst; damit ich vor Dir an jenem Tage bestehen könne!
Mel.: Nun sich der Tag geendet etc.
1.
Dich, Jesu, wird man kommen sehn
In großer Herrlichkeit;
Da wird der Welt die Lust vergehn,
Den Deinen alles Leid.
2.
Da kommt den Spötter Zittern an,
Wenn er den König sieht,
Von dem er jetzt nichts glauben kann,
Und dessen Wort er flieht;
3.
Wenn ihn der Richter übereilt,
Und sitzt auf Seinem Thron,
Vor dem er ohne Gnade heult,
Und fürcht’t des Menschen Sohn;
4.
Wenn ihm ein Glanz das Aug‘ bestrahlt,
Von Christi Angesicht,
Der ihm nach seinem Thun bezahlt.
Und ihn in’s Feuer spricht;
5.
Wenn er ein herrlich Machtwort hört,
Das ihm sein Urtheil fällt,
Das er bisher für lachenswerth,
Jetzt spät für Wahrheit hält;
6.
Wenn er den Spruch: du bist verdammt!
Unwiderruflich fühlt,
Und ihm schon im Gewissen flammt,
Was ihm kein Tropf‘ mehr kühlt.
7.
O Jesu, das ist Herrlichkeit,
Die unerträglich ist!
Ach, gib mir Glauben, der sich freut,
Daß Du mir gnädig bist!
8.
Als Heiland laß Dein Angesicht
Mir hier noch freundlich sein,
So fürcht‘ ich Dich als Richter nicht
Und leide keine Pein!

9. Januar. Morgen-Andacht.

Richte deinen Weg vor mir her! Ps. 5,9.
Es wird in der heiligen Schrift oft von einem Weg Gottes geredet, welchen der Mensch halten, und worauf er gehen soll. Es wird auch gesagt, daß Gott den Menschen diesen Seinen Weg zeige, weise, kund thue, und ihn selber lehre. Es wird derselbe ein guter Weg (Jer. 6,16.), der Befehle Gottes (Ps. 119,27.), und dein Weg des Lebens (Spr. Sal. 15,24.), und des Friedens (Jes. 59,8.) genennet. Petrus nennt diesen Weg den Weg der Wahrheit und der Gerechtigkeit, und den richtigen Weg, s. 2 Petr. 2,2.15.21. Von eben diesem Weg nun sagt David zu dem HErrn, seinem Gott: Richte Deinen Weg vor mir her! Das Wort Weg bedeutet in diesen Sprüchen die von Gott bestimmte Form des Glaubens und des Wandels, oder die von Gott vorgeschriebene und durch Seinen Geist gewirkte Einrichtung des Sinnes und der Lebensart, wobei aber der Mensch auch fortschreitet, das ist, von Zeit zu Zeit etwas Neues erfährt, und immer mehr Licht und Kraft in seine Seele bekommt, welche er dazu anwendet, daß er Gutes thut, bis er ein gewisses Ziel erreicht, welches in der Bibel Seligkeit, Ruhe Gottes, himmlisches Reich Gottes u.s.w. heißt.
David betete: Richte Deinen Weg vor mir her! Es hat aber schon ein alter erleuchteter Lehrer (Hieronymus) bemerkt, daß diese Bitte mit der ersten Bitte des Vater-Unsers übereinkomme. Wir bitten nämlich: Geheiliget werdet Dein Name; obschon der Name des Vaters im Himmel an sich selbst heilig ist. Wir bitten aber in der Rücksicht auf uns, daß er geheiliget, das ist, von uns als heilig erkannt und verehret werde. Eben so verhält es sich mit dem Weg Gottes. Er ist derselbe an sich selbst ein richtiger Weg, und doch betete David: Mache Deinen Weg vor mir her richtig! Er bat hiemit, daß dieser Weg hinfüro für ihn eben recht, und gleichsam ein gerader und ebener Weg sein möchte, auf dem er, ohne zu fallen, wandeln könnte. Es gibt nämlich Leute, denen der Weg Gottes nicht richtig zu sein scheint. Er dünkt sie zu schmal, zu steil, zu beschwerlich zu sein. Sie zweifeln durchaus, ob er der Weg Gottes sei. Haben sie angefangen, darauf zu wandeln: so verlassen sie ihn wieder, weil sie bei ihrem unredlichen Herzen darauf gefallen sind, und Einige verlästern ihn gar. Vor diesem Allem grauete dem frommen David, und deßwegen bat er den HErrn: Richte Deinen Weg vor mir her. Schaffe, daß mir Dein Weg, wie ich ihn von Zeit zu Zeit werde vor die Augen bekommen, ein richtiger Weg zu sein scheine, und ich mir auf demselben keine unwiderleglichen Zweifel, keine unüberwindlichen Versuchungen einbilde. Schaffe, daß mein Innerstes an Deinem Weg immer ein Belieben habe, daß ich gern und standhaft darauf wandle, daß mich das Beispiel der Bösen, die einen bequemern Weg zu haben scheinen, nicht davon ablocke, daß ich ungeachtet aller Einreden des Satans, der Welt und meiner Vernunft darauf fortgehe, bis zum Ziel.
So wende denn, o Gott, den falschen Weg von mir, und gönne mir Dein Gesetz. Ich habe den Weg der Wahrheit erwählet, Deine Rechte habe ich vor mich gestellet. Zeige mir, HErr, den Weg Deiner Rechte, daß ich sie bewahre bis an’s Ende. Unterweise mich, daß ich bewahre Dein Gesetz, und halte es von ganzem Herzen. Führe mich auf den Steig Deiner Gebote: denn ich habe Lust dazu Ps. 119,29.30.33.34.35. Es ist nöthig, daß ich so bete, weil nicht nur ein jeder Mensch eigenliebig genug ist, um an seiner eigenen Weise zu denken und zu handeln ein Wohlgefallen zu haben, sondern weil auch viele Verführer in der Welt sind, deren jeder einen Weg erdichtet, und seinen Mitmenschen als den Weg Gottes anpreiset; ach es gibt falsche Meinungen, und eine falsche Tugend und Frömmigkeit! HErr, laß mich nicht durch diese Irrwische betrogen werden!
Mel.: Allein Gott in der Höh‘ sei Ehr.
1.
Ich danke Gott, der vor mir her
Selbst Seinen Weg stets richtet;
So geh‘ ich nicht auf Ungefähr,
Mein Ziel wird nicht zernichtet.
Er führt mich, wie ein Vater thut,
Getreu, erbarmend, weise, gut
Auf Seinem Weg zum Leben.
2.
Mei eign’er Weg verführte mich
Gewiß nur in die Irre,
Und fremde Führer zögen mich
In schädliches Gewirre.
Sein Weg ist der, der richtig heißt,
Im Geistlichen führt uns Sein Geist,
Im Leiblichen die Engel.
3.
O Gott, so richte Deinen Weg
Noch vor mir her zum Leben!
Du wollest, weil ich blind und träg‘,
Mir Licht und Kräfte geben.
Räum‘, was mich hindert, aus der Bahn,
Daß ich am Ziel Dich loben kann:
Gott hat mich wohl geführet!


9. Januar. Abend-Andacht.

Leben wir, so leben wir dem HErrn: sterben wir, so sterben wir dem HErrn. Röm. 14,8.
Wahre Christen erkennen, daß sei im vollkommensten Verstand des HErrn seien. Er hat sie nicht nur erschaffen, sondern auch, nachdem sie durch die Sünde unter die Gewalt des Satans gekommen waren, mit Seinem Blut erkauft. Nun sehen sie sich selbst so an, wie die Korinther sich selbst ansehen mußten, zu denen Paulus sagte: ihr seid nicht euer selbst: ihr seid um einen Preis erkauft, ihr seid Christi 1 Kor. 6,19.20. 3,23. Zwar sind sie nach dem Willen ihres HErrn auch den Eltern und Vorgesetzten auf Erden unterthan: allein das höchste Recht über sie behält sich der HErr Jesus vor. Insonderheit ihr Gewissen Ihm allein und unmittelbar unterthan. Hierauf folgt aber, daß sie auch dem HErrn leben, und dem HErrn sterben. Ein zwar unvollkommenes aber doch erläuterndes Beispiel hievon sind die leibeigenen Knechte oder Sklaven, welche ihren Herren leben, weil sie alle ihre Geschäfte nur für ihre Herren thun, und für sich kein Vermögen sammeln, und welche auch ihren Herren sterben, weil diese alsdann einen Sklaven weniger haben. Doch in Ansehung des letzten Umstandes ist die Ungleichheit zwischen den irdischen Sklaven und zwischen den Leibeigenen des HErrn Jesu sehr groß: denn da jene durch den Tod von aller Verbindung mit ihren Herren los werden, so hören hingegen diese, wenn sie sterben, nicht auf, des HErrn Jesu zu sein: denn Dieser ist darum gestorben und wieder auferstanden, daß Er über Todte und Lebendige ein HErr sei. Wer dem HErrn lebt, darf nicht sich selbst leben, sondern Dem, der für sie gestorben und auferstanden ist. Wer sich selbst lebt, thut Alles um sein selbst willen, um seinen Geiz, seine Ehrfurcht und seine Wollust zu vergnügen. Auch wenn er schwere Arbeiten übernimmt, wenn er löbliche Thaten thut, wenn er von groben Ausschweifungen sich enthält: so thut er’s sich selbst zu Gefallen, um Nutzen oder Lob zu erhaschen, oder ein Vergnügen an sich selbst zu haben. Auf diese Weise macht sich der Mensch selbst zu seinem Zweck, ja zu seinem Gott. Wer aber dem HErrn lebt, verleugnet sich selbst, das ist, er achtet sich selbst nicht, in so fern er irdische Vortheile erlangen könnte. Wenn nur Christus verherrlicht wird, wenn nur Sein Wille geschieht, wenn nur für Ihn etwas gewonnen wird! Ihm arbeitet man, Ihm leidet man, man gibt sich Ihm zum Opfer hin. Der Verstand und Wille sind Ihm unterworfen; und alle Glieder gibt man gern hin zum Dienst der Gerechtigkeit. Auch mit dem zeitlichen Vermögen, das man nicht als ein Eigenthumsherr, sondern als ein Haushalter hat, und das nach dem höchsten Recht Sein ist, speiset, tränket und kleidet man Ihn in Seinen Gliedern. Und dabei verdient man als ein Leibeigener des HErrn nichts, und bleibt in so fern ein unnützer Knecht: wiewohl der gütige und reiche HErr aus lauterer Gnade Seinen Knechten mehr giebt und geben wird, als sie bei der geizigsten Lohnsucht begehren könnten: denn Seine großmüthige Freigebigkeit geht über ihr Bitten und Verstehen.
Wer so dem HErrn lebt, stirbt auch dem HErrn. Sich selbst kann der Mensch freilich nicht sterben, außer wenn er sich selbst vorsätzlich das Leben nimmt. Sonst aber stirbt ein natürlicher Mensch, weil er sterben muß, und unterwirft sich diesem unvermeidlichen Schicksal ungern, ohne eine Hoffnung oder Absicht auf Christum dabei zu haben. Allein wahre Christen sterben so, daß sie glauben, nun werden sie von ihrem guten HErrn von ihrem Posten, auf den Er sie in dieser Welt gestellt hatte, abgerufen, um in der unsichtbaren Welt bei Ihm zu sein, und Ihm auf eine neue Weise in der Herrlichkeit zu dienen.
Mel.: Wer weiß, wie nahe mir etc.
1.
Den Heiland auf den Tod zu sparen,
Ist nicht die wahre Sterbenskunst;
Mit Gnade läßt sich’s nicht verfahren,
Als wie mit eines Menschen Gunst;
Und wüßt‘ ein Christ den Tod noch fern,
Er lebte dennoch seinem HErrn.
2.
HErr, lehr‘ mich selbst, daß Dir zu leben
So nöthig und so selig sei.
Du hast mir täglich zu vergeben,
DA ist’s genug an solcher Treu.
Ein Schalksknecht ist, der sich entzieht,
Bis er den Kerker vor sich sieht.
3.
Mein HErr will lauter Leute haben,
Die Seine Gnade täglich freut;
Sein Blut und Seines Geistes Gaben
Sind kein Geschenk zur Sicherheit.
Wo glaube ist, muß Liebe sein,
Und Niemand liebt im Tod allein.
4.
HErr, schaff‘, daß mir Dein Umgang süße,
Dein Angedenken köstlich ist:
Und leg‘ ich mich vor Deine Füße,
So zeig‘ Dich mir, wie hold Du bist.
Schweift mein Herz aus, so ziehe mich
In Gnaden wieder fest an Dich.
5.
Wie sollt‘ ich Dem nicht leben wollen,
Der für mich armen Sünder starb?
Wie sollt‘ ich Dem nicht dienen sollen,
Der mich zum Eigenthum erwarb?
O nein, dir, Jesu, leb‘ ich gern;
Sterb‘ ich, so sterb‘ ich Dir, dem HErrn!

10. Januar. Morgen-Andacht.

Mir ist Barmherzigkeit widerfahren. 1 Tim. 1,13.
Paulus schrieb diese Worte, als er sich erinnert hatte, daß er ehemals ein Lästerer und ein Verfolger und ein Schmäher gewesen sei, und wiederholt sie V. 16., nachdem er gesagt hatte, daß er unter den Sündern, das ist, unter den schlimmen und schädlichen Menschen, die seit der Himmelfahrt Christi begnadigt worden, der fürnehmste oder erste sei. Es gibt Leute, die sich so brüsten und gefallen, daß es scheint, sie warten zum Seligwerden auf etwas Anderes, als auf Barmherzigkeit. Ihrem Bedünken nach widerführe ihnen ein großes Unrecht, wenn sie verdammt würden. Mit solchen Leuten aber kann sich Gott nicht gnädiglich einlassen, bis sie durch innerliche und äußerliche Schläge gedemüthigt sind. Viele verlangen Barmherzigkeit von Gott, aber nur in der Absicht auf ihre äußerlichen Umstände. Allein die äußerlichen Umstände Pauli wurden schwerer, da er ein Christ und ein Apostel worden war: denn vorher war er ein bei den jüdischen Hohenpriestern beliebter Eiferer, und hatte sich durch den emsigen Dienst, den er ihnen bei der Verfolgung der Christen leistete, den Weg zu Ehrenstellen gebahnt; nachdem er aber in den Dienst des HErrn Jesu getreten war, erfuhr er Schmach, Armuth, Nachstellungen, und eine sehr lange Reihe von Leiden. Und doch sagte er: mir ist Barmherzigkeit widerfahren. Aengstliche Leute, welche ihre große Verschuldung vor Gott einsehen, ihre Sündenlast fühlen, und ihre Untüchtigkeit zu allem Guten empfinden, wollen sich allzulang nicht zum Glauben erwecken und reizen lassen. Allein sie sollen bedenken, durch was ihnen geholfen werden soll, nämlich durch Barmherzigkeit. Die Barmherzigkeit aber ist ein Wohlwollen gegen die Elenden, eine Zuneigung zu den Unwürdigen. Gott sagt: Ich sehe an den Elenden, und der zerbrochenen Geistes ist, und der sich fürchtet vor Meinem Wort Jes. 66,2. dieses gnädige und erquickliche Ansehen ist Barmherzigkeit.
Die Barmherzigkeit, von welcher Paulus rühmet, daß sie ihm widerfahren sei, bestand nach V. 14. darin, daß ihm Gnade widerfuhr, und daß in sein unglaubiges Herz der Glaube und in sein feindseliges Herz die Liebe, die in Christo Jesu ist, gepflanzt wurde. Er stand also hernach nicht mehr unter dem Zorn Gottes, weil ihm Gnade widerfahren war. Er war nicht mehr unwissend und unglaubig, weil er an den HErr Jesum glaubig worden war. Er war auch kein Lästerer und Verfolger und Schmäher mehr, sondern liebte die Heiligen in Christo Jesu. Und so war sein ganzer Zustand geändert und gebessert. Ueberdieß machte ihn unser HErr Christus Jesus stark, und vertrauete ihm etwas Großes an, indem Er ihn in das Apostelamt setzte V. 12. Dieser Barmherzigkeit war sich Paulus bewußt, und deßwegen konnte er freimühtig und ohne Furcht und Zweifel schreiben: mir ist Barmherzigkeit widerfahren.
Wer noch nicht genug Freudigkeit hat, Paulo diese Worte nachzusprechen, oder wer sein Elend fühlt, und nach einer weiteren Erfahrung der göttlichen Barmherzigkeit begierig ist, kann mit David beten: Gott sei mir gnädig nach Deiner Güte, und tilge meine Sünden nach Deiner großen Barmherzigkeit Ps. 51,3. Gedenke meiner nach Deiner Barmherzigkeit Ps. 25,7. Wende Dich zu mir nach Deiner Barmherzigkeit Ps. 69,17. Laß mir Barmherzigkeit widerfahren, daß ich lebe, denn ich habe Lust zu Deinem Gesetz Ps. 119,77. Doch wenn dieß Verlangen und Bitten ernstlich und anhaltend, und der Geist dabei ohne Falsch ist: so schenkt Gott Stunden und Tage, da die Seele mit Freuden empfindet, daß ihr Barmherzigkeit widerfahren sei.
Mel.: Mir nach, spricht Christus, unser etc.
1.
Ich lebe von Barmherzigkeit,
Von nichts kann ich sonst leben;
Mir Sünder war der Tod gedräut,
Und nun ist mir vergeben.
Dieß ist’s allein, was mich erfreut,
Ich lebe von Barmherzigkeit.
2.
Ich danke der Barmherzigkeit,
Die Jesus mir erworben;
Ihn jammerte mein ewig’s Leid,
Er ist für mich gestorben;
In Ihm ist mir mein Heil bereit,
Ich lebe von Barmherzigkeit.
3.
Ich lobe die Barmherzigkeit
Noch im Gefühl der Blöße,
Dort besser in dem Seidenkleid
Derselben Wundergröße;
Da sing‘ ich auch nach dieser Zeit:
Ich lebe von Barmherzigkeit.

10. Januar. Abend-Andacht.

Wer sich aber Mein und Meiner Worte schämet, deß wird sich des Menschensohn auch schämen, wenn Er kommen wird in Seiner Herrlichkeit, und Seines Vaters und der heiligen Engel. Luk. 9,26.
Als der HErr Jesus auf Erden in der Niedrigkeit lebte, so schämten sich Viele Seiner, weil Er keine Gestalt oder Pracht an sich hatte, die der Welt gefallen konnte, und welche die Juden von ihrem Messias erwarteten. Er war arm, und man konnte bei Ihm keine Vortheile für das Fleisch erlangen. Seine vertrautesten Jünger, die zwölf Apostel, waren geringe Leute und ungelehrte Laien. Auch sagte man damals: glaubet auch irgend ein Oberster oder Pharisäer an Ihn? Das Volk aber, das nichts vom Gesetz weiß (und Ihm anhängt), ist verflucht. Es fehlte auch nicht an spöttischen und groben Schmähungen, womit man Ihn belegte: s. Ps. 69,13., Joh. 8,48. Es schämeten sich also Viele Seiner, ungeachtet sei Rührungen und Ueberzeugungen bekamen, welche sie zum Glauben an Ihn neigten, und wollten um Seinetwillen nicht geschmähet und als Thoren verspottet werden. Sie schämten sich auch Seiner Worte, und wollten entweder keine öffentlichen Zuhörer derselben sein, oder wenigstens sie bei Andern nicht als Worte Gottes nachsagen; weil sie darüber verhöhnt worden wären.
Heut zu Tag ist der Christenname an sich selbst nichts Schimpfliches, weil ihn ganze Nationen tragen. Man durfte auch bisher allenthalben in der Christenheit bekennen, daß Christus der eingeborne Sohn Gottes sei, und uns erlöset habe, weil alle christlichen Völker wegen dieser Lehrsätze mit einander einverstanden waren, auch durfte man Seine Worte öffentlich lehren und nachsagen, ohne deßhalb geschmäht zu werden: Anders verhält es sich aber, wenn man Seinen Sinn hat und zeigt, und Sein Wort hält, und sich dadurch vor der Welt, die im Argen liegt, auszeichnet. Hier schämt sich ein Mancher, und kann es leichter ertragen, wenn man ihn einen boshaftigen Menschen schilt, als wenn man ihn einen Frommen, einen Heiligen, einen Liebhaber und Nachfolger Jesu nennte. Ach, wie viele Bekehrungen unterbleiben wegen dieser Scham, und wie viele Seelen gehen wegen derselben verloren! Diejenigen, welche den wahren Christen mit Verachtung begegnen, und dadurch verursachen, daß sich Andere des wahren Christenthums schämen, werden ihr Urtheil tragen: aber auch die Verzagten, welche keine Schmach und Hintansetzung um Christi willen leiden wollen, werden ihre Strafe nach dem Wiedervergeltungsrecht bekommen.
Der HErr Jesus schämt sich nicht, geringe Leute, die von Herzen an Ihn glauben, und sich zu Ihm halten, Seine Brüder zu nennen, Hebr. 2,11. Aber derjenigen, die sich Seiner geschämt hatten, wird Er sich am jüngsten Tag auch schämen. Er wird sagen: Ich kenne euer nicht; Er wird sie Uebelthäter und Verfluchte nennen, und sie alsdann von Sich weisen, ohne sie ferner anzuhören oder anzusehen.
So vertilge denn die Erkenntniß der Herrlichkeit Jesu schon jetzt die thörichte Scham, die Seinen Namen verläugnet in mir, und die Welt werde mir durch das göttliche Licht immer mehr in ihrer wahren Gestalt, nach welcher ich sie, wenn es auf das Bekenntniß des Namens Jesu ankommt, gar nicht zu fürchten habe, offenbar. Welche Ehre wird es für mich sein, wenn Er mich vor Seinem himmlischen Vater bekennen wird! Solche Ehre werden alle Seine Heiligen haben. Hallelujah!
Mel.: Von Gott will ich etc.
1.
Herz, du mußt dich bequemen
Zu Christi Wort und Schmach;
Willst du dich dessen schämen,
So folgt erst Schande nach.
Erwähl, was dich nicht reut;
Denn schämst du dich jetzt Seiner,
So schämt Er sich auch deiner
In Seiner Herrlichkeit.
2.
Wir werden Jesum sehen
Auf Seines Vaters Thron,
Und Engel vor Ihm stehen,
Da schaut des Menschen Sohn
Der Menschen Herzen ein;
Will Er dich da nicht kennen,
Sagt Er dir: du mußt brennen;
O das wird Schande sein!
3.
Da fällt des Teufels lehre,
Da steht das Christenthum,
Da hat die Buße Ehre,
Der Glaube ewig Ruhm,
Die Heiligkeit ihr Lob.
HErr, dieß lehr‘ mich bedenken!
Will dann die Welt mich kränken,
So freu‘ ich mich darob.
4.
HErr, öffne mir die Augen
In der Versuchungszeit,
Daß sie zu sehen taugen
Auf Deine Herrlichkeit.
Da wird es umgekehrt:
Die hier Dein Wort annehmen,
Wirst Du dort nicht beschämen;
Du ehrest, wer Dich ehrt!

11. Januar. Morgen-Andacht.

Christus ist durch Sein eigen Blut einmal in das Heilige eingegangen. Hebr. 9,12.
Gott hat durch Mosen verordnet, daß am zehnten Tag des siebenten Monats, an welchem, wie es wahrscheinlich ist, Adam im Paradies gesündiget hat, das ganze Volk Israel durch ein Opfer versühnt werden sollte. Zu diesem Ende mußte der Hohepriester erstlich einen Farren zum Sündopfer schlachten, und mit dessen Blut in das Allerheiligste hinein gehen, um sich und sein Haus zu versühnen. Hernach mußte er einen Bock zum Sündopfer schlachten, und gleichfalls mit dessen Blut in das Allerheiligste gehen, um die ganze Gemeinde Israel zu versühnen. Beidemal mußte er von dem Blut nehmen, und mit seinem Finger siebenmal gegen den Gnadensuhl oder gegen den Deckel der Bundeslade sprengen, auf welchem der HErr in einer Wolke erschien. Dieses Alles, und was noch mehr dabei zu thun war, geschahe an diesem Tag sehr feierlich und pünktlich, und das ganze Volk Israel mußte denselben Tag als einen Buß- und Fasttag feiern, und durfte keine Arbeit daran thun, s. 3 Mos. 16. und K. 23,26-32. Nun lehrt uns der Brief an die Hebräer, daß Christus der wahre Hohepriester sei, dessen Priesterthum ewiglich bleibe. Weil Er aber heilig, unschuldig und unbefleckt war, so hatte Er nicht nöthig, für Seine eigenen Sünden Opfer zu thun: hingegen opferte Er Sich selbst für die Sünden der Menschen, und wurde die Versühnung für unsere und der ganzen Welt Sünde. Gleichwie aber die Thiere, die man zur Zeit des Alten Testaments opferte, außen vor dem Heiligthum geschlachtet wurden: also starb Christus und vergoß Sein Blut nicht im Himmel, sondern auf Erden. Gleichwie ferner der Hohepriester am Versühnungs-Tag mit dem Blut der geopferten Thiere in das Allerheiligste gehen, und es Gott, der Seine Gegenwart daselbst offenbarte, darbringen mußte: also ging auch Christus durch Sein eigen Blut einmal in das himmlische Heiligthum ein, um zu erscheinen vor dem Angesicht Gottes für uns. Es gibt ein himmlisches Heiligthum, eine Hütte Gottes, ein Haus oder einen Tempel Gottes im Himmel, wie die heilige Schrift, und insonderheit der Brief an die Hebräer und die Offenbarung Johannis mehrmalen bezeugen. Dieses Heiligthum ist nicht mit Menschenhänden gemacht: sondern Gott hat es unmittelbar aufgerichtet, s. Hebr. 8,2. 9,24. Da ist Christus Pfleger, das ist, da verwaltet Christus Sein Priesterthum, Hebr. 8,2. und sitzet zugleich zu der Rechten auf dem Stuhl der Majestät im Himmel, Hebr. 8,1. Da dienen auch Gott diejenigen Tag und Nacht, die durch Christum selig gemacht sind, und indem sie dieses thun, sind sie zugleich vor dem Stuhl Gottes, Offenb. 7,15. In dieses Heiligthum ist Christus einmal bei Seiner Himmelfahrt eingegangen. Damals wurde völlig erfüllet, was Jer. 30,21. geweissagt war: ihr Fürst soll aus den Israeliten herkommen, und ihr Herrscher von ihnen ausgehen, und er soll zu mir nahen, denn wer ist der, so mit willigem Herzen zu mir nahet? Damals hat Christus eine ewige Erlösung gefunden, Hebr. 9,12., weil der Vater an Ihm und an Seinem vergossenen Blut ein Wohlgefallen und eine Genüge hatte, folglich die Erlösung der Menschen für gültig erkannt wurde. Er durfte auch diesen Eingang in das Heiligthum nicht wiederholen, Er ging nur einmal in dasselbe, weil Er mit Seinem eigenen blutigen Opfer Alle, die geheiliget werden, vollendet, das ist, vollkommen versühnt und erlöset hatte. Niemand kann begreifen, was bei diesem Eingang zwischen dem Vater und Sohn vorgegangen sei: aber glauben sollen wir’s durch die Kraft des Heiligen Geistes, daß unserer dabei gedacht, und unsere Erlösung bestätigt worden sei.
Mel.: Jesu hilf siegen etc.
1.
Jesu, Dir dank‘ ich, der Himmel ist offen,
Du warst berufen, der Priester zu sein;
Selbst mit dem Blute wovon Du getroffen,
Gingst Du lebendig in’s Heiligste ein.
Dein Volk, dem Du mit dem Opfer gedienet,
Ist nun durch’s Blut der Besprengung versühnet.
2.
Lobt Ihn, mit Blute gereinigte Seelen,
Daß Er vor Gott für uns Alle erschien.
Nun kann dem Glauben der Eingang nicht fehlen;
Denn er dringt lebend zum Vater durch Ihn.
Freut euch mit Zittern, und jauchzt Ihm mit Flehen,
Weil die Erlösung auf ewig geschehen!
3.
Zeuch uns, o Jesu, wohin Du gegangen,
Dir nach und durch Dich zum Vater zu geh’n.
Zeuch uns die Herzen in heißem Verlangen,
Dort wo Du sitzest, mit Freuden zu steh’n.
Endlich belebe im Sterben das Hoffen,
Uns sei der Eingang durch Jesum schon offen.

11. Januar. Abend-Andacht.

Ein Stern übertrifft den andern an Klarheit; also auch die Auferstehung der Todten. 1 Kor. 15,41.
Die nichtigen Leiber der Gerechten werden bei der Auferstehung verklärt oder herrlich gemacht werden, daß sie dem verherrlichten Leib Christi ähnlich seien. Sie wurden vorher in Unehre in die Erde gesäet, und werden in der Herrlichkeit auferstehen. Die heil. Schrift verbindet aber mit dem Begriff der Herrlichkeit den Begriff eines glänzenden Lichts; wie denn Luk. 2,9. gesagt wird, die Herrlichkeit des HErrn habe um die Hirten herum geleuchtet. Licht ist das Kleid, das Gott anhat (Ps. 104,2.), wenn Er in Seiner Herrlichkeit erscheint; weßwegen bei der Beschreibung aller solcher Erscheinungen eines glänzenden Lichts Meldung geschieht. Auch der Glanz der Sterne wird 1 Kor. 15,41. eine Herrlichkeit genannt. Paulus kam in seinem Brief auf die himmlischen Körper und insonderheit auf die Sterne und ihren Glanz, als er die Beschaffenheit der auferstandenen Leiber der Heiligen erläutern wollte. Also, setzt er hinzu, werde es auch bei der Auferstehung der Todten sein. Dieser Zusammenhang seiner Rede zeigt an, daß er die auferstandenen Leiber der Gerechten (denn von diesen ist hier allein die Rede) mit den himmlischen Körpern, die wir sehen, vergleiche, und daß er diese Vergleichung nicht nur in Ansehung der Herrlichkeit an sich, sondern auch in Ansehung der verschiedenen Stufen der Herrlichkeit anstelle; wiewohl doch aus seinen Worten nicht geschlossen werden darf, daß die verklärten Leiber nur der Sonne, den Mond und den Sternen gleich sein werden. Sie werden noch herrlicher sein. Nur findet er unter den sichtbaren Körpern keine, mit denen die verklärten Leiber in Ansehung der Herrlichkeit und der Verschiedenheit der Herrlichkeit eine so große Aehnlichkeit haben werden, als die himmlischen Körper.
Wie herrlich muß es in dem Neuen Jerusalem aussehen, wenn so viele glänzende Gerechte darin wohnen und wandeln werden! Auch die Engel erschienen immer in einem Glanz, wenn sie sich nicht verhüllet hatten. Wenn nun viele tausendmal tausend Engel und viele tausendmal tausend verklärte Menschen in dem Reich Gottes zusammen glänzen werden: welch‘ ein Licht wird das sein! und doch wohnet Gott noch überdieß in einem Licht, da Niemand zukommen kann, und Er ist ein Licht in einem so erhabenen Verstand, daß Seine Herrlichkeit aller erschaffenen Dinge Herrlichkeit unendlich übertrifft.
Gleichwie aber ein Stern den andern in der Herrlichkeit übertrifft: also wird auch ein verklärter Leib den andern nach der Auferstehung in der Herrlichkeit übertreffen. Gott wird diesen Unterschied nach Seinem freien Wohlgefallen bestimmen, dabei aber nach der Gerechtigkeit handeln; größere Treue im Thun und Leiden, eine sorgfältigere Enthaltung von aller Befleckung des Fleisches und des Geistes, und ein völligeres Maß der Heiligung, das man bei Leibesleben erreicht hatte, wird eine größere Herrlichkeit in jener Welt nach sich ziehen. Diese Betrachtung soll den Ernst und Fleiß im Christenthum bei uns schärfen. Laßt uns also treu sein; denn ein jeder Gewinn in jener Welt wird unaussprechlich kostbar sein.
Die Stufe der Herrlichkeit, die ein Christ in jener Welt erreichen soll, wird ihm in dieser nie entdeckt. Denn es ist des Heilands Wille, daß er sich hier unten hin setze, oder für einen der Geringsten halte. Wenn aber der Heiland zu ihm sagen wird: Freund rücke hinauf! so wird er sich hoch freuen.
Mel.: Schwing dich auf etc.
1.
In der sel’gen Ewigkeit
Sind verschied’ne Stufen
Derer, die Gott aus der Zeit
Zu Sich heimgerufen
Alle geh’n in Klarheit ein,
Alle sind im Frieden,
Und sind, wie der Sterne Schein,
Dennoch unterschieden.
2.
Eine große Schaar ist hier,
Die aus Trübsal kommen,
Märtyrer, und die vom Thier
Nicht sein Maal genommen;
Ueberwinder geh’n hervor,
Welche Palmen tragen,
Ja man hört den vollen Chor
Ihre Harfen schlagen.
3.
Da entsteht kein Zank noch Streit:
Welcher ist der Größte?
Denn kein Hochmuth und kein Neid
Reizet die Erlöste;
Gottes Heil singt Alles da,
Nied’rer oder höher;
Und dem Thron sind Alle nah‘,
Sind ein Theil schon näher.
4.
HErr, dieß glaub‘ ich Deinem Wort;
O wie soll mich’s treiben,
Um so einen sel’gen Ort
Dir getreu zu bleiben!
Wird mir nur der Wunsch erfüllt,
Einst vor Dir zu stehen,
Stelle mich, wohin Du willst,
Laß mich Dich nur sehen!

12. Januar. Morgen-Andacht.

Das Blut Christi, der Sich selbst ohne allen Wandel durch den Heiligen Geist Gott geopfert hat, reinigt unser Gewissen von den todten Werken, zu dienen dem lebendigen Gott. Hebr. 9,14.
Zur Zeit des Alten Testaments wurden die Priester, die gewesenen Aussätzigen, ja der ganze Haufe der Israeliten (2 Mos. 24) mit Opferblut besprengt, um sie zu weihen, die Kraft des Opfers ihnen zuzueignen, und sie zu entsündigen. Auch wurde die Stiftshütte und alles Geräthe des Gottesdienstes (ob es schon keine innerliche Unreinigkeit an sich hatte) mit Blut besprengt, damit es einen neuen Werth bekommen, und würdig werde, zum Dienst des heiligen Gottes gebraucht zu werden. Und so wurde fast Alles mit Blut gereinigt nach dem Gesetz, und ohne Blutvergießen geschah keine Vergebung, Hebr. 9,21.22. Das Besprengen mit Blut hat also diese Absicht, daß die besprengten Sachen zum Dienst Gottes geweihet, und, wenn es Menschen widerfuhr, ihnen die Sünden vergeben wurden. Im Neuen Testament gibt es eine Besprengung der Herzen (Hebr. 10,22.) mit dem Blut Christi (1 Petr. 1,2.), welche man erfährt, wenn man sich der Heiligung des Geistes unterwirft, welche den Glauben an Jesum hervorbringt. Gleichwie durch diese Heiligung der Sinn geändert wird: also wird durch das Blut Christi das Gewissen von den todten Werken gereinigt, da dann zugleich der Gehorsam gegen Gott, oder die Willigkeit, dem lebendigen Gott zu dienen, entsteht.
Diese Reinigung geschieht durch das Blut Jesu Christi, der Sich selbe ohne allen Wandel oder Fehl durch den Heiligen Geist Gott geopfert hat. Das Blut Jesu Christi reinigt das Gewissen, indem es Vergebung und Ruhe, Gerechtigkeit und Friede mit Gott darein bringt. Weil es das Blut Dessen ist, der Sich selbst ohne allen Wandel Gott geopfert hat: so wird demjenigen, dessen Gewissen dadurch gereinigt wird, die Kraft und Frucht dieses Gott wohlgefälligen Opfers zugeeignet. Er wird entsündigt und empfängt die Versühnung, die Christus durch Sein Opfer zuwege gebracht hat. Und weil Jesus Christus Sich durch den Heiligen Geist Gott geopfert hat, und Seine ganze menschliche Natur, da Er Sich selbst opferte, mit dem Heiligen Geist gesalbt war, so reinigt auch jetzt Sein Blut das Gewissen nicht ohne den Heiligen Geist; welcher als der Geist der Kindschaft die Furcht aus dem Gewissen durch Sein Zeugniß wegnimmt, und Abba Vater rufen lehrt. Aus dieser Reinigung des Gewissens entsteht allein die Tüchtigkeit, dem lebendigen Gott zu dienen. Denn wie sollte derjenige dem lebendigen Gott dienen können, dessen Gewissen durch todte Werke verunreiniget ist, der sich also als verurtheilt fühlet, sich vor Gott, wie Adam nach seinem Fall, zu verbergen wünschet, und eine Scheidewand zwischen Gott und sich empfindet? Wenn aber das Gewissen gereinigt ist: so darf der Mensch zu Gott nahen, bekommt eine Zuversicht zu Ihm, und wird willig, Ihm als einem lieben HErrn und Vater, dessen Huld er empfindet, zu dienen. Auch macht die Reinigung des Gewissens durch das Blut Jesu Christi dem beständigen Einfluß und Zufluß des göttlichen Lichts und der göttlichen Kraft Raum, es wird dadurch eine bleibende Gemeinschaft mit Gott dem Vater und Seinem Sohn Jesu Christo angerichtet, das Evangelium und das glaubige Herz schicken sich zusammen, und so wird ein williger und beständiger Dienst, den der Mensch dem lebendigen Gott leistet, und dessen ihn bei gutem Verstand nie reuen kann, angerichtet. Gelobt sei Gott, der uns die Rechte des Neuen Testaments genießen läßt, welches nicht mehr Schatten zukünftige rgüt4er, sondern das Wesen der Güter selbst hat! (Hebr. 10,1.) Wir werden also nicht mehr mit dem Blut der Ochsen und der Kälber, und auch nicht mit der Asche von der rothen Kuh, welche die Stelle des Blutes vertrat, besprengt, um zu der leiblichen Erscheinung in der Stiftshütte tüchtig zu werden. Das Blut des Sohnes Gottes hat eine viel größere Kraft.
Mel.: Werde munter mein Gemüthe.
1.
Jesus hat nicht Seines Gleichen,
Die Gewissen sind auch Sein.
Alle Macht in allen Reichen
Schließt doch kein Gewissen ein,
Jesu sind sie unterthan.
Dahin reichet kein Tyrann,
Und kein Teufel wird sich dürfen
Ein Gewissen unterwerfen.
2.
Jesu, Dein sind die Gewissen,
Und das meine ist auch Dein.
Laß es Deiner Huld genießen;
Mach‘ es auch mit Blute rein.
Nur die Kraft von Jesu Blut
Macht uns die Gewissen gut.
Er ist Priester und ist König,
Ihm sind Herzen unterthänig.
3.
Ihr Gewissen, flieht zum Throne
Seiner Gnade glaubensvoll;
Danket für Sein Blut dem Sohne;
Dient Ihm, wie man dienen soll.
Kommt, Er will uns selber zieh’n;
Kommt, wir wollen auf den Knie’n
Für die Reinigung Ihn loben:
Unser Jesus sei erhoben!

12. Januar. Abend-Andacht.

Ich jage nach, dem vorgesteckten Ziel nach, dem Kleinod, welches vorhält die himmlische Berufung Gottes in Christo Jesu. Phil. 3,14.
Paulus redet Phil. 3. von einem Kleinod, das er noch nicht empfangen, und von einer Vollendung, die er noch nicht erreicht habe: hingegen gibt er zu verstehen, daß die himmlische Berufung Gottes in Christo Jesu, welche darauf ziele und darauf führe, schon an ihn ergangen sei. Auch bekennt er V. 7. u.ff., es sei schon so weit mit ihm gekommen, daß er Alles, was er vorher thörichter Weise für einen Gewinn gehalten, nunmehr für Schaden und für Koth achte gegen der überschwenglichen Erkenntniß Jesu Christi seines HErrn u.s.w. Bei diesem Sinn nennt er sich und Andere V. 15. vollkommene oder ganze Christen, die Alles haben, was der Zustand eines Gerechten, der noch wallet, erfordere. Doch sagt er, er jage dem Kleinod, das ist dem himmlischen Erbe, nach. Er redet aber auch von einem Ziel, und sagt, er richte sich bei seinem Nachjagen nach diesem Ziel; damit er nicht auf’s Ungewisse oder vergeblich laufe 1 Kor. 9,26. Phil. 2,16. Hiebei muß man an die Wettläufe der Griechen gedenken, bei welchen Viele nach einem vorgesteckten Ziel liefen, und wer zuerst zu diesem Ziel kam, ein Kleinod empfing. Wenn nun Jemand auf’s hurtigste gelaufen wäre, aber im Ring herum, oder neben der Laufbahn in’s weite Feld hinein: so wäre er auf’s Ungewisse oder vergeblich gelaufen, und hätte nichts erlangt. So geht’s aber in der Sache des Christenthums denjenigen, die viel beten, reden, arbeiten, schreiben, lesen, um einen Haufen guter Werke zu sammeln, um sich um die Kirche und den Staat wohl verdient zu machen, um nützliche und fromme Leute zu heißen: dabei aber den echten Zweck nicht vor Augen haben, ihren eigenen Willen thun, und nicht Gottes Willen, ihre eigene Ehre suchen und nicht Gottes Ehre, und bei ihrer ganzen Geschäftigkeit in der Heiligung nicht zunehmen, ja vielleicht keinen Anfang derselben haben, und wenn sie gleich auch Andern nützlich sind, doch für sich nichts erlangen und bei der Austheilung des himmlischen Kleinods leer ausgehen. Diesem unseligen Selbstbetrug soll nun ein Christ entgehen, und deßwegen, wenn er dem Kleinod nachjagen will, das Ziel der vollendeten Heiligung vor Augen haben, und nach demselben richtig und gerade laufen, denn der Weg zu dem Ziel ist in einer Laufbahn ein gerader Weg.
Doch war dem Paulus das Wort Lauf hier nicht genugsam; denn er braucht an dessen Statt das Wort nachjagen. Ich jage dem Kleinod nach, sagt er, und habe dabei immer ein Ziel vor Augen. Das Nachjagen bedeutet ein sehr emsiges Bestreben, einen muntern Fleiß, eine anhaltende und unermüdete Treue, wobei man nach der Regel des Wortes Gottes ein Stück seines Weges nach dem andern zurücklegt, und dem Kleinod immer näher kommt.
Ach, daß dieses Nachjagen bei mir auch recht in den Gang käme! Ich schäme mich, wenn ich auf die vergangene Zeit meines Lebens zurücksehe; denn es dünkt mich, ich sei lange auf dem Markt dieser Welt müßig gestanden und hernach langsam gelaufen. Der Geist Jesu Christi wecke mich und die Meinigen auf, und treibe uns täglich an, dem Kleinod der himmlischen Berufung, welches alle Hoffnung übertreffen und alle Begierden stillen wird, bis an das Ende unseres Lebens lauter, emsig und beständig nachzujagen.
Mel.: Ich will’s wagen etc.
1.
Ich will streben
Nach dem Leben,
Wo ich selig bin;
Ich will ringen,
Einzudringen,
Bis daß ich’s gewinn.
Hält man mich, so lauf‘ ich fort;
Bin ich matt, so ruft das Wort:
Nur im Hoffen
Fortgeloffen
Bis zum Kleinod hin.
2.
Als berufen
Zu den Stufen
Vor des Lammes Thron,
Will ich eilen:
Das Verweilen
Bringt oft um den Lohn;
Wer auch lauft, und lauft zu schlecht,
Der versäumt sein Kronenrecht.
Was dahinten,
Das mag schwinden,
Ich will nichts davon!
3.
Jesu, richte
Mein Gesichte
Nur auf jenes Ziel,
Lenk‘ die Schritte,
Stärk‘ die Tritte,
Wenn ich Schwachheit fühl‘.
Lockt die Welt, so sprich mir zu,
Schimpft sie mich, so tröste Du;
Deine Gnade
Führ‘ gerade
Mich aus ihrem Spiel!
4.
Du mußt ziehen:
Mein Bemühen
Ist zu mangelhaft.
Wo ihr’s fehle,
Spürt die Seele,
Aber Du hast Kraft,
Weil Dein Blut ein Leben bringt,
Und Dein Geist das Herz durchdringt.
Dort wird’s tönen
Bei dem Krönen:
Gott ist’s, der es schafft!

13. Januar. Morgen-Andacht.

Wir halten dafür, daß so Einer für Alle gestorben ist: so sind sie Alle gestorben. 2 Kor. 5,14.
Die Wahrheit, die Paulus in diesen Worten ausdrückte, war so wirksam bei ihm, daß sie eine sehr große Frucht hervorbrachte. Er sehnte sich nach seiner himmlischen Behausung, er befliß sich, während seiner Wallfahrt und dereinst in seiner himmlischen Heimath dem HErrn wohlzugefallen. Bei dem Eifer um Gottes Ehre überließ er sich zuweilen einem außerordentlichen Trieb, zuweilen aber handelte er auch mäßig, um der Leute, mit denen er zu thun hatte, liebreich zu schonen. Um nun die Korinther, ja uns alle in den tiefen Grund dieses Verfahrens, ja in sein Herz hinein sehen zu lassen, setzte er hinzu: Denn die Liebe Christi dränget uns also: sintemal wir halten, daß so Einer für Alle gestorben ist, so sind sie Alle gestorben. Paulus hatte also den Berg Sinai hinter sich, wo der HErr als ein eifriger Gott unter Donner und Blitzen gebot und verbot, und die Menschen dadurch schreckte und zu Versprechungen drang, welche sie nicht erfüllten, s. 2 Mos. 20,19.20. Paulus wußte gar wohl, was das Gesetz vermöge, welches auf diesem Berg gegeben ward, und hat es Röm. 7,9-24. ausführlich beschrieben. Man wird getödtet, das ist verurtheilt und niedergeschlagen durch’s Gesetz: die Sünde aber wird nicht getödtet, sondern durch’s Verbieten lebendig. Man fühlt, daß man fleischlich und unter die Sünde verkauft sei. Man thut, was man nicht will, und thut nicht, was man will. Man hat Lust am Gesetz Gottes nach dem inwendigen Menschen, sieht aber ein anderes Gesetz, das ist einen gewaltsamen Trieb, in seinen Gliedern, welches dem Gesetz Gottes, das man sich im Gemüth als eine nothwendige Regel des Lebens vorstellt, zuwider ist, und den Menschen gefangen hält. So weit bringt’s also der Berg Sinai mit seinem Gesetz, daß der Mensch bei einem unkräftigen guten Willen sich als fleischlich, als gefangen, als elend fühlen muß, und einen gewissen Tod in seiner Seele empfindet. Hier entsteht also nichts von derjenigen heiligen Sehnsucht, Fleiß, Eifer und liebreichen Zärtlichkeit, die Paulus von sich selbst bezeugen konnte, und überhaupt nichts von der Frucht des Geistes, die Gal. 5,22. beschrieben ist. Wie entsteht aber dieselbe? Sie entsteht, wenn der durch das Gesetz verurtheilte und erschreckte Sünder, dergleichen einer Paulus auf seiner Reise nach Damaskus geworden war, von dem Heiligen Geist auf den Hügel Golgatha geführt wird. Da hängt und stirbt Einer, der Seines Gleichen nicht hat, am Kreuz. Wir wissen, wer dieser Einige sei. Er ist der eingeborne Sohn Gottes, das Wort, welches Fleisch geworden war, der Mittler zwischen Gott und den Menschen, der Stellvertreter der Menschen, Jesus Christus. Er starb eines wahrhaftigen Todes. Er starb aber für Alle, Er gab sich selbst für Alle zur Erlösung. Aber Gott hielt davor, daß im Augenblick des Todes Jesu alle Sünder gestorben seien, und deßwegen durfte es Paulus auch davor halten. Man stelle sich vor, ein einiger reicher Bürge bezahle für viele verarmte Schuldner. Wenn nun dieses geschieht, so hält man gerichtlich dafür, daß, da der einige Bürge bezahlte, alle Schuldner bezahlt haben, weil die Bezahlung in ihrem Namen geschehen ist.
So sehe ich denn den Augenblick, da Christus am Kreuz gestorben ist, als denjenigen an, in welchem das ewig geltende Versühnopfer für mich geopfert, meine Schuld bezahlt und mir der Zugang zu Gott geöffnet worden. In demselben Augenblick Seines Todes hat Christus die größte Probe Seiner Liebe gegen die Welt abgelegt, für welche Er ewiglich gepriesen werden wird. Und diese Seine Liebe dränge mich, nicht mir selber zu leben, sondern Demjenigen, der für mich gestorben und auferstanden ist.
Mel.: Meine Kraft ist hin.
1.
Jesum lobe ich;
Denn Er starb für mich,
Daß Er mich gewinn‘.
Hat Ihn nicht das Lieben
In den Tod getrieben?
Darum lob‘ ich Ihn.
2.
Ich bin, als erkauft,
In den Tod getauft;
Was Er mir zu gut
In den Tod gegeben,
Schenkt Er mir zum Leben:
Seinen Leib und Blut.
3.
Ich, Sein Eigenthum,
Glaub‘ es Ihm zum Ruhm,
Daß ich in Ihm sei,
Und mit Ihm gestorben,
Ihm mit Blut erworben,
Sünd- und Todes-frei.
4.
Darum lieb‘ ich Ihn,
Weil ich lebend bin;
Denn des Glaubens Frucht
Steht im Liebeüben.
Wer Ihn nicht will lieben,
Solcher ist verflucht.
5.
Darum dank‘ ich Ihm;
Was ich sing‘ und rühm‘,
Ist von Ihm allein.
In der Sterbensstunde
Soll in Herz und Munde
Nichts als Jesus sein.

13. Januar. Abend-Andacht.

Hütet euch, daß eure Herzen nicht beschweret werden mit Sorgen der Nahrung. Luk. 21,34.
Wenn ein Mensch, wie der verlorne Sohn, zu sich selber kommt, so fühlet er, daß sein Herz mit Sünden beschwert ist, und wenn er diese Last durch eigene Bemühungen davon wegschieben will, so wird er darüber mühselig. Wer aber als ein Mühseliger und Beladener zu Christo kommt, findet bei Ihm Ruhe, und wird also der Sündenlast durch die Gnade entledigt, worauf auch der Friede Gottes der mühseligen Arbeit ein Ende macht. Alsdann ist es aber thöricht, wenn man sein Herz wieder mit etwas anderem, nämlich mit Sorgen der Nahrung beschwert. Man sei so arm als man wolle, so kann man den Schluß machen: Gott, der mir Sünder Gnade um Christi willen erzeigt hat, wird mir auch Brod geben. Hat Er mich zu Seinem Kind angenommen, so wird Er mir auch Nahrung bescheren. Er nährt die Vögel und kleidet die Feldblumen: sollte Er’s nicht vielmehr mir thun? Christus, der vom Kreuz herab Seine Mutter, welche eine alte und arme Wittwe war, dem Johannes zur Verpflegung empfohlen, und den Johannes zu diesem Liebesdienst willig gemacht hat, wird auch mir Gutthäter erwecken, die sich meiner, wo es nöthig ist, annehmen. ich bin jung gewesen und alt worden, und hat noch nie gesehen den Gerechten verlassen, oder seinen Samen nach Brod gehen, Ps. 37,25. Der HErr lässet die Seele d.i. die Person des Gerechten nicht Hunger leiden, Er stürzt aber der Gottlosen Schinderei, Spr. Sal. 10,3. Wer diese Wahrheiten wohl faßt und bewahrt, dessen Herz wird mit Sorgen der Nahrung nicht beschwert werden. Sorgen der Nahrung schließen ein unzufriedenes Murren und Klagen wider den heiligen Gott in sich. Sie sind dem Glauben entgegengesetzt, sie hindern das Gebet, welches im Glauben geschehen soll, die Liebe, wodurch der Glaube thätig ist, und die Hoffnung des ewigen Lebens. Wenn sie überhand nehmen, so entsteht Gotteslästerung, Diebstahl, Betrug, Unfreundlichkeit gegen den Nächsten und der Gebrauch abergläubischer und anderer schlimmen Mittel daraus. Ein Herz, das mit Sorgen der Nahrung beschwert ist, kann sich zu Gott nicht erheben, sondern wird zur erde niedergedrückt.
Der liebe Heiland verbindet Seine Warnung vor den Sorgen der Nahrung mit der Weissagung von dem jüngsten Tag, welcher über die Leute, die damit beschwert sind, schnell und wie ein Fallstrick kommen werde. Fürwahr die Betrachtung dieses allerwichtigsten Tags vertreibt die Nahrungssorgen, und überzeugt einen Jeden, daß er etwas Wichtigeres zu thun habe, als nur immer mit Bekümmerniß zu fragen: was werden wir essen? was werden wir trinken? womit werden wir uns kleiden? Warum fragt man nicht lieber: was soll ich denn thun, daß ich selig werde? daß ich bestehen könne vor dem Richter der ganzen Welt? daß ich das Reich Gottes erlange, und mit der Gerechtigkeit Christi bekleidet werde?
Gott bewahre mich und die Meinigen, daß wir nicht dem Irrwisch einer eitlen Glückseligkeit nachjagen, und darüber die Perle des Reiches Gottes verscherzen, und daß wir nicht bei dem Mangel, den uns Gott empfinden läßt, Ihn verleugnen, und mit einem beschwerten Herzen in die Hölle versinken. Wir wollen unser Brod mit Danksagung und nicht mir Sorgen essen; denn eben dieses Essen zeigt an, daß die Sorgen unnöthig und thöricht seien.
Mel.: O Durchbrecher aller Bande.
1.
Schminkt euch nicht ihr Nahrungssorgen,
Jesus nennt euch eine Last;
Herz, das sei dir unverborgen,
Daß du davon Schaden hast.
Suche nicht sie zu beschönen,
Denke, sie beschweren dich,
Und den Geist mit seinem Sehnen,
Lassen sie nicht über sich.
2.
Was des Glaubens Licht ersticket,
Was der Leibe Feuer dämpft,
Was der Hoffnung Ziel verrücket,
Was mit inn’rem Frieden kämpft,
Was den Ernst im Beten mindert,
Was die Seele nicht läßt ruh’n,
Was den Lauf zum Kleinod hindert,
Sollte das nicht Schaden thun?
3.
Ja, die Sorgen dieses Lebens
Machen weder reich noch satt;
Aber die sind nicht vergebens,
Die man um den Himmel hat.
Jesu, zieh‘ mein Herz zur Höhe,
Wo die Güter ewig sind;
Denn Dein Tag, der in der Nähe,
Kommt den Sorgen zu geschwind.
4.
HErr, Dein Ernst ist voller Treue,
Daß Du warnest: hütet euch.
Gib, daß ich die Sorgen scheue,
Außer die um’s Himmelreich.
Dein Wort sei des Glaubens Nahrung,
Der sich um sein Heil bemüht,
Und in göttlicher Bewahrung
Seinem HErrn entgegen sieht!

14. Januar. Morgen-Andacht.

Wir haben empfangen den Geist aus Gott, daß wir wissen, was uns von Gott gegeben ist. 1 Kor. 2,12.
Es ist vergeblich, wenn die Menschen sich bemühen, den Sinn Gottes allein durch ihre Vernunft zu erkennen; wie denn Paulus 1 Kor. 2,16. und Röm. 11,34. fragt: wer hat des HErrn Sinn erkannt? Die christlichen Weltweisen haben zwar allerhand Feines von der gütigen Gesinnung des höchsten Wesens geschrieben, weil sie schon vorher durch das Wort Gottes daran gemahnt worden waren. Es trägt aber doch sehr wenig aus, wenn man beweist, daß das göttliche Wesen überhaupt ein gütiges Wesen sei; denn da das menschliche Geschlecht jetzt aus lauter Sündern besteht, so liegt uns daran, zu erkennen, wie Gott gegen Sünder gesinnt sei: und hier ist es sonnenklar, daß Niemand für sich selbst den Sinn Gottes erkannt habe. Doch die Menschen wollen nicht nur ruhig speculiren, sondern wollen auch Gottes Rathgeber sein, und Ihn unterweisen; das ist, sie wollen und wünschen sehr, daß Er so oder so gesinnt sei, so oder so handle. Sie machen Ihm gleichsam Vorschläge, und zürnen, wenn Gott Sich nicht nach denselben richtet. Allein Paulus fragt hier wiederum: wer ist Sein Rathgeber gewesen? wer will Ihn unterweisen? Was ist’s aber nun? Sollen wir in Ansehung des Sinnes Gottes in der Ungewißheit bleiben? Das sei ferne. Paulus sagt (1 Kor. 2.) V. 10.11.: der Geist erforschet alle Dinge, auch die Tiefen der Gottheit; denn welcher Mensch weiß, was im Menschen ist, ohne der Geist des Menschen, der in ihm ist? Also auch weiß Niemand, was in Gott ist, ohne der Geist Gottes. Hier ist also Derjenige genannt, der den Sinn Gottes weiß, wie er in Gott ist, oder wie er in den Tiefen der Gottheit verborgen lag, und der ihn auch entdecken kann. Dieser Geist lehrt auch die Worte, mit welchen man den Sinn Gottes den Sündern erklären soll; da die menschliche Weisheit solche nicht lehren könnte; s. V. 9.10.13. Aus diesem Allem ist klar, daß der Geist Gottes eine allwissende göttliche Person sei, weil Ihm ein Erforschen, und Wissen und Lehren zugeschrieben wird. Er wird von Gott, dessen Tiefen Er erforscht, unterschieden, und gehört doch selbst zum göttlichen Wesen, gleichwie der Geist des Menschen zu dem menschlichen Wesen gehört. Ferner schließen wir mit Recht aus den Worten Pauli, daß eine gewisse und klare Offenbarung des göttlichen Sinnes vorhanden sein müsse, wenn anders die Menschen in Ansehung desselben nicht in einer ewigen Unwissenheit bleiben sollen. Diese Offenbarung muß in Worte verfaßt sein, die der Geist Gottes auch gelehrt hat, und welche Zum Ausdruck neuer Dinge auch neue Bedeutungen bekommen haben; denn ungeschickte Worte würden die ganze Offenbarung für die Menschen unbrauchbar machen. Sie muß auch so, wie sie in Worte verfaßt ist, lauter sein, so daß die Menschen sie geradezu annehmen, und keine Auswahl machen dürfen; denn wer diese machen sollte, müßte schon vorher den Sinn Gotte erkannt haben, damit er die Auswahl oder Prüfung nach seiner vorhergefaßten Erkenntniß anstellen könnte. Gott sei nun gedankt, daß eine solche Offenbarung durch den Geist Gottes geschehen ist. Die Apostel empfingen den Geist aus Gott, und konnten deßwegen wissen und lehren, welche Gnade und welch‘ herrliches Erbe uns von Gott zugedacht sei. O Gott mache uns nun durch eben diesen Geist tüchtig, das Evangelium zu verstehen und zu glauben, damit wir wissen, was uns von Dir zu unserm Heil gegeben ist! Oeffne uns die Schrift durch eben denselben Geist, durch welchen sie geschrieben ist!
Mel.: Nun laßt uns Gott dem HErren.
1.
Gott, Dir sei Lob von Allen
Für dieß Dein Wohlgefallen,
Daß Du auch uns zum Leben,
Den Geist des Sohn’s gegeben.
2.
Schon in dem Wasserbade
Gabst Du den Geist der Gnade,
Er wirkt mit Seinen Gaben
Durch’s Wort, das wir noch haben.
3.
Wer könnte sonst gedenken,
Was Gott uns wollte schenken?
Wer wäre je beflissen,
Von Gottes Reich zu wissen?
4.
Wer kann Gott Vater nennen?
Wer Jesum Christum kennen?
Wen kann nach Heil verlangen,
Der nicht den Geist empfangen?
5.
Wer ist zum Glauben tüchtig,
Wer ist im Lieben richtig?
Wer hofft, daß er einst lebe,
Wenn nicht der Geist es gäbe?
6.
So preisen denn wir Armen
Dich, Gott, und Dein Erbarmen;
Wir fleh’n um Jesu willen:
Laß uns den Geist erfüllen!

14. Januar. Abend-Andacht.

Auf daß ihr seid lauter und unanstößig bis auf den Tag Jesu Christi. Phil. 1,10.
Weder Christus, noch Seine Knechte, die Propheten und Apostel, haben jemals von dem Zustand der Seele nach dem Tod so geredet, daß ein Mensch dadurch veranlaßt wurde, seine Buße oder auch sein Wachsthum in der Heiligung auf denselben zu verschieben. Sie haben aber auch keinen Gerechten und Wiedergebornen veranlaßt zu befürchten, daß er durch den Tod etwas verliere, oder in der Zwischenzeit zwischen dem Tod und dem jüngsten Tag aus der Gnade fallen könne. Alle ihre Ermahnungen sind den Lebendigen gegeben, und sie zeigen an, daß wenn man sich bei Leibesleben nach denselben rechtschaffen halte, solches bis auf den jüngsten Tag seine gute Wirkung und Folge habe. In dieser Absicht schrieb Paulus an die Philipper, K. 1,9.10.11.: daselbst um bete ich, daß eure Liebe je mehr und mehr reich werde in allerlei Erkenntniß und Erfahrung; daß ihr prüfen möget, was das Beste sei; auf daß ihr seid lauter und unanstößig bis auf den Tag Christi, erfüllet mit Früchten der Gerechtigkeit, die durch Jesum Christum geschehen in euch zur Ehre und Lobe Gottes. Es ist klar, daß Paulus für die Philipper nach ihrem damaligen Zustand gebeten habe. Ihre Liebe, das ist ihr ganzes Christenthum, welches in der Liebe zusammengefaßt ist, und in derselben geführt werden muß, sollte je mehr und mehr reich werden in der Erkenntniß und allem Gefühl oder Empfindung, damit sie nirgends blindlings zufahren, sondern theils durch die Erkenntniß, theils durch das Gefühl des Geistes prüfen können, was das Beste sei, und auf diese Weise lauter und unanstößig seien, bis auf den Tag Jesu Christi. Er setzt also voraus, daß wenn sie bei Leibesleben lauter und unanstößig seien, solches bis auf den Tag Jesu Christi seine Folge und Wirkung haben werde, wenn sie schon denselben nicht erleben. Wer in der Liebe Gottes und des Nächsten lebt und wandelt, ist lauter, und wessen Liebe an Erkenntniß und allem Gefühl reich wird, ist unanstößig, oder stößt nicht an, ärgert sich nicht, und gibt Andern kein Aergerniß. Dahingegen derjenige, welchem die Liebe mangelt, bei allem guten Schein ein Heuchler ist, und dem es bei der Liebe an genugsamer Erkenntniß und Gefühl mangelt, oft mit seinem Thun in Schwierigkeiten verwickelt, und Andern beschwerlich wird. Wer aber bei seiner Liebe weder an der Erkenntniß noch an dem übrigen geistlichen Gefühl, welches oft, wo die Erkenntniß nicht durchschauen kann, den Ausschlag geben muß, einen Mangel hat, ist mit Früchten der Gerechtigkeit erfüllt, die durch Jesum Christum zur Ehre und Lobe Gottes hervorkommen.
Wir lernen hieraus, wie wir den Grund unserer Seligkeit bei Leibesleben so legen können, daß er bis auf den Tag Jesu Christi fest bleibe. Wer bekehrt und glaubig wird wie der Kerkermeister und die Purpurkrämerin Lydia und Andere zu Philippi, wer hernach in der Liebe bleibt und wandelt, und wessen Liebe an Erkenntniß und allem geistlichen Gefühl reich wird, ist lauter und unanstößig bis auf den Tag Jesu Christi. Der Zustand nach dem Tod wird nichts bei ihm verschlimmern, wohl aber verbessern, weil das Sterben der Gerechten ein Gewinn ist. Gott wird seine Seele als eine gute Beilage bis an den jüngsten Tag bewahren, daß sie nichts wird verlieren können. Der Gnadenstand, in welchem sie vom Leibe geschieden ist, wird ungekränkt bleiben, bis der Richter der ganzen Welt erscheinen wird, und alsdann wird auch der Leib seinen völligen und wonnesamen Genuß davon bekommen.
Mel.: Meines Herzens Jesu etc.
1.
Der Baum bleibt liegen, wie er fällt:
Wir bleiben, wie wir sterben.
Wer jetzt kein Lob aus Gott erhält,
Wann will er ein’s erwerben?
Im Grab erst läutert sich kein Sinn:
Stirb glaublos oder glaubig hin,
Du wirst nicht anders werden.
2.
Die Hölle lehrt nicht Buße thun,
Der Tod nicht Jesum kennen;
Wie Lazarus darf alsbald ruh’n,
So muß der Weltmann brennen;
Der eine Schächer starb dem HErrn,
Der and’re gleich den Lästerern,
Auch mit gebroch’nen Beinen.
3.
HErr Jesu, ach bereite Du
Durch Deinen Geist der Gnaden
Mein Herz noch vor dem Sterben zu,
Sonst bricht es mir zum Schaden.
Erkenne mich schon hier als Dein,
So werd‘ ich’s auch im Tode sein
Und an dem jüngsten Tage!
4.
Gib Buße, die da redlich sei,
Den Glauben mach‘ beständig,
Die Liebe herzlich und getreu,
Die Hoffnung recht lebendig.
Vollend‘ ich also meinen Lauf,
So lös Du meine Seele auf
Und nimm sie in die Hände!

15. Januar. Morgen-Andacht.

Aber der Tröster, der Heilige Geist, welchen der Vater senden wird in Meinem Namen, derselbe wird’s euch Alles lehren. Joh. 14,26.
Ein Tröster oder Beistand ist derjenige, der einem Schwachen und Unwissenden angibt, was er thun oder reden solle. Als der Heiland sichtbar bei Seinen Jüngern war, war Er ihr Tröster; denn Er lehrte sie bei jeder Gelegenheit, was sie thun sollten, und gaben ihnen die Worte in den Mund, welche sie reden sollten, wenn Er sie aussandte. Als Er aber zu ihnen sagte, Er gehe zu Vater, und sie werden Ihn über ein Kleines nicht sehen: so wurden sie traurig, weil sie sich ihrer Schwachheit und Unwissenheit bewußt waren, und ohne Seine tägliche Unterweisung durchzukommen nicht hofften; deßwegen tröstete Er sie damit, daß Er zu ihnen sagte, Joh. 14,16.: Ich will den Vater bitten, und Er soll euch einen andern Tröster oder Beistand geben, einen solchen nämlich, der alles dasjenige an euch thue, was Ich bisher gethan habe, der euch so deutlich und so zuverläßig und so treulich unterweise, wie Ich bisher mit Meiner menschlichen Stimme gethan habe. Er nannte auch diesen Tröster, und sagte, er sei der Heilige Geist, den Er senden werde (Joh. 16,7.), den aber auch der Vater in Seinem Namen, das ist um Seines Verdienstes und um Seiner Fürbitte willen senden werde. Derselbe, setzt Er hinzu, wird euch Alles lehren, was ihr glauben, reden und thun sollt. Der Heiland hat also Seinen Aposteln kein großes Buch voll Regeln mitgegeben, da Er sie in die Welt ausschickte, das Evangelium zu predigen; denn die Menge und die Verschiedenheit der Fälle, die vorkommen, ist so groß, daß bei allen Regeln noch Vieles zu fürchten und zu fragen überbleibt, wenn nicht ein göttlicher Lehrer der Seele beisteht. Und wer will der Schwachheit der Menschen aufhelfen, wer will ihr Unvermögen stärken? Wer will sie von der Lust und Furcht, womit sie gebunden sind, und wodurch sie am Thun des Willens Gottes gehindert werden, befreien, wenn es nicht der Heilige Geist thut? Damit wir aber nicht meinen, als ob der Heilige Geist nur der Beistand der Apostel habe sein sollen, so wollen wir bedenken, daß der Geist des himmlischen Vaters in allen Glaubigen wohne (Röm. 8,11.), daß Er als der Geist Seines Sohnes in die Herzen aller Kinder Gottes gesandt werde (Gal. 4,6.), daß Er sie alle treibe oder leite (röm. 8,14.), daß Er ihrem Geist Zeugniß gebe, daß sie Gottes Kinder seien (V. 16.), daß Er ihrer Schwachheit bei dem Beten aufhelfe, und, da sie nicht wissen, was sie beten sollen, wie sich’s gebührt, sie auf’s beste mit unaussprechlichem Seufzen vertrete; da dann, der die Herzen forschet, weiß, was des Geistes Sinn sei; denn Er vertritt die Heiligen nach dem, das Gott gefällt (V. 26.27.). Er wird den Glaubigen als ein Geist der Weisheit und der Offenbarung zur Erkenntniß Gottes, als ein Geist der Kraft und der Liebe und der Zucht zu einem wohlgeordneten Wandel, als ein Siegel zur Versicherung ihres Gnadenstandes und als ein Angeld des himmlischen Erbes zur Erweckung und Stärkung ihrer Hoffnung gegeben. Beweist Er sich also nicht an ihnen allen als ein Tröster oder Beistand? Lehrt Er sie nicht auch, was sie nöthig haben? Wenn sie aber dem Heiligen Geist widerstreben, wenn sie sich Ihm entziehen und Seine Leitung und Inwohnung ausschlagen, so kommt ein unreiner Geist über sie, und macht sie zur Ausübung der Bosheit stark und witzig, kühn und behend: so daß sie hierin mehr thun können, als man von ihrer Natur erwarten könnte. Weil also die menschliche Seele nicht ohne die Einwirkung und Regierung eines andern Geistes sein kann, so will ich Gott bitten, daß Er mich immer durch Seinen Heiligen Geist regiere. Ich will mich der Rede Christi Luk. 11,11.12.13. erinnern, wo mich der Heiland so schließen lehrt: so ihr irdischen Väter, die ihr arg seid, euren Kindern auf ihre Bitte Brod und andere gute Gaben geben könnt: wie vielmehr wird der Vater im Himmel den Heiligen Geist geben denen, die Ihn bitten?
Mel.: Gott sei Dank in aller Welt.
1.
Dank sei Gott, daß Christi Geist
Seiner Jünger Tröster heißt.
Denn uns mangelt aller Rath;
Aber er ist Advokat.
2.
Wenn das Herz nach Gnade sehnt,
Und im Beten fleht und thränt,
Da macht Er durch Christi Blut
Uns’re böse Sache gut.
3.
Fehlt dem Herzen je und je,
Was es beten soll und wie,
Wirkt er Seufzer in dem Kind,
Welche unaussprechlich sind.
4.
Solche Seufzer dringen ein,
Müssen auch erhöret sein;
Denn der Geist, der uns vertritt,
Lehrt Gebet und betet mit.
5.
O Du Geist, der beten lehrt,
Sei auch durch mein Lob geehrt.
Sprich mir selbst das Abba für,
Und das Amen auch in mir!

15. Januar. Abend-Andacht.

Der Reiche starb, und war in der Hölle und in der Qual. Luk. 16,23.
Es ist sehr wahrscheinlich, daß dasjenige, was der HErr Christus von dem armen Lazarus und dem reichen Mann erzählt hat, eine wirkliche Geschichte gewesen sei, weil Er den Namen des Armen ausgedrückt hat, welches Er in keinem Gleichniß zu thun pflegte, und weil der Evangelist nicht sagt, daß Er ein Gleichniß vorgetragen habe. Es gibt freilich in dieser Erzählung auch verblümte Redensarten vom Finger, vom Wasser, von der Zunge u.s.w., welche Christus darum hat brauchen müssen, weil die Dinge, die in der Geisterwelt vorgehen, sich (wenigstens bei Seinen damaligen Zuhörern) mit eigentlichen Worten nicht lebhaft genug haben ausdrücken lassen. Der reiche Mann war also nach seinem Tod in der Hölle (Hades), welche am jüngsten Tag in den feurigen Pfuhl geworfen wird (Offenb. Joh. 20,14.), und alsdann ohne Zweifel ihren Namen verliert: folglich ging Alles, was Christus hier erzählt, noch vor dem jüngsten Tag her. Er war bald nach seinem Tod in der Hölle, alldieweil seine fünf Brüder auf der Erde noch lebten. Er dachte an sie, und sie an ihn: aber seinen kläglichen Zustand stellten sie sich vermuthlich nicht vor. Indem er in der Hölle war, war er in der Qual, und litt Pein, und seiner Empfindung nach war er in einer peinigenden Flamme. Hier darf man nun freilich an keine erleuchtende Flamme gedenken, denn bei den unseligen Todten ist’s finster: auch darf man jene Flamme nicht derjenigen gleich achten, die das Holz auf Erden verzehrt, und wenn es verzehrt ist, verlöscht; denn in der Hölle ist Alles anders, als auf Erden. Doch sah der eiche Mann den Lazarus, wie denn ein Jeder, der in der Finsterniß sitzt, denjenigen sieht, der im Licht ist, und Abraham sah den reichen Mann, obschon dieser in der Finsterniß war, weil jener Licht in sich selber hatte. Der reiche Mann war also einer von denjenigen Todten, die sich verlassen hatten auf ihr Gut, und getrotzt hatten auf ihren großen Reichthum, da man denn an seinem Beispiel sah, daß solche Weisen doch sterben, sowohl als die Thoren und Narren umkommen, und müssen ihr Gut Andern lassen. Das war ihr Herz oder höchster Wunsch bei Leibesleben, daß ihre Häuser immerdar währen, ihre Wohnungen für und für bleiben, und sie immer große Herrlichkeit auf Erden genießen möchten: aber sie konnten nicht bleiben in solcher Würde, sondern mußten davon wie ein Vieh, das ungern und ohne Hoffnung stirbt. Nun liegen sie in der Hölle wie Schafe, der Tod naget sie, ihr Trotz ist vergangen, in der Hölle müssen sie bleiben. Im Sterben konnten sie nichts mitnehmen, und ihre Herrlichkeit ist ihnen nicht nachgefahren: sie fuhren aber ihren unglaubigen Vätern nach, und sehen das Licht nimmermehr. Ps. 49.
Wenn man nun heut zu Tag Jemand fragen wollte, ob er sich in den damaligen Zustand des reichen Mannes hinein wünsche, so würde Niemand so thöricht sein, daß er’s bejahe. wenn man aber vielen eiteln Menschen den reichen Mann zeigen könnte, wie er bei Leibesleben sich hoffärtig gekleidet, und alle Tage herrlich und in Freuden gelebt ha, so würden sie thöricht genug sein, sein Thun zu loben und sich in seine Stelle hinein zu wünschen. Und fürwahr, es gibt noch immer Leute, von denen man sagen muß, was Ps. 49,19.14. steht: sie preisen’s, wenn einer nach guten Tagen trachtet, sie loben das Thun der Weisen dieser Welt, die jetzt in der Hölle liegen; welches doch lauter Thorheit war. Wenn ein Weltmensch klug sein will, muß er seinen Sinn ändern, und anders denken, sagen und thun lernen als vorher. Was Moses und die Propheten, Christus und die Apostel gelehrt haben, ist wahr, und dieses glauben ist Weisheit. Bei dieser Weisheit wandelt man im Licht, und entgeht der finstern Hölle, wo man durch’s Feuer gepeinigt wird, und wird in das himmlische Licht versetzt, und da über allem ausgestandenen Leid getröstet.
Mel.: Schmücke dich etc.
1.
Gott! gedenk‘ ich an’s Verdammen,
An die Pein in jenen Flammen,
An den Zorn von Deinem Stuhle,
An die Qual im Schwefelpfuhle,
An das Feuer, das man fühlet,
Das kein Tröpflein Wassers kühlet,
O so schrei ich auf der Stelle:
Ach, bewahr‘ mich vor der Hölle!
2.
Da ist ewiges Verderben,
Und ihr Wurm wird niemals sterben;
Weil der Spruch unwiderstreblich,
Ist die Reue nun vergeblich,
Und auf das Geheul der Armen
Folgt im Himmel kein Erbarmen.
O so bet‘ ich: HErr, behüte
Mich hievor durch Deine Güte!
3.
Vater! vor dem Höllenfahren
Kann mich Deine Macht bewahren;
Nichts, als Deines Sohns Versühnen,
Mag mir zur Errettung dienen,
Und Sein kräftiges Vertreten
Kann mich vor dem Feu’r erbeten;
Nur Dein Geist kann, bis ich sterbe,
Mir das Pfand sein zu dem Erbe.
4.
Führ‘ mich durch die enge Pforte
Bei dem Licht von Deinem Worte;
Laß mich ja nicht sicher leben,
Nicht der Weltlust mich ergeben;
Mich nicht bis zum Grab verschulden;
Was ich leide, glaubig dulden,
Und nach überstand’nen Proben
Deine Macht im Himmel loben!

16. Januar. Morgen-Andacht.

Wer ist, wie der HErr unser Gott, der Sich so hoch gesetzet hat, und auf das Niedrige siehet im Himmel und auf Erden? Ps. 113,5.6.
Wenn in der heiligen Schrift von Gott gesagt wird, daß Er der Allerhöchste sei, in der Höhe wohne, und sich hoch gesetzt habe, so dürfen wir an keinen Raum denken, der zwischen Gott und uns wäre; wie denn Gott in keinen Raum eingeschlossen, und durch keinen Raum von irgend einem Geschöpf geschieden ist. Er ist der Allerhöchste, und doch auch ein Gott, der nahe ist, und Himmel und Erde erfüllt. Er wohnet in der Höhe, und doch auch bei denen, so zerschlagenes und demüthiges Geistes sind (Jes. 57,15.). Er hat sich hoch gesetzt, und sieht doch auf eine wirksame Weise auf das Niedrige im Himmel und auf Erden. Seine Hoheit ist also die unbegreifliche Vortrefflichkeit Seines göttlichen Wesens, nach welcher nichts, was außer Ihm ist, mit Ihm verglichen werden kann, und alle Dinge von Ihm abhängen und Ihm unterworfen sind. Gott ist kein Theil der Welt, und die Welt ist kein Theil von Ihm, denn Er sieht als der Allerhöchste herab auf die Welt. Er ist nicht wie ein Geschöpf, sollte es auch unter den Geschöpfen das vortrefflichste sein, und kein Geschöpf ist wie Er. Wenn die Welt oder auch ein einzelnes Geschöpf noch viel tausendmal tausendmal vortrefflicher würde: so wäre doch der Unterschied zwischen Gott und diesem Geschöpf noch eben so unermeßlich groß als vorher. die Engel, von denen wir wissen, daß sie sehr starke und heilige, folglich hocherhabene Geschöpfe seien, haben Gott in ihren Reden mehrmals den Höchsten genannt, s. Dan. 4,29. 7,25.27. Luk. 1,32.35., weil sie wissen, daß Gott unvergleichlich vortrefflicher als sie sei, und sie unermeßlich geringer als Gott.
Weil nun Gott der Höchste ist; so gebühret Ihm auch von allen Geschöpfen Ehre und Anbetung: weßwegen auch das Lob Gottes Ps. 113. mit der Lehre von Seiner Hoheit verbunden wird: ihr Knechte des HErrn, lobet den Namen des HErrn. Gelobt sei des Herrn Name von nun an bis in Ewigkeit. Vom Aufgang bis zum Niedergang sei gelobt der Name des HErrn! V. 1.2.3. Damit aber die Menschen durch die Hoheit Gottes nicht von dem Vertrauen auf Ihn abgehalten werden, so verbindet die heilige Schrift mit derselben immer etwas, das dieses Vertrauen erwecken, erhalten und stärken kann. In dieser Absicht wird auch Ps. 113. gesagt, daß der HErr auf das Niedrige sehe, oder sich in der Liebe gleichsam herabbücke oder herablasse, um nach Allem zu sehen im Himmel und auf Erden. Dr. Luther schreibt aus Veranlassung dieses Spruchs (T. 1. Jen.) über den Lobgesang Mariä: „Weil Gott der Allerhöchste, und nichts über Ihn ist, mag Er nicht über Sich sehen, mag auch nicht neben Sich sehen. Dieweil Ihm Niemand gleich ist, muß Er nothwendig in Sich selbst und unter Sich sehen. Und je tiefer Jemand unter Ihm ist, je besser Er ihn siehet.“ Dieses göttliche Sehen ist aber freilich wirksam und kräftig, und davon werden Ps. 113. Jes. 66,1.2. und Jes. 57,15. Proben angeführt. Fragt man, was dasjenige sei, das den Allerhöchsten und das Niedrige in eine Verbindung setzt, so kann man nichts angeben als die Liebe. Weil der Allerhöchste die Liebe ist, so läßt Er sich herab, und sieht auf das Niedrige. So fließe denn in meinem Herzen durch die Wirkung des Heiligen Geistes die tiefste Ehrfurcht gegen Gott den Allerhöchsten und ein herzliches Vertrauen gegen Ihn, als die wesentliche Liebe, die sich zu den Niedrigen herunterläßt, zusammen. Ich darf Ihn ansehen und anlaufen als meinen Vater, und Er will mein Elend ansehen, und meine Seele erkennen in der Noth. Er will mich endlich selbst auch aus der Niedrigkeit erhöhen, und ich werde Ihn alsdann ewiglich als den Allerhöchsten anbeten und preisen.
Mel.: HErr Jesu Christ mein’s Lebens etc.
1.
Gott, Allerhöchster, Du hast Ruhm
Selbst in des Himmels Heiligthum,
Daß Du auch auf das Nied’re siehst,
Und es vom Staub zur Höhe ziehst.
2.
Was Niemand achtet, achtest Du;
Den Kindern gibst Du Engel zu;
Den Waisen thust Du Vaterstreu;
Stehst Wittwen als ihr Retter bei.
3. Den Armen schaffest Du ihr Brod;
Verlaß’nen hilfst Du aus der Noth;
Bedrückten legst Du Trost zur Last,
Und liebst, was bei der Welt verhaßt.
4.
Du zählest selbst der Deinen Haar;
Dein Wort bleibt dem Geringsten wahr;
Dir ist zur Gnade nichts zu klein;
Du stürz’st nur das, was groß will sein.
5.
Ich bin ein Wurm, doch glaube ich,
Du, großer Gott, siehst auch auf mich.
Mach‘ Dein Erbarmen groß an mir,
So lob‘ ich Dich und danke Dir.

16. Januar. Abend-Andacht.

Habt nicht lieb die Welt, noch was in der Welt ist. 1 Joh. 2,15.
Johannes hat in seinen Briefen viel von der Gemeinschaft der Kinder Gottes untereinander, wie sie bei einem heiligen Wandel im Licht, in der Wahrheit und in der Liebe behauptet werden müsse, geschrieben. Sein liebevolles Herz hatte sich dabei in sehr zärtlichen Worten ausgegossen: sein lauterer Sinn aber hatte auch eine heilsame Schärfe hervorgebracht, wodurch er diese Gemeinschaft sowohl von der finstern Zwietracht, als auch von der fleischlichen Liebe unterschieden hatte. Da er nun mit solchen Vorstellungen umging, sah er zugleich gegenüber etwas, das er Welt nannte, und sagte von dieser Welt, man solle sie nicht lieb haben. Diese Welt ist keine einzelne Person, sondern eine Menge. Sie ist der Gegensatz von den Kindern Gottes, die unter sich eine Gemeinschaft haben und Eine Kirche, Eine Heerde, Ein Volk, Einen Leib, Eine Braut Jesu Christi ausmachen. Bei der Welt ist freilich Christus nicht der Hirte, nicht das Haupt, nicht der Bräutigam; sondern sie liegt im Argen, im Satan: sie ist von seinen argen Kräften umfangen, durchdrungen und gebildet. Der Satan ist ihr Fürst und Gott, wie die Schrift sagt. Bei der Welt ist kein Licht, keine Liebe und keine Wahrheit: doch aber eine Uebereinstimmung in der Argheit. Es gibt einen Geist der Welt (1 Kor. 2,12.), den man bei allen Gliedern derselben doch unter unzählig vielen Formen antrifft, und welcher sich durchaus im Unglauben und in der Liebe zur Sünde, oder in der Feindschaft wider Gott und Seine Kinder, oder in argen Gedanken und bösen Lüsten äußert. Johannes macht 1 Joh. 2,16. drei Kennzeichen des Weltgeistes namhaft, nämlich die Lust des Fleisches, die Lust der Augen, und das ehrgeizige Prangen in der Lebensart. Die Lust des Fleisches ist die Begierde nach Gemächlichkeit, sinnlichen Ergötzlichkeiten, unzüchtigen Vergnügungen nach verschiedener Maße und Weise, Wohlleben im Essen und Trinken u.s.w. Die Lust der Augen ist die Begierde, sich wenigstens an den eitlen Bildern derjenigen Wollüste zu ergötzen, die man selbst nicht ausüben will oder kann, folglich die Begierde, solches aus Büchern oder durch das leibliche Anschauen zu sammeln, und in der Phantasie mit Belieben herumzutragen. Weil aber in der heiligen Schrift auch der Seele Augen zugeschrieben werden, so darf man allen leichtsinnigen Witz, alle aufblähende Weisheit, und alle daraus fließenden Scherze, Spöttereien, und Widersprüche gegen die Wahrheit hieher rechnen. Das ehrgeizige Prangen in der Lebensart bedarf keiner Erklärung: nur ist zu erinnern, daß alles Bestreben dazu gerechnet werden müsse, durch große oder kleine dinge sich eine falsche Ehre, ein eitles Lob, einen Vorzug vor Andern, oder eine Gleichstellung mit Andern, die schon in einem Ansehen sind, zu erwerben; und daß deßwegen auch Kinder und arme Leute, in denen ein Stolz ist, sich dieses Prangens schuldig machen können. In diesen dreien Stücken besteht die vermeinte Glückseligkeit der Welt, um derentwillen sie das Reich Gottes, das einen engen Eingang hat, verschmähet, und zu Gott sagt: hebe Dich von uns, wir wollen von Deinen Wegen nichts wissen.
Gott ist Liebe. Lasset uns Ihn lieben, denn Er hat uns zuerst geliebt. Anstatt der Lust der Welt gibt Jesus den Seinigen ewiges Leben, und verschafft, daß diese zu derjenigen Zeit, da die Welt mit ihrer Lust ganz vergehen wird, Ihm gleich werden, und Ihn sehen wie Er ist, und so in Ewigkeit bleiben.
Mel.: Wir singen Dir, Immanuel.
1.
Der Weltsinn will‘ vom Himmel nichts,
Noch von dem Erbtheil jenes Lichts;
Er lebt dahin auf ungefähr,
Wünscht, daß kein Gott noch Richter wär‘.
2.
Den eig’nen Lüsten zärtlich sein,
Nach dem Geschmack der Menschen sein,
Der Tugend weder hold noch feind,
Und vom Gewissen gar kein Freund;
3.
Bei gangbar’n Sünden ohne Reu,
Bei schönen Lügen ohne Scheu,
In süßem Schlummer ungeweckt,
Noch vom Gesetz und Tod erschreckt:
4.
Dieß liebt ihr Herz, dieß ist ihr Theil.
O Leben ohne Gott und Heil!
Wie blendet doch der Gott der Welt,
Bis er und sie in’s Feuer fällt!
5.
Ach Gott, mein Gott, erleuchte mich,
Daß ich nichts liebe ohne Dich!
Ich mag kein Leben, als bei Dir;
Der Welt bleibt nichts, Du bleibest mir.
6.
Dein Sohn sei mir ein Gnadenstuhl,
Sein Kreuz sei meine hohe Schul‘;
Dein Geist erfülle mir die Brust;
Dein Wort sei meines Herzens Lust;
7.
Dein Wille sei mein Trost in Noth,
Und Deine Gnade auch im Tod;
Dein Himmel mein erwünschtes Ziel,
Dein Lob mein ewig Saitenspiel!

17. Januar. Morgen-Andacht.

Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinnen in Christo Jesu. Phil. 4,7.
Friede heißt nach der Schriftsprache ein gesicherter Wohlstand. In diesem Verstand rief der Heiland Seinen Jüngern zu: Friede sei mit euch; wie denn dieses ein gewöhnlicher israelitischer Gruß war. Wenn mein Wohlstand in Ansehung meines Nächsten gesichert ist, und durch keine Feindseligkeit von ihm gestört wird: so habe ich Frieden mit meinem Nächsten. Unaussprechlich wichtiger aber ist der Friede mit Gott, welcher eine Folge der Rechtfertigung oder der Gnade ist. röm. 5,1. Wenn mir nämlich Gott um Christi willen, an den ich glaube, gnädig ist, und alle meine Sünden vergeben hat, so habe ich Frieden in Ansehung Seiner. Meine ewige Wohlfahrt ist in Ansehung Seiner gesichert, weil Sein Zorn, welcher Leib und Seele verderbet, nicht mehr auf mir liegt. Weil ich aber durch den Glauben auch in Ihm bin, oder in Seiner Gemeinschaft stehe, so habe ich Frieden in Ihm. Joh. 16,33. Meine Wohlfahrt ist nämlich gesichert, weil ich durch den Glauben in Ihm erfunden werde. Weil ich mir aber dessen bewußt sein soll; so sagt das Wort Gottes auch, daß der Friede Gottes in dem Herzen regieren (Kol. 3,15.), oder das Herz und die Sinnen bewahren solle, und darin besteht die innerliche Zufriedenheit und Seelenruhe, deren Gegentheil nach Jes. 57,20.21. bei den Gottlosen zu finden ist. Das Evangelium, durch welches mir Gott dieses Alles verkündigt und anbietet, ja mir dazu verhilft, heißt ein Evangelium des Friedens, Eph. 6,15., und der Weg, worauf ich bei dem Glauben an das Evangelium wandle, ein Weg des Friedens. Luk. 1,79. Der Friede Gottes besteht also darin, wenn mein Wohlstand, Glück und Heil von Gottes wegen gesichert und in Seiner Liebe gegründet ist. Dieser Friede aber ist höher als alle Vernunft, denn welche Vernunft kann die Liebe Gottes übersehen und ergründen? Welche Vernunft kann die Erlösung Jesu Christi genugsam schätzen, durch welche wir einen Zugang zu der Liebe Gottes bekommen haben? Und wer kann begreifen, wie groß, wie fest, wie herrlich das Heil sei, welches durch Christum auf die Liebe Gottes gebauet ist? Man bedenke die Fragen: wer will beschuldigen? wer will verdammen? wer will uns scheiden? die Röm. 8,33.34.35. stehen. Welche Vernunft kann auch die Seelenruhe in deutliche Gedanken fassen, und mit klaren Worten beschreiben, welche der Friede Gottes erweckt? Empfinden kann man sie, und diese Empfindung reicht viel weiter als die Vernunft. Dieser Friede Gottes aber soll der Glaubigen Herzen und Sinnen in Christo Jesu bewahren. Die Herzen könnten nämlich lüstern werden, und die Sinnen oder Verstandeskräfte eitle Bilder und Anschläge erdenken. Wenn ich aber den Frieden Gottes habe: was soll mein Herz begehren? Und was soll mein Verstand ausdenken, das besser wäre als derselbe? Ich bleibe alsdann in Christo Jesu, durch den ich den Frieden habe und genieße. Hier ist aber Wachen und Beten nöthig, daß man nicht aus dieser Festung entfalle. Der Friede Gottes will mein Herz und meine Sinnen bewahren und umzäunen: ich soll aber auch mein Herz und meine Sinnen von Ihm umzäunen lassen; denn wenn ich in der Lüsternheit durchbreche und thue, was mich gelüstet, so wird meine Seele aus dem Frieden vertrieben, oder ist wie ein Garten ohne Zaun, wie eine Stadt ohne Mauer. Eilends soll ich also reumüthig unter der Bekenntniß meiner Vergehungen und unter Flehen um Vergebung zu dem Frieden Gottes wieder zurückkehren, und meine Ausschweifung mir dazu dienen lassen, daß ich mein Herz und meine Sinnen in’s Künftige sorgfältiger von demselben umschließen lasse.
Mel.: Meinen Jesum ich erwähle.
1.
Mißvergnügte Sorgen schweiget,
Denkt an keine Wiederkunft!
Gottes Friede übersteiget
Alle menschliche Vernunft.
Wer mit Gott nun Frieden hat,
Hat schon satt,
Gott hat ihm schon mehr gethan,
Als er selbst begreifen kann.
2.
Gott sei Dank für Seinen Frieden,
Welchen selbst Sein Sohn gemacht,
Da Er an dem Kreuz verschieden
Und das große Werk vollbracht.
Schuld und Strafe,
Fluch und Grimm
Lag auf Ihm;
Friede ist’s durch Jesum Christ,
Der selbst unser Friede ist.
3.
Himmelhoher Gottesfriede,
O bewahr‘ mir Herz und Sinn,
Daß ich nicht im Welthaß müde,
Noch in Sorgen ängstlich bin.
Endlich aber bringe Du
Mich zur Ruh‘,
Wo kein Feind den Frieden stört,
Wo man Freudenlieder hört!

17. Januar. Abend-Andacht.

Ringet darnach, daß ihr durch die enge Pforte eingehet. Luk. 13,24.
Das Reich Gottes, welches man das Reich der Gnade zu nennen pflegt, hat eine enge Pforte, durch die man in dasselbe eingeht, innerhalb desselben aber ist ein schmaler Weg, auf welchem derjenige, der durch die Pforte durchgedrungen ist, in sein himmlisches Vaterland gehen muß. Der HErr Jesus hat nicht nur Matth. 7,13. gesagt: gehet ein durch die enge Pforte, sondern auch Luk. 13,24.: ringet darnach, daß ihr durch die enge Pforte eingehet. Ohne Zweifel fließt die Nothwendigkeit zu ringen daher, daß die Pforte eng ist. Wenn nämlich der HErr Jesus einen Menschen bekehren will, so findet Er ihn als trotzig und verzagt, als leichtsinnig und unglaubig, als lüstern und furchtsam, und kurz zu sagen als einen Menschen, dessen ganze Natur verderbt ist. Wenn aber nun der HErr Christus einen solchen Menschen, wie Paulus Phil. 3,12. redet, mit Seiner göttlichen kraft ergreift, so ergreift Er ihn auf vielen Seiten. Er läßt ihn Seinen Zorn, doch mäßiglich, fühlen, Er läßt eine Furcht vor dem Tod und der Hölle in ihm entstehen, und dabei wirkt Er in ihm ein Verlangen nach der Gnade, und eine Hoffnung, sie zu erlangen. Er läßt ihn die große Gewalt empfinden, welche die Sünde über ihn habe, Er läßt ihn in den Abgrund seiner Seele Blicke thun, und entdeckt ihm, wie grundlos sein Verderben sei: daneben aber bringt Er ihm Verheißungen von der Erhörung des Gebets in’s Angedenken, und treibt ihn zu anhaltenden und heftigen Seufzern und Gebeten. Er zeigt Sich ihm durch’s Wort, am Kreuz, auf dem Thron der Herrlichkeit und auf dem Richterstuhl: Er läßt ihn auch unter den Menschen herumschauen, und da Beispiele zur Aufmunterung und zum Schrecken betrachten. Er läßt ihn Versuche machen, sich selber zu helfen, hernach aber fühlen, daß er dadurch nicht gebessert worden sei: Er läßt ihn aber auch zuweilen Trost empfinden, und eine Erhörung seines Gebets erfahren. Er läßt ihn Anfälle vom Satan leiden, und wendet diese zur rechten Zeit wieder ab. Er legt auch äußerliche Leiden auf ihn, und nimmt sie zur rechten Zeit wieder weg. Alle diese auf einander folgenden und zuweilen zusammenkommenden Erkenntnisse und Empfindungen bringen die Seele, die ohnehin noch ungeübt ist, und Vieles nicht recht beurtheilen kann, in’s Gedränge. Sie will in’s Reich Gottes eingehen, und merket, daß die Pforte oder der Eingang eng sei. Weil sie aber doch durchdringen will, sintemal sie weiß, daß hinter ihr die Hölle und vor ihr der Himmel sei, und sie Hoffnung hat, daß es ihr gelingen werde, so geräth sie in ein Ringen, das ist, sie greift sich an, ihre Sehnsucht wird stark, sie betet heftig, klopft gleichsam mit Ungestüm an der Gnadenthür an; sie macht viele theils gerathende, theils mißrathende Versuche; sie enthält sich, wie es einem Ringenden zusteht (1 Kor. 9,25.), alles Dings, das sie an der Erreichung ihres Zwecks hindern könnte, bis sie ihren Zweck erreicht hat.
So erwecke und treibe denn der HErr Jesus einen Jeden, der’s nöthig hat, zu einem Ringen, das Ihm wohlgefällt, und erfülle alsdann die Verheißung an ihm Ps. 20,2.3.5.: der HErr erhöre dich in der Noth, der Name des Gottes Jakobs schütze dich. Er sende dir Hülfe vom Heiligthum und stärke dich aus Zion. Er gebe dir was dein Herz begehrt, und erfülle alle deine Anschläge!
Mel.: Gott des Himmels etc.
1.
Ringet nach dem Seligwerden!
Unser Seligmacher spricht’s;
Scheuet man des Kampfs Beschwerden,
So erringt der Zärtling nichts;
Denn ein Ringer wendet an,
Was er weiß und was er kann.
2.
Zweifeln, ob’s der Mühe lohne,
In dem Fürwitz um sich seh’n,
Trachten, wie man seiner schone,
Sich mit seinem Feind verstehn,
Faust und Waffen lassen ruhn:
Wird kein rechter Kämpfer thun.
3.
Jesu, steh‘ mir bei im Ringen,
Zieh‘ die Hand nicht von mir ab,
In dem Glauben durchzudringen,
Bis daß ich’s ergriffen hab‘.
Kommen Viele nicht hinein,
Laß mich unter Wenig sein!
4.
Weil die Pforte doch so enge,
Ach so frische Du mich an;
Reiß mich von der trägen Menge,
Die hinein will, und nicht kann;
Drück Dein Wort mir kräftig ein,
Daß es muß gerungen sein!
5.
Ueber alle Maaßen wichtig
Sei mir jene Seligkeit;
Alles And’re sei mir nichtig,
Weil es uns nicht ewig freut;
Waffne mich mit diesem Sinn,,
Bis ich in dem Himmel bin!

18. Januar. Morgen-Andacht.

Der Ich Frieden gebe, und schaffe das Uebel. Ich bin der HErr, der solches Alles thut. Jes. 45,7.
Daß gute und böse Zeiten, Tage und Jahre auf Erden miteinander abwechseln, ist bekannt. Auch der heutige Tag ist ohne Zweifel für Viele ein Tag des Friedens oder der ruhigen Wohlfahrt, für Viele aber eine Zeitfrist, da ihnen Uebels widerfährt. Man darf einem Christen nicht zumuthen, daß er den Frieden und das Uebel für gleichgültig halte, und gegen beide unempfindlich sei: denn Abraham machte selber zwischen den Schicksalen des reichen Mannes und des armen Lazarus einen Unterschied, daß er sagte: jener habe sein Gutes in seinem Leben empfangen, Lazarus hingegen habe Böses empfangen. Wenn das Böse dem Guten und das Uebel dem Frieden entgegengesetzt wird, so ist damit nicht von der Plage, die ein jeder Tag hat, oder von der Unvollkommenheit der menschlichen Glückseligkeit die Rede: sondern das Uebel ist eine empfindliche Noth, ein wehthuender Jammer, ein überwiegender Schmerz, der Friede aber eine ruhige Wohlfahrt, bei welcher der Mensch ungeachtet aller Unvollkommenheit derselben vergnügt ist, und sich gute Tage zu haben dünkt. Es liegt aber sehr viel daran, daß man weder den Frieden, oder die ruhige Wohlfahrt, noch das Uebel, oder die empfindliche Noth, als ein Schicksal, das ungefähr entstünde, oder auch nur als ein Gemächt der Menschen ansehe: denn Gott sagt selber, daß Er Frieden gebe, und das Uebel schaffe, und setzt hinzu: Ich bin der HErr, der solches Alles thut.
Die Menschen sind zwar auch sehr thätig, und arbeiten darauf los, daß sie Frieden geben, und das Uebel schaffen. Wer zur Zeit des Jeremias lebte, konnte denken, der König Nebukadnezar sei allein derjenige, der alles Uebel über Jerusalem und Juda bringe, und wer zur Zeit Serubabels lebte, konnte dem Cores die Befreiung aus der babylonischen Gefangenschaft zuschreiben, ohne an Gott zu denken. Aber eben deßwegen sagte Er durch den Jesajas sehr ernstlich: ich bin der HErr, der solches Alles thut. Er braucht freilich die Menschen als Knechte und Werkzeuge: aber Er ist’s auch, der ihren Geist erweckt, und ihnen hingegen den Muth nimmt, wenn Er will. Er gibt ihnen Gesundheit und Kräfte, etwas auszurichten, und nimmt, wenn Er will, ihren Odem weg, da dann alle ihre Anschläge verloren sind. Er schickt auch sehr viele andere Zufälle, die gar nicht in ihrer Macht stehen, welche aber sehr viel austragen, und ihr Vornehmen entweder hindern oder fördern. Leute, welche den größten Welthändeln und wichtigsten Thaten großer Helden weislich zugesehen haben, können bezeugen, daß dieses wahr sei.
Ich will Gott bitten: erhebe Dein Angesicht über mich, und gib mir Frieden; auch will ich bitten, daß Er mit dem Uebel schaffe, daß mich’s nicht bekümmere (1 Chron. 4,10.). Ich will mich nicht weigern, Böses in diesem Leben zu empfangen, wie Lazarus, wenn es mich nur nicht bis zum Unglauben bekümmert, und von Gott, der ewigen Liebe, scheidet. Aber mitten unter diesem Bösen oder unter dieser Drangsal kann ich in Jesu Frieden haben, und die Verheißung genießen: daß denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen. Es ist also nicht nöthig, daß das Herz bald trotzig und bald verzagt sei, sondern es kann und soll fest sein durch Gnade, und durch die Kraft des Evangelii bei allen Abwechslungen des Schicksals in einem gleichen Sinn das Ziel der ewigen Ruhe erreichen.
Mel.: Valet will ich dir geben.
1.
Wer kann Dein Thun begreifen?
HErr, Du bist schrecklich groß;
Wenn Menschen Sünden häufen
Ziehst Du Dein Schlachtschwert los.
Du richtest ein Zerstören auf Deiner Erde an.
Du bist’s auch, der ihm wehren,
Und Kriegen steuern kann.
2.
Wenn Menschen Trotz Dir bieten,
So legst Du Ehre ein,
Und wenn sie noch mehr wüthen,
Wirst Du gerüstet sein.
Seid stille und erkennet,
Er sei der starke Gott;
Sein Eifer, wenn er brennet,
Macht alle Macht zu Spott.
3.
Die Kirche muß gewinnen.
Ihr Feinde, merkt es doch!
Denn Gott ist bei ihr drinnen,
Und darum bleibt sie noch.
Dem glaubigen Geschlechte
Hilft dieses Wort im Krieg:
Hie Schwert des HErrn! Die Rechte
Des HErrn behält den Sieg.

18. Januar. Abend-Andacht.

Christus wird unsern nichtigen Leib verklären, daß er ähnlich werde Seinem verklärten Leibe. Phil. 3,21.
Die Leiber der Glaubigen werden dadurch hochgeehrt, daß sie Tempel des Heiligen Geistes und ihre Glieder Christi Glieder genannt werden. Hingegen heißen sie auch, so lange das irdische Leben währet, nichtige Leiber, oder Leiber der Demüthigung, weil sie bei der Gnade der Wiedergeburt und Heiligung, so den Glaubigen widerfährt, keine Verwandlung erfahren, sondern ihre vorigen Eigenschaften behalten. Es ist demüthigend für einen glaubigen Christen, daß er einen Leib hat, welcher die Seele durch seine Schwachheit und Gebrechen drückt und oft hindert, welcher den Zunder zu bösen Lüsten enthält, welcher Glieder an sich hat, von denen Paulus 1 Kor. 12,23. sagt, daß sie uns dünken die unehrlichsten zu sein, welcher einer mühsamen Nahrung und Pflege bedarf, und durch dieselbe viele Beschäftigungen verursacht, welcher endlich den Tod leiden muß, als todt Jedermann zum Eckel, und durch die Verwesung in Staub verwandelt wird. Aber dieser Leib der Demüthigung ist bei Vielen der Magnet, welcher die ganze Seele an sich zieht: so daß diese den Bauch, den doch Gott bei der Auferstehung abthun wird, zum Gott macht, auf die Pflege und den Putz des Leibes ihre größte Sorgfalt wendet, und die Wollüste, welche sie durch die leiblichen Sinne empfindet, für ihr höchstes Gut hält. Solche Leute sind fleischlich gesinnt, und säen auf das Fleisch, werden aber von demselben ihr Verderben ernten.
Glaubige Christen aber hoffen, daß Christus ihre nichtigen Leiber bei der Auferstehung derselben verklären oder herrlich machen werde. Er wird ihnen also keine neuen Leiber geben, wenn Er sie ganz in Sein himmlisches Reich einführen wird: sondern eines Jeden Leib der Demüthigung, welcher in Unehre gesäet worden, wird alsdann in der Herrlichkeit auferstehen, und ihre Verherrlichung wird so weit reichen, daß sie dem verklärten Leib Christi ähnlich werden. Hier verliert sich nun unser Blick; denn wer kann verstehen, wie herrlich der Leib unsers erhöheten HErrn und Heilandes sei? Solche dinge sagt uns die heilige Schrift, damit sie unsere Hoffnung zu dem, was unbegreiflich und unaussprechlich ist, erhöhe, und dieses ist für einen Pilgrim genug. Ohne Zweifel wird der Mensch durch die Sinne des verklärten Leibes unaussprechlicher Ergötzungen fähig sein; weßwegen Paulus die Hoffnung dieser Verklärung dem irdischen Sinn derjenigen entgegensetzt, welche den Bauch zum Gott machen und ihre Herrlichkeit in ihrer Schande, das ist in ihren schändlichen Wollüsten suchen. Wer also sein Vaterland im Himmel hat, und sich selbst hienieden verleugnet, seines Leibes zwar, weil er das Werkzeug der Seele bei dem Dienst Gottes ist, schonet, doch aber nüchtern und mäßig ist, dem Leib versagt, was ihn geil machen könnte, und ihn betäubt oder hart hält, wo es die Anbetung Gottes und die Ausrichtung Seines Willens erfordert: - wer so gesinnt ist, wird nicht zu kurz kommen, denn wenn die fleischlichen Menschen fühlen werden, daß ihr Ende die Verdammniß sei, so wird hingegen sein Leib bei der Zukunft Christi vom Himmel verherrlicht werden, und von da an unaussprechlich mehr genießen, als ihm auf Erden um Christi willen versagt worden war. Gelobet sei de HErr, der den Seinigen diese Hoffnung gegeben hat, und diese Hoffnung dereinst überschwenglich erfüllen will!
Mel.: O Durchbrecher etc.
1.
Wenn der Würmer ihr Gewimmel
In dem Grab mir Grauen macht,
Schaut mein Glaube in den Himmel
Auf der Leiber neue Pracht;
Denn das Alte wird nicht währen,
Jesus machet Alles neu;
Er wird unsern Leib verklären,
Daß er Seinem ähnlich sei.
2.
Er kann viel mehr, als ich glaube,
Ihm ist Alles unterthan,
Daß Er aus dem schlecht’sten Staube
Etwas Schönes bilden kann.
Jetzo tragen wir auf Erden
Leiber der Erniedrigung;
Jesus heißt sie himmlisch werden,
Leiber der Verherrlichung:
3.
Lichte Augen, Gott zu sehen;
Ohren, scharf zum Harfenklang;
Füße, rein, bei’m Thron zu stehen;
Zungen, geistlich zum Gesang;
Häupter, klar zum Kronentragen,
Hände, werth der Palmenehr‘.
Doch was will man hier schon sagen,
Dort wird alles herrlicher!
4.
O Du Geist der Offenbarung,
Mach mich in der Zeit bereit
Zu der ewigen Erfahrung
Der geglaubten Herrlichkeit!
Seh‘ ich schon mein Grab hier offen,
Schreckt mich doch der Moder nicht;
Denn ich darf Verklärung hoffen,
Und die Hoffnung sieht in’s Licht.

19. Januar. Morgen-Andacht.

Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott. Ps. 42,3.
Gott ist nicht nur das höchste Wesen, das wir verehren, und der HErr, dem wir dienen sollen: sondern Er ist auch das einige wahre Gut, das unsere Seele gründlich vergnügen, das reinste Licht, das uns aufheitern und fröhlich machen, und der Lebendige, der uns beleben will. Wir sollen Ihn suchen, damit wir Ihn fühlen und finden mögen, weil Er nicht fern von einem Jeglichen unter uns ist. Wir sollen schmecken und sehen, wie freundlich der HErr sei. Er will Sich uns offenbaren und in uns wohnen, und in Ihm und mit Ihm sollen wir Friede haben. Das höchste Ziel der Geschöpfe ist dieses, daß Gott Alles in Allem sei, oder daß Er Alles mit Sich selbst ganz erfülle.
David sagte, seine Seele dürste nach dem lebendigen Gott. Er suchte also Gott nicht nur mit der Anwendung seines Verstandes, sondern auch und vornämlich mit seinen Begierden, welche aus dem Gefühl eines innerlichen Mangels entstanden; und solche Begierden werden oft in der heiligen Schrift ein Hunger und Durst genannt. Er war damals auf der Flucht und mußte des öffentlichen Gottesdienstes entbehren. Seine Feinde spotteten seiner, und sagten zu ihm: wo ist nun dein Gott? Seine Seele war traurig und unruhig, und sagte zu Gott: Deine Fluthen rauschen daher, daß hier eine Tiefe und da eine Tiefe brausen. Alle Deine Wasserwogen und Wellen gehen über mich. Warum hast Du mein vergessen? Warum muß ich so traurig gehen, wenn mein Feind mich dränget? Bei diesem Zustand nun sagte er: meine Seele schreiet zu Gott! Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott. Es war ihm also nicht zuerst um die äußerliche Hülfe, sondern um die innerliche Beruhigung seiner Seele zu thun. Er wollte innerlich Gott zu seiner Erquickung genießen, wie ein Hirsch nach seinem Durst frisches Wasser genießt. Er bekam auch, indem er diesen Psalmen schrieb, schon den Anfang eines solchen erquickenden Genusses, und konnte deßwegen am Ende seiner Seele zusprechen: was betrübst du dich meine Seele, und bist so unruhig in mir? harre auf Gott: denn ich werde Ihm noch danken, daß Er meines Angesichts Hülfe und mein Gott ist.
Auch ich wünsche, heut und täglich Gott zu genießen; denn ohne diesen Genuß ist die ganze Erde eine Wüste, das ganze Leben eine Kette von Mißvergnügen, und der Gottesdienst selber etwas Lästiges und Trockenes: ich weiß aber, daß der gütige Gott sich den durstigen Seelen gern mittheilt, und den Geist der Gedemüthigten gern erquickt. Er ist der Lebendige im höchsten Verstand. Ein geübter Christ merket den Unterschied zwischen Gott und den Geschöpfen, zwischen natürlichen und geistlichen Empfindungen, und zwischen leerer Einbildung und Wahrheit sehr deutlich, und, ob er gleich diesen Unterschied mit Worten nicht genugsam ausdrücken kann, so empfindet er ihn doch mit solcher Klarheit, daß er dabei über allen Zweifel erhaben ist, und kann hernach in eitlen Dingen sein höchstes Vergnügen nicht mehr suchen. Wer von Dir, o höchstes Gut, gegessen hat, den hungert immer nach Dir, und wer von Dir getrunken hat, den dürstet immer nach Dir. Sir. 24,28.29. Auf Erden hat Gott Sein Wort und die heiligen Sakramente als Gnadenmittel verordnet, durch welche Er Sich zu genießen gibt. In der seligen Ewigkeit aber wird es unmittelbar und vollkommen geschehen, wenn der Mensch Sein göttliches Angesicht sehen wird. Man wird satt werden, wenn man erwachen wird nach Seinem Bilde.
Mel.: Wachet auf, ruft uns die Stimme.
1.
Gott Du, Du bist lebendig,
Und in Unsterblichkeit selbstständig
In eigener Verherrlichung.
Du kannst von nichts abhangen;
Dein Leben hat nie angefangen,
Und weiß von keiner Aenderung.
Was lebt, das lebt von Dir
Im Himmel und auch hier.
Gott der Geister, Du bist’s allein,
Der Ruhm ist Dein,
Du warst, und bist und wirst auch sein.
2.
Du hast’s dem Sohn gegeben,
Auch Er hat in Sich selbst das Leben,
Ward Fleisch, und starb, und lebet nun.
Auch nach der Zeit des Falles
Belebt Dein Geist des Lebens Alles,
Was leben will und in Dir ruh’n.
Mein Gott, ach lasse mich
Jetzt und dann ewiglich
In Dir leben;
So hat’s nicht Noth
Auch selbst im Tod.
Du bist der Lebenden ihr Gott!

19. Januar. Abend-Andacht.

Du setzest sie auf’s Schlüpfrige. Ps. 73,18.
Assaph bekennt Ps. 73.: ich hätte schier gestrauchelt mit meinen Füßen, mein Tritt hätte beinahe geglitten; denn es verdroß mich auf die Ruhmredigen, da ich sahe, daß es den Gottlosen so wohl ging, denn sie sind in keiner Gefahr des Todes, sondern stehen fest, wie ein Palast. Sie sind nicht in Unglück, wie andere Leute, und werden nicht, wie andere Menschen, geplaget. Darum muß ihr Trotzen köstlich Ding sein, und ihr Frevel muß wohl gethan heißen. – Sie vernichten Alles, und reden übel davon, und reden und lästern hoch her u.s.w. Dieses Alles verdroß den Assaph desto mehr, da er von sich selbst sagen mußte: ich bin geplaget täglich, und meine Strafe ist alle Morgen da; wobei er dann versucht wurde zu gedenken: soll’s denn umsonst sein, daß mein Herz unsträflich lebet, und ich meine Hände in Unschuld wasche? Aus dieser Verwirrung konnte sich Assaph nicht heraus helfen, bis er in das Heiligthum oder in die Stiftshütte ging, wo man die Gegenwart Gottes vorzüglich fühlen konnte, um da zu beten. Plötzlich fiel ihm da ein, er solle auf das Ende der Gottlosen merken. Es kam auch so viel Licht in seine Seele, daß er zu Gott sagen konnte, was v. 18-28. steht, und wovon ein Theil dieses ist: Du setzest die Gottlosen auf’s Schlüpfrige, und stürzest sie zu Boden. Sie gehen unter, und nehmen ein Ende mit Schrecken u.s.w.
Weil nun dasjenige, was Assaph in diesem Psalmen beschreibt, noch immer in der Welt vorgeht, so ist’s billig, daß wir die Bekenntniß und Erkenntniß dieses heiligen Propheten wohl zu Herzen nehmen. Was insonderheit das Setzen der Gottlosen auf’s Schlüpfrige anlangt, so wird dadurch ein göttliches Verhängniß angedeutet, nach welchem sie in den scheinbaren, aber gefährlichen Glücksstand gesetzt werden, der v. 3-12. beschrieben ist; wiewohl er nicht bei Allen so völlig entsteht. Hiebei muß man aber den heiligen Gott nicht beschuldigen, als ob Er an der Gefahr und dem Untergang der Gottlosen schuldig sei. Er setzet sie auf’s Schlüpfrige, weil sie es mit Gewalt so haben wollen. Sie reißen Aemter an sich, zu deren rechter Verwaltung sie weder Treue noch Gaben haben. sie sammeln mit einem geizigen Bestreben einen Reichthum, zu dessen guter Anwendung weder ein guter Wille, noch ein guter Verstand bei ihnen ist. Sie heirathen nach ihrer Lust, und verwickeln sich dadurch in Schlingen, welche sie in die Sünde und Hölle hineinziehen. Sie mengen sich in Geschäfte, welche man nicht anders als durch schlimme Ränke durchsetzen kann. Sie schwingen sich in eine Gewalt hinein, und haben keine Fähigkeit, dieselbe mäßiglich zu gebrauchen. Alles dieses unternehmen sie ohne Gott. Sie fragen Ihn nicht im Gebet. Sie empfehlen Ihm ihre Wege nicht. Sie merken nicht auf Seine warnenden und unterweisenden Winke. Sie fahren durstiglich zu und versuchen Gott; da dann Gott sie auch in Versuchung führt, und sie durch Seine zulassende und mit Zorn vermengte Vorsehung auf das schlüpfrige Eis setzt, nach welchem sie mit Gewalt streben. Kein Gottloser wird Gott deßhalb an jenem Tage beschuldigen, weil einem jeden sein Gewissen sagen wird: er habe sich sein schlüpfriges Eis selber gewählt, und Gott sei nach vorhergegangenen treuen Warnungen nicht schuldig gewesen, sein Vornehmen mit Gewalt zu hindern. Besser ist’s, wenn man mit Assaph sagt: Du, o Gott, leitest mich nach Deinem Rath, und nimmst mich endlich mit Ehren an.
Mel.: Nun ruhen alle Wälder.
1.
Rühmt doch mir nichts vom Glücke,
Daß es bei aller Tücke
Den Bösen wohl gescheh‘.
Meint ihr, sie sei’n Paläste?
O nein, sie stehn nicht feste,
Gott setzt sie auf das Schlüpfrige!
2.
Wie werden sie zu nichte
Gleich einem Nachtgesichte,
Es ist ein Augenblick!
Gott stürzet sie behende;
Mit Schrecken ist ihr Ende.
Wer wünscht sich nun ein solches Glück?
3.
O Gott, dieß lautet kläglich;
Erhalte Du mich täglich
In Deines Geistes Zucht,
Damit mein Herz sich kehret
Zu dem, was ewig währet,
Nichts Eitles liebt, nicht Böses sucht.
4.
In herzlichem Vertrauen
Laß mich auf Dich nur bauen
Und auf Dein ewig’s Wort.
Ein Haus auf diesem Grunde
Reißt auch zur letzten Stunde
Kein Regen, Wind, noch Wasser fort.
5.
Und haben meine Tage
Hier reichlich ihre Plage,
So lehre mich Geduld.
Das Weltglück ist nur Schade;
Mein Glück sei Christi Gnade,
Mein Wohlsein Deine Vaterhuld!

20. Januar. Morgen-Andacht.

Gott, dem Seligen, sei Ehre in Ewigkeit! Amen. 1 Tim. 6,15.16.
Gott Bedarf keines Dings, das außer Ihm ist. Niemand ist gut als Er, und zwar ist Er wesentlich und unermeßlich gut. Er ist Licht und Liebe. Er hat das Leben in Sich selber. Alles, was Freude und Ruhe machen kann, hat und sieht Er in Sich selber. Er ist also der Selige im allerhöchsten Verstand. Er hat die Welt nicht deßwegen erschaffen, als ob Er derselben bedürftig gewesen wäre, und wenn Ihm von den Geschöpfen Ehre gegeben wird, so ist Er würdig, sie zu empfangen, und hat ein Wohlgefallen daran, und das höchste Recht, sie zu fordern: doch wird Seine innerliche Seligkeit dadurch nicht vermehrt. Er kann zu allen Geschöpfen sagen: Wer hat Mir etwas zuvor gegeben, das Mir wieder vergolten werde (Röm. 11,35.). Wenn ein Geschöpf selig heißt, so ist es nicht wegen seiner Natur selig, sondern wegen der Inwohnung Gottes, der ihm Seine Seligkeit mittheilet; wie man an vielen Engeln und an den Menschen wahrgenommen hat, welche bei ihrem Abfall von Gott ihre Natur oder ihr Wesen behalten, die Seligkeit aber, welche ihnen Gott vorher mitgetheilt hatte, verloren haben.
Wenn ich also ein seliger Mensch werden will, so darf ich weder in mir selbst, noch in meinen Glücksgütern, noch in irgend einem andern Geschöpf ruhen, sondern muß mich an Gott wenden, und wenn ich Seiner göttlichen Natur durch die Vereinigung mit Ihm, oder durch Seine Inwohnung in mir theilhaftig werde, so werde ich eben dadurch der Seligkeit theilhaftig. Alsdann aber wird meine Seligkeit vollkommen sein, wenn Gott in mir Alles sein, oder mich ganz mit Sich selbst erfüllen wird. Zu diesem Ziel gelangt man aber freilich durch viele Stufen. Die erste ist, daß der von Gott abgewandte Sünder sich zu Ihm umwendet oder bekehrt, Ihn mit seinem Verlangen und Gebet unter dem Gefühl seines Elends zu suchen anfängt, und Seiner Gnade theilhaftig wird. Bei dieser Gnade nimmt Gott von dem Innersten der Seele Besitz, und fängt schon an darin zu wohnen, und den Menschen etwas von Seiner Seligkeit genießen zu lassen. Doch weil noch viele ungetödtete Lüsternheit, Eigenliebe und Weltliebe in der Seele ist, welche zwar nimmer herrscht, aber doch die Seele oft verfinstert und in eine Unordnung bringt, ja auch dem Satan eine Gelegenheit gibt, sie zu bestürmen: so wird der Genuß der göttlichen Seligkeit oft gehemmt, ja es gibt Stunden, wo man sie gar nicht wahrnimmt, und die Seele keine andere Empfindung hat, als die Empfindung ihrer Schwachheit und Verderbniß. Doch kommen bald wieder Stunden, worin sie wahrnimmt, daß der selige Gott doch bei ihr drinnen geblieben sei, ob sie Ihn schon eine zeit lang nicht empfunden hatte. Je mehr aber die Seele in der Heiligung wächst, und je stärker und geübter ihre geistlichen Sinne werden: desto deutlicher und völliger genießt und empfindet sie den seligen Gott in ihr selbst; wiewohl immer unter Abwechslungen, so lange das irdische Leben währt. Es gibt Leute, welche hierin ausnehmende und außerordentliche Erfahrungen bekommen haben, die man nicht verspotten soll, aber auch sich selber nicht nehmen und geben kann. Wenn aber nun eine gerechte und geläuterte Seele von dem Leibe geschieden wird, so wird sie zu dem seligen Gott hingerückt und genießt Seine Seligkeit, Seine Ruhe, Seine Freude viel völliger, und beständiger, als sie dieselbe im Leibe genießen können: wenn aber auch der Leib wird auferweckt sein, so wird Gott Seine Seligkeit dem Menschen auch durch die Sinne dieses auferweckten und verklärten Leibes mittheilen. Selig sind, die Seine Gebote halten; auf daß ihre Macht sei an dem Holz des Lebens, und zu den Thoren einzugehen in die Stadt ihres Gottes, in das neue Jerusalem. Offenb. 22,14.
Mel.: Allein Gott in der Höh‘ sei Ehr‘.
1.
Selbstseliger, der nur in Sich
Sich ganz allein vergnüget,
Nur Du bedarst nichts, außer Dich,
Worauf Dein Urgrund lieget.
Des Vaters Liebe zu dem Sohn
Und beider Geist auf gleichem Thron
Ist Gottes eig’ne Wonne.
2.
Was je darf in Vollkommenheit
Vor Deinem Throne stehen,
Das hält‘s für seine Seligkeit,
Dich Seligen zu sehen.
Dich betet an, was heilig ist,
Dich wünscht zu sehen, wie Du bist,
Was Jesus zu Dir führet.
3.
Wir schwache Kinder lallen hier
Von Deinem tiefen Wesen
Im glauben nur, wie wir von Dir
In Deinem Worte lesen.
Ach, bring‘ uns vor Dein Angesicht,
Dich einst vollkommen in dem Licht
Im Schauen zu erkennen!

20. Januar. Abend-Andacht.

Nun aber gebeut Gott allen Menschen an allen Enden, Buße zu thun. Ap. Gesch. 17,30.
Paulus redete dieses, als ein Haufe von atheniensischen Männern vor ihm stand, unter denen einige Weltweisen von der Epikurer und Stoiker Sekte waren. Alle diese Leute hielten ihre Nation für die weiseste unter allen Nationen, und die Athenienser standen insonderheit in der Einbildung und im Ruf, daß sie unter den Griechen die Gescheidtesten seien. Wie befremdlich muß es ihnen also gewesen sein, daß ihnen Paulus von einer Zeit der Unwissenheit sagte, die Gott übersehen habe, und daß Er nun allen Menschen an allen Enden, folglich auch ihnen, gebiete, Buße zu thun oder den Sinn zu ändern. Es ist nicht zu leugnen, daß zu Athen die Künste und Wissenschaften, welche die menschliche Vernunft erreichen kann, fleißiger als anderswo getrieben worden sind. Es gab da immer viele Weise nach dem Fleisch; und auch die Bürger, welche keine Gelehrten waren, hatten eine gewisse Feinheit des Witzes und der Sitten. Allein Gott sahe dieses Alles nicht an. Sie waren doch unwissende Leute. Sie kannten den wahren Gott nicht, und noch weniger den Erlöser. Sie hielten sich viele Laster zu gut. Und was ihre Weltweisheit anbelangt, so war keine Festigkeit dabei, denn sie waren immer nur darauf gerichtet, daß sie etwas Neues sagen oder hören möchten.
Hieran spiegle sich nun die heutige Christenwelt, welche, um sich zu verfeinern, vieles von der griechischen Weisheit, Sitten und Anstalten (worunter auch die Schauspiele zu rechnen sind) zu Hülfe nimmt. Ach das Wort Gottes gehet über Alles! Zu einem Volk, welches dasselbe hat, darf man sagen, was Moses 5 Mos. 4,6.7.8. zu dem Volk Israel gesagt hat: das wird eure Weisheit und Verstand sein bei allen Völkern, wenn sie hören werden alle die Gebote, daß sie müssen sagen: Ei welche weise und verständige Leute sind das, und ein herrlich Volk! denn wo ist so ein herrlich Volk, zu dem Götter also nahe sich thun, als der HErr unser Gott, so oft wir Ihn anrufen? Und wo ist so ein herrlich Volk, das so gerechte Sitten und Gebote habe, als alle dieß Gesetz, das ich euch heutiges Tags vorlege? Welches Menschen Sinn nun mit dem Wort Gotte nicht übereinkommt, derselbe muß Buße thun oder seinen Sinn ändern, folglich anders denken, als er vorher gedacht hat, lieben, was er vorher gehaßt hat, hassen, was er vorher geliebt hat, und den dreieinigen Gott und sich selbst und alle Dinge anders ansehen als vorher. Und dieses gebeut Gott allen Menschen an allen Enden, den Gelehrten wie den Ungelehrten, den Feinen wie den Barbaren, und indem Er’s gebietet, will Er durch die Kraft Seines gebietenden Wortes diese Sinnesänderung, wenn sie Ihm nicht widerstreben, in ihnen wirken. Es läßt sich eine feine Tugendlehre mit der Vernunft leicht begreifen, beweisen, bejahen und nachsagen: allein hiemit ist der Sinn noch nicht gebildet. Derjenige, der von der Demuth fein geredet oder geschrieben hat, kann stolz sein, und weiß es nicht, derjenige, der den Geiz gescholten hat, kann geizig sein, und es nicht wissen, und wer die Sanftmuth aus guten Gründen angepriesen hat, wird vielleicht in der nächsten Stunde von einem beleidigenden Jähzorn hingerissen. So weit ist also die räsonnirende Vernunft von dem Sinn unterschieden. Der gute Sinn ist eine innerliche Fertigkeit, richtig zu denken, zu fühlen, zu wollen oder nicht zu wollen, welche dem Geist oder der neuen Natur ganz natürlich ist, und gemeiniglich so schnell wirkt, daß man sich auf Regeln und Beweise nicht zugleich besinnen kann. Darum sagt Christus: ihr müsset von Neuem geboren werden, und was von dem göttlichen Geist geboren ist, ist Geist. Der Sinn dieses aus Gott gebornen Geistes ist allein derjenige, der Gott gefällt.
Mel.: Meinen Jesum laß ich nicht.
1.
Allen Menschen insgemein
Wird zur Buße aufgeboten;
Jesus wird ein Richter sein
Der Lebendigen und Todten;
Da fängt Lohn und Strafe an;
Selig, wer hier Buß‘ gethan!
2.
Was sich da in Büchern find’t
Von unzählbar’n Millionen
Derer, die schon Erde sind,
Und die noch auf Erden wohnen,
Alles hört sein Urtheil an.
Selig, wer hier Buß‘ gethan!
3.
Mit Gerechtigkeit spricht Er,
Er entdeckt den Rath der Herzen;
Dort bleibt keine Gnade mehr
Denen, die sie hier verscherzen;
Keine Ausflucht nimmt Er an.
Selig, wer hier Buß‘ gethan!
4.
Jetzt kann man vor Seinem Thron
Noch Barmherzigkeit empfangen;
Dort hingegen, wollt‘ man schon,
Darf man keine mehr verlangen;
Denn da brennt Sein Zorn schon an.
Selig, wer hier Buß‘ gethan!
5.
Jesu, der du durch Dein Wort
Mich zur Buße hast gerufen,
Führe Dein Werk an mir fort
Bis vor Deines Thrones Stufen;
Da geht Dank und Wonne an
Daß ich durch Dich Buß‘ gethan!

21. Januar. Morgen-Andacht.

Mein Leib und Seele freuen sich in dem lebendigen Gott. Ps. 84,3.
Jeremias sagt in seinen Klageliedern Kap. 3,33 von Gott, daß Er die Menschen nicht von Herzen plage und betrübe: dasjenige aber, was Gott von Herzen thut, ist erfreuen. Er ist ein Licht, und in Ihm ist keine Finsterniß: darum kann und soll Alles durch Ihn aufgeheitert werden. Er ist die Liebe, darum soll Alles durch Ihn gesegnet und erfreut werden. Auch die unvernünftigen Thiere genießen etwas von der erfreuenden Liebe die Gott gegen Seine Geschöpfe hat; weßwegen Ps. 65,9. von Ihm gesagt wird: Du machest fröhlich, was da webet, das ist, was sich beweget, beide des Morgens und des Abends.
Ein wiedergeborner Christ hat insbesondere Ursachen genug, sich in dem lebendigen Gott zu freuen, wenn er Seiner Gnade in Christo Jesu durch den Heiligen Geist versichert ist, und zu gewissen Zeiten Seine Liebe deutlich empfindet, und zugleich liebliche Aussichten in die selige Ewigkeit hat. Eine solche geistliche Freude macht den Menschen nicht toll, wild und ausschweifend, wie die Freude der Welt, sondern still, sanft, liebreich, und bricht in’s Lob Gottes und in die innigste Aufopferung an Gott aus. Sie hat ihren Sitz im Innersten der Seele, das ist im Herzen; weßwegen Christus zu Seinen Aposteln Joh. 16,22. sagte: euer Herz soll sich freuen, und Sirach Kap. 30,16. sie des Herzens Freude nennt. Sie ergießt sich aber zuweilen nicht nur in die ganze Seele, sondern auch in den Leib, daß dieser munter wird, das Lob Gottes auszusprechen, und Seinen Willen zu thun, oder auch durch Geberden und Bewegungen die innerliche Freude an den Tag zu legen. Ein Beispiel einer solchen durch den Leib ausbrechenden Freude ist David, der, als er die Lade des HErrn auf den Berg Zion tragen ließ, vor derselben unter dem Jauchzen des Volks und unter dem Schall der Posaunen nach der morgenländischen Weise mit aller Macht tanzte oder hüpfte, 2 Sam. 6,14.15. Der israelitische Gottesdienst bei der Stiftshütte und im Tempel war zur Zeit Davids und Salomo’s zur Erweckung einer solchen geistlichen Freude besonders gut eingerichtet. Es herrschte Andacht und Ordnung dabei. Die Opfer waren Lehrbilder, welche an den künftigen Messias mahnten. Große Chöre von Sängern lobeten Gott durch Absingung der Psalmen, und spielten dabei auf lieblichen Instrumenten, und was man dabei sahe, war ergötzend. Auch im Neuen Testament soll man sich in dem HErrn freuen, und zur Erweckung einer gemeinschaftlichen Freude den HErrn mit Psalmen und Lobgesängen und geistlichen lieblichen Liedern preisen. Kol. 3,16.
In jener Welt wird es freilich noch besser hergehen, wenn eine frohe weißgekleidete Schaar, die Niemand zählen kann, vor dem Thron Gottes stehen, und Ihn gemeinschaftlich loben wird, Offenb. Joh. 7.; wenn hundert und vier und vierzig Tausende bei einem Harfenton auf dem Berg Zion ein neues Lied singen werden, Offenb. Joh. 14.; und wenn Andere an dem gläsernen Meer auf Gottes Harfen spielen und zugleich das Lied Mosis des Knechtes Gottes und das Lied des Lammes singen werden, off. 15. Alsdann werden die Tage des Leids ein Ende haben, und auf die vorhergegangene Thränensaat wird eine ewige Freudenernte gefolgt sein. Lasset uns jetzt in der Hoffnung dieser himmlischen Freuden fröhlich sein!
Mel.: Ach bleib‘ mit Deiner Gnade.
1.
Ich danke Dir, mein Schöpfer,
Daß Du auch mein gedenkst,
Und als mein weiser Töpfer
Mir Leib und Seele schenkst.
2.
Du, Gott! erhältst mir beide,
Als Werke Deiner Hand,
Den Leib in Speis‘ und Kleide,
Die Seele bei Verstand.
3.
Du hast im Wasserbade
Den Leib zur Ewigkeit,
Und durch den Geist der Gnade
Die Seele zubereit’t.
4.
Gib, daß ich mich befleiße,
Durch Kraft, die Du verheiß’st,
Daß ich Dich allzeit preise
Am Leibe und am Geist.
5.
Gib Ruh‘ von allem Jammer
Nach sanft gelöstem Band
Dem Leib in seiner Kammer, Der Seel‘ in Deiner Hand.
6.
Zuletzt gib diesen zweien
Im Ansteh’n aus dem Tod
Daß Leib und Seel‘ sich freuen
In dem lebend’gen Gott!

21. Januar. Abend-Andacht.

Und wir werden also bei dem HErrn sein allezeit. 1 Thess. 4,17.
Der HErr Jesus ist bei den Seinigen alle Tage bis an der Welt Ende. Er ist mitten unter ihnen, wenn sie in Seinem Namen versammelt sind. Er wandelt mitten unter den goldenen Leuchtern, das ist unter den christlichen Gemeinden. Hingegen sagte Paulus: ich habe Lust abzuscheiden und bei Christo zu sein, wir haben Lust außer dem Leibe zu wallen und daheim zu sein bei dem HErrn, und: nach der Auferstehung werden wir dem HErrn entgegen gerückt werden in der Lust, und also bei dem HErrn sein allezeit. Wenn man sagt, daß man bei Jemand sei, so hat es seinen Bezug auf die Wohnung des Andern. Wenn ich nämlich in meines Freundes Wohnung bin, so bin ich bei meinem Freund, und wenn er in meiner Wohnung ist, so ist er bei mir. Wenn wir also bei dem HErrn sein werden, so werden wir sein, wo Er wohnt, wo Sein Thron ist, wir werden in Seinem Haus oder Tempel sein: wenn Er aber bei uns ist, so ist Er da, wo wir als Pilgrime wohnen und wallen. Sehr merkwürdig sind aber die Worte, die Offenb. Joh. 21,3. stehen, wo gesagt wird: siehe da eine Hütte Gottes bei den Menschen, und Er wird bei ihnen wohnen, und sie werden Sein Volk sein, und Er selbst, Gott bei ihnen, wird ihr Gott sein. Hier wird gesagt, daß Gott und die Menschen gleichsam so nahe zusammen rücken werden, daß Gott bei den Menschen Seine Hütte haben und wohnen werde. Das neue Jerusalem ist eine Stadt, die den auserwählten Menschen bereitet ist, Hebr. 11,16. In dieser Stadt oder Wohnung der Menschen aber wird auch Gott Seine Hütte haben. Er wird selbst auch darin wohnen. Der Thron Gottes und des Lammes wird drinnen sein. Die Menschen werden da allezeit bei Ihm, und Er selbst Gott wird bei ihnen sein. Unbegreifliche Herablassung Gottes! Ungemeine Vertraulichkeit, deren Er die Menschen würdigen wird! Neue und innige Verbindung, in die Er mit ihnen treten wird!
Aber wie? ist nicht unser Gott ein verzehrendes Feuer? Hebr. 12,29. Wer ist unter uns, der bei einem verzehrenden Feuer wohnen möge? Wer ist unter uns, der bei der ewigen Glut wohne? Aber ach, so sagen nur die Sünder und Heuchler Jes. 33,14., welche die Versühnung, die Christus am Kreuz gestiftet, durch den Glauben nicht empfangen haben. Wer sie aber empfangen hat, wer mit der Gerechtigkeit Christi bekleidet, wer in Ihm ist, dem ist Gott ein liebliches Licht, und kein verzehrendes Feuer, und Seine Herrlichkeit ein erquickendes Gut, und keine brennende Gluth. Christus ist der Weg zum Vater. Niemand wage es anders als auf diesem Weg zu Gott zu nahen. Freilich werden am jüngsten Tag, wenn Christus auf dem Thron Seiner Herrlichkeit sein wird, alle Völker vor Ihm versammelt werden: allein denjenigen, welche Seine Gerechtigkeit und Sein Bild nicht haben, wird das Stehen vor ihm eine große Pein sein. Freilich wird auch bei den Gerechten eine Verherrlichung ihrer Natur vorgehen müssen, um die Herrlichkeit Gottes nicht nur zu ertragen, sondern auch als das höchste Gut zu genießen; denn die sterbliche Natur geräth in ein Entsetzen, ja in eine Ohnmacht, wenn ihr Gott in Seiner Herrlichkeit erscheint, wie die Beispiele des Jesaias, Ezechiels, Johannis und Anderer beweisen. Der HErr erfülle auch an mir und den Meiningen, was Er Joh. 14,3. Seinen Jüngern verheißen hat: Ich will wieder kommen, und euch zu mir nehmen, daß ihr seid, wo ich bin.
Mel.: Aus meines Herzens Grunde.
1.
Hier Jesum zu erkennen,
In Ihm durch Glauben stehn,
Zu Ihm in Liebe brennen,
Mit Ihm zum Leiden gehen:
Ist zwar schon Seligkeit,
Allein nur noch auf Erden:
O aber was wird’s werden,
Bei Ihm sein allezeit!
2.
Bei Ihm auf Seiner Weide
Von Lebenswassern satt,
Bei Ihm in Seiner Freude,
Bei Ihm in Seiner Stadt,
Bei Ihm vor Seinem Thron!
Doch schwacher Sinn, zurücke
Mit dem zu kühnen Blicke,
Hier steht kein Aug‘ davon!
3.
Erhalte, HErr, mich Armen
Im Glauben nur in Dir,
Und bleibe mit Erbarmen
In dieser Zeit bei mir,
Bis sie durchstritten ist.
Ich bin, so lang ich walle,
Nicht sicher vor dem Falle,
Wo Du nicht bei mir bist.
4.
Laß mich, bis ich entschlafe,
In Dir erfunden sein,
Und führ zur Zahl der Schafe
Mich in den Himmel ein
Bin ich alsdann bei Dir,
Verherrlichter Erlöser,
So wird mein Heil erst größer,
Dein Nam‘ erst groß an mir!

22. Januar. Morgen-Andacht.

Ich will Mich selbst Meiner Heerde annehmen, und will sie suchen. Ezech. 34,11.
in den ersten Zeiten der Welt sind die Menschen nur in Geschlechter eingetheilt gewesen, da man denn wahrnehmen konnte, daß die Geschlechter Seths, Sems und Abrahams in Ansehung der Gnadenmittel vor andern gesegnet waren. Nachdem die meisten Menschen in Völker eingetheilt waren, erwählte Gott das Volk Israel aus allen Völkern, und gab ihm besondere Vorzüge: im neuen Testament aber ist aus Juden und Heiden ein Volk entstanden, welches das Christenvolk heißt. Es ist aber bekannt, daß über die ehemaligen Geschlechter der Patriarchen, über das Volk Israel, und über das Christenvolk vielerlei Schicksale gegangen sind. Die Glieder derselben haben zuweilen eine gemeinschaftliche Ruhe und Freiheit genossen, zuweilen aber sind sie gedrückt und zerstreut worden. Diese Schicksale haben zuweilen die Glaubigen mit den Unglaubigen, doch am meisten jene betroffen, von denen viele sogar als Schlachtschafe getödtet worden sind. Wenn nun die Schafe Gottes zerstreut, und ein Raub der wilden Thiere sind, und überdieß, wie der HErr Ezech. 34. klagt, faule, eigennützige und harte Hirten haben: wessen sollen sie sich trösten? Sie sollen sich des HErrn trösten, der nicht aufhört, ihr Hirte zu sein. Er rufet Seinen Schafen mit Namen, Er siehet auf sie, sie mögen sein wo sie wollen. Er ist ihnen nahe. Man bedenke, was David Ps. 23. aus dem Hirtennamen Gottes für glaubige Schlüsse gemacht hat, da er sagte: Der HErr ist mein Hirt, mir wird nichts mangeln. Er weidet mich auf einer grünen Aue, und führet mich zum frischen Wasser. Er erquicket meine Seele: Er führet mich auf rechter Straßen um Seines Namens willen u.s.w. Man bedenke auch, welche große Dinge Jesus mit Seinem wahrhaftigen Munde Seinen Schafen Joh. 10. verheißen habe. Was aber die Verfassung der ganzen Heerde Gottes betrifft, so nimmt sich der treue Hirte derselben zur rechten Zeit hülfreich an, und bringt die zerstreuten Schafe wieder in eine neue gesegnete Verbindung unter ihnen selbst, worin ein großer Theil ihrer Glückseligkeit besteht. So wurden die Israeliten nach der babylonischen Gefangenschaft wieder zusammen gebracht, so die Christen nach dem Ende einer jeden Verfolgung. Und so wird auch in der künftigen Zeit, wenn das Zerstreuen des heiligen Volks ein Ende haben wird (Dan. 12,7.), an Israel völlig erfüllt werden, was Ezech. 34,12.13.14.15. u.s.w. steht. Gott sucht zu allen Zeiten die verlornen Schafe: Er sucht aber auch Seine schon gefundenen, die Seine Herde sind, zusammen, insofern sie vorher zerstreut waren, denn Sein ewiger Vorsatz bringt es mit sich, daß nicht jedes für sich bleibe, sondern daß sie alle mit einander Eine Heerde seien, und Eine Weide genießen und daß die Glieder Seines Leibes einander zum geistlichen Wachsthum Handreichung thun, welche ohne eine äußerliche Verbindung nicht möglich ist. Auch jetzt, da man sagen muß: es ist böse Zeit, und da die Heerde Christi noch zerstreut ist, sollen Kinder Gottes dennoch einander lieben, für einander beten, und ein jedes dem andern mit der Gabe, welche es empfangen hat, dienen. Sie sollen untereinander Gemeinschaft haben, dabei aber soll ihrer aller Gemeinschaft mit Gott dem Vater und Seinem Sohn Jesu Christo sein; sie sollen von der Gleichheit des Sinnes und der geistlichen Handreichung, die in der Liebe geschehen muß, so viel zu erreichen trachten, als bei der bösen Zeit möglich ist. Die Aussicht auf bessere Zeiten ist ein Stück der Hoffnung, und wehrt dem Aergerniß, das man an den Wegen und Gerichten Gottes nehmen könnte. Indessen gebe sich ein Jeder Gott als ein Werkzeug zur Erfüllung Seiner Verheißungen hin; denn wer ist, der diese geringen Tage verachte? (Zach. 4,10.) Aus sehr vielen Bemühungen und Werken, welche Kleinigkeiten zu sein scheinen, entsteht endlich durch Gottes Weisheit und Kraft etwas Großes. Aber wie viele nicht zerstreute, sondern gar verlorne Schafe sind noch in der Welt! Diese sucht der gute Hirte Jesus durch den Dienst Seiner Knechte, und wer merkt, daß er so gesucht werde, lasse sich finden, und den neunundneunzig Schafen Jesu, die in der Wüste auf der Weide gehen, beifügen.
Mel.: Von Gott will ich nicht lassen.
1.
Unendliches Erbarmen,
Daß Jesus Sünder sucht!
Gibt’s auch noch ärm’re Armen,
Als Menschen, die verflucht?
Der Heiland sucht noch heut‘;
Gebt, Sünder, Ihm Gehöre;
Gebt, Sünder, Ihm die Ehre,
Die ihr gefunden seid!
2.
HErr! Du hast mich gefunden,
Hie bin ich, nimm mich hin,
Weil ich durch Deine Wunden
Vom Fluch erlöset bin.
Was war, was hatte ich?
Ich hatte vor Dir Scheue,
Du hattest für mich Treue,
Du liefst und fandest mich.
3.
Ich will die Treue loben,
Die mir Verirrtem rief.
Die Gnade sei erhoben,
Die mich mit Macht ergriff,
Die mir das Herz bewegt,
Die mir das Heil gewiesen.
Die Liebe sei gepriesen,
Die mich zum Himmel trägt!

22. Januar. Abend-Andacht.

Unser Wandel ist im Himmel. Phil. 3,20.
Weil unser Wandel oder unser bürgerliches Heimwesen im Himmel ist, so sind wir Fremdlinge und Pilgrime auf der Erde, wie schon Jakob gegen den König Pharao bekannt ist, da er seine Lebenszeit die Zeit seiner Wallfahrt nannte. Es zeigen aber diese Ausdrücke nicht nur dieses an, daß wir auf der Erde keine bleibende Stätte haben, und eine zukünftige und himmlische suchen müssen, sondern auch, daß wir durch die Wiedergeburt recht eigentlich zur Aufnahme in den Himmel, und zum Genuß dessen, was himmlisch ist, gebildet werden. Auch auf Erden fühlt ein Jeder, daß er zu seinem Vaterland einen besondern Hang habe, und da am liebsten sei, gesetzt auch, daß dieses Vaterland eine rauhe und für Andere unangenehme Gegend wäre. Allein der Mensch, der diesen Hang hat ist schon so gebildet, daß ihm die Sitten und Gebräuche seines Vaterlands, und die dinge, die man in demselben sieht und hört, hat und genießt, am besten behagen; da hingegen die Sachen, welche ihm in der Fremde vorkommen, seinem Gemüth leichtlich ungereimt scheinen, und widerlich sein können. Auf diese Weise ist nun auch ein Christ in Ansehung der himmlischen Dinge gebildet und gesinnt, aber freilich nicht nach seiner Natur, die er durch die leibliche Geburt empfangen hat. Es muß durch eine andere Geburt eine Veränderung in dem Menschen vorgehen, und diese ist die Geburt aus Gott, durch welche eine geistliche Natur in dem Menschen entsteht, welche mit den himmlischen Dingen eine Aehnlichkeit hat, und sich allein zu denselben schickt; denn was himmlisch ist, heißt auch geistlich, wie aus 1 Kor. 15,45-49. erhellt. Nach dem Geist, der aus dem ewigen Geist Gottes geboren ist, suchet ein Christ, was droben ist, da Christus ist, sitzend zur Rechten Gottes, Kol. 3,1. ein geistlicher Mensch hat Lust, außer dem Leibe zu wallen, und daheim zu sein bei dem HErrn, 2 Kor. 5,8. Er hat Lust abzuscheiden, und bei Christo zu sein. Phil. 1,23. Weil er aber auch weiß, daß Fleisch und Blut, das ist der irdische Leib, wie er aus Fleisch und Blut besteht, das himmlische Reich Gottes nicht ererben könne, so legt er diesen Leib gern ab, und gibt ihn gern in die Verwesung hin, damit er als ein geistlicher Leib auferstehen, und als ein solcher die himmlischen Dinge auch genießen möge. Je völliger nun das geistliche Leben in ihm ist, mit einem desto völligern Glauben und mit einer desto gewissern Hoffnung kann er sagen: mein bürgerliches Heimwesen ist im Himmel. Mit dem Wachsthum seines geistlichen Lebens wächst auch sein Verlangen nach diesem Heimwesen und sein Eckel an den irdischen Dingen. Welch‘ ein Unterschied ist zwischen einer Menschen-Seele, die nichts hat, als ihre zu dem irdischen Leben eingerichteten, und von der Sünde überdieß geschwächten, zerrütteten und befleckten Kräfte und Sinne, und zwischen einer wiedergebornen Seele, die geistlich worden ist, und den Geist Dessen, der Jesum von den Todten auferwecket, in sich hat! Wir wollen also den Sinn der Pilgrime und Fremdlinge auf der Erde behaupten, Alles, was unter der Sonne ist, nach Salomo’s Anweisung als eitel ansehen, an nichts, was sichtbar ist, uns vergaffen, unser Gutes nicht begehren in diesem Leben zu empfangen, der Stunde, worin wir alles Irdische verlassen werden, uns oft erinnern, indessen aber nüchtern und mäßig sein, wachen und beten, und dem HErrn leben. Lasset uns bei den Beschwerden des irdischen Lebens, die uns oft lange zu währen scheinen, nicht muthlos werden, denn das himmlische Vaterland wird alle unsere Wünsche nicht nur erfüllen, sondern auch überschwenglich übertreffen. Hallelujah!
Mel.: O Jerusalem, du schöne.
1.
Unser Wandel ist im Himmel:
Das ist eines Christen Sinn;
Und durch ein berauscht Getümmel
Dringt er in der Welt dahin.
Selten ragt sie nach der Stadt,
Die der Gast zur Heimath hat.
2.
Sie verhöhnet seine Sache
Und versteht den Wandel nicht;
Sie bewundert seine Sprache,
Weil er nicht auch weltlich spricht;
Landfremd scheint er angethan,
Denn er ziehet Christum an.
3.
Aber laßt die Tolle schelten,
Laßt sie hier zu Hause sein;
Christen tauschten tausend Welten
Nicht für ihren Himmel ein.
Waren sie schon niemals dort,
Sieht der Glaube doch den Ort.
4.
Jesu, der Du hingegangen,
Der Du unsre Hoffnung bist,
Lehr‘ mich herzlich heim verlangen,
Wo das Bleiben ewig ist;
Meine Schritte gängle Du;
Werd‘ ich müde, sprich mir zu!
5.
Gib Dein Wort und Sakramente
Mir mit auf den Weg dahin,
Bis mein Glaube an dem Ende,
Und ich bei dem Vater bin.
Dort vor Gottes Angesicht
Ist der Wandel in dem Licht!

23. Januar. Morgen-Andacht.

Alles, was Odem hat, lobe den HErrn, Hallelujah. Ps. 150,6.
Diese Worte sind der Beschluß des unschätzbaren Psalters, dessen Nutzen Dr. Luther in seiner Vorrede mit folgenden Worten beschrieben hat: „wo findet man feinere Worte von Freuden, denn die Lobpsalmen oder Dankpsalmen haben? da siehest du allen Heiligen in’s Herz, wie in schöne, luftige Gärten, ja wie in den Himmel, wie feine, herzliche Blumen darin aufgehen von allerlei fröhlichen Gedanken gegen Gott und Seine Wohlthaten. Wiederum, wo findest du tiefere, kläglichere, jämmerlichere Worte von Traurigkeit, denn die Klagpsalmen haben? Da siehest du abermals allen Heiligen in’s Herz, wie in den Tod, ja wie in die Hölle. Wie finster und dunkel ist’s da von allerlei betrübtem Anblick des Zornes Gottes! Also wo sie von Furcht und Hoffnung reden, brauchen sie solche Worte, daß kein Maler also könnte die Furcht und Hoffnung abmalen – und ist das allerbeste, daß sie solche Worte gegen Gott und mit Gott reden, welches macht, daß zweifältiger Ernst und Leben in den Worten sind. -–Daher kommt's auch, daß der Psalter aller Heiligen Büchlein ist, und ein Jeglicher, in welcherlei Sachen er ist, Psalmen und Worte darin findet, die sich auf seine Sachen reimen, und ihm so eben sind, als wären sie allein um seinetwillen also gesetzt, daß er sie auch selbst nicht besser setzen oder finden kann, noch wünschen mag. Welches denn auch dazu gut ist, daß, wenn Einem solche Worte gefallen und sich mit ihm reimen, daß er gewiß wird, er sei in der Gemeinschaft der Heiligen, und es sei allen Heiligen gegangen, wie es ihm geht, weil sie alle Ein Liedlein mit ihm singen. Sonderlich, so er sie auch kann also gegen Gott reden, wie sie gethan haben, welches im Glauben geschehen muß; denn einem gottlosen Menschen schmecken sie nicht. Zuletzt ist im Psalter die Sicherheit und ein wohl verwahrtes Geleit, daß man allen Heiligen ohne Fahr darinnen nachfolgen kann. Denn andere Exempel und Legenden von den stummen Heiligen bringen manch‘ Werk vor, das man nicht kann nachthun. Vielmehr Werke aber bringen sie, die gefährlich sind nachzuthun, und gemeiniglich Sekten und Rotten anrichten, und von der Gemeinschaft der Heiligen führen und reißen. Aber der Psalter hält dich von den Rotten zu der Heiligengemeinschaft, und er lehrt dich in Freuden, Furcht, Hoffnung, Traurigkeit gleich gesinnt sein und reden, wie alle Heiligen gesinnt gewesen, und geredet haben. Summa, willst du die heilige christliche Kirche gemalt sehen, mit lebendiger Farbe und Gestalt in einem kleinen Bild gefaßt, so nimm den Psalter vor dich: so hast du einen feinen, hellen, reinen Spiegel, der dir zeigen wird, was die Christenheit sei.“
Ist also der Psalter ein Buch, worin die Schicksale, Empfindungen und Gesinnungen aller Heiligen ausgedrückt sind, so darf ich glauben, was David, Assaph, Heman und andere Propheten, welche Verfasser einiger Psalmen waren, geglaubt haben: ich darf empfinden, was sie empfunden haben, bitten, was sie gebeten haben, hoffen, was sie gehofft haben, denn ihr Gott ist auch mein Gott. Ich darf in eben dem traurigen Klageton mit Gott reden, in welchem sie geredet haben: ich darf wie sie in einen gemäßigten und gelassenen Ton aufsteigen, wenn mein innerlicher und äußerlicher Zustand es erfordert: ich darf und soll endlich auch Gott mit fröhlichem Munde loben, wie sie gethan haben. Es ist lieblich, daß eine Aufmunterung zum Lob Gottes der Beschluß des ganzen Psalters ist. Es sei auch dieses Lob Gottes das ende aller meiner Gedanken, Worte, Werke und Schicksale. Alles, was Athem hat, lobe den HErrn, denn Er ist’s werth. Hallelujah!
Mel.: Wunderbarer König.
1.
Unser Thun ist nichtig,
Uns’re Freude flüchtig,
Gottes Lob allein ist wichtig.
Luft und Wald erklingen
Von der Vögel Singen,
Wenn sie Gott ihr Loblied bringen.
Mensch, bist du
Stumm dazu?
Magst du nicht mit Singen
Gott Sein Lob auch bringen?
2.
Alle Himmelsheere
Jauchzen Gott zur Ehre;
Menschen! wo sind eure Chöre?
Schaaren Engel loben
Vor dem Thron dort oben
Seiner Macht und Weisheit Proben.
Sollten wir
Denn nicht hier
Seine Gnade loben,
Und der Wahrheit Proben?
3.
HErr, es soll mit allen
Auch mein Lied erschallen,
Laß Dir solches wohl gefallen.
Wer Dir unterthänig,
Ist Dir nicht zu wenig,
Bist Du gleich der höchste König.
Dich, nur Dich,
Lobe ich,
Kann ich’s schon so wenig,
HErr, mein Gott und König!

23. Januar. Abend-Andacht.

Himmel und Erde vergehen, aber Meine Worte vergehen nicht. Luk. 21,33.
Das Ende der gegenwärtigen Welt wird in der heiligen Schrift mit sehr nachdrücklichen Worten beschrieben. Der Verfasser des 102. Psalmen sagte zu dem HErrn V. 25.26.27.28.: Deine Jahre währen für und für. Du hast vorhin die Erde gegründet, und die Himmel sind Deiner Hände Werk. Sie werden vergehen, aber Du bleibest; sie werden alle veralten wie ein Gewand, sie werden verwandelt (mit etwas, das neu ist, verwechselt) wie ein Kleid, wenn Du sie verwandeln wirst: Du aber bleibest wie Du bist, und Deine Jahre nehmen kein Ende. Petrus aber schreibt 2 Petr. 3,7., daß der Himmel und die Erde zum Feuer behalten werden, und erklärt es V. 10., da er sagt: Die Himmel werden mit großem Krachen zergehen, und die Elemente vor großer Hitze zerschmelzen, und die Erde, und die Werke, die drinnen sind, verbrennen. Offenb. Joh. 20,11. wird nur gesagt: ich sahe einen großen weißen Stuhl, und Den, der darauf saß, vor welches Angesicht flohe die Erde und der Himmel , und ihnen ward keine Stätte erfunden; Kap. 21,1. aber steht geschrieben: der erste Himmel und die erste Erde verging, und das Meer ist nicht mehr. Röm. 8,21. aber sagt Paulus: die Kreatur werde frei werden von dem Dienst, wobei sie sich habe aufreiben müssen, und zu der herrlichen Freiheit der Kinder Gottes gelangen, um daran einen Antheil zu haben. Der Himmel und die Erde werden also vergehen, fliehen, verbrennen, und mit etwas Neuem verwechselt werden (Offenb. 21,1.), aber die Worte Jesu werden nicht vergehen, sondern gültig bleiben und erfüllet werden. Das Ende der Welt wird allen menschlichen Einbildungen, Lehrgebäuden, Versprechungen, Drohungen, Anschlägen und Gesetzen ein Ende machen. Alle Worte falscher Propheten, drohender Tyrannen, betrogener und betrügender Phantasten, aufgeblasener Weltweisen, leichtsinniger Plauderer, und überhaupt alle Worte, welche nur ihren Bezug auf die alte Erde und die darauf gemachten Anstalten gehabt haben, werden am jüngsten Tag vergehen, das ist ungültig sein, gleichwie viele derselben schon vorher in dem Lauf der Weltzeiten, da immer eine Thorheit die andere, ein Gesetz das andere, eine Weltweisheit die andere, eine Religion die andere verdrängt hat, vergangen sind, und viele Menschen im Fortgang ihrer Jahre dasjenige weggeworfen haben, was sie zuerst als etwas Kostbares geliebt hatten. Wo soll man also etwas Festes und Gewissen, etwas Beruhigendes und Lauteres finden? Wo soll man etwas finden, das man ohne Furcht glauben könne, ohne dabei nach dem Tod und am Ende der Welt zu Schanden zu werden? Ich weiß nichts, das so beschaffen wäre, als die Worte des HErrn Jesu. Diese vergehen nicht, das ist: sie sind wahrhaftig und werden gewißlich erfüllet. Derjenige, der sie ausgesprochen hat, kann und will auch thun, was Er geredet hat. Selig sind, die Seine Worte hören und bewahren. Am jüngsten Tag werden die Worte Jesu die Richtschnur des Gerichts sein, und bei den großen Veränderungen, die derselbe mit sich führen und nach sich ziehen wird, wird man inne werden, daß keines von Seinen Worten unerfüllt bleibe. Wer also Seine Worte glaubt und sich darnach richtet, kann nicht zu Schanden werden. Ich glaube, HErr, hilf meinem Unglauben!
Mel.: Von Gott will ich etc.
1.
HErr, Dein Wort ist lebendig,
Es überlebt die Welt;
Nur dieses bleibt beständig,
Wenn Erd‘ und Himmel fällt.
Es schlägt, als wie ein Blitz,
Den Hochmuth dem Verächter,
Dem Narren sein Gelächter,
Dem Weisen seinen Witz.
2.
Seid bös, ihr freien Geister,
Und dünkt euch stark zum Krieg,
Lernt Lügen von dem Meister;
Dem Wort bleibt doch der Sieg!
Dieß steht und stürzt in Eil‘
Das Thier zum Schwefelpfuhle,
Den Drachen von dem Stuhle;
Und wo ist euer Theil?
3.
HErr, laß auf Deinen Worten
Mich unbeweglich stehn,
Auch wenn der Höllen Pforten
Gewaltig an mich gehen.
Lehr‘ mich bei diesem Licht
Die List des Argen merken,
Und laß dieß Wort mich stärken,
So siegt der Arge nicht.
4.
Laß mich gleich einem Tauben
Bei Satans Lästern sein,
Und gründe meinen Glauben
Nur auf Dein Wort allein.
Ist dann der Kampf gethan,
So weise, wenn ich sterbe,
Nach Deinem Wort ein Erbe
Mir auch im Leben an.

24. Januar. Morgen-Andacht.

Gelobt sei Gott und der Vater unsers HErrn Jesu Christi, der Vater der Barmherzigkeit und Gott alles Trostes, der uns tröstet in aller unserer Trübsal. 2 Kor. 1,3.4.
Wenn ein Christ Gott im Glauben den Vater unsers HErrn Jesu Christi nennt, so denkt er zugleich daran, daß die väterliche Liebe, womit Gott Seinen eingebornen Sohn liebet, auch auf die Glaubigen fließe, weil sie als Glieder an dem Haupt Christo hangen; daß der Glaube an den Sohn Gottes einem Menschen die Macht gebe, Gottes Kind zu heißen; und daß Christus nach Seiner Auferstehung zu der Maria von Magdala gesagt habe: Ich fahre auf zu Meinem Gott und zu eurem Gott, zu Meinem Vater und zu eurem Vater. Wenn ein Christ ferner den Vater unsers HErrn Jesu Christi den Vater der Barmherzigkeit nennet, so rechnet er sich selbst in die Klasse der Elenden; denn nur die Elenden sind ein Gegenstand der Barmherzigkeit. Er glaubt aber und hofft, daß der himmlische Vater mit Barmherzigkeit auf ihn sehen und mit handeln werde. Und wenn er Ihn den Gott alles Trostes nennet, so erwartet er von Ihm allen nöthigen Trost in aller Trübsal. Bei solchen Glaubensblicken und Erfahrungen kann man Gott auch in den Trübsalen loben. Als Vater züchtiget Er durch Trübsale, und hat dabei Seine Ehre und das Beste Seiner Kinder zum Zweck. Als ein Vater der Barmherzigkeit mäßigt Er die Trübsale, und denkt daran, daß Seine Kinder nur Staub sind: folglich plaget Er sie nicht nach der Strenge, und läßt sie nicht über Vermögen versucht werden: ja Er schenkt ihnen unter den Trübsalen Erholungs- und Erquickungsstunden, und macht endlich allem Leid ein fröhliches Ende. Als ein Gott alles Trostes aber stärkt und erquickt Er sie inwendig in allen Trübsalen durch Sein kräftiges Wort, woran Sein Geist sie zu rechter Zeit mahnet. Weil der Trübsale vielerlei sind, so enthält das göttliche Wort auch vielerlei Tröstungen. Es ist wie eine große Apotheke, worin man Arzneien gegen alle Krankheiten findet. Ist der Mensch arm, krank, verachtet, gedrückt, geschmähet, innerlich angefochten; wird er verfolgt, muß er seine Angehörigen sterben sehen, fürchtet er den Tod, ja wird er wirklich getödtet: so kann er im Wort Gottes den ihm angemessenen Trost finden; und weil Gott denselben nicht nur geoffenbaret hat, sondern auch einem Jeden durch Seinen Geist nach seinem Bedürfniß zueignet, so heißt Er ein Gott alles Trostes. Dem Edomiter Doeg weissagte David Ps. 52,9., die Gerechten werden nach seinem Unfall sagen: siehe, das ist der Mann, der Gott nicht für seinen Trost hielt, sondern verließ sich auf seinen großen Reichthum, und war mächtig Schaden zu thun. Zu allen Zeiten gibt es solche Leute, am jüngsten Tag aber wird man Viele auf der linken Seite des Richters bei einander stehen sehen, von deren Jedem man dieses zu seiner Beschämung wird sagen können. Mit dem Gnadenstand glaubiger Christen ist auch Trübsal verbunden. Indessen soll ihnen genügen, wenn sie durch Geduld und Trost der Schrift Hoffnung haben, und ihre Lektion soll diese sein: seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, haltet an am Gebet. Hiebei unterbleibt das Lob Gottes auch in der Trübsal nicht, und der göttliche Trost erweckt dazu.
Mel.: Warum sollt‘ ich mich denn grämen.
1.
Kann man Gott in Trübsal loben?
Ja, o ja!
Er ist nah‘,
Wenn auch Stürme toben.
Gottes Wort dringt tief zu Herzen;
Wenn Er spricht:
Weine nicht,
Das vertreibt den Schmerzen.
2.
Rechne, Seele, nur das Gute
Bei der Last,
Was du hast
An des Heilands Blute;
Dieß wirst du nicht können messen,
Und zugleich
Froh und reich
Jener Last vergessen.
3.
Das ist Gottes Wunderweise,
Er erfreut
Auch im Leid,
Daß man Ihn nur preise.
Ist’s bei Menschen unerträglich,
Gottes Kraft,
Die es schafft,
Macht’s den Christen möglich.
4.
Mir genügt an Gottes Gnade;
Hab‘ ich die,
So ist hie
Mir kein Leiden Schade.
Thränen, macht mein Herz nicht trübe!
Mein Gemüth
Lernt ein Lied:
Mein Gott, Du bist Liebe!
5.
HErr, wer ist doch Deines Gleichen!
Schlägst Du zu,
So läß’st Du
Doch nicht von Dir weichen.
Du gibst dennoch Trost’s die Fülle,
Kommt ein Schmerz,
Lobt das Herz
Dich doch in der Stille.

24. Januar. Abend-Andacht.

Ihr seid bekehrt zu Gott – zu warten Seines Sohnes vom Himmel. 1 Thess. 1,9.10.
Christen sollen wie die Knechte sein, die auf ihren HErrn warten. Derselbe wird auch denjenigen zur Seligkeit erscheinen, die vorher auf Ihn gewartet haben. Wer auf Ihn wartet, hat Seine Erscheinung lieb, und Allen, die sie lieb haben, wird Er die Krone der Gerechtigkeit geben. 2 Tim. 4,8. Die Thessalonicher sollten auch als bekehrte Christen auf den Sohn Gottes, das ist auf Seine Zukunft vom Himmel warten. Nun belehrt Paulus sie 2 Thess. 2., der Tag dieser Zukunft sei noch nicht vorhanden, und es werde noch Vieles vor demselben hergehen, das weit über eines Menschen, ja vieler Menschen Lebenszeit hinausreichen, und tröstet sie deßwegen 1 Thess. 4. über dem Fall, wenn sie vor dem jüngsten Tag entschlafen werden, indem er sie belehret, solche Entschlafene werden an demselben wieder auferweckt und zugleich mit den Gerechten, die den jüngsten Tag erleben, dem HErrn in der Luft entgegen gerückt werden, ohne daß diese letzteren ihnen vorkommen werden. Es ist also nicht nöthig, daß derjenige, der auf den Sohn Gottes wartet, meine, er werde Seine Zukunft im sterblichen Leibe erleben; denn wenn diejenigen, die jetzt schon entschlafen sind, solches gemeint hätten, so wäre ihre Meinung falsch gewesen, und uns, die wir zu dieser Zeit leben, kann man aus den Weissagungen von den Schicksalen der streitenden Kirche, die noch nicht erfüllet sind, deutlich beweisen, daß der Tag Christi auch jetzt noch nicht vorhanden sei. Was ist’s aber? Wir sollen dennoch des Sohnes Gottes vom Himmel warten. Wir sollen über diesem Warten entschlafen. Die Seele wird hernach in ihrem himmlischen Zustand zu warten fortfahren, und dabei keine Langeweile haben. Endlich wird dieses Warten zur Freude werden, wenn der Sohn Gottes, den der Vater von den Todten erweckt hat, kommen wird, daß Er herrlich erscheine in Seinen Heiligen und wunderbar in allen Glaubigen, 2 Thess. 1,10. Uns soll jetzt dieses fortwährende Warten zu wackern, fleißigen, muntern, treuen Knechten und Mägden des HErrn machen. Es soll uns erwecken, daß wir fröhlich in Hoffnung, und geduldig in Trübsal werden, und im Gebet anhalten.
Man muß aber zu Gott bekehrt sein, wenn man des Sohnes Gottes vom Himmel warten soll; denn unbekehrte Menschen fürchten Seine Zukunft, und warten nicht darauf. Ihr Gewissen sagt ihnen wenigstens in stillen und einsamen Stunden, daß sie noch nicht in der Gnade des kommenden Richters stehen, und also von Seinem Kommen und Richten das Aergste zu befürchten haben. Es sagt ihnen in der Uebereinstimmung mit dem geschriebenen Wort Gottes von einem zukünftigen Zorn, der alsdann über sie ausbrechen werde, und läßt sie schon bei Leibesleben zuweilen etwas davon empfinden. Es ist also höchst nöthig, daß man bei Leibesleben zu Gott bekehret werde, damit man hernach des Sohnes Gottes vom Himmel warten könne.
Die Thessalonicher, die vorher Heiden gewesen waren, wurden bekehrt, und konnten hernach des Sohnes Gottes vom Himmel warten. Die Korinther wurden so bekehrt, und warteten hernach 1 Kor. 1,7., ob sie schon nach 1 Kor. 3,1.2. noch schwach waren, auf die Offenbarung unsers HErrn Jesu Christi. 1 Kor. 1,7. Und so warten alle diejenigen, welche bekehrt, folglich von Gott berufen und gerecht gemacht worden sind, und wer von Herzen so warten kann, dem ist dieses Warten ein Beweis seines Gnadenstandes.
Mel.: Was Gott thut, das ist wohlgethan.
1.
Wir warten Dein, o Gottes Sohn!
Und lieben Dein Erscheinen;
Wir wissen Dich auf Deinem Thron,
Und nennen uns die Deinen.
Wer an Dich glaubt,
Erhebt sein Haupt,
Und siehet Dir entgegen;
Du kommst uns ja zum Segen.
2.
Wir warten Deiner mit Geduld
In unsern Leidenstagen;
Wir trösten uns, daß Du die Schuld
Am Kreuz hast abgetragen.
So können wir
Nun gern mit Dir
Uns auch zum Kreuz bequemen,
Bis Du es weg wirst nehmen.
3.
Wir warten Dein, Du hast uns ja
Das Herz schon hingenommen.
Du bist uns zwar im Geiste nah,
Doch sollst Du sichtbar kommen;
Da willst uns Du
Bei Dir auch Ruh‘,
Bei Dir auch Freude geben,
Bei Dir ein herrlich’s Leben.
4.
Wir warten Dein, Du kommst gewiß;
Die Zeit ist bald verloren;
Wir freuen uns schon über dieß,
Was wir erst sicher hoffen.
Was wird geschehn,
Wenn wir Dich sehn,
Wenn Du uns heim wirst bringen,
Wenn wir Dir ewig singen!

25. Januar. Morgen-Andacht.

Ich danke Dir, daß Du mich demüthigest, und hilfst mir. Ps. 118,21.
Die Wege des HErrn sind immer so beschaffen, daß ein glaubiger Christ von der Finsterniß in’s Licht, von der Traurigkeit zum Trost, von der Noth zur Hülfe, von der Erniedrigung zur Erhöhung, von der Schmach zur Herrlichkeit durchdringt. Auf diese Weise verherrlicht Sich Gott an ihm viel mehr, als wenn der Weg sich immer gleich bliebe: auch ist diese Führung dem Bedürfniß des Menschen und seiner Bestimmung angemessen. Sein Stolz, seine Vermessenheit, sein Ankleben an den Geschöpfen, sein Vertrauen auf das Eitle erfordert Demüthigungen, und seine Schwachheit, sein elend, sein zum Verzagen geneigtes Herz bedarf, daß ihm zur rechten Zeit Trost und Hülfe widerfahre. Auch ist der Zweck Gottes bei allen Seinen Kindern dieser, daß sie dem Ebenbild Seines Sohnes gleich werden sollen. Nun hat sich der Sohn Gottes selber erniedrigt, hernach aber hat Ihn der Vater erhöhet. Er hat Sich selber in innerliche und äußerliche Nöthen hineingesenkt: der Vater aber hat Ihn zur angenehmen Zeit erhöret, und Ihm am Tage des Heils geholfen. Er ist, wie Ps. 118,22 gesagt wird, von den Bauleuten, das ist von den Vorstehern der Juden verworfen worden, und zum Eckstein der Kirche worden. Diesen Weg müssen alle Kinder Gottes, so viel ihre Fähigkeit leidet, gehen, diesem Vorgänger müssen Alle folgen, und dem Bilde desselben müssen Alle ähnlich werden. Es gibt Züge an diesem Bild, die man nicht anders als im Leiden an sich bekommen kann. Sein Bild war nämlich auch ein Marterbild. Seiner stillen Geduld kann man nicht ohne Trübsal theilhaftig werden, und in die Gemeinschaft mit Seinem Gehorsam kann man nicht gelangen, wenn nicht schwere Fälle entstehen, worin man durch die Kraft des Heiligen Geistes seinen Willen dem großen Gott aufopfern kann.
Wem vor diesem Weg grauet, der bedenke, daß alle Heiligen darauf gegangen sind, und Gott noch für denselben gedankt haben. Der Heilige Geist lehrte einen Jeden unter ihnen sagen: ich danke Dir, daß Du mich demüthigest, und hilfest mir. Oder nach Ps. 119,67.71.: ehe ich gedemüthiget ward, irrete ich, nun aber halte ich Dein Wort. Es ist mir lieb, daß Du mich gedemüthiget hast, daß ich Deine Rechte lerne. Zwar dünket uns die demüthigende Trübsal nicht Freude, sondern Traurigkeit zu sein: allein, obschon das Fleisch seine Schwachheit dabei fühlet, so ist der Geist doch willig, darin auszuharren, und zu Gott zu sagen: dennoch bleib‘ ich stets an Dir. Er siehet auf den Willen des Vaters im Himmel, auf den Vorgänger Christum, auf das Beispiel vieler Heiligen, und auf den Nutzen der Trübsal, der in der Läuterung und Bewährung der Seele, und in der Empfindung eines göttlichen Trostes besteht, dessen man außer der Trübsal nicht theilhaftig worden wäre, und erwartet auf diese Weise die göttliche Hülfe, welche auch gewißlich zur rechten Zeit erscheint. Folgt schon, so lange das irdische Leben währt, auf eine jede göttliche Hülfe wieder eine neue empfindliche Demüthigung, so wird doch die letzte Hülfe aller Noth auf ewig ein Ende machen. Der HErr wird nämlich die Seinigen aus allem Uebel erlösen, und ihnen aushelfen zu Seinem himmlischen Reich. Alsdann wird man zu Gottes Ehre mit der hellsten Einsicht sagen können: ich danke Dir, daß Du mich gedemüthiget hast, und hast mir geholfen.
Mel.: Jesus, meine Zuversicht.
1.
Daß Du mich geniedrigt hast,
Will ich Dir, Du Höchster, danken.
Unser Herz verliert sich fast,
Und vergißt die engen Schranken:
Aber Du machst Alles klein,
Was verlanget groß zu sein.
2.
Du hast Recht, wir haben Schuld;
Du bist heilig, wir sind Sünder;
Du beweisest Vatershuld,
Züchtigst aber auch die Kinder,
Machst die stolzen Herzen bloß,
Und die Kleingemachten groß.
3.
Drücktest Du nicht unsern Sinn
Mit dem Kreuz fein in die Tiefe,
O wo flögen wir noch hin?
Und wer ist, der zu Dir riefe?
Aber im Erniedrigtsein
Lernt man aus der Tiefe schrei’n.
4.
Du machst dürr, und gibst doch Saft;
Du machst arm, uns viel zu geben,
In der Schwachheit Deine Kraft,
In dem Tode selbst das Leben.
Ich bin elend, führ‘ mich Du
Aus der Tiefe Himmelzu.

25. Januar. Abend-Andacht.

Ohne glauben ist’s unmöglich Gott zu gefallen; denn wer zu Gott kommen will, muß glauben, daß Er sei, und denen, die Ihn suchen, ein Vergelter sein werde. Hebr. 11,6.
Moses hat von dem Patriarchen Henoch 1 Mos. 5,21-24. geschrieben, daß er ein göttliches Leben geführt, oder mit Gott gewandelt habe; worauf ihn auch Gott als einen Mann, der nach dem Maß des damaligen Alters noch jung gewesen, hinweggenommen habe, daß er unter den Sterblichen nicht mehr gesehen worden. Wer mit Gott wandelt, darf freilich mit Gott nicht als mit Seinesgleichen umgehen, sondern erkennt, daß Gott ein ewiger, heiliger, Alles durchdringender, Alles beherrschender und belebender Geist sei: da dann der Mensch, der mit Ihm wandeln oder Seine gnädige und wirksame Gegenwart allenthalben genießen will, sich immer bestreben muß, Ihm gefällig zu sein, und deßwegen hat Paulus Hebr. 11,5. von dem Henoch geschrieben: er habe vor seinem Wegnehmen das Zeugniß gehabt, daß er Gott gefallen oder gefällig zu sein sich beflissen habe, und hernach hinzugesetzt, ohne Glauben sei es unmöglich, Gott zu gefallen. Wer also einen Henochianischen Wandel führen will (woran auch der Ehestand nicht hindern soll), muß vor allen Dingen glaubig werden. Wer nur scharfsinnig denken, wer nur seine Phantasie mit Bildern füllen, wer seinen Leib plagen, wer seinen äußerlichen Stand mit einem andern verwechseln will, findet durch dieses Alles Gott noch nicht. Wer mit Ihm wandeln will, muß vor allen Dingen zu Ihm kommen oder hinzunahen; wer aber zu Ihm kommen will, muß glauben, daß Er sei, wer Er ist, nämlich ein lebendiges, gütiges, heiliges Wesen, das einen Menschen mit Sich selbst beleben und vergnügen kann. Dieser Glaube ist die Neigung des menschlichen Herzens zu Gott, deren Sich Gott nicht entziehen wird. Wer mit diesem Glauben zu Ihm kommt, von dem läßt Er Sich finden und genießen. Weil aber bei dem Wandel mit Gott die mannigfaltigen Leiden dieser Zeit nicht ausbleiben, und die menschliche Seele ohne zuversichtliche Hoffnung darin nicht aushalten könnte, so soll sie auch glauben, daß Gott denen, die Ihn suchen, ein Vergelter sein werde, folglich Hoffnungsblicke auf die selige Ewigkeit und besonders auf den Tag Jesu Christi bekommen. Paulus hatte Hebr. 11,1. gesagt: der Glaube ist eine gewisse Zuversicht deß, das man hoffet, und nicht zweifelt an dem, das man nicht siehet. Dasjenige nun, das man nicht siehet, ist Gott selbst, und dasjenige, das man hoffet, ist Seine Vergeltung. Hier muß nun eine Seele eine gewisse Ueberzeugung und Zuversicht oder Festigkeit bekommen. So lange sie den Unglauben für entschuldbar oder gar für eine Tugend hält, kommt sie nicht weiter. Durch den Glauben muß sie zu Gott nahen, und Ihn, wenn sie Ihn gefunden hat, noch weiter suchen. Auf diese Weise wird der Henochianische Wandel angerichtet und fortgeführt.
Es fehlte dem Henoch nicht an der Erkenntniß Jesu Christi; denn er weissagte von Seiner Zukunft zum Gericht. Was Henoch weiter von Christo erkannt habe, wissen wir nicht, weil Moses nicht Alles, was die Patriarchen wußten, aufgeschrieben hat. Jetzt soll sie freilich reichlicher bei uns sein, und einen Wandel mit Gott bei uns anrichten, wie er Gal. 2,20. 1 Joh. 1,3. 1 Joh. 3,23.24. beschrieben wird.
Mel.: O Durchbrecher aller Bande.
1.
Ohne Glauben ist’s unmöglich,
Daß man Gott gefallen kann,
Und der Glaub‘ hält unbeweglich
Sich an Jesum Christum an.
Denn des Vaters Wohlgefallen
Ist in Seinem Sohn allein;
Sonst kein Nam‘ ist unter allen,
Drin wir können selig sein.
2.
Seele, laß dich nicht betrügen,
Wenn das Thier die Werke schminkt,
Und der Weltwitz sich in Lügen
Ohne Glauben selig dünkt.
Du kannst kurz zur Antwort geben,
Wenn man Hohn dem Glauben spricht:
Wer den Sohn hat, hat das Leben;
Wer Ihn nicht hat, hat es nicht.
3.
Vater, gib, so lang ich walle,
Bis zum Steh’n vor Deinem Thron,
Daß ich nicht mir selbst gefalle,
Sondern Dir in Deinem Sohn.
Will man mich was anders lehren,
Lehr‘ Du mich durch Deinen Geist,
Daß ich soll den Vater hören,
Der den Sohn mich hören heißt.
4.
Mache Dur mir meinen Glauben
Zur gewissen Zuversicht,
So wird mich kein Mensch berauben,
Und der Teufel selber nicht.
Kann ich Jesum jetzt nicht sehen,
Ist mir doch Sein Wort gewiß,
Daß ich werde vor Ihm stehen.
Wer dieß hofft, der stirbt auf dieß!

26. Januar. Morgen-Andacht.

Das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, macht uns rein von aller Sünde. 1 Joh. 1,7.
Daß ein Mensch von der Sünde gereinigt werden müsse, wenn er Gott gefallen und in Seiner Gemeinschaft selig sein solle, sagt einem Jeden sein Gewissen; daß man aber durch’s Blut Jesu Christi davon gereinigt werde, sagt uns das Evangelium. Die Reinigung durch das Blut Christi bezieht sich theils auf das Gewissen, theils auf die ganze Seele. Wenn dem Menschen um des vergossenen Blutes Jesu Christi willen alle seine Sünden vergeben sind, und er dessen auch in seinem Gewissen vergewissert wird, so wird sein Gewissen von den todten Werken gereiniget, zu dienen dem lebendigen Gott, Hebr. 9,14. Wenn aber auch seine ganze Seele von der Sünde gereiniget ist, so sind seine Kleider im Blut des Lammes gewaschen und helle gemacht, wie Off. Joh. 7,14. gesagt wird. Johannes faßte dieses Alles ohne Zweifel zusammen, da er sagte: das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, macht uns rein von aller Sünde. Wenn die Glaubigen im Licht wandeln, wie Gott im Lichte ist, so haben sie Gemeinschaft unter einander, und das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, macht sie rein von aller Sünde. Wenn eine Anklage in ihrem Gewissen wegen eines Versehens entstanden ist, und ihren Frieden mit Gott stören will so hebt das Blut Jesu Christi, das für sie und für Viele zur Vergebung der Sünden vergossen worden, diese Anklage wieder auf, wenn sie sich glaubig dazu hinwenden, und dabei nicht sagen, sie haben nicht gesündiget, sondern ihre Sünden bekennen. Weil sie aber überdieß auch täglich bekennen müssen: sie haben und fühlen noch Sünde in sich, und ihre Heiligung sei noch nicht vollendet, so bitten und hoffen sie, daß das Blut Jesu Christi ihre Seele immer mehr von der anklebenden Sünde reinige und frei mache, und sie also durch die Kraft desselben in der Heiligung fortfahren können, bis sie in der seligen Ewigkeit ganz vollendet sein wird.
Daß das Blut Jesu Christi die Kraft habe, von der Sünde zu reinigen, die keine Anstrengung der natürlichen Vernunft und Kraft und keine äußerliche Zucht wegzubringen vermag, erhellt daraus, daß dasselbe das Blut des Sohnes Gottes ist. Es ist also nicht nur an sich selbst ein reines und kostbares Blut von einem unendlichen Werth, sondern auch, wegen der Vereinigung der göttlichen und menschlichen Natur in Christo, mit göttlichen Kräften durchdrungen. Es hat so viel gegolten, daß dadurch das ganze Geschlecht der Sünder hat können erlöst und ihre ungeheure Schuldenlast bezahlt werden: es hat aber auch die Kraft, Menschenseelen von ihrem Unflath zu säubern, und ihnen eine Gott gefallende Schönheit, welche in der Aehnlichkeit mit dem Ebenbild des Sohnes Gottes besteht, mitzutheilen. Der Heilige Geist ist hiebei nicht ausgeschlossen; denn Er ist’s, durch den der HErr Jesus sich selbst ohne allen Wandel Gott geopfert hat (Hebr. 9,14.), welches ohne Blutvergießen nicht geschah, und Er ist’s auch, der das Blut Christi dem Gewissen und der ganzen Seele nahe bringt, und durch dasselbe die Reinigung wirket. Von aller Sünde will mich das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, reinigen, wenn ich im Licht wandle: ich soll also auch keine beibehalten wollen. Wenn meine ganze Seele von aller Sünde wird gereinigt sein, so wird sie unter die Geister der vollendeten Gerechten gerechnet werden, sie wird ganz selig sein. Nichts wird sie mehr am Dienst Gottes hindern, nichts verfinstern, plagen und ermüden. Ihr wird nichts mehr fehlen, als das Neue, das der Tag Jesu Christi noch mit sich bringen wird. Dieses sei das Ziel, wornach ich laufe, das Kleinod, worüber ich kämpfe. Die Gnade Jesu Christi verhelfe mir dazu.
Mel.: Es kostet viel, ein Christ zu sein.
1.
Geheimnißreiches Gottesblut!
Wer kann die kraft, wornach du wirkst, ergründen?
Dieß Blut versühnt selbst Gottes Eifersgluth,
Und macht uns rein von allen unsern Sünden.
Wen dieses wascht, der muß vor Gott ja rein
Von Sünden sein.
2.
Was rettet mich vom Schwefelpfuhl?
Was ist mein Schatz, daß ich nicht ewig darbe?
Was ist mein Ruhm vor Gottes Richterstuhl?
Das Blut des Lamms, das mir zum Leben starbe.
Dieß Blut fass‘ ich an Deinem Kreuzesstamm,
O Gotteslamm!
3.
Für alle heil’ge Tropfen Bluts
Nimm, Jesu, Dank von meiner frohen Seelen.
Wie thust Du mir, mein HErr, doch so viel Gut’s!
Ich kann es erst im Himmel recht erzählen.
Nimm für Dein Blut, mein Gott, indessen hier
Auch Dank von mir.

26. Januar. Abend-Andacht.

Wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz. Matth. 6,21.
Ps. 49,12. wird von gewissen Gottlosen gesagt: das ist ihr Herz, ihr innerstes und größtes Verlangen, daß ihre Häuser währen immerdar, ihre Wohnungen bleiben für und für, und haben große Ehre auf Erden. Ueberhaupt wird des Herzens in der heiligen Schrift gedacht, wenn von des Menschen innerlicher Liebe, Verlangen und Vertrauen die Rede ist, da dann immer zu merken ist, daß nicht dasjenige, was der Mensch weiß und heuchlerisch redet, sondern dasjenige, was sein Herz, das ist sein Innerstes, in sich faßt, seine eigentliche Seelengestalt ausmacht, und ihm zugerechnet wird. Der HErr Jesus sagte Matth. 6,21.: wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz. Vorher hatte Er Seine Zuhörer ermahnt, sie sollen sich nicht auf Erden, sondern im Himmel Schätze sammeln. Diese Seine Ermahnung bekräftiget Er mit dem wichtigen Ausspruch: denn wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz. Mein Schatz ist also, wo mein Herz ist, das ist, wohin meine Liebe, Verlangen und Vertrauen geht, und mein Herz ist, wo mein Schatz ist. Wenn ich etwas auf der Erde besitze, als besäße ich’s nicht, wenn ich diese Welt gebrauche, und derselben nicht mißbrauche, wenn mir Reichthum zufiele, und ich hängte mein Herz nicht daran, so hätte ich zwar eine zeitliche Habe, aber keinen Schatz auf Erden. Mein Schatz, mein Liebstes, mein Bestes, durch das ich glücklich werden will, soll im Himmel sein. Da gibt es ein unvergängliches, unbeflecktes und unverwelkliches Erbe, das den Auserwählten behalten ist, da sind Kronen beigelegt, welche den Ueberwindern bestimmt sind, da gibt es ein himmlisches und unbewegliches Reich, welches die Gerechten empfangen sollen, da sind Schätze, welche der gerechte Richter denen, die mit Geduld in guten Werken nach dem ewigen Leben getrachtet haben, als einen Gnadenlohn geben will. Diese Schätze kann man sammeln, ob man sie schon noch nicht siehet und empfängt. Man sammelt sie aber, wenn man reich in Gott wird (Luk. 12,21.), wenn man nach dem Reich Gottes trachtet (Luk. 12,31.), wenn man diejenigen, welche der HErr Jesus an jenem Tage Seine geringsten Brüder nennen wird, speiset, tränket, beherberget, bekleidet, und in ihren Krankheiten und Gefängnissen besucht (Matth. 25,35.36.), und wenn man überhaupt Gutes thut und nicht müde wird (Gal. 6,9.). Wo nun der Schatz ist, den man bei Leibesleben sammelt, da ist auch das Herz, dahin geht das innerste Verlangen, und die Hoffnung der Seele, und dahin ist das einfältige Auge derselben gerichtet, von dem Christus Matth. 6,22. redet. Eines Christen einiges Bestreben ist also dieses, daß er seinen Schatz im Himmel vermehren, und endlich wirklich empfangen und genießen möge: eines eiteln Weltmenschen Bestreben aber ist, daß er sich auf Erden vergängliche Güter und Ehre erwerbe, und sie auch mit Gemächlichkeit genieße. Wer im Himmel Schätze sammeln will, und es an einer redlichen Bekehrung und am Fleiß in guten Werken nicht fehlen läßt, kann seines Wunsches froh werden; da hingegen diejenigen, die auf Erden Schätze sammeln wollen, gemeiniglich ihren Zweck nicht erreichen, und auch des Gesammelten wegen des täglichen Mißvergnügens nicht froh werden, wie sie wünschen; zu geschweigen, daß endlich der HErr zu einem jeden solchen Sammler sagt: du Narr, diese Nacht (oder diesen Tag) wird man deine Seele von dir fordern, und weß wird sein, das du bereitet hast? (Luk. 12,20.)
Mel.: Mein’s Herzens Jesu etc.
1.
Mein Herz, du mußt im Himmel sein,
Dein Schatz ist ja dort oben;
Was hier ist, halte nicht für dein,
Dort ist es aufgehoben.
Was nützt ein Schatz, den Rost verzehrt?
Nur der Schatz ist des Herzens werth,
Den man im Himmel sammelt.
2.
Der wird geschenkt, und nicht verdient,
Kein Mensch mag ihn erwerben;
Nur Jesus, der mit Gott versühnt,
Läßt uns den Himmel erben;
Für Herzen ist kein besser Gut,
Als das, das Gottes Sohn mit Blut
Erkauft und beigeleget.
3.
Das ist ein Schatz, der sicher bleibt,
Wir haben ihn im Glauben,
Da ist kein Feind, der uns vertreibt,
Kein Dieb, der ihn kann rauben,
Kein Tod, der Schatz und Herzen scheid’t,
Der Schatz währt in die Ewigkeit,
So lang die Herzen währen.
4.
Mach, Jesu, mir den Schatz recht groß,
Und lehr‘ mein herz dran hangen,
Und neben diesem Himmelsloos
Kein irdisches Verlangen;
Alsdann ist Sterben mein Gewinn.
Mein Herz, wenn ich einst droben bin,
Soll für den Schatz Dir danken.

27. Januar. Morgen-Andacht.

Ich bin der gute Hirte, und erkenne die Meinen, und bin bekannt den Meinen. Joh. 10,14.
Jesus erkennet als ein guter Hirte die Seinigen. Dieses Erkennen aber ist nicht die bloße Allwissenheit, nach welcher keine Kreatur vor Ihm unsichtbar, und Alles vor Seinen Augen bloß und entdeckt ist (Hebr. 4,13.), sondern es ist ein liebevolles Erkennen, wovon Er am jüngsten Tage den Uebelthätern das Gegentheil bezeugen wird; indem Er zu ihnen sagen wird: wahrlich Ich kenne euer nicht; Ich habe euch noch nie erkannt. Doch ist Seine liebevolle Erkenntniß auch allwissend; denn Er erkennt die Seinigen so, daß Er ihren innerlichen und äußerlichen Zustand, ihre Arbeit, ihre Leiden, ihre Treue, ihre Bedürfnisse, ihre Gefahren weiß. Er weiß, wo sie wohnen. Er weiß nicht nur ihre vergangenen und gegenwärtigen, sondern auch ihre zukünftigen Begegnisse, und kann sie deßwegen auf’s Beste berathen. Er kennet sie sämmtlich und weiß ihre Anzahl: Er kennet sie aber auch einzeln nach ihren Namen, das ist nach eines Jeden eigenem Charakter und Zustand. Er kennet sie als die Seinigen; denn obschon Alles Sein ist, was unter allen Himmeln ist, so sind doch diejenigen, die Seine Stimme, das ist Sein Wort, glaubig hören, und Ihm folgen, in einem besondern Verstand Sein. Sie gehen Ihn nahe an, sie liegen Ihm besonders am Herzen, sie stehen in der Verbindung mit Ihm, in welcher Schafe mit ihrem Hirten stehen, und zwar mit einem solchen, der kein Miethling ist, und fremde Schafe um den Lohn hütet, sondern mit einem solchen, deß die Schafe eigen sind, und der also die Sorge für dieselben viel weiter treibt als der Miethling.
Gleichwie aber der Heiland die Seinigen kennet, also ist Er auch den Seinigen bekannt. Diese Erkenntniß Jesu besteht aber freilich nicht nur in dem natürlichen Angedenken und Nachsagen der Sprüche und Gesänge, die von Ihm handeln, oder in der kunstmäßigen Auslegung derselben, sondern sie ist eine solche Erkenntniß, welche bei dem Gebrauch dieser Sprüche und Gesänge durch die Erleuchtung des heiligen Geistes entsteht, und eine oftmalige Empfindung und Erfahrung Seiner Liebe mit sich führt. auf diese Weise ist der Heiland den Seinigen als der gute Hirte bekannt, der Sein Leben für Seine Schafe gelassen, und dadurch die höchste Probe Seiner Liebe und Treue gegen sie abgelegt, ihnen selbst aber alles Gute erworben hat. Sie kennen Ihn ferner als einen Hirten, der Seine Schafe nicht ihrer eigenen Willkür überläßt, und nicht selbst erwählte Wege gehen läßt, sondern sie durch Seine Stimme und durch Seinen Stecken und Stab, das ist, durch Sein Wort und durch Seine unsichtbare Kraft und Macht, unterweiset und regieret. Sie kennen Ihn aber auch als Denjenigen, der Seinen Schafen, die Seine Stimme hören, und Ihm folgen, ewiges Leben, Leben und volle Genüge gibt, und sie, nebst dem Vater, so in Seiner Hand hat, daß Niemand sie daraus reißen kann. Sie kennen insonderheit Seine Stimme, das ist, sie verstehen Sein Wort, so viel ihnen nöthig ist, und wissen den Inhalt Seines Evangeliums. Wenn deßwegen ein Fremder daher kommt, der sie an Christus Statt meistern und führen, sie durch seine Stimme leichtsinnig oder verzagt machen, und mit unkräftigen Unterweisungen aufhalten will: so folgen sie ihm nicht nach, sondern fliehen vor ihm, weil sie merken, daß die Stimme dieses Fremden nicht so laute, wie die Stimme Jesu. Uebrigens ist der HErr Jesus einer jeden Seele nahe, und leitet sie selber durch Seinen Geist. Er ist gut. alles, was man von Ihm rühmen kann, ist in diesem Wort gut enthalten. So sei denn auch mein Leib und meine Seele der Aufsicht und Pflege dieses guten Hirten empfohlen.
Mel.: O Lamm Gottes, unschuldig.
1.
Du, Jesu, kennst die Schafe,
Sie sind auf Dich getaufet;
Du, den das Schwert einst trafe,
Hast sie mit Blut erkaufet,
Und heilst sie als die Kranken,
Das sollen Dir wir danken.
Gib uns die Gnade, o Jesu!
2.
Dich auch im Glauben kennen,
Daß Du für uns gestorben;
In Liebe zu Dir brennen,
Weil du uns theu’r erworben,
Ist besser als das Leben.
Dir sei denn Ruhm gegeben.
Gib uns den Frieden, o Jesu!
3.
Wenn Du einst wirst erscheinen,
Wirst Du die Schafe nennen;
Und wiederum die Deinen
Dich, ihren Hirten, kennen;
Dich werden sie dort oben
An Lebenswassern loben.
Mach‘ uns nur selig, o Jesu!

27. Januar. Abend-Andacht.

Ich lebe, und ihr sollt auch leben. Joh. 14,19.
Indem der Heiland zu Seinen Jüngern sagte: Ich lebe, so redete Er nach der Weise der Propheten, welche künftige dinge, die sie sich sehr lebhaft vorstellten, als gegenwärtige beschrieben. Er sagte nämlich: es ist noch ein Kleines, so schauet Mich die Welt nicht mehr, ihr aber schauet Mich (oder werdet Mich schauen, wenn die kleine Zeit vorbei sein wird, die von jetzt an bis zu Meiner Auferstehung verfließen soll), dieweil Ich lebe (d.i. dieweil Ich alsdann leben werde) und ihr leben werdet. So sagte Er Joh. 17,11.: Ich bin nicht mehr in der Welt, und war doch noch darinnen: aber Er war am Ende Seines Laufe, und hatte sich in Seinem Geist die Verklärung bei dem Vater als ganz nahe und gewiß vorgestellt, darum sagte Er: Ich bin nicht mehr in der Welt, als ob Er schon wirklich gestorben wäre. Der Heiland starb wahrhaftig am Kreuz, und blieb todt bis an den dritten Tag: aber hernach lebte Er wieder, und bleibt nun lebendig in die Ewigkeiten. Off. Joh. 1,18. Das Leben Jesu nach Seinem Tod war für Seine Jünger sehr wichtig und erfreulich. Sie hatten Seinen heiligen Wandel gesehen, und dabei immer den Glauben behauptet, daß Er Christus, der Sohn des lebendigen Gottes sei, und Israel erlösen werde. Die armseligen Umstände Seines irdischen Lebens, und der Haß der Welt, der auf Ihn fiel, machte sie in diesem Glauben nicht wankend, ob sie schon selbst auch mit Ihm leiden mußten. Da sie Ihn aber als einen Gefangenen wegführen sahen: da sie Ihn am Kreuz erblickten, und endlich wahrnahmen, daß Er todt sei, kamen sie in ein großes innerliches Gedränge. Sie ärgerten sich, sie wurden traurig, sie weineten und heuleten, sie wurden schwach, weil sie dieses Alles mit der Erlösung Israels nicht reimen konnten, und noch immer etwas von der Hoffnung eines weltlichen Reiches, das Er anrichten werde, im Herzen stecken hatten. Doch fielen sie nicht von Ihm ab, sondern harreten, wie ein Reisender, der bei Nacht in einem Wald verirret ist, und sich müde niedersetzt, um auf einen Wegweiser oder auf die aufgehende Sonne zu warten. Ihr Harren war auch nicht vergeblich. Jesus lebte nach dreien Tagen wieder: Er offenbarte sich ihnen, und sie lebten auch. Das Leben der Apostel bestand damals nicht nur darin, daß sie der Wuth der Feinde Jesu entgangen und von ihnen nicht getödtet worden waren, sondern vornämlich in dem neuen Licht und in der neuen Kraft und Freudigkeit, welche ihnen von Jesu mitgetheilt wurde. Vorher schwebten sie in der Finsterniß, wie die Todten in der Welt: nun aber ging ihnen ein neues Licht auf, und ihr Geist wurde lebendig, wie der Geist Jakobs, als er überzeugt wurde, daß sein Sohn Joseph lebe. 1 Mos. 45,27. Vorher waren sie mit Angst und Furcht umgeben: nun wurden sie aber lebendig, wie Paulus, da er durch den Timotheus von dem guten Zustand der Thessalonicher versichert wurde, 1 Thess. 3,8. Indem sie aber lebendig wurden, wurde ihr Glaube gestärkt, und auf eine neue Stufe, von welcher er nimmer herabfiel, erhoben, und ihr geistliches Leben bekam einen neuen und bleibenden Zuwachs, weil Jesus die Gabe des Heiligen Geistes in ihnen vermehrte. Joh. 20,22.
Auch mich soll nichts aufheitern, stärken und lebendig machen, als das Licht und die kraft des lebendigen HErrn Jesu. Wenn ich auch so angefochten und traurig würde, daß ich den ganzen achtundachtzigsten Psalmen auf mich deuten könnte, ja wenn mir Leib und Seele verschmachteten: so soll ich harren, bis mir der HErr Jesus wieder nahe wird, mich anblickt, anfaßt, mir als die Sonne der Gerechtigkeit aufgehet, und mir Müden neue Kraft gibt.
Mel.: Es kostet viel, ein Christ zu sein.
1.
Mein Heiland lebt, ich sterbe drauf;
Er starb für mich, damit ich sollte leben;
Er schloß mich ein in jenen Seelenkauf,
Da Er Sein Blut zum Lösgeld hingegeben.
Dieß ist der Grund, daß sich mein Geist erhebt:
Mein Heiland lebt!
2.
Mein Heiland lebt, ich leb‘ in Ihm;
Mein Leben ist allein in Seinem Blute.
Ich blieb‘ im Tod, was hätt‘ ich, das ich rühm‘,
Wenn nicht mein Ruhm auf Ihm allein beruhte?
Er ist’s, an dem mein Herz im Glauben klebt;
Mein Heiland lebt!
3.
Mein Heiland lebt, Er lebt in mir,
Es fühlt mein Herz aus Ihm die Lebenskräfte;
Ist nicht der Geist das sichre Zeugniß hier?
Der tödtet ja des Fleisches sein Geschäfte;
Und Er weiß selbst, wornach mein Herz jetzt strebt.
Mein Heiland lebt!
4.
Mein Heiland lebt, Er wird auch mich
Aus dieser Welt zu jenem Leben bringen;
Dort lebt sich’s wohl, dort lebt man ewiglich,
Dort will ich Ihm ein Hallelujah singen.
Das fehlt mir nicht, auch wenn man mich begräbt:
Mein Heiland lebt!

28. Januar. Morgen-Andacht.

Christus ist die Versühnung für unsere Sünden. 1 Joh. 2,2.
Wenn zwei Menschen miteinander versühnet werden, so läßt der Beleidigte seinen Zorn oder seine Feindschaft fahren, wenn derjenige, der ihn beleidigt hatte, ihm eine Abbitte thut, oder das angethane Unrecht ersetzt. Oft lenkt aber Gott dem Beleidigten das Herz so, daß er, ohne eine Abbitte zu erwarten, oder ohne einen Ersatz des erlittenen Unrechts zu bekommen, den Unwillen fahren läßt: da dann alles Dem heimgestellt bleibet, der da recht richtet. Die Regenten auf Erden nehmen’s noch genauer, wenn sie mit einem Missethäter, der ihr Unterthan ist, versühnt werden sollen; denn sie sehen darauf, daß ihrer Ehre hiebei kein Eintrag geschehe, ihr Regentenamt nicht verlästert werde, und ihre Versühnung nicht den Schein bekommen, als ob sie in der Bestrafung des Bösen nachläßig seien. Sie warten also auf Fußfälle, Abbitten, Fürsprache und dergl. Was soll man nun von dem großen Gott gedenken, der eine Welt voll Sünder, die nicht nur Seine Unterthanen, sondern auch Seine Geschöpfe sind, vor Sich sahe. Seine Rechte gehen unendlich weiter als die Rechte gemeiner Menschen und die Rechte aller irdischen Regenten. Seine Ehre gebührt Ihm wegen Seines göttlichen Wesens, und Er kann so wenig etwas davon vergeben, so wenig Er aufhören kann, Gott zu sein. Wer konnte nun eine Versühnung zwischen Ihm und den bösen Menschen stiften? Er wollte ihnen vergeben und sie selig machen. Wer konnte aber zuwege bringen, daß solches auf eine geziemende Weise, ohne Verletzung Seiner Ehre, ohne Gefahr der Lästerung Seines Namens, und ohne Gefahr des Mißbrauchs Seiner Lindigkeit geschehe. Es ist eben so nothwendig, daß Er als ein Heiliger und Gerechter erkannt werde, als nothwendig es ist, daß Seine Güte und Barmherzigkeit offenbar werde. Wer sollte und konnte nun dieses Alles in ein geziemendes Gleichgewicht bringen? Welche Abbitte, welche Fürbitte, welche Erstattung des Ihm angethanen Unrechts, das freilich nicht in einem eigentlichen Schaden, aber doch in der Schmähung Seines herrlichen Namens besteht, sollte dazu hinreichend sein?
Sollte Er den Sündern den Auftrag geben, die gehörige Versühnung mit Ihm zu stiften, so wäre solches vergeblich. Sünder können und wollen nicht zu Ihm nahen, oder ihm nicht geziemend begegnen. Sünder sind unrein, und all‘ ihr Thun ist unrein, und wenn sie mit Gott handeln wollen, so beleidigen sie Ihn auf’s Neue. Sollte Er sie aber fromm und heilig machen, damit sie Ihm hernach die gehörige Genugthuung leisten können, so wäre die Sache verkehrt eingerichtet: denn die große Gnade, durch welche der Sünder zu einem Heiligen gemacht wird, setzt die Versühnung schon voraus, und kann also nicht der Weg zur Versühnung sein.
Was thut nun der große Gott? Er sandte Seinen Sohn in der Gestalt des sündlichen Fleisches, und übergab Ihm die Sache der Menschen auszuführen, und Dieser übernahm sie. Er wurde unter das Gesetz gethan, und ehrete Gott durch Seinen unvergleichlichen Gehorsam und durch Seine Fürbitte so sehr, daß alle dem großen Gott von allen Sündern angethane Unehre dadurch ersetzt wurde. Er ließ aber auch alle Drohungen des Gesetzes an Sich erfüllen, und alle von den Sündern verdienten Strafen über Sich ergehen, damit die Wahrheit Gottes bestätiget, und Sein heiliger Haß wider die Sünde genugsam offenbar würde.
Und so ist Jesus die Versühnung für unsere Sünden worden, wie Johannes schrieb, oder Er ist wie Paulus Röm. 3,25. sagt, der Gnadenstuhl worden, zur Erweisung der Gerechtigkeit Gottes, damit offenbar würde, daß Gott gerecht sei, und doch gerecht mache den, der da ist des Glaubens an Jesum. Er ist selber das Versühnopfer worden, und hat nichts Fremdes dazu gebraucht. Er hat Sich selbst gegeben für Alle zur Erlösung.
Mel.: Schwing dich auf etc.
1.
Seelen, die ihr Jesu dient,
Fallet vor Ihm nieder,
Weil Er euch mit Gott versühnt,
Singt Ihm Lobelieder.
Was uns das Gesetz gedroht,
Ist am Kreuz durchstrichen,
Und durch Christi Opfertod
Wir mit Gott verglichen.
2.
Nun ist Gott uns wieder gut,
Und der Tod getödtet,
Weil des Sohn’s Versühnungsblut
Vor dem Vater redet.
Gott gedenkt nicht unsers Thuns,
Noch der Sündenmenge;
Christi Blut kommt über uns,
Daß es uns besprenge.
3.
Sind wir dann versühnt vorher,
Ist uns nun vergeben,
O so werden wir vielmehr
Selig durch Sein Leben.
Jesu, der in’s Heiligthum
Durch Sein Blut gedrungen,
Dir sei Heil und Macht und Ruhm
Hier und dort gesungen!

28. Januar. Abend-Andacht.

Was Ich euch sage, das sage Ich Allen: wachet! Mark. 13,37.
Das Wachen, welches der Heiland durch Sein allgemeines Gebot zu einer Pflicht aller Christen macht, verbindet Er selbst Luk. 21,36. mit dem Beten, Paulus aber 1 Thess. 5,6. und Petrus 1 Petr. 5,8. mit der Nüchternheit; und gleichwie Christus die Wachsamkeit oft in dem Bezug auf Seine herrliche Zukunft befohlen hat, also hat sie Paulus 1 Thess. 5,5-8. in der Absicht auf den Tag und das Licht, so schon vorhanden sei, geboten: weil man auch im natürlichen Leben zu dem Schlaf und der Trunkenheit gemeiniglich nur die Nacht anwende. Wenn wir einmal von dem Schlaf oder von der unthätigen Sorglosigkeit, worin wir in Ansehung unsers ewigen Heils gestanden, durch das Wort Gottes aufgeweckt sind, so sollen wir wachend bleiben. Christus sagt Allen: wachet!
Selig ist, der sich’s von Ihm gesagt sein läßt. Wenn auch ein schwacher Anfänger im Christenthum am Tag seines Todes oder bei der Zukunft des HErrn wachend erfunden wird, so ist er selig, und das Werk des Heiligen Geistes wird in ihm schnell vollends ausgeführt werden: da hingegen diejenigen, die nach einem völligeren Geistesmaß wieder schläfrig werden und entschlafen, Schrecken und Schaden leiden werden, wenn sie auch nicht ganz durchfallen. Die irdischen Geschäfte, die man besorgt, der Umgang mit Menschen, der Besitz und Genuß zeitlicher Güter können bei der Verderbniß des eigenen Herzens zerstreuen, ermüden und schläfrig machen. Ueberdieß sind viele Verführer in die Welt ausgegangen. Der Geist des Widerchrists, der den Vater und Sohn leugnet, regt sich gewaltig. Und da die Christen voll Geistes werden sollen, so ist dagegen die Erde trunken worden von dem Wein der geistlichen und fleischlichen Hurerei, und diese Trunkenheit macht schlafend. Der Teufel hat einen großen Grimm, weil er weiß, daß er wenig Zeit hat. Hier ist also Geduld und Glaube der Heiligen (nöthig), hier sind diejenigen (selig), die da halten die Gebote Gottes und den Glauben an Jesum. Wer kann aber solches? Niemand, als der da wachet, Alles nach dem Wort Gottes prüfet, auf sein Herz, das Gott bearbeiten will, und auf die Zeichen der Zeit Achtung gibt, und um des himmlischen Erbes willen Alles zu verlassen erbötig ist. Zum Wachen kann nichts mehr ermuntern, als wenn man bedenkt, der HErr Jesus sage selber zu Allen: wachet. Er will mit diesem Seinem Wort als Hausherr Seine Knechte und Mägde, als Vater Seine Kinder, als Heiland Seine Erlösten, als Richter diejenigen, die vor Seinem Richterstuhl erscheinen sollen, wecken. Er will wecken, weil der Tag des Neuen Testaments vorhanden ist, und Seine unaussprechlich wichtige Zukunft herannahet. Schlafende wird der Tag Seiner Zukunft überfallen wie ein Fallstrick und wie ein Dieb in der Nacht: aber eben so geht’s solchen Leuten in gewisser Weise bei einer jeden großen Versuchung und Noth, und besonders in der Todesstunde. Sie sind unbereitet und ungeschickt. Wo sie siegen sollten, da unterliegen sie, wo sie Freudigkeit haben sollten, da versinken sie in die Furcht, und was ihnen Gewinn sein sollte, wird ihnen zum Schaden. Man bedenke das Ende der thörichten Jungfrauen. Man erwäge in der Absicht auf das Geistliche und Ewige die Worte Salomo’s Sprüchw. 6,9.10.11.: Wie lange liegest du Fauler? Wann willst du aufstehen von deinem Schlaf? Ja schlafe noch ein wenig, schlummere noch ein wenig, schlage die Hände ineinander ein wenig, daß du schlafest: so wird dich die Armuth übereilen wie ein Fußgänger, und der Mangel wie ein gewappneter Mann. Darum wachet!
Mel.: Valet will ich dir geben.
1.
Du meine Seele, wache,
Der Heiland sagt’s vorher!
Die Hure, Thier und Drache
Verfolgen immer mehr.
O bei des Drachen Grimme,
Und bei der Hure Wein,
Und bei des Thieres Stimme
Will’s ja gewachet sein!
2.
Sind Tausende im Schlafe,
Als wäre keine Noth,
So denk du an die Strafe,
Die uns der HErr gedroht.
Hinweg mit Furcht und Scheue,
Wo nahe Noth zu sehn;
Hier ist Geduld und Treue
Nur bei den Heiligen!
3.
Du Hirt der kleinen Heerde,
Zieh uns die Waffen an;
Gib uns Dein Wort zum Schwerte,
Das Feinde fällen kann;
Einst bei des Thieres Bilde
Gib auch in uns’rem Theil
Den Glauben mir zum Schilde,
Zu uns’rem Helm Dein Heil.
4.
HErr, Du hast überwunden!
Wir haben hier noch Krieg,
Gib uns in bösen Stunden
Durch Deine Macht den Sieg;
Weck‘ Du uns auf zum Beten;
Halt uns die Krone für;
Hilf uns durch Dein Vertreten,
So trennt uns nichts von Dir!

29. Januar. Morgen-Andacht.

HErr, Du hilfest beiden, Menschen und Vieh. Ps. 36,7.
Die Menschen haben durch die Schöpfung, und durch die Erlösung große Vorzüge vor dem Vieh erlangt, und durch die Heiligung und Verherrlichung werden diese Vorzüge bei den Auserwählten bestätigt. Doch sind die Menschen, die auf Erden leben, darin dem Vieh ähnlich, daß sie, wie dieses, lebendige, aber auch vieler Mühseligkeit ausgesetzte und sterbliche Geschöpfe sind, und zum Theil einerlei Nahrung mit diesem haben. Leblosen Dingen kann kein empfindliches Uebel, folglich auch keine eigentliche Hülfe widerfahren: aber die Menschen und das Vieh, welche etwas empfinden können, sind einer mannigfaltigen göttlichen Hülfe fähig, wodurch sie von dem Uebel, das sie drückt, befreit werden. Nun sagt David: HErr, Du hilfest beiden, Menschen und Vieh, und betrachtet hiebei den HErrn als Schöpfer der Menschen und des Viehes. Gott hat nämlich Wohlgefallen an Seinen Werken, insofern sie noch sind, wie Er sie gemacht hat, Ps. 104,31. Er ist gegen Allen gütig, und erbarmet Sich aller Seiner Werke. Ps. 145,9.; gleichwie Ihn auch alle Seine Werke an allen Orten Seiner Herrschaft loben sollen, Ps. 103,22. Es gibt also eine gewisse Verbindung, in welcher Gott mit Seinen Werken oder Geschöpfen, und die Geschöpfe mit Ihm als ihrem Schöpfer stehen, welche bei Gott ein gewisses Wohlgefallen, Güte und Erbarmung einschließt, bei den Geschöpfen aber ein gewisses Zutrauen zu ihrem Schöpfer, eine Erwartung Seiner Hilfe und das Lob desselben erwecken soll. Die Sünde hat bei den Menschen verursacht, daß diese Verbindung zwar nicht zernichtet wurde, doch aber zur ewigen Glückseligkeit derselben nicht mehr genugsam war; und sie haben, um diese zu erlangen, neben dem Schöpfungsrecht auch das Gnadenrecht nöthig, welches ihnen Jesus Christus durch Seine Erlösung erworben hat. Uebrigens hilft Gott den Menschen als Menschen und dem Vieh als Vieh. Kostbar ist Seine Güte, und Menschenkinder dürfen zuversichtlich und ohne Furcht unter dem Schatten Seiner Flügel, das ist unter Seinem wohlthuenden Schutz, hingehen; da sonst jeden Augenblick etwas auf sie andringen könnte, das sie quälete oder gar tödtete, Ps. 36,8. Er höret aber auch die jungen Raben, die Ihn anrufen, Er gibt dem Vieh sein Futter. Er lässet Brunnen quellen in den Gründen, daß die Wasser zwischen den Bergen hinfließen: daß alle Thiere auf dem Felde trinken, und das Vieh seinen Durst lösche, Ps. 104,10.11. Er gibt allem Fleisch Speise, denn es wartet Alles auf Ihn, daß Er ihnen Speise gebe zur rechten Zeit. Ja Er macht fröhlich, was sich beweget, beides des Morgens und des Abends, und hat überdieß geboten, daß der Mensch, wenn er den Namen eines Gerechten tragen will, sich auch seines Viehes erbarmen solle. Ps. 136,25. 65,9. Spr. 12,10.
Es gibt Anfechtungen, worin auch gerechte Menschen sich des verzagenden Unglaubens damit erwehren müssen, daß sie sich erinnern und Gott vorhalten, Er habe sie geschaffen, im Mutterleibe gebildet, und bisher erhalten, folglich könne Er Seine Hand von ihnen nicht abziehen. Ein Beispiel ist Hiob K. 10,8-13., doch kommt ihnen der Heilige Geist bald zu Hülfe, daß sie auch aus höhern Gründen Zuversicht zu Gott fassen können.
Fasse also o Mensch, wer du auch bist, ein Vertrauen zu Gott als deinem Schöpfer, und erwarte Hülfe von Ihm. Fange aber auch an, Ihn anzurufen: Er wird dich erhören, wenn auch dein Gebet so unförmlich wäre, als das Geschrei der jungen Raben. Lasse dich aber auch weiter leiten. Du hast eine unsterbliche Seele, du bist erlöst durch Christum, du bist auf Seinen Namen getauft, und zu einer ewigen Herrlichkeit berufen und bestimmt. Bitte also auch im Glauben um die geistlichen Gaben, die dir Christus erworben hat, und die dich zu diesem großen Zweck führen können. Auf diese Weise wirst du aus einem natürlichen Menschen ein Christ, ein Kind Gottes, und ein Erbe Gottes und Miterbe Christi werden.
Mel.: Eins ist Noth, ach HErr, dieß etc.
1.
Gott erbarmt Sich aller Werke,
Welche Seine Hand gemacht;
Wo ich Seine Allmacht merke,
Nehm‘ ich Güte auch in Acht:
Und diese ist würdig, gelobet zu werden.
Bei schreienden Raben, bei weidenden Heerden,
Und was ich, vom Schöpfer erhalten, besieh,
Heißt’s: Gott, Du hilfst beiden, dem Menschen und Vieh.
2.
Macht nun Gott mit Wohlgefallen
Alles Fleisch auf Erden satt,
Weiß Er auch auf diesem Ballen,
Was Er da für Kinder hat.
Geschwister, wir wollen die Sorgen verwerfen,
Der Vater weiß, daß wir das Alles bedürfen;
Wir beten, und danken, und loben Ihn hie:
O Gott, Du hilfst beiden, dem Menschen und Vieh!

29. Januar. Abend-Andacht.

HErr, ich warte auf Dein Heil. 1 Mos. 49,18.
Als Jakob krank war, berief er seine Söhne und sprach eine prophetische Weissagung aus, deren Erfüllung nicht diese Söhne selbst, sondern ihre Nachkommen erlebten. Merkwürdig ist’s aber, daß er nach der Weissagung, die er über den Stamm Dan ausgesprochen hatte, sich mit seiner Rede zu Gott wandte, und glaubig sagte: HErr, ich warte auf Dein Heil. Heil Gottes heißt in der Bibel eine jede göttliche Hülfe, eine jede Errettung aus der Noth, Christus selbst aber heißt auch das Heil Gottes, Jes. 49,6. und Luk. 2,30., wo man anstatt Heiland das Wort Heil lesen soll, und Sein Name Jesus bedeutet nichts anders als Heil oder Heiland; auch ist Seine Erlösung und der den Menschen durch dieselbe erworbene und mitgetheilte Segen oft von den Propheten als das Heil gepriesen worden. Jakob hat als ein Prophet, der im Geist redete, bei den Worten: HErr, ich warte auf Dein Heil, ohne Zweifel auf den Messias gesehen. Er hatte vorher von dem Stamm Dan etwas Trauriges geweissaget und gesprochen: Dan wird eine Schlange werden auf dem Wege und eine Otter auf dem Steige, und das Pferd in die Fersen beißen, daß sein Reiter zurückfalle. Man kann diese Weissagung auf nichts Anderes als auf den falschen Gottesdienst deuten, den der Stamm der Daniter unter Israel zuerst aufgebracht hat. So lange die Stiftshütte zu Silo war, hatten die Daniter das Bild Micha unter sich: aber auch nach derselben Zeit währte das unechte Priesterthum des Geschlechts Jonathans des Sohnes Gerson, folglich auch ein falscher Gottesdienst unter den Danitern fort, bis sie aus ihrem Lande gefangen weggeführt wurden, Richter. 18,30.31., wie denn auch Jerobeam, der Sohn Nebat, eines von seinen zwei goldenen Kälbern in der Stadt Dan hat aufstellen lassen. Der Stamm Dan hat also mit dem falschen Gottesdienst unter Israel den Anfang gemacht, und ist hartnäckig dabei verharret. Die Baalim und Astharoth wurden oft wieder vertilget: aber der selbst erwählte Gottesdienst und das falsche Priesterthum der Daniter hat fortgewährt. Dan wurde dadurch eine Schlange auf dem Weg und eine Otter auf dem Steige, und biß das Pferd in die Fersen, d.i. er richtete einen unheilbaren Schaden unter Israel an, daß der Reiter zurückfiel, d.i. daß zuletzt kein König mehr war, der das Volk regieren konnte. Auf diese Weise sahe Jakob voraus, warum das Scepter von Juda werde entwendet werden, und wie das Volk Israel zuletzt einem verwundeten Pferde gleich sein werde, das keinen Reiter mehr auf sich hat. Bei dieser traurigen Aussicht nun sagte er: HErr, ich warte auf Dein Heil. Ich getröste mich des zukünftigen Messias, oder des Helden (Schiloh), welcher die Stämme Jakob wieder aufrichten und das Verwahrloste in Israel wieder bringen soll. Er wird das Heil Gottes im Gegensatz gegen alles Schlangengift sein. Wenn die Könige Israels gefallen sind, so wird Er der König über das Haus Jakobs ewiglich sein.
Wir lernen hieraus, daß sich der Blick lebender und sterbender Knechte Gottes nie in den finstern Trübsalen endigen und verlieren soll. Sehen wir Gerichte, Trübsal, Zerrüttung, Verderben vor uns, so sollen wir nach der Anzeige des prophetischen Wortes auch noch weiter hinaus sehen, und auch auf das Heil sehen, das durch Christum hernach angerichtet wird. Wir warten aber nach den Weissagungen der Propheten darauf, daß Er in Seinem Reich noch mehr komme, und Seinen Namen auf Erden noch mehr verherrliche, und daß Er am Ende der Tage mit großer kraft und Herrlichkeit erscheine, und aller Noth der Seinigen ein Ende mache.
Mel.: Schwing dich auf etc.
1.
HErr, ich warte auf Dein Heil,
Wie die Väter harrten.
Ich werd‘ auch für meinen Theil
Nicht vergeblich warten.
Wenn uns Gott Sein Heil verspricht,
Wird Er’s uns auch geben;
Denn Er gibt’s den Seinen nicht
Nur in diesem leben.
2.
Zwar im Glauben hat man schon
Hier das Heil gefunden;
Denn man hat es in dem Sohn
Und in Seinen Wunden;
Ja, der Zugang steht uns hier
Zu dem Vater offen;
Doch das Ganze müssen wir
Erst im Himmel hoffen.
3.
Hier sind Zeiten der Geduld,
Hier sind Prüfungstage:
Bald betrübt uns uns’re Schuld,
Bald die viele Plage;
Bald macht Fleisch und Welt uns bang,
Bald des Satans Pfeile,
Da wird uns die Zeit zu lang,
Daß das Heil nicht eile.
4.
Doch es kommt, es ist nicht weit;
Laßt uns treu verbleiben;
Kann uns doch die böse Zeit
Gottes Wort vertreiben.
Jesu, gib mir Jakobs Theil;
Höre auch mein Flehen:
HErr, ich warte auf Dein heil.
Laß mich’s ewig sehen!

30. Januar. Morgen-Andacht.

Siehe, dein König kommt zu dir, sanftmüthig. Matth. 21,5.
Jesaias weissagte K. 40,9.10., man werde bei dem Anbruch der Neutestamentlichen Gnadenzeit zu den Städten Juda sagen: siehe, da ist euer Gott; denn siehe, der HErr HErr kommt gewaltiglich, Sein Arm wird herrschen u.s.w. Zacharias aber sprach weissagend K. 9,9.: du Tochter Zion freue dich sehr, und du Tochter Jerusalem jauchze: siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel und auf einem jungen Füllen der Eselin. Fürwahr ein großer König, der auch Gott ist! Darum wird Jes. 52,7. von den Boten Gottes gesagt, daß sie zu Zion sagen: dein Gott ist König. Dieser König aber ist Jesus Christus, auf den man, da er im Stand der Erniedrigung auf Erden lebte, mit Fingern weisen, und sagen konnte: siehe, da ist Er, und der auf einem Esel und auf einem jungen Füllen der Eselin zu Jerusalem eingeritten ist. Damals konnte man der Tochter Zion, das ist der Bürgerschaft zu Jerusalem, sagen: siehe, dein König kommt zu dir. Um einigermaßen sich durch Zeichen als ein König zu offenbaren, ließ Er Sich bedienen, und ritt auf einem Esel, welches Er sonst zu thun nicht gewohnt war. Er nahm auch die Ehrenbezeugungen und den lauten Zuruf des Volkes an, welches, wie Lukas K. 19,38. bezeugt, unter Anderem sagte: gelobet sei, der da kommt, ein König im Namen des HErrn, und wie Markus Kap. 11,10. sagt, auch ausrief: gelobet sei das Reich unsers Vaters David, das da kommt im Namen des HErrn. Der Gedanke von Jesu als einem König und von Seinem kommenden Reich hatte also damals alle Gemüther erfüllet. Sie glaubten, das Reich David komme jetzt, und werde von dem HErrn Jesu, als dem Messias und Sohn Davids, auf eine herrliche Weise angerichtet werden. Es war dieses an sich selbst auch wahr: nur geschahe es nicht auf diejenige Weise, wie die Israeliten insgemein hofften.
Zacharias hatte den König Jesus einen Gerechten und einen Helfer und einen Armen genannt. Nun kann man das hebräische Wort, welches arm heißt, auch sanftmüthig übersetzen. Matthäus, welcher bei dem Einritt Jesu zu Jerusalem gegenwärtig gewesen war, und Seine Gestalt und Art zu reden und zu handeln bemerkt hat, ist besonders bei dem Wort sanftmüthig stehen geblieben, weil damals aus allen Worten und Werken Jesu eine besondere Sanftmuth herausleuchtete. Der HErr Jesus ist aber noch jetzt sanftmüthig. Er besänftiget die Seelen: Er lehrt und gibt Friede, Zach. 9,10. Die Seelen der Menschen werden wegen der Armuth, wegen mißlungener Anschläge, Beleidigungen des Nächsten und allerhand Plagen beunruhigt, verwundet, und in Kummer und Verdruß hineingetrieben. Dazu kommt noch das Gesetz Gottes, welches drohet, flucht, verdammt. Nun kommt Jesus als ein sanftmüthiger König, und richtet Frieden in der Seele an, erquickt sie, und läßt sie Ruhe finden. Er macht sie nicht unempfindlich gegen das Leiden, stellt ihr aber dasselbe auf der evangelischen Seite vor. Er entschuldigt die Sünde nicht, vergibt sie aber, und erläßt die Strafe. Er schenkt Licht und Leben, züchtigt mäßiglich, und erlöset endlich von allem Uebel.
Er kommt auch noch jetzt zu den Menschen, nämlich in demjenigen Verstand, in welchem Er’s Matth. 16,28. verkündigte, da Er sagte: es stehen etliche hie, die den Tod nicht schmecken werden, bis sie des Menschen Sohn kommen sehen in Seinem (Gnaden-) Reich. So komme den der HErr Jesus jetzt in Seinem Reich zu Vielen, und auch zu mir und den Meinigen als ein sanftmüthiger König, und Sein Name werde allenthalben erkannt und gepriesen!
Mel.: Wie schön leucht‘ uns der etc.
1.
Zeuch, Jesu, in die Herzen ein;
Der kommt, der soll gelobet sein,
Denn Du bist HErr der Herzen.
In Sanftmuth pflegst du einzuzieh’n,
Da muß die Furcht des Todes flieh’n
Und aller Sünden Schmerzen.
Leben geben,
Gnad‘ ertheilen,
Wunden heilen
Tödtlich Kranken,
Ist Dein Thun, das wir Dir danken.
2.
Zeuch, Jesu, in die Herzen ein;
Lehr‘ uns das Hosianna schrei’n,
Und Dein Erscheinen lieben.
Das ganze Herz beherrsche Du,
Es rufe Dir mit Wonne zu
In heilsbegier’gen Trieben.
Neue Treue
Wirk‘ in Allen;
Laß erschallen:
Unserm König
Ist nun Alles unterthänig!

30. Januar. Abend-Andacht.

Alle Zungen sollen bekennen, daß Jesus Christus der HErr sei, zur Ehre Gottes des Vaters. Phil. 2,11.
Als der HErr Jesus Sich selbst entäußert und erniedriget hatte, und gleichwie ein anderer Mensch, ja in Knechtsgestalt unter den Menschen wandelte, ja zuletzt zwischen zwei Uebelthätern am Kreuz hin, wurde Er von Vielen gar nicht erkannt, von Einigen nur als ein großer Prophet gepriesen, von vielen Zungen aber gröblich geschmähet; denn es wurde in den Tagen Seines Fleisches erfüllet, was Ps. 69,10-13. geweissaget war: Ich eifere Mich (hier) zu Tod um Dein Haus, und die Schmach derer, die Dich schmähen, fallen auch Mich. Und ich weine und faste bitterlich, und man spottet Mein dazu. Ich habe einen Sack angezogen, aber sie treiben das Gespött daraus. Die im Thor sitzen, waschen (plaudern) von Mir, und in den Zechen singet man von Mir. Imgleichen was Ps. 22,7.8. geschrieben steht: Ich bin ein Wurm und kein Mensch, ein Spott der Leute und Verachtung des Volks. Alle, die Mich sehen, spotten Mein, sperren das Maul auf und schütteln den Kopf. Dieser Jesus ist’s aber, den der Vater erhöhet hat, und dem Er einen Namen gegeben hat, der über alle Namen ist, daß in dem Namen Jesu sich beugen sollen alle derer Kniee, die im Himmel und auf Erden und unter der Erden sind, und alle Zungen bekennen, daß Jesus Christus der HErr sei, zur Ehre Gottes des Vaters. Es ist hier nicht nur von den Knieen und Zungen der Gerechten, sondern von allen ohne Ausnahme die Rede. Der HErr Jesus Christus wird im Himmel als der HErr auf dem göttlichen Thron gesehen, auf der Erde wird geprediget, daß Er der HErr sei, in der Hölle hat Er Sich als HErr durch Seine Höllenfahrt gezeigt: wer aber auch bei Leibesleben oder nach dem Tod nichts von Ihm gewußt hat, wird Ihn als den HErrn am Tage Seiner herrlichen Erscheinung kennen lernen. Denn da werden Ihn alle Augen sehen, alle Völker werden vor Ihm versammelt werden, und auch diejenigen, die Er verdammen wird, werden zu Ihm sagen: HErr, HErr, s. Matth. 7,22. 25,11.24.44. Wenn aber alle Zungen bekennen werden, daß Jesus Christus der HErr sei, so wird solches zur Ehre Gottes des Vaters geschehen. Jesus Christus selbst wird dadurch auf’s Höchste geehrt, daß Ihn alle Zungen den HErrn im höchsten Grad nennen: denn weil es alle Zungen thun, so wird dadurch angezeigt, daß Er der HErr über Alles sei, und zwar der allerhöchste HErr, weil Er auf dem göttlichen Thron zur Rechten des Vaters sitzt, folglich so hoch erhaben ist, als der Vater. Weil aber der Vater Ihn nach Seiner menschlichen Natur erhöhet, und Ihm einen Namen gegeben hat, der über alle Namen ist, so gereicht das Bekenntniß aller Zungen, daß Jesus Christus der HErr sei, auch zur Ehre Gottes des Vaters. Der Vater wird geehrt, wenn Jesus geehrt wird, weil Er der Vater Jesu Christi ist. Wir, denen das Evangelium von Christo geprediget, und unter Anderem gesagt wird, Er sei darum gestorben und wieder auferstanden, daß Er über Todte und Lebendige ein HErr sei, sollen Ihn mit Freuden anbeten, gern die Kniee vor Ihm beugen, und mit einer innigen Ehrerbietung und Zufriedenheit bekennen, daß Er auch unser HErr sei. Dank sei Ihm, daß Er uns erkauft hat mit Seinem Blut, und uns erlöset hat von der Obrigkeit der Finsterniß, und uns unter Ihm und in Seinem Reich will leben lassen in Heiligkeit und Gerechtigkeit, die Ihm gefällig ist.
Mel.: O Welt, sieh‘ hier etc.
1.
Was in dem Himmel lebet,
Was auf der Erde schwebet,
Was in der Tiefe ist,
Und was wir Zungen nennen,
Dieß Alles muß bekennen,
Du seist der HErr, HErr Jesu Christ!
2.
Ich heiß‘ es ein Erbarmen,
Daß Jesus sich mir Armen
Hier zu erkennen gibt;
Daß ich die Knie‘ jetzt beuge,
Mit frohem Glauben zeuge,
Er sei mein HErr, der mich geliebt.
3.
Bezaubert doch der Teufel
Die Welt zum Trotz und Zweifel,
Als wäre Jesus nichts,
Vor dem er doch selbst zittert
Und fühlt, wiewohl erbittert,
Ein schrecklich Warten des Gerichts.
4.
Was wär‘ an jenem Tage
Mir das für eine Plage,
Mit Heulen dazustehn,
Und auf dem Königsthrone
Den Richter mit dem Lohne,
Den nie geglaubten Jesum sehn!
5.
O Gnadengeist, verkläre,
Zu Seines Vaters Ehre
Hier Jesum nur in mir,
Daß ich Ihn kann bekennen,
Bis Leib und Seel‘ sich trennen:
Mein HErr, ich leb‘ und sterbe Dir!

31. Januar. Morgen-Andacht.

Und das ist die Freudigkeit, die wir haben zu Ihm, daß, so wir etwas bitten nach Seinem Willen, so höret er uns. 1 Joh. 5,14.
Wenn gesagt wird, daß wir Alles nach Gottes Willen bitten sollen, so sollen wir dieses für keine beschwerliche Einschränkung halten; denn nichts ist gut, als was Gott will, und Er will alles Gute. Der Beter hat also dennoch einen großen Raum vor sich, und ist mit seinem Bitten nicht eng eingespannt. Man sehe nur das Wort Gottes an, und bedenke, wie viel Gutes darin von den Menschen gefordert, und wie viel ihnen verheißen ist: was aber Gott fordert und verheißt, ist unfehlbar der Gegenstand Seines Willens. Ein Beter darf sich also so weit ausbreiten, als die Gebote und Verheißungen Gottes reichen, und dabei versichert sein, daß er nach Seinem Willen bitte. Wenn er bittet: HErr, erquicke mich nach Deinem Wort, stärke mich nach Deinem Wort, sei mir gnädig nach Deinem Wort, wie Ps. 119,25.28.58. gesagt wird, so verfehlt er des Willens Gottes nicht. Ja, wenn Christus in uns bleibt, und Seine Worte in uns bleiben, so ist ein Wille des Geistes in uns, welcher mit dem Willen Gottes übereinkommt, und deßwegen konnte der HErr Jesus Joh. 15,7. zu Seinen Jüngern sagen: so ihr in Mir bleibet, und Meine Worte in euch bleiben, werdet ihr bitten, was ihr wollet, und es wird euch widerfahren. Es gibt freilich Dinge, davon Gott Seinen Willen in Seinem Wort nicht geoffenbaret hat. Was ist nun hierin zu thun? Ich soll kein Rathgeber Gottes sein wollen, ich soll mit meinem schwachen und sehr eingeschränkten Verstand nicht entscheiden, was Gott thun werde oder solle; denn Salomo sagt, Pred. 3,11.: der Mensch kann doch nicht treffen das Werk, das Gott thut, weder Anfang noch Ende. Doch darf ich einen bescheidenen Versuch mit Bitten machen: gleichwie Moses um die Verlängerung seines Lebens, Jeremias um Abwendung der Zerstörung Jerusalems, und Salome für ihre zwei Söhne um das Sitzen zur Rechten und Linken des HErrn Jesu gebeten hat. Wenn uns nun der HErr antwortet wie dem Mose, zu dem Er sagte: sage Mir davon nicht mehr, oder wie dem Jeremia, zu welchem Er sprach: du sollst nicht mehr für dieses Volk beten, oder wie der Salome und ihren Söhnen, zu denen Er sagte: ihr wisset nicht, was ihr bittet: so sollen wir uns zur Ruhe geben, und glauben, daß dasjenige, was Gott thun wolle, besser sei als dasjenige, um was wir Ihn gebeten haben. Wie soll ich aber diese Antworten Gottes vernehmen? So daß ich wahrnehme, wie mich der Heilige Geist, der Beistand und Regierer aller Glaubigbetenden vom weitern Bitten zurückhalte, und mir keine Kraft gebe, darin fortzufahren, und endlich auch so, daß ich wahrnehme, wie der Erfolg anders ausgefallen sei, als ich gewünscht und gebeten habe. Hingegen hat Hanna die Mutter Samuels nach dem Willen Gottes gebeten, da sie um einen Sohn bat, und Hiskia, da er um die Verlängerung seines Lebens bat, ungeachtet weder jene noch dieser sich auf besondere und ausdrückliche Verheißungen Gottes berufen konnten. so sind viele, ja Alle erhöret worden, die den HErrn Jesum in den Tagen Seines Fleisches um eine leibliche Hülfe gebeten haben, weil Sein Name gelästert worden wäre, wenn Er Jemand hülflos von Sich gelassen hätte. Auch sagt Jakobus Kap. 5,16.17.18. mit großer Freimüthigkeit: des Gerechten Gebet vermag viel, wenn es ernstlich ist. Elias war ein Mensch wie wir, und er betete ein Gebet, daß es nicht regnen sollte: und es regnete nicht auf Erden drei Jahre und sechs Monden. Und er betete abermal, und der Himmel gab Regen, und die Erde brachte ihre Frucht. Weil uns Gott höret, so wir etwas nach Seinem Willen bitten, so dürfen wir eine Freudigkeit oder Freimüthigkeit gegen Ihn haben, und Ihn in der Hoffnung der Erhörung oft und um Vieles bitten.
Mel.: Allein Gott in der Höh‘ sei Ehr.
1.
Gott, Du erhörest, das Reich ist Dein;
Ja, ja, es soll geschehen.
Als HErr hörst Du der Raben Schrei’n,
Als Vater unser Flehen.
Daher kommt alles Fleisch zu Dir,
Und als die Kinder beten wir
Zum Vater in dem Sohne.
2.
Gott, Du erhörst, Dein ist die Kraft,
Ja, ja, es kann geschehen.
Du bist’s, der alle Hülfe schafft,
Und mehr als wir verstehen.
Was aller Welt unmöglich ist,
Da hilfst Du uns durch Jesum Christ
Von Sünden, Tod und Hölle.
3.
Gott, Dein ist auch die Herrlichkeit,
Ja, ja, es wird geschehen.
Du hast Dir selbst ein Lob bereit’t,
Daß wir Erhörung sehen.
Hier dankt man Dir in Schwachheit schon,
Dort wird Dein Ruhm vor Deinem Thron
Recht groß und herrlich werden.

31. Januar. Abend-Andacht.

Mit dem Heiligen Geist seid ihr versiegelt auf den Tag der Erlösung. Eph. 4,30.
Auserwählte und begnadigte Menschen tragen das Bild des irdischen Adams wie andere Menschen, auch kann man aus ihren äußerlichen Schicksalen nicht wahrnehmen, daß sie seien, was sie sind; denn es begegnet Einem wie dem Andern, dem Gerechten wie dem Gottlosen: wie es dem Guten geht, so geht es auch dem Sünder, wie Salomo Pred. 9,2. sagt. Und doch sind begnadigte Menschen vor andern ausgezeichnet: durch was aber? durch den Heiligen Geist, der ihnen gegeben ist. Weil sie Kinder Gottes sind, so hat Gott gesandt den Geist Seines Sohnes in ihre Herzen, der da schreiet: Abba lieber Vater! Gal. 4,6. Welche der Geist Gottes treibet, die sind Gottes Kinder; wer aber Christi Geist nicht hat, der ist nicht Sein. Röm. 8,14.9. Wenn man also die Zahl derjenigen Menschen wüßte, die den Heiligen Geist empfangen haben, so wüßte man auch die Zahl der Kinder Gottes. Paulus deutet dieses damit an, daß er sagt, die begnadigten Menschen seien mit dem Heiligen Geist versiegelt; denn ein Siegel ist ein aufgedrücktes Zeichen, woran man erkennen kann, von wem etwas herkomme, oder wem etwas angehöre. Wenn ich also aus den Früchten erkennen kann, daß ein Mensch den Heiligen Geist in sich wohnend habe, so kann und soll ich ihn für ein Kind Gottes halten, weil er das rechte Kennzeichen der Kindschaft Gottes in sich hat; und wenn ich mich über meinen eigenen Zustand besinne, und wissen will, ob ich ein Kind Gottes sei, und in Seiner Gnade stehe, so kann ich durch nichts zu einer Gewißheit gelangen, als durch das Siegel des heiligen Geistes, wenn ich es in mir gewahr werde. Treibt und tröstet mich dieser Heilige Geist, hält Er mich immer in Seiner genauen Zucht, verklärt Er den HErrn Jesum in meinem Herzen, eignet Er mir Sein Evangelium zu, macht Er mir die Worte Gottes kräftig; erweckt Er mich, Abba Vater zu Gott zu sagen, und Ihn mit einem kindlichen Glauben anzurufen: so bin ich ein Kind Gottes. Wenn ich aber von diesem Allen nicht nur eine Stunde oder einen Tag, sondern ganze Wochen, Monate und Jahre nichts erfahre, so bin ich noch ein todter Weltmensch, und wenn ich doch gut von mir denke, so betrüge ich mich selbst, und dieser Selbstbetrug wird wenigstens an meinem Ende zu meiner großen Schande entdeckt werden.
Ein Siegel ist etwas, das nicht verletzt, zerbrochen oder abgerissen werden darf, besonders wenn es das Siegel einer hohen Obrigkeit ist. Wehe dem, der durch Verführung getaufte Kinder oder erwachsene Leute ihres göttlichen Siegels beraubt: wehe dem, der sich selbst dessen beraubt! Paulus warnte davor, da er sagte: betrübet nicht den Heiligen Geist, durch welchen ihr versiegelt seid. Er redet von dem Heiligen Geist nach menschlicher Weise. Er bleibet in Seinem Wesen wie Er ist: aber gleichwie man Ihn erbitten kann, (Jes. 63,10.), also kann man Ihn auch betrüben. Wenn nämlich ein glaubiger und begnadigter Christ sich auf’s Neue von denjenigen Sünden überlisten und gefangen nehmen läßt, vor welchen Paulus Eph. 4. warnt: so weicht der Heilige Geist von ihm, wie ein Gast, den man betrübt hat, aus dem Hause auszieht, in welchem er sich vorher gern aufgehalten hatte. Der Heilige Geist ist in Sich selbst keiner Betrübniß fähig: Er kann aber so handeln, und Sich gegen den Menschen so erzeigen, wie einer, der beleidigt und betrübt worden ist, zu thun pflegt. Davor hüte sich ein Jeder, denn wenn der Heilige Geist weicht, so wird des Menschen Zustand schlimmer, als er vor seiner Bekehrung gewesen war. Paulus sagt aber auch, die begnadigten Christen seien durch den Heiligen Geist auf den Tag der Erlösung versiegelt; weil sie durch die Mittheilung dieses Geistes eine rechtmäßige Hoffnung bekommen haben, von allem Uebel erlöset zu werden. Kinder Gottes sollen nicht immer wallen, sondern auch endlich heimkommen, nicht immer in der Niedrigkeit leiden, sondern auch zur Herrlichkeit erhaben werden; und dieses zu hoffen, berechtigt sie der Heilige Geist, welchen Gott ihnen gegeben hat, und welcher, wie Paulus Eph. 1,14. sagt, das Pfand oder Angeld des himmlischen Erbes ist.
Mel.: Mein Herzens Jesu etc.
1.
Nein, Welt, ich mag den Orden nicht,
Den du suchst anzupreisen;
Das Finst’re gilt mir nichts, im Licht
Vor Gott es aufzuweisen;
Dein Fürst gibt solche Regeln an,
Die mein Gott gar nicht leiden kann
An Seinen Heilsgenossen.
2.
Wer Jesum kennet als sein Haupt,
Hat einen andern Orden,
Ist durch den Geist, durch den er glaubt,
Bereits versiegelt worden.
Drückt dieser Geist Sein Zeugniß ein,
So kennt uns Jesus dort als Sein
Am Tage der Erlösung.
3.
Will einst mit Drohen uns das Thier
Sein Bild und Zeichen geben,
So bleibt dieß Siegel doch auch hier
Zum Siegen und zum Leben;
Es zeichnet Gottes Geist alsdann
Ein Schlachtschaaf Christi blutig an,
Dem Lämmlein auf die Weide.
4.
O Geist des HErrn, erhalte mich
Im Glauben, in der Liebe,
Daß ich mit keiner Sünde Dich
Zu keiner Zeit betrübe!
Kommt endlich der Erlösungstag,
Gib, daß ich als versiegelt mag
Vor Gott erfunden werden!

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/r/roos/januar.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain