Roos, M. Magnus Friedrich - Andachten zum Brief des Judas

Roos, M. Magnus Friedrich - Andachten zum Brief des Judas

Zu der letzten Zeit werden Spötter sein, die nach ihren eigenen Lüsten des gottlosen Wesens wandeln. Diese sind’s, die da Rotten machen; Fleischliche, die keinen Geist haben.
Jud. 18. 19.

Man gibt ich oft viele Mühe, die Wahrheit gründlich zu beweisen, und thut damit aufrichtigen und ernsthaften Gemüthern einen wichtigen Dienst, bei Andern aber richtet man nichts aus, weil diese die Liebe der Wahrheit nicht angenommen, sondern dagegen das Eitle lieb und die Lügen gern haben. Obgleich man ihnen also die Wahrheit beweist, so verwerfen sie dieselbe doch, weil sie dieselbe nicht lieb haben, da es ihnen dann an leeren Einwendungen wider den Beweis derselben nicht fehlt, und obgleich die Lügen thöricht sind, und keinen scheinbaren Beweis für sich haben, so glauben sie dieselben doch, weil sie dieselben lieb haben. Solche Leute heißen in der Bibel Spötter, und diese Spötter sind viel ärger als unwissende oder auch verführte Leute, welche bereit sind, von der Wahrheit sich belehren und überzeugen zu lassen. Solcherlei Spötter gab es zur Zeit der Apostel, und hernach in allen Jahrhunderten: jetzt aber ist ihre Zahl sehr groß; weßwegen auch die letzte antichristische Verführung und Noth bald einbrechen wird. Diese Leute schmücken sich mit der Sittenlehre, und reden und schreiben viel von der Tugend, wenn man sie aber in der Nähe besieht, so findet man, daß sie nach ihren eigenen Lüsten des gottlosen Wesens wandeln. Sie machen Rotten oder Spaltungen, weil sie der Wahrheit mit dem Mund und mit der Feder witzig widersprechen, und dadurch unbefestigte Leute an sich ziehen; da es dann ihrer Eigenliebe wohlthut, wenn sie auf den Ruin der alten Wahrheit sich selbst das Ehrenzeichen der Verbesserer, der lichtvollen köpfe, der starken und witzigen Geister aufrichten können, und einen großen Haufen betrogener Schüler um sich sehen. Sie sind aber Fleischliche, oder haben nur eine natürliche Seele, und keinen Geist. Freilich haben sie nur eine natürliche Seele, und begehren auch keine andere zu haben, weil sie die tiefe Verderbniß derselben leugnen, und zu ihrem natürlichen Verstand und Willen das beste Zutrauen haben. Sie haben keinen Geist, weil sie die Wiedergeburt, durch welche er in den Menschen entsteht, nur für eine neue Richtung halten, in welche die natürlichen Neigungen gebracht werden sollen, und das Geheimnißreiche bei diesem Werk Gottes nicht erkennen; ja weil sie weder eingestehen noch erfahren wollen, daß Gott übernatürlich in der Seele wirke, sie erleuchte, reinige, in Sein Bild verkläre, und zu einer neuen Kreatur mache. Was wird nun diese Leute für ein Gericht treffen? Enoch hat es schon geweissagt, da er sagte: siehe, der HErr kommt mit viel tausend Heiligen, Gericht zu halten über Alle, und zu strafen alle ihre gottlosen, um alle Werke ihres gottlosen Wandels, damit sie gottlos gewesen sind, und um alles das Harte, das die gottlosen Sünder wider Ihn geredet haben, V. 14. 15. Diejenigen aber, welche die Wahrheit lieben, und die Lügen hassen, sollen die Ermahnung des Apostels Judas zu Herzen nehmen, der V. 20. 21. sagt: ihr, meine Lieben, erbauet euch auf euren allerheiligsten Glauben, durch den Heiligen Geist, und betet: und behaltet euch in der Liebe Gottes, und wartet auf die Barmherzigkeit unsers HErrn Jesu Christi zum ewigen Leben. Laß, HErr, meinen Gang gewiß sein in Deinem Wort, und laß kein Unrecht über mich herrschen, Ps. 119,133.

Ihr aber, meine Lieben, erbauet euch auf euren allerheiligsten Glauben.
Jud. 20.

Der Apostel Judas Thaddäus hatte die Christen, an die er seinen Brief schrieb, und die er Berufene nennt, die geheiligt seien in Gott dem Vater, und behalten in Jesu Christo, vor gottlosen Spöttern gewarnt, die damals Rotten machten, und die Greuel, die diese begingen, mit einer falschen Lehre schmücken wollten. Im Gegensatz gegen dieselben nennt er den Glauben der Christen ihren allerheiligsten Glauben. Der Urheber desselben ist nämlich der heilige Gott. Auch erfordert dieser Glaube die Heiligung des Menschen und wirkt sie. Bei allen andern Religionen, auch bei der jüdischen (nicht zwar wie sie von David, Jesaias und Andern, sondern von den jetzigen Juden gefaßt und ausgeübt wird), ist noch Raum zum Sündigen, und überdieß ein Mangel an der Wahrheit, welche von der Sünde frei machen könnte: der christliche Glaube hingegen ist ein sehr heiliger Glaube, und wird eben dadurch als göttlich und wahr ausgezeichnet. Auf diesen unsern allerheiligsten Glauben sollen wir uns erbauen. Wir sollen ihn durch die Erleuchtung des Heiligen Geistes bei der Aufmerksamkeit auf das Wort Gottes, das wir hören und lesen, recht und völlig verstehen lernen. Dabei soll aber dieser Glaube auch unser Glaube sein, so daß wir ihn annehmen, die Kraft desselben empfinden, und dem Vorbild der Lehre, dem wir ergeben sind, auch von Herzen gehorsam werden, wie Paulus Röm. 6,17. schreibt. Je reiner und völliger bei uns die Erkenntniß unseres allerheiligsten Glaubens, je fester unsere Ueberzeugung von der Wahrheit desselben, und je reicher unsere Erfahrung von der Kraft desselben ist, desto weniger werden wir von allerlei Wind der Lehre umgetrieben werden, desto ruhiger und leichter werden wir Alles, was unserem allerheiligsten Glauben zuwider ist, von uns abweisen können. Es gibt Menschen, welche, ehe sie auf den allerheiligsten Glauben recht erbaut sind, sich aus Vorwitz allerhand fremde und neue Meinungen bekannt machen, und sich als unerfahrene und unbefestigte Leute in’s Disputiren einlassen, da es dann leicht so weit mit ihnen kommen kann, daß sie an Allem zweifeln, oder den Lügen glauben. Aber o Christ, erbaue dich zuvörderst auf deinen allerheiligsten Glauben, so wirst du ohne gelehrtes Disputiren Alles, was demselben zuwider ist, als unnöthig, schwach, schädlich und lügenhaft erkennen, ketzerische Menschen, wenn sie von dir oder Andern ein oder abermal ermahnt worden sind, meiden, und falsche Propheten an ihren Früchten erkennen. Doch sagt Judas auch dieses: betet durch den Heiligen Geist, und behaltet euch in der Liebe Gottes, und wartet (bei dem Leiden dieser Zeit) auf die (völlige Erweisung der) Barmherzigkeit unseres HErrn Jesu Christi zum ewigen Leben, und haltet (in Ansehung derer, die noch zu retten sind) diesen Unterschied, daß ihr Etliche, die zweifeln, mit Gründen überweiset, Einige aber so rettet, wie man etwas rettet, das man schnell aus dem Feuer reißt, mit Andern aber doch nicht ohne Furcht barmherzig redet und handelt, dabei aber den befleckten Rock des Fleisches, das ist die sündliche Unreinigkeit, nicht entschuldigt, sondern hasset, V. 21.22.23. Diese Anweisung ist auch zu unserer Zeit sehr nöthig. (Magnus Friedrich Roos)

Wartet auf die Barmherzigkeit unsers HErrn Jesu Christi zum ewigen Leben.
Jud. 21.

Wäre unser HErr Jesus Christus nicht wahrhaftiger Gott, so hätte man nicht nöthig, nur immer auf Seine Barmherzigkeit zu warten, denn Er wäre als das vortrefflichste Geschöpf schuldig, die Ehre, die man Ihm leistet, zu belohnen. Fürwahr ein Geschöpf kann gegen dem Andern immer in eine Verbindlichkeit gesetzt werden. Nur deßwegen, weil Christus wahrhaftiger Gott ist, und wie der Vater sagen kann: wer hat Mir was zuvor gegeben, daß Ich’s ihm vergelte? nur deßwegen ist Er wie der Vater über alle Schuldigkeit und äußerliche Verpflichtung unermeßlich erhaben, und was man von Ihm erwarten kann, ist Barmherzigkeit Das Wort Barmherzigkeit soll alle eitle Einbildung von eigenem Verdienst und Würdigkeit, aber auch den Unglauben, der eben deßwegen zagt, weil er kein eigenes Verdienst vor sich siehet, aus meinem Herzen vertreiben. Moses war kühn, da er den HErrn glaubig bat: laß mich Deine Herrlichkeit sehen. Der HErr erhörte seine Bitte, sagte aber zu diesem Seinem alten und treuen Knecht: wem Ich gnädig bin, dem bin Ich gnädig, und wessen Ich Mich erbarme, dessen erbarme Ich Mich, s Mos. 33,19., und gab ihm dadurch zu verstehen, daß die Gewährung seiner Bitte aus der lautersten Gnade und Barmherzigkeit fließe. Wie vielmehr soll ich armer Sünder bei meinem täglichen Bitten mich der Barmherzigkeit meines HErrn Jesu Christi getrösten, und weil ich mich noch mangelhaft, elend und sterblich fühle, und allerhand Noth vor mir sehe, auf Seine Barmherzigkeit warten, wie sie sich auch in’s Künftige an mir offenbaren werde. Bei allen Fällen, ja bis in’s ewige Leben hinein, soll und darf ich auf Seine Barmherzigkeit warten. Mein Warten soll also nicht nur auf diejenigen Erweisungen Seiner Barmherzigkeit gerichtet sein, welche zum Durchkommen durch die Welt nöthig sind, sondern es soll fortgesetzt werden, bis ich mit allen Gerechten am jüngsten Tag in’s ewige Leben werde eingehen dürfen. Wenn ich vorher viele Jahre Ihm treulich dienen werde, so werde ich doch am Ende in Ansehung meiner selbst ein unnützer Knecht heißen, weil ich keinen Dank und Lohn erworben habe, den mir mein HErr schuldig wäre (Luk. 17,7-10.); wenn Er mir aber im Tode und am jüngsten Tage Barmherzigkeit erzeigen wird, so werde ich dadurch überschwenglich beglückt werden, und mir können genügen lassen. Ich hoffe aber mit allen Glaubigen, daß Er’s thun werde, denn Er ist ja unser HErr Jesus Christus. Er bekennt Sich nach Seiner unermeßlichen Liebe zu uns, und wir bekennen uns im Glauben zu Ihm. Er wird als unser HErr Sich unserer als Seines Volkes erbarmen, Er wird nach Seinem Jesus-Namen, an den wir glauben, mit uns handeln, und als der Gesalbte Seine königliche Macht und Seine priesterliche Gerechtigkeit anwenden zu unserer Seligkeit. Ich wünsche mir und meinem Hause, was Paulus 2 tim. 1,16.18. gewünscht hat, da er schrieb: der HErr gebe Barmherzigkeit dem hause Onesiphori, denn er hat mich oft erquicket, und hat sich meiner Ketten nicht geschämt, der HErr gebe ihm, daß er finde Barmherzigkeit bei dem HErrn an jenem Tage.(Magnus Friedrich Roos)

Wartet auf die Barmherzigkeit unseres HErrn Jesu Christi.
Jud. 21.

Paulus sagte 1 Tim. 1,16.: mir ist Barmherzigkeit widerfahren. Eben dieses konnten Timotheus und Titus rühmen, und doch wünscht er diesen Gnade, Barmherzigkeit und Friede. Wem also Barmherzigkeit widerfahren ist, dem kann man wünschen, daß sie ihm noch weiter widerfahre. Deßwegen wünschte auch Judas den Glaubigen, an die er schrieb: Gott gebe euch viel Barmherzigkeit und Friede, V. 2., und Paulus wünschte 2 Tim. 1,16.: der HErr gebe Barmherzigkeit dem Hause Onesiphori. Barmherzigkeit ist die Quelle aller Wohlthaten Gottes, sie mögen leiblich oder geistlich, zeitlich oder ewig heißen. Es ist Barmherzigkeit, wenn Gott einen Menschen aus seiner Mutter Leibe zieht, wenn er seinen Odem bewahret, und ihm die Nothdurft seines Leibes und Lebens bescheeret. Es ist aber eine noch größere Barmherzigkeit, wenn er den Sünder beruf, Buße und Glauben in ihm wirkt, ihm seine Sünden vergibt, und ihn als Sein Kind annimmt. Wer bis dahin gekommen ist, kann in eben dem Sinn sagen: mir ist Barmherzigkeit widerfahren, in welchem Paulus es von sich gesagt hat. Aber nun darf er auch nach der Anweisung des Apostels Judas V. 21. warten auf die Barmherzigkeit unseres HErrn Jesu Christi, wie sie sich noch weiter an ihm offenbaren will. Wenn Gott Sein Werk, das Er in der Seele angefangen hat, mit großer Geduld, Treue und Weisheit fortführet, wenn Er sie vollbereitet, stärkt, kräftiget und gründet, folglich in der Heiligung weiter führet, wenn Er dem Gerechten die täglichen Fehltritte vergibt, ihn lehrt, züchtigt und tröstet, endlich aber zu einem seligen Hingang in die himmlische Heimath geschickt macht, seine Seele in diese Heimath wirklich aufnimmt, den Leib nach seiner Grabesruhe zum ewigen Leben aufweckt, und endlich dem ganzen Menschen Seines Vaters Reich als ein Erbe schenkt, so ist dieses eine fortgesetzte Erweisung der Barmherzigkeit. Ja alle Freuden, welche die Auserwählten auch nach dem jüngsten Tage in die ewige Ewigkeit und ohne Ende genießen werden, werden beständige Ausflüsse der unveränderlichen und unerschöpflichen Barmherzigkeit Gottes sein. Die Barmherzigkeit schließt alles Verdienst im eigentlichen Verstand aus. Es wäre thöricht, wenn man behaupten wollte, daß irgend ein Geschöpf, sollte es auch der vornehmste Engel sein, den Schöpfer in eine Verbindlichkeit gegen sich setzen könne; denn dieser sagt Hiob 41,2.: wer hat Mir was zuvor gethan, daß Ich’s ihm vergelte? Es ist Mein, was unter allen Himmeln ist. Wie viel weniger wird Gott dem Menschen, der ein Sünder ist, etwas zu vergelten schuldig sein. Nicht alle Geschäfte sind elend, alle aber sind sehr gering und klein vor Gott. Gott bedarf keines Dings, und hat das Leben in Sich selber, alle Dinge aber bedürfen Seiner in jedem Augenblick. Gott ist allein gut, allein weise, allein mächtig, wie die heilige Schrift sagt, alle Geschöpfe haben ihr Gutes von Ihm. Diese könnten nach vielen Veränderungen, die mit ihnen vorgehen, wieder Nichts werden, wenn Gott es haben wollte, ja sie müßten jeden Augenblick Nichts werden, wenn Gott sie nicht immer mit Seinem kräftigen Wort trüge: aber Gott ist Jehovah, der ist, und der war, und der sein wird, der Ewige, welcher bleibet, wie Er ist, und dessen Jahre kein Ende nehmen. HErr, laß mir Deine Barmherzigkeit widerfahren, daß ich (ewiglich) lebe; denn ich habe Lust zu Deinem Gesetz. Ps. 119,77.(Magnus Friedrich Roos)

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