Roos, M. Magnus Friedrich - Andachten zum 1. Brief des Johannes

Roos, M. Magnus Friedrich - Andachten zum 1. Brief des Johannes

1. Joh. 1

Auf daß auch ihr Gemeinschaft mit uns habt; und unsere Gemeinschaft ist mit dem Vater und Seinem Sohn Jesu Christo.
1 Joh. 1,3.

Mit den geistlichen und himmlischen Gaben Gottes verhält es sich nicht so, wie mit den irdischen Gütern, unter welchen ein jedes so eines Besitzers Eigenthum ist, daß alle andern Menschen von dem Besitz und Genuß desselben ausgeschlossen sind. Wenn auch eine Erbschaft einem Geschlecht zufällt, so theilt man das Erbe unter so Viele, daß ein jeder Erbe nur seinen Theil bekommt, an den kein Anderer eine Ansprache machen darf. Allein im Reich Gottes haben alle Gerechten den Heiligen Geist, insofern Er eine Gabe ist, gemeinschaftlich. Alle haben gemeinschaftlich eine Ansprache an die Früchte der großen Erlösung, die Christus ausgerichtet hat. Was in dieser heiligen Schrift ein geistlicher Segen heißt, als: Gnade, Licht, Leben, Freiheit, Kindschaft, Friede und Freude, gehört Allen gemeinschaftlich, und ist Keinem so verheißen, daß ein Anderer ausgeschlossen wäre. Auch das unvergängliche, unbefleckte und unverwelkliche Erbe, das im Himmel behalten wird, empfangen sie gemeinschaftlich, denn Christus wird an jenem Tag zu den Gesegneten Seines Vaters sagen: erbet das Reich, und wird nicht hinzusetzen: theilet es unter euch. Dieses ist die Gemeinschaft, welche alle Kinder Gottes unter sich haben, die Apostel und Propheten nicht ausgenommen, und nach welcher sie Ein Leib, Ein Volk, Eine Heerde, Eine Braut Christi, und zwar nach den Gaben verschieden sind, übrigens aber gleiche Rechte haben, so daß einem Jeden der Genuß von Allem, was das Reich Gottes in sich schließt, vergönnt ist. Wer aber in einer solchen Gemeinschaft mit allen Heiligen stehen will, muß auch Gemeinschaft mit dem Vater und Seinem Sohn Jesu Christo haben, und diese Gemeinschaft ist freilich der Grund von jener, ja der Grund des ganzen Heils, das die Heiligen genießen. Es besteht aber die Gemeinschaft mit Gott dem Vater und Seinem Sohn Jesu Christo darin, daß die Heiligen den Geist des Vaters und des Sohnes empfangen haben; weßwegen sie auch die Gemeinschaft des Heiligen Geistes 2 Kor. 13,13. genannt wird. Daran erkennen wir, sagt Johannes 1 Joh. 3,4. daß Er in uns bleibet: an dem Geist, den Er uns gegeben hat. Obgleich der Geist von dem Vater und Sohn ausgeht und gesandt wird, so ist Er doch nicht von dem Vater und Sohn getrennt. Wem der Geist des Vaters und Sohnes gegeben ist, in dem ist und bleibet der Vater und Sohn, der hat also Gemeinschaft und ist vereinigt mit dem Vater und Seinem Sohn Jesu Christo.
Die Bekehrung besteht also nicht darin, daß man sich nur zu frommen Leuten halte und geselle, und ihre Weise äußerlich annehme. Wer sich bekehren will, bekehre sich zu dem Vater und Seinem Sohn Jesu Christo, und erbitte Gnade und den Heiligen Geist; alsdann ist der Grund des Heils gelegt durch den Glauben, alsdann ist man aber durch die Liebe mit allen Gliedern Christi verbunden, und steht in einer Gemeinschaft mit ihnen, welche auch der Tod nicht trennen und aufheben kann. Was nützt es, wenn man sich der äußerlichen Kirche rühmt, zu der man sich bekennt? Keine solche Kirche oder keine Partei der Christenheit hat die Verheißungen von Gott empfangen, daß alle ihre Glieder unfehlbar selig werden. Wie reich bin ich bei der irdischen Armuth, wenn ich mit allen Heiligen Gemeinschaft habe und meine Gemeinschaft mit dem Vater und Seinem Sohne Jesu Christo ist!(Magnus Friedrich Roos)

1. Joh. 2

Wir haben einen Fürsprecher bei dem Vater, Jesum Christ, der gerecht ist.
1 Joh. 2,1.

Wenn Jemand gesündiget hat, so verdammet ihn sein Herz als einen Ungerechten, und es ist schon oft geschehen, daß einem Christen in einer Stunde der göttlichen Heimsuchung, welche auch in einem seiner letzten Lebenstage erscheinen kann, sehr viele Begehungs- und Unterlassungssünden von einer ganzen Reihe seiner Jahre aufgedeckt und im Gewissen vorgehalten werden, die er vorher nicht erkannt und geachtet hatte. Hier ist’s nun besonders nöthig, daß man glaube, man habe einen Fürsprecher bei dem Vater, Jesum Christ, der gerecht ist; wiewohl diese Wahrheit bei dem Zugang zu Gott täglich der Grund unserer Zuversicht sein muß. Es kommt uns Alles darauf an, daß wir bei dem Vater in Gnaden stehen. Kein Mensch und kein Engel spricht das Urtheil über uns, aber von dem Vater, vor dem unser Zustand und unser Wandel bloß und aufgedeckt ist, und der alle unsere Sünden weiß, wird uns das Leben oder der Tod, Vergebung oder Strafe zuerkannt. Vor dem Vater verklagt uns Moses, nämlich das Gesetz Mosis, insofern es im Reich Gottes noch jetzt gilt; weil wir es übertreten haben, Joh. 5,45. Da nun, wo unsere Sache entschieden wird, haben wir einen Fürsprecher, Jesum Christum, der ein unvergängliches Priesterthum hat, und deßwegen selig machen kann immerdar, die durch Ihn zu Gott kommen, und immerdar lebt, und für sie bittet, Hebr. 7,24.25. Haben wir ein Verlangen selig zu werden, so dürfen wir nicht meinen, daß die Sünden, die wir aus Uebereilung begangen haben, und wegen welcher uns unser Herz verdammt, uns Seiner Fürbitte verlustig machen; denn Johannes sagt: ob Jemand sündiget, welches freilich nicht geschehen sollte, so haben wir einen Fürsprecher bei dem Vater. Der HErr Jesus ist also ein Fürsprecher für die Sünder, diese haben Ihn als einen Fürsprecher. Er bittet für Solche, die in der Unwissenheit sündigen: Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie thun. E bittet für einen Menschen, der wie ein unfruchtbarer Feigenbaum ist: HErr, laß ihn noch dieses Jahr. Er bittet für einen Gefallenen, der im Grund der Seele redlich ist, wie für Petrus, daß sein Glaube nicht aufhöre. Er bittet für diejenigen, die in der Gnade stehen, um Erhaltung und Bewahrung, um die Fortsetzung der Heiligung, und um die Einigkeit im Geist, wie Er Joh. 17. gethan hat. Alle diese Fürsprachen, die Er Seinem Vater in den Tagen Seines Fleisches vorgetragen hat, setzt Er ohne Zweifel im Himmel bei dem Vater fort, wer will aber den ganzen Inhalt Seiner Fürbitte, die sich auf die mancherlei Umstände unzählbarer Menschen bezieht, mit seinem Verstand fassen? Genug ist’s, wenn man glaubt, daß derjenige, der gesündiget hat, einen Fürsprecher bei dem Vater habe, der für ihn bittet, wie er es bedarf, der aber auch gerecht ist. Man muß hier nicht an einen gerechten Richter, sondern an einen gerechten Fürsprecher gedenken, der uns mit Seiner Gerechtigkeit zu Hülfe kommt, und sei gleichsam dem Vater vorstellt, als den Ersatz dessen, was wir hätten leisten sollen. Habe Dank, HErr Jesu, daß Du ein solcher Fürsprecher für die Sünder bist. Laß Deine Fürbitte mir täglich, insonderheit aber alsdann, wenn ich von meinem eigenen Herzen verdammt werde, zu Statten kommen.

Liebe Kindlein, ich schreibe euch, daß euch die Sünden vergeben werden in Seinem Namen.
1 Joh. 2,12.

Glückselig waren diejenigen, denen ein Apostel durch den Heiligen Geist eine solche Versicherung von der Vergebung ihrer Sünden zuschrieb, gleichwie der Gichtbrüchige glückselig und beruhigt wurde, als Jesus zu ihm sagte: sei getrost mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben; und die Sünderin, Luk. 7., als Er V. 48. zu ihr sagte: deine Sünden sind dir vergeben. Johannes schrieb jene Worte aus Eingebung des Heiligen Geistes, hatte aber dabei die geistliche Beschaffenheit der lieben Kindlein, an die er schrieb, vor Augen: wie er denn alsbald darauf von den Vätern sagte, sie kennen den (Erlöser), der von Anfang war, von den Jünglingen, sie haben den Bösewicht überwunden, und von den Kindern, sie kennen den himmlischen Vater. Neben diesen Kennzeichen leiten uns aber die Worte, wodurch Johannes seine lieben Kindlein oder Zuhörer der Vergebung ihrer Sünden versicherte, auf den Weg, auf welchem auch wir diese Versicherung erlangen können. Die Sünden werden im Namen Jesu vergeben. Was diese wenigen Worte bedeuten, lehrt uns Johannes selber, 1 Joh. 2,1.2., da er schreibt: meine Kindlein, solches schreibe ich euch, daß ihr nicht sündiget, und ob Jemand sündiget, so haben wir einen Fürsprecher bei dem Vater, der gerecht ist, und derselbe ist die Versühnung für unsere Sünden, nicht allein aber für die unseren, sondern für der ganzen Welt Sünden. Wenn also die Sünden im Namen Jesu vergeben werden, so werden sie deßwegen vergeben, weil Jesus der Fürsprecher bei dem Vater, folglich am rechten Ort, ist, und weil Er ein Gerechter ist, der als Mittler alle Gerechtigkeit für uns erfüllt hat, und weil Er die Versühnung für unsere und der ganzen Welt Sünden ist. Nun dieses Alles geht uns und die ganze Welt an, erinnert uns aber, daß wir den Grund der Vergebung der Sünden nicht in uns, sondern in Christo suchen sollen. Nicht darum, weil wir nur wenig gesündigt haben, nicht darum, weil wir mit Gesetzeswerken, oder mit Leiden, oder mit Werken der Gerechtigkeit die Sünden, die wir begangen haben, wieder erstattet hätten, sondern darum, weil wir einen Fürsprecher haben, der gerecht und die Versühnung für unsere und der ganzen Welt Sünden ist, werden uns die Sünden vergeben. Doch werden nicht der ganzen Welt die Sünden wirklich vergeben, weil ein großer Theil derselben verdammt wird. Womit werden wir also von der Welt, die in das ewige Verderben hingeht, ausgezeichnet? Dadurch, daß wir unsern Fürsprecher und Erlöser kennen, da hingegen die arge Welt, die Seine Gebote nicht hält, Ihn nicht kennt, und wenn sie sagt, sie kenne Ihn, lügt, wie Johannes V. 3.4. schreibt. Auf diese Erkenntniß Jesu, welche auch Glaube heißt, kommt also Alles an. Wer Jesum erkennt, oder wer an Ihn glaubt, hat Vergebung der Sünden, und ist, wie Paulus oft zu sagen pflegt, gerechtfertigt. Wer Ihn aber kennt, hält Seine Gebote, und liebt insonderheit die Brüder, wie Johannes ausführlich lehrt.(Magnus Friedrich Roos)

Wer die Welt lieb hat, in dem ist nicht die Liebe des Vaters. Und die Welt vergehet mit ihrer Lust. Wer aber den Willen Gottes thut, der bleibet in Ewigkeit.
1 Joh. 2,15.17.

Die Welt ist der Prüfstein der Christen, alldieweil sie in derselben sind. Wer sie fürchtet, und aus Furcht vor ihrer Ungunst Christum verleugnet, geht mit ihr verloren; wer sie aber lieb hat, und ihre Freundschaft dadurch erwirbt, wird von dem himmlischen Vater nicht geliebt, und liebt auch den himmlischen Vater nicht. Die Welt liegt im Argen, und kann doch ihre Gestalt so sehr schmücken, daß ein thörichter Mensch sie lieb gewinnt. Sie kann den Augen und dem Fleisch etwas zur Lüsternheit vorhalten, und überdieß eine gewisse kleine oder große Pracht zeigen, welche sie ehrwürdig oder ansehnlich machen soll. Dieses Alles kann noch durch eine falsche Weisheit entschuldigt, gerechtfertigt, angepriesen, ja als nothwendig aufgedrungen werden, daß das Grauen davor bei Leuten, die einen Funken von Gottesfurcht hatten, vergehen kann, und sie endlich von der Liebe der Welt so bezaubert und eingeschläfert werden, daß sie zuerst auf eine ehrbare, zuletzt aber auf eine grobe Art sich der Welt in der Eitelkeit des Sinnes und in bösen Worten und Werken gleich stellen, und Andere auch verführen. Die Ermahnung Johannis: habt nicht lieb die Welt, ist also höchst nöthig. Er gibt derselben dadurch einen großen Nachdruck, daß er hinzu setzt, man könne bei der Liebe der Welt die Liebe des Vaters nicht in sich haben, das ist, man könne von Ihm nicht geliebt werden, und Ihn auch nicht lieben. Welch ein Gegensatz! der Vater und die Welt; die Liebe des Vaters und die Liebe der Welt! Wähle unter diesen beiden. Die Wahl ist für einen vernünftigen Menschen nicht schwer: hingegen ist’s schwerer, die Welt und die Liebe der Welt so kennen lernen, wie sie mit der Liebe des Vaters nicht bestehen kann. Denn die Schlange, welche Evam mit ihrer Schalkheit verführt hat, ist so listig, daß sie die Menschen bereden will, die Liebe der Welt thue der Liebe des Vaters keinen Eintrag, und die Welt sei dem Vater im Himmel nicht so mißfällig, daß der Liebhaber derselben sich den Zorn Gottes zuzöge. Man lerne aber die Welt nur recht kennen, wie lüstern, falsch und eitel sie sei, wie sie es mit den Geboten Gottes so gar nicht genau nehme, wie sie die Gnadenzeit verschleudere, wie sie zwar von der Tugend schwatze, aber von dem Glauben an Jesum, von der Wiedergeburt, von der Inwohnung des Heiligen Geistes nichts erfahren wolle. Man sehe sie an, und vergleiche sie mit dem Wort Gottes, mit dem Bild Christi, und mit dem Sinn und Wandel Seiner ächten Jünger, so wird man bald erkennen, daß der Welt Freundschaft Gottes Feindschaft sei. Und wer ist, der bei der Liebe der Welt sich der Liebe des Vaters wahrhaftig trösten könnte? Man stellt sich der Welt gleich, und liebt sie mit einer fühlbaren Liebe: die Liebe des Vaters aber bildet man sich nur ein, und fühlt nichts davon. Die Liebe der Welt ist wirksam, und treibt den Menschen zu vielen thörichten und schädlichen Dingen: von der Liebe des Vaters wird man zu nichts getrieben. Die Liebe der Welt verhilft zu fleischlichen Ergötzungen, von der Liebe des Vaters hat man aber noch keine Erquickung bekommen. Also ist dann die Liebe des Vaters nicht in einem solchen Menschen. (Magnus Friedrich Roos)

Kindlein, es ist die letzte Stunde und wie ihr gehört habt, daß der Widerchrist kommt, und nun sind viele Widerchristen worden. Daran erkennen wir, daß die letzte Stunde ist.
1 Joh. 2,18.

Schon zur Zeit Johannis sagte man, der Widerchrist komme. Paulus hat ihn 2 Thess. 2. deutlich beschrieben, da er V. 3.4. sagte: der Tag Christi kommt nicht, es sei denn, daß zuvor der Abfall komme und offenbart werde der Mensch der Sünden, und das Kind des Verderbens, der da ist ein Widerwärtiger, und sich erhebt über Alles, das Gott, oder Gottesdienst heißt, also, daß er sich setzt in den Tempel Gottes, als ein Gott, und gibt vor, er sei Gott. Er nennt ihn auch V. 8. den Boshaftigen (oder Gesetzlosen) und sagt, daß ihn der HErr umbringen werde mit dem Geist Seines Mundes, und sein ein Ende machen durch die Erscheinung Seiner Zukunft, und daß Seine Zukunft geschehe nach der Wirkung des Satans mit allerlei lügenhaften Kräften, und Zeichen, und Wundern, und mit allerlei Verführung zur Ungerechtigkeit unter denen, die verloren werden, dafür, daß sie die Liebe zur Wahrheit nicht haben angenommen, daß sie selig würden u.s.w., V. 8.9.10. Es ist klar, daß Paulus hier von einem bösen und schädlichen Menschen redet, durch welchen der Satan die gefährlichste Versuchung auf der Erde ausbreiten, und den ärgsten Anlauf wider das Reich Gottes machen werde. Gleichwie er aber V. 7. sagt, daß das Geheimniß der Bosheit schon zu seiner Zeit wirksam sei, und nur noch aufgehalten werde; also sagte Johannes, es seien schon zu seiner Zeit viele Widerchristen geworden. Der große Widerchrist, den Daniel Kap. 11,36. u. ff. einen König, und Johannes Offenb. 17,11. den Achten an den siebenköpfigen Thiere nennt, war zur Zeit der Apostel noch nicht gekommen, und ist noch jetzt nicht vorhanden, obwohl seine Ankunft nahe ist, und der überhandnehmende Abfall von der christlichen Religion und die sehr gemeine Geringschätzung der Wahrheit ihm den Weg hurtig bahnen; es sind aber doch schon zur Zeit der Apostel viele, und indessen noch mehrere Widerchristen geworden. Es gab nämlich schon zur Zeit Pauli Leute, welche durch den Antrieb eines bösen Geistes Jesum verfluchten, 2 Kor. 12,3. Johannes aber sagt 1 Joh. 4,3.: daß ein Geist sich in einigen Verführern rege, welcher nicht bekenne, daß Jesus Christus in dem Fleisch gekommen sei, folglich die Menschwerdung Jesu Christi, und die Wahrheit Seiner menschlichen Natur läugne, und setzt hinzu, dieser Geist sei der Geist des Widerchrists. Ueberhaupt sagt er 1 Joh. 2,22., derjenige sei der Widerchrist, der den Vater und Sohn läugne. Wer also der Lehre von Gott dem Vater und Seinem eingebornen Sohn widerspricht, wer insonderheit einen andern Christus predigt, als derjenige ist, den die Apostel gepredigt haben, und welcher Gott über Alles gelobet in Ewigkeit, und zugleich wahrer Mensch in Einer Person ist, wer der Kirche ein anderes Haupt aufdrängen will als Christum und einen andern Weg zur Seligkeit anpreisen als Christum, wer die Versöhnung verwirft, die Er am Kreuz ausgerichtet hat, und zugleich Seine Gebote auflöst – ist ein Widerchrist, und wird vom Geist des Widerchrists getrieben, und wenn Er die Bibel anführt, so legt er sie verkehrt aus, und wenn er auch Wunder thäte, so thäte er sie nach der Wirkung des Satans. Prüfet also die Geister, ihr Christen. Prüfet Alles und das Gute behaltet. Lasset euch das Ansehen der Menschen nicht blenden. Es gibt Weise nach dem Fleisch, deren Weisheit irdisch, menschlich, teuflisch ist. Liebet die Wahrheit und seid ihr gehorsam. (Magnus Friedrich Roos)

Und das ist die Verheißung, die Er uns verheißen hat, das ewige Leben.
1. Joh. 2,25.

Ich gebe ihnen das ewige Leben. So sagte Christus von seinen Schafen Joh. 10,28. An diese Worte Jesu mag Johannes gedacht haben, da er schrieb: das ist die Verheißung, die Er uns verheißen hat, das ewige Leben. Das Höchste, was ein Mensch von Gott empfangen kann, ist ein ewiges Leben, wie denn Röm. 6,23. gesagt wird, der Sold der Sünde, oder der ganze Lohn, den die Sünde ihren Knechten gebe, sei mit einem Wort der Tod, die Gabe Gottes aber sei das ewige Leben in Christo Jesu, unserm HErrn. Darum wird auch Matth. 25,46. von den Gerechten, die am jüngsten Tag ihre völlige Abfertigung bekommen, nichts Weiteres, als dieses gesagt, daß sie in das ewige Leben gehen, und dieses ewigen Leben wird der ewigen Pein entgegengesetzt.
Auf der Erde gibt es auch lebendige Menschen und Thiere. Kaum aber haben jene und diese eine Zeit lang gelebt, so nehmen sie wieder ab und sterben. Wenn man den Staub von allen todten Leibern der Menschen und Thiere auf dem Erdboden gleich austheilte, so würde derselbe viele Klafter tief damit bedeckt werden. Sterbliche wandeln also auf dem Staub der Todten, und wo tausend Menschen wohnen, da sind viele Tausende begraben. Und doch hält man dieß schwache, sterbliche und kurze Leben für etwas Gutes, und wenn man einen Missethäter auf’s Härteste strafen will, so nimmt man ihm das Leben. Was muß nun das Leben sein, welches keiner Abnahme unterworfen ist, und kein Ende nimmt, das ewige Leben, bei welchem man erfährt, was Offenb. 21,4. steht: Gott wird abwischen alle Thränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid, noch Geschrei, noch Schmerzen wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen? Welche Kräfte, welche Wonne muß ein solches Leben in sich fassen? Gott heißt der Ewige und der Lebendige. Er hat allein eine solche Unsterblichkeit, welche alle Möglichkeit des Todes ausschließt. Er hat das Leben in Sich selbst, so daß es von Nichts außer Ihm abhängt. Wer also ein ewiges Leben als eine Gabe Gottes empfängt, und durch Seine Gnade unsterblich ist, steht in einer herrlichen Aehnlichkeit mit Ihm. Gott hat die Menschen im Anfang zum ewigen Leben erschaffen, und der Tod ist durch die Sünde in die Welt gekommen. Wenn nun die Sünde wird aufgehoben sein, so wird auch der Tod in den Sieg verschlungen, und der Mensch durch Christum zu seiner ursprünglichen Bestimmung zurückgeführt sein. Christus ist deßwegen gestorben und wieder auferstanden, damit wir ein ewiges Leben empfangen möchten. Er hat auch als der wahrhaftige und treue Zeuge Seinen Schafen dieses ewige Leben verheißen, und fängt schon an, diese Verheißung zu erfüllen, alldieweil seine Schafe noch auf Erden sind; denn das geistliche Leben, das sie empfangen haben, ist schon ein ewiges Leben. Es bricht aber in ihren Seelen völliger an, wenn sie von den Leibern geschieden werden, und ihre Leiber werden auch bei der Auferstehung die Unsterblichkeit anziehen, 1 Kor. 15,54. Wohl demjenigen, der dem Tod des Leibes mit der Hoffnung des ewigen Lebens entgegensehen kann! Gott hat uns das ewige Leben als Seine Gabe verheißen, und uns dadurch erinnert, daß wir mit unsern Begierden nicht an dem kurzen irdischen Leben, und an demjenigen, was es in sich faßt, hangen bleiben sollen.(Magnus Friedrich Roos)

Und nun, Kindlein, bleibet bei Ihm, auf daß, wenn Er offenbaret wird, wir Freudigkeit haben, und nicht zu Schanden werden vor Ihm in Seiner Zukunft.
1 Joh. 2,28.

Johannes hatte die Glaubigen, an die er schrieb, vor Leuten gewarnt, die sich von ihnen getrennt hatten und einer falschen Lehre ergeben waren, welche unter dem Schein einer besonderen hohen Weisheit dem Fleisch zum Sündigen Raum ließ. Er sagte dagegen V. 27: wie euch die Salbung, das ist der heilige Geist, mit dem ihr gesalbt seid, von Allem belehret, und wie es auch wahr ist, und keine Lüge ist, ja wie sie euch schon belehret hat, so bleibet bei demselben. Hierauf zeigt er aber an, worauf es bei der Lehre der Salbung angesehen sei, und was für ein Zustand bei den Glaubigen daraus entstehen müsse: sie sollten nämlich in Jesu Christo sein und bleiben. Wer da sagt, er bleibe bei demjenigen, was die Salbung lehrt, muß auch in Jesu Christo bleiben, denn der Heilige Geist verklärt Jesum in der Seele, und richtet eine Gemeinschaft mit Gott dem Vater und Seinem Sohn Jesu Christo in derselben an. Durch die Kraft des Heiligen Geistes wird man eine Rebe an Christo, und ein Glied an Ihm als dem Haupt. Man hangt Ihm an, und ist Ein Geist mit Ihm. Die Seele empfindet alsdann mit inniger Zufriedenheit, daß sie nicht mehr ihres eigenen Willens leben könne, nicht mehr ihrer eigenen Lust überlassen sei, nicht mehr von einem jeden Wind der Versuchungen, wie vorher, umgetrieben, aufgetrieben und niedergeworfen werde. der Heiland in dem sie ist, hält sie. Auch bemerkt sie, daß sie als eine Rebe an Christo Frucht bringen könne, und es nicht mehr bei den unkräftigen Vorsätzen und Wünschen bleibe, die Röm. 7,14-23. beschrieben werden. Dieser Zustand nun muß bis an’s Ende behauptet werden; und zwar bis auf die herrliche Zukunft des HErrn: weßwegen Johannes sagt: und nun Kindlein, bleibet in Ihm. Bei dem HErrn Jesu fehlt es in diesem Stück nicht. Er, der, wie der Vater, größer als Alles ist, hält die Seinigen so in Seiner Hand, daß Niemand sie daraus reißen kann; allein durch Unachtsamkeit und Leichtsinn, durch das Belieben an einer ungesunden Lehre, und durch Trennung von der Gemeinschaft der Kinder Gottes könnte man von Ihm nach und nach entfremdet werden; weßwegen die Ermahnung nicht unnöthig ist. Kindlein, bleibet in Ihm, auf daß, wenn Er offenbaret wird, wir Freudigkeit haben, und von Ihm nicht beschämt werden bei Seiner Zukunft. Wer von dem HErrn Jesu abgewichen ist, hat etwa noch eine falsche Einbildung von sich selbst, und hält seinen Zustand für nicht gefährlich, oder gar für besser als den vorigen, besonders wenn er ihn mit einer falschen Lehre schmücken kann: von dem HErrn Jesu aber werden alle solche Leute bei Seiner Zukunft zu Schanden gemacht werden, wenn Er sie Heuchler, Uebelthäter, zweimal erstorbene Bäume u. dgl. nennen, und als solche richten wird. Wer nicht in Mir bleibet, sagt Er Joh. 15,6., der wird weggeworfen wie eine Rebe, und verdorret, und man sammelt sie, und wirft sie in’s Feuer, und muß brennen. Wachsamkeit, Nüchternheit, Gebet, tägliche Aufmerksamkeit auf das Wort Gottes, und eine beständige Verläugnung seiner selbst, eine beständige Enthaltung und Flucht vor der Sünde und der Gelegenheit dazu ist nöthig, wenn man bei Jesu bleiben soll.(Magnus Friedrich Roos)

1. Joh. 3

So uns unser Herz verdammt, so ist Gott größer als unser Herz, und erkennet alle Dinge.
1 Joh. 3,20.

Ein wiedergeborner Christ soll nicht sündigen, sondern wandeln, wie Jesus auf Erden gewandelt hat. Er soll sich bewahren, daß ihn der Arge nicht antaste, er soll im Licht, in der Liebe und in der Wahrheit wandeln, die Gebote Gottes halten, und thun, was vor Ihm gefällig ist: wie Johannes in seinem ersten Brief ausführlich und nachdrücklich lehrt. Und wenn er dieses thut, so verdammt ihn sein Herz nicht, und er hat eine Freudigkeit oder volle Zuversicht zu Gott, und was er mit dieser Zuversicht bittet, wird er von Ihm empfangen. 1 Joh. 3,21.22. Wie aber? Wenn er sündiget? Wenn er von einem Fehl übereilt wird? Was entsteht daraus? Sein Herz verdammt ihn alsdann, seine Zuversicht wird geschwächt, er kann nicht mehr so, wie vorher, beten. Soll er aber alsdann Alles aufgeben? Soll er sich für verloren achten? Oder wenigstens seine Bekehrung von vorne anfangen? Mit nichten. Johannes sagt 1 Joh. 2,1.2.: meine Kindlein, Solches schreibe ich euch, auf daß ihr nicht sündiget, und ob Jemand sündiget, so haben wir einen Fürsprecher bei dem Vater, Jesum Christ, der gerecht ist. Und derselbige ist die Versühnung für unsere Sünden, nicht allein für die unseren, sondern auch für der ganzen Welt Sünden. 1. Joh. 3,20. aber sagt er: so uns unser Herz verdammt, so ist Gott größer als unser Herz, und erkennet alle Dinge. Was für ein Trost in diesen Worten liege, hat ein sel. Lehrer, nämlich Philipp David Burk, in seinem Buch von der Rechtfertigung (1 Th. § 167., S. 192. 193.) deutlich und lebhaft angezeigt. „Du sprichst, schreibt er, ich zweifle nicht eben an Gott, und dem, was Er Seinerseits zu thun hat: aber mein eigen Herz verdammt mich. Antwort: Gott ist größer, beständiger, edelmüthiger, als dein kleinmüthiges, veränderliches, enges Herz. Dieses bleibt so an einem einigen Stück, wo du es verfehlt hast, behangen und schlägt sich damit ohne Unterlaß. Aber Gott erkennet alle Dinge, und weiß nicht nur, wie du etwa, dein Elend, sondern auch deine Sehnsucht nach Seiner Hülfe: nicht nur dein ehemaliges und noch tägliches Versehen, sondern auch die schon geleistete Versühnung für dieselbe deine Sünden: nicht nur deine Verirrung, sondern auch deine Umkehr: nicht nur deine, sondern auch Seine Gedanken: nicht nur das Vergangene und Gegenwärtige, sondern auch das Zukünftige: nicht nur deine Ungeschicklichkeit, sondern auch deiner Feinde Bosheit: nicht nur deine Armuth, sondern auch deinen Reichthum (Off. Joh. 2,9.): nicht nur deines Herzens besondere Unart, sondern auch der Zeiten, in welchen du lebest, allgemeine Verdorbenheit, und der Versuchungen, womit du umfangen bist, besondere Macht aus dem Reich der Finsterniß; kurz: nicht nur Eins und das Andere, sondern Alles: und dieß Alles nicht nur so obenhin, von der Seite her, die dir zur Beschuldigung werden mag, sondern gründlich, zumal von allen Seiten, und auf das Allergenaueste, und heute wie gestern und ehegestern, und morgen wie heute.! Diese Wahrheit soll dazu dienen, daß der Sünder, den sein Herz verdammt, sich nicht in einem unglaubigen Unmuth herumwälze, sondern eilend durch Christum zu dem großen Gott nahe, und bei Ihm so lange um Gnade bitte, bis eine neue Freimüthigkeit gegen Ihn und ein neuer Friede in dem Herzen entsteht, und er wieder im völligen Glauben und als los vom bösen Gewissen vor Gott wandeln und Ihn anrufen kann.(Magnus Friedrich Roos)

1. Joh. 4

Ihr Lieben, glaubet nicht einem jeglichen Geist, sondern prüfet die Geister, ob sie von Gott sind.
1 Joh. 4,1.

Wenn Menschen etwas mit großem Ernst und Eifer vortragen; um Andere zu belehren, und sich dabei anstatt anderer Beweise auf die Aufschlüsse oder Offenbarungen, welche sie bekommen haben, berufen, so reden sie aus dem Geist als Propheten. Dergleichen Leute hat es in den alten und neuen Zeiten gegeben; Johannes aber sagt: ihr Lieben, glaubet nicht einem jeglichen Geist, sondern prüfet die Geister, ob sie von Gott sind; denn es sind viele falsche Propheten ausgegangen in die Welt. Wie soll man sie aber prüfen? Die Prüfung muß anders angestellt werden, wenn solche Leute zukünftige Dinge weissagen, und anders, wenn sie als Lehrer weissagen oder Lehren im Geist vortragen. Wer aus dem Geist Gottes zukünftige Dinge weissagt, dessen Weissagungen müssen nicht nur den schon bewährten göttlichen Weissagungen, die in der heiligen Schrift stehen, nicht widersprechen, sondern auch pünktlich erfüllt werden, s. 5 Mos. 18,20.21.22. Jer. 28,8.9. Wer aber im Geist Lehren vorträgt, darf der schon geoffenbarten göttlichen Lehre nicht widersprechen. Geister, die nicht von Gott sind, haben zu jeder Zeit unter dem Beistand der bösen Engel solche falsche Lehren ausgebildet, welche damals dem fleischlichen Sinn der Menschen die angenehmsten waren, und den größten Schaden anrichten konnten. Zu den Zeiten der Richter und hernach, da der Hang zur Abgötterei bei den Israeliten groß war, konnte ein falscher Prophet oder Träumer auftreten und sagen: lasset uns andern Göttern folgen und ihnen dienen, 5 Mos. 13,2. Zu der Zeit Ezechiels gab es Propheten und Prophetinnen, welche, von ihrer Armuth gedrückt, den Leuten Kissen unter die Arme und Pfühle zu den Häuptern machten, die Seelen zu fahen, das ist, welche sich im Weissagen dem fleischlichen Sinn der Menschen gefällig machten, um sich einen Anhang zu machen, und alsdann ihren Anhängern das Leben verhießen; überdieß aber auch um einer Handvoll Gerste und eines Bissen Brods willen die Seelen zum Tod verurtheilten, die doch nicht sterben sollten, und die zum Leben, die doch nicht leben sollten. Ezech. 13,18.19. Bei den Korinthern lästerten begeisterte Leute Jesum, weil es dem Teufel daran gelegen war, Juden und Heiden dadurch in ihrem Haß wider das Christenthum zu befestigen, 1 Kor. 12,3. In Asien, wo Johannes lehrte, standen hernach Leute auf, welche sonderbare Offenbarungen von einem ewigen Licht und Finsterniß, oder von einem guten und bösen Gott vorgaben, und die Leiber, und Alles, was körperlich oder materiell war, für ein Werk des bösen Gottes hielten, da sie dann von Jesu Christo behaupteten , Er sei nicht im Fleisch gekommen, oder habe keinen Leib gehabt. Deßwegen schrieb Johannes seinen Zuhörern diese Regel vor: daran sollt ihr (zur gegenwärtigen Zeit und in unserer Gegend) den Geist Gottes erkennen: ein jeglicher Geist, der da bekennet, daß Jesus Christus ist in dem Fleisch gekommen, der ist von Gott, und ein jeglicher Geist, der nicht bekennet, daß Jesus Christus ist in dem Fleisch gekommen, der ist nicht von Gott. Kein Geist, der der heiligen Schrift widerspricht, ist von Gott; die Beschaffenheit der Propheten selbst aber wird aus ihren Früchten erkannt. Matth. 7,15.16.

Gott ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibet, der bleibet in Gott, und Gott in ihm.
1 Joh. 4,16.

Gott ist Liebe, und: unser Gott ist ein verzehrend Feuer: Hebr. 12,29. Beides ist wahr, weil beides in der Bibel steht. Gott ist Liebe gegen alle Geschöpfe, welche entweder ohne Sünde sind, oder als Sünder durch Christum Seinen Sohn Ihm gehörig begegnen, sich von der Sünde reinigen lassen, und Seine Liebe annehmen und preisen. Er ist aber ein verzehrend Feuer gegen Alle, die Ihm widerstreben, die Sünde beibehalten wollen, und Seine Liebe verschmähen. Hohel. 8,6. wird von der Liebe gesagt, daß sie stark sei wie der Tod, und daß ihr Eifer fest sei wie die Hölle, ihre Gluth sei feurig, und eine Flamme des HErrn. Diese Stärke, dieser Eifer und diese Gluth ist für die Geliebten, die sich lieben lassen, erquicklich, für die widerstrebenden Hasser aber verzehrend. Johannes sagt: wer in der Liebe bleibet, der bleibet in Gott, welcher die Liebe ist, und Gott in ihm, und 1 Joh. 4,7.8.: ihr Lieben, laßt uns unter einander lieb haben; denn die Liebe ist von Gott, und wer lieb hat, der ist von Gott geboren, und kennet Gott, wer nicht lieb hat, der kennet Gott nicht, denn Gott ist Liebe. Es soll also nach der Lehre Johannis ein Jeder, der mit Gott vereinigt sein will, und aus Gott geboren sein, und Ihn kennen soll, in einer Aehnlichkeit mit Gott stehen; wie sich denn freilich nie zwei Dinge, die einander zuwider sind, mit einander vereinigen lassen, und ein jedes Kind mit seinem Vater eine Aehnlichkeit hat, und wer einen Andern kennen soll, etwas von demjenigen, das der Andere ist oder hat, in sich haben und in sich empfinden muß. Nun ist Gott Liebe. Darum sollen wir in der Liebe leben und bleiben, damit wir in Gott bleiben, und ER in uns. Sind wir aus Gott geboren, so hat Er uns gewißlich durch die Wiedergeburt die Liebe als Sein Bild eingeprägt, und wenn wir die Liebe, die von Gott ist, und 1 Kor. 13. nach ihren verschiedenen Erweisungen, ihrer ewigen Dauer und ihrem hohen Werth beschrieben wird, in uns empfinden, so kennen wir Gott, und wissen einigermaßen, was der Name Liebe bedeute, den Johannes Ihm beilegt. Wenn Paulus von der Rechtfertigung und Begnadigung des Sünders handelt, so weiset er uns auf nichts als den Glauben. Er lehrt aber auch, daß, wenn wir gerechtfertigt werden, die Liebe Gottes in unsern Herzen durch den uns gegebenen Heiligen Geist ausgegossen werde, Röm. 5,5. Nun kann es nicht anders sein, als daß diese ausgegossene Liebe Gottes eine Verwandlung in uns wirke, und eine Liebe, deren Ursprung Gott selber ist, in uns anrichte: da dann ein Jeder, so lange er in dieser Liebe bleibt, seinen Gnadenstand behält, und die Gemeinschaft mit Gott behauptet. Wenn Gott in uns ist, so ist die Liebe in uns: und wenn wir in Gott sind, so sind wir in der Liebe. Die Gemeinschaft mit Gott kann also ohne die Liebe nicht gedacht werden. Die erste Liebe verlassen, ist also eine gefährliche Sache, und ganz aus der Liebe verrückt werden, und in Grimm, Neid, Bitterkeit, falschen und tödtenden Eifer und Unbarmherzigkeit hinein gerathen, ist ein gewisses Zeichen, daß man vom Licht in die Finsterniß, vom Leben in den Tod zurückgefallen, und von der Gemeinschaft mit Gott ganz abgekommen sei. Lasset uns also in der Liebe bleiben, damit Gott in uns bleibe, und wir in Gott. (Magnus Friedrich Roos)

Daran ist die Liebe völlig bei uns, auf daß wir eine Freudigkeit haben am Tage des Gerichts – Furcht ist nicht in der Liebe.
1 Joh. 4,17.18.

Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibet, der bleibet in Gott, und Gott in ihm. So schrieb Johannes 1 Joh. 4,16. Nun kann aber das Bleiben in der Liebe, folglich auch das Bleiben in Gott schwächlich bei dem Menschen angerichtet sein: wenn aber die Liebe völlig bei ihm ist, wenn sie sein Herz so eingenommen hat, daß sie alle Furcht daraus vertrieben hat, so ist der Mensch so weit gestärkt, daß er eine Freudigkeit hat am Tage des Gerichts. Die Rede des Johannis ist hier sehr kurz. Nach seiner Anzeige hat der Mensch, bei dem die Liebe völlig ist, diese Freudigkeit jetzt schon, obschon der Tag des Gerichts noch nicht vorhanden ist. Er hat sie aber, wenn er sich denselben lebhaft, als ob er gegenwärtig wäre, vorstellt, und aus dem Wort Gottes einen tiefen Eindruck davon bekommt. Noch gewisser und vollkommener aber wird er diese Freudigkeit haben, wenn der Tag des Gerichts wirklich erscheinen wird. Sonst fürchtet man sich auf eine peinliche Weise vor dem Tag des Gerichts: aber diese Furcht ist nicht in der Liebe, und wen ich von ganzem Herzen liebe, den kann ich nicht mehr auf eine Art, die mich peinigt, fürchten. Wenn also die Liebe mein ganzes Herz eingenommen hat, so fürchte ich auch den Tag des Gerichts nicht mehr, ob ich gleich weiß, daß an demselben die Herrlichkeit Jesu Christi der ganzen Welt sichtbar werden wird. Die Liebe zu Jesu läßt dieser Furcht keinen Raum bei mir. Wenn ich Jesum liebe, so habe ich auch Seine Erscheinung lieb.
Ach, wie selten findet man Christen, bei denen die Liebe völlig ist! Man muß froh sein, wenn man einige findet, welche den HErrn Jesum und Seine herrliche Erscheinung zum Gericht mit einer untermengten Furcht lieb haben. Wir sollen aber darnach ringen, daß wir eine völlige Liebe zu Jesu erreichen, welche die Furcht austreibt. Liebe und Furcht sind einander entgegengesetzt. Nun hat die Furcht Pein, wie Johannes V. 18. sagt: je völliger also die Liebe bei dem Menschen ist, desto weniger Pein ist in ihm, und desto größer ist seine Seligkeit schon bei Leibesleben. Gott ist Liebe, der HErr Jesus führte Seinen Wandel auf Erden in der lautersten Liebe. Auch wenn Er die Leute bedrohte, auch da Er den Petrus einen Satan nannte, blieb Er in der Liebe. Auch im Stand der Herrlichkeit ist Er voll von Liebe. Bei welchen also die Liebe vollendet ist, die können sagen: wie Er ist, so sind auch wir in dieser Welt. Durch die Liebe wird man also dem himmlischen Vater und Seinem Sohn Jesu Christo ähnlich. Die Liebe ist das Bild Gottes in der Seele. Gleichwie Johannes V. 17. sagt: die Liebe müsse bei uns völlig werden, also sagt er V. 18.: der Mensch müsse in der Liebe völlig sein. Eine völlige Liebe macht also einen völligen oder ganzen Christen. Wer im Christenthum zu wachsen meint, und doch immer stolzer und zanksüchtiger wird, ist nur nach seiner eitlen Einbildung und nicht nach der Wahrheit gewachsen. Wir wollen uns durch die Lehre Johannis unsere Schwachheit und unsern Mangel aufdecken lassen, und zugleich darnach streben, daß wir durch die Kraft des Heiligen Geistes die Völligkeit, von welcher er redet, erreichen.(Magnus Friedrich Roos)

1. Joh. 5

Der Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat.
1 Joh. 5,4.

Die Welt ist unglaubig, und alle ihre Maximen oder Gedanken und Anschläge sind im Unglauben zusammen gefaßt, weil der Glaube der Sieg ist, der sie überwindet. Die Welt siehet auf das Sichtbare. Dieses liebt, sucht und bewundert sie, dieses hält sie für ihr höchstes Gut, ob sie schon täglich inne wird, daß sie dadurch nie vergnügt werde, und ihr überdieß durch den Tod Alles entrissen werde. Was thut aber dagegen der Glaube? Er sieht auf dasjenige, das unsichtbar und ewig ist, und das ihm von Gott selbst in Seinem wahren Wort vorgehalten, angeboten und verheißen ist. Dieses liebt, sucht und bewundert er, dieses zieht er allen irdischen Vergnügungen und Schätzen vor. Warum handelt ein Glaubiger so, wie er handelt? Warum leidet er geduldig? Warum läßt er Vieles schwinden und fahren? Warum fürchtet er den Tod selbst nicht? Darum, weil der Glaube in ihm eine Zuversicht dessen ist, das man hofft, und eine Ueberzeugung von dem, das man nicht sieht. Die Welt hält den HErrn Jesum für eine unkräftigen Mann, der ihr zu ihren Absichten nichts nützen könne, so daß es scheint, sie frage wie Pilatus: was soll ich machen mit Jesu, den man Christum nennt? Wenn sie auch das Formular des christlichen Glaubens gelernt hat und unangefochten läßt, und nach demselben denkt und spricht: Jesus sei der Sohn Gottes und der Sünder Heiland, so fühlt sie die Kraft dieser Wahrheit nicht; sie ist ihr gleichgiltig, sie macht sich dieselbe nicht zu Nutze. Doch gibt es auch einen Theil der Welt, welcher diese Wahrheit geradezu verwirft, und ihr widerspricht. Ein glaubiger Christ hingegen glaubt, vermöge der Wiedergeburt, die Gott in ihm gewirkt hat, folglich mit einem Glauben, der Gottes Gabe und die Wurzel eines neuen geistlichen Lebens ist, daß Jesus der Christ und der Sohn Gottes sei. Er nimmt das Zeugniß an, das der Vater von Seinem Sohn gezeugt hat, er glaubt mit einem herzlichen Vertrauen an diesen Sohn Gottes, und hat Ihn selber, und in Ihm das Leben durch den Glauben. Die Welt liebt Gott nicht, und hält Seine Gebote nicht, sondern ist dem heiligen Gott deßwegen heimlich feind, weil Er solche Gebote gegeben hat, welche die Augenlust und die Fleischeslust und das hoffärtige Leben verbieten, und denen Drohungen angehängt sind, welche bis in’s höllische Feuer hinein reichen. Der glaubige Christ hingegen, der aus Gott geboren ist, liebt Gott, und Alle, die auch von Ihm geboren sind, und zeigt seine Liebe zu Gott dadurch, daß er Seine Gebote hält, und Seine Gebote ihm bei der Liebe nicht schwer sind. Sobald also ein Mensch glaubig wird, sobald bekommt er eine Weisheit, welche größer ist als die Weisheit dieser Welt, es geht ein Licht in ihm auf, welches edler und kostbarer ist als das Vernunftlicht, womit die Welt bei ihrer Finsterniß sich behilft, er bekommt eine Lebenskraft, bei welcher ihm möglich und leicht ist, was der kraftlosen Welt unmöglich und schwer zu sein dünkt. Der dreieinige Gott, der in den Glaubigen ist, ist stärker, als der böse Geist, der in der Welt ist. So ist also der Glaube der Sieg, der die Welt überwunden hat. Kann man die Welt nicht bessern, so kann man sie doch überwinden. (Magnus Friedrich Roos)

Gottes Zeugniß ist das, das Er gezeuget hat von Seinem Sohn.
1 Joh. 5,9.

Johannes hatte Jesum in Seiner niedrigen Menschengestalt gesehen, was hat aber hernach sein Herz empfunden, wenn er daran dachte und mit innigster Ueberzeugung glaubte, daß dieser Jesus Gottes Sohn sei? Er sahe diese Wahrheit für so wichtig und kräftig an, daß er 1 Joh. 4,15. schrieb: wer bekennt, daß Jesus Gottes Sohn sei, in dem bleibet Gott, und der bleibet in Gott, und 1 Joh. 5,5.: wer ist, der die Welt überwindet, ohne der da glaubt, daß Jesus der Sohn Gottes sei? Wenn er bedachte, daß Gott Seinen Sohn gesandt habe, damit Er ein Heiland der Welt sein möchte, und daß dieser Heiland unser Fürsprecher bei dem Vater und die Versühnung für unsere Sünden sei, so leuchtete ihm die höchste Liebe Gottes in die Augen, ja er erkannte, daß Gott Liebe sei, und wir Ihn ohne Furcht lieben, und nach Seinem Urbild in der Liebe wandeln sollen. Er erkannte ferner, daß wir durch den Glauben an den Sohn Gottes und um Seinetwillen Kinder Gottes seien, und als solche von der Welt geschieden, aber auch ihr unbekannt seien. Weil er Jesum als den Sohn Gottes erkannte, so nannte er Ihn das Leben, das bei dem Vater gewesen und uns erschienen sei, wie auch den wahrhaftigen Gott und das ewige Leben. Das ewige Leben, sagte er 1 Joh. 5,11., so uns Gott gegeben hat, ist in Ihm: wer Ihn hat, der hat das Leben, und wandelt zugleich in der Wahrheit, und schwebt im Licht und in der Liebe. Das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, ist so kostbar und kräftig, daß es von aller Sünde reinigen kann. Daß Er unser Fürsprecher ist, und die Versühnung für unsere Sünden geworden ist, trägt so viel aus, daß die Sünden denen, die an Ihn glauben, vergeben werden, und daß diejenigen ihr eigenes Herz nicht verdammt, welche bei diesem Glauben Seine Gebote halten, daß sie zuversichtlich beten, ja daß sie auf den Tag des Gerichts eine Freudigkeit haben. Diese und andere Wahrheiten leitet Johannes in seinem ersten Brief aus der großen Wahrheit her, daß Jesus Christus der Sohn Gottes sei.
Weil nun Alles an dieser Wahrheit gelegen ist, so muß sie einen festen Grund haben, dieser Grund aber ist das Zeugniß, das Gott selbst von Seinem Sohn gezeugt hat. Er hat dieses gethan bei der Taufe Jesu, da Er vom Himmel rief: Dieß ist Mein lieber Sohn, an dem Ich Wohlgefallen habe, und hernach bei der Verklärung Jesu auf dem Berg, da Er die Worte hinzusetzte: Den sollt ihr hören. Diese Wahrheit sollen wir glauben, das göttliche Zeugniß davon sollen wir annehmen. Wir sollen nach demselben an den Sohn Gottes glauben, und innerlich von der Wahrheit und Kraft des göttlichen Zeugnisses von Ihm überzeugt werden, V. 10. Wenn dieses geschieht, so werden wir das ewige Leben in dem Sohn Gottes haben, V. 11. So schrieb Johannes zu seiner Zeit, da noch Jedermann wußte, was Glauben sei, und da selten Jemand mit dem Munde bekannte, daß Jesus Gottes Sohn sei, der’s nicht in seinem Herzen glaubte. allein bei dem eingerissenen Maulchristenthum, bei der kraftlosen Wissenschaft von göttlichen Dingen, bei dem Nachschwätzen auswendig gelernter Formeln bereden sich Viele fälschlich, sie glauben, was sie sagen, da sie doch des Glaubens ermangeln.(Magnus Friedrich Roos)

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