Roos, M. Magnus Friedrich - Andachten zum 2. Brief des Petrus

Roos, M. Magnus Friedrich - Andachten zum 2. Brief des Petrus

2. Petr. 1

Thut Fleiß, daß ihr euern Beruf und Erwählung fest machet, so wird euch reichlich dargereicht werden der Eingang zu dem ewigen Reich unseres HErrn und Heilandes Jesu Christi. 2 Petr. 1,11.

Ein schwacher Christ zweifelt oft, ob ein kräftiger Beruf zu dem Reich Gottes an ihn ergangen, und ob er zum ewigen Leben erwählt sei, und kränket sich auch darüber, daß durch sein Straucheln zuweilen dasjenige, was er schon erreicht zu haben meint, wieder zu verschwinden und zernichtet zu werden scheint. Wie kann er nun recht gewiß werden, daß er ein Berufener und Auserwählter sei? Und wie kann sein Gnadenstand, in dem er als ein solcher steht, befestigt, und vor dem wirklichen Rückfall gesichert werden? Petrus sagt, man solle Fleiß thun, und V. 5., man solle allen Fleiß anwenden. Wie aber? So daß man in seinem Glauben Tugend, und in der Tugend Bescheidenheit, und in der Bescheidenheit Mäßigkeit, und in der Mäßigkeit Geduld, und in der Geduld Gottseligkeit, und in der Gottseligkeit brüderliche Liebe, und in der brüderlichen Liebe gemeine Liebe darreicht. Petrus setzt voraus, daß man zu diesem Allem Kraft vom HErrn empfangen habe, welche man nun wohl anwenden soll. Wie aber? Wenn man den Glauben darreichen soll, so muß der Unglaube als Sünde erkannt werden, wenn man Tugend oder Tapferkeit beweisen soll, muß die Menschenfurcht und Faulheit verläugnet werden, die Bescheidenheit oder Vernunft (1 Petr. 3,7.), mit der man Andern begegnen soll, ist dem schnell zufahrenden, eigensinnigen, rauhen und trotzigen Wesen entgegengesetzt. Soll ich mäßig und geduldig sein, so muß die Unmäßigkeit im Genuß, und die Untugend im leiden verläugnet und getödtet werden. Die Gottseligkeit heißt mich das Zunahen zu Gott, den Umgang mit Gott, und alle gottesdienstlichen Werke fleißig ausüben. Die brüderliche Liebe ist der Kaltsinnigkeit und dem genommenen Aergerniß, und die allgemeine dem Haß gottloser Menschen entgegengesetzt. Alle diese Früchte der Gerechtigkeit kosten einen Kampf und Tod. Täglich kommen aber Gelegenheiten dazu vor; da dann Paulus den Christen zuruft: ziehet an, Kol. 3,12., und Petrus: reichet dar. Wenn man aber immer bei sich selber ist, und die Erweisungen des geistlichen Lebens, die Petrus beschreibt, reichlich darreicht, so wird man seines Berufs und seiner Erwählung immer gewisser, denn diese Erweisungen sind Beweise davon: da hingegen ein fauler und unfruchtbarer Christ wie ein Blinder mit der Hand tappt, und nicht weiß, wo er daran ist, V. 8.9. Auch wird demjenigen, der reichlich darreicht, was er darreichen soll, von Gott der Eingang in sein ewiges Reich reichlich dargereicht werden. Man frage nicht, was für ein Reich Gottes hier gemeint sei, denn Gott hat nur Ein Reich, das im Himmel und auf Erden ist, wer aber allen Fleiß anwendet, sich als ein Christ bei allen Fällen nach dem Maaß der empfangenen Gnade zu beweisen, der wird in dieses Reich immer weiter hineingeführt werden (denn wer da hat, dem wird gegeben), und also immer weniger zweifeln und rückfällig werden können. Der Mangel desselben aber hat in der Zeit und Ewigkeit große Folgen. HErr, erwecke uns immer mehr zu diesem Fleiß!(Magnus Friedrich Roos)

Ich weiß, daß ich meine Hütte bald ablegen muß.
2 Petr. 1,14.

Obschon die Schriften des Alten und Neuen Testaments auch von den Gerechten sagen, daß sie sterben und hernach todt seien, so brauchen sie doch auch öfters sanftere und lieblichere Ausdrücke, und man findet insonderheit, daß die heiligen Männer Gottes, wenn sie von ihrem eigenen Sterben reden, sich auf eine milde Art ausdrücken. David sagte 1 Kön. 2,2.: ich gehe dahin den Weg aller Welt; Simeon Luk. 2,29.: HErr, nun entlässest Du Deinen Diener in Frieden. Paulus Phil. 1,23.: ich habe Lust aufzubrechen, und bei Christo zu sein, und 2. Tim. 4,6.: ich werde jetzt geopfert, und die Zeit meines Aufbruchs ist vorhanden; 2 Kor. 5,8. sagt er nicht: wir haben ein vorzügliches Belieben an dem Sterben, sondern: wir haben ein vorzügliches Belieben an dem Auswandern aus dem Leibe, und an dem Heimgehen zu dem HErrn. Eben so lieblich redete Petrus von seinem herannahenden Tod, da er schrieb: ich weiß, daß ich meine Hütte bald ablegen muß, und im folgenden Vers nannte er seinen Tod einen Ausgang (aus der sichtbaren Welt). Wenn man nun voraussetzt, daß diese heiligen Männer aufrichtig, und ihre Worte die eigentlichen Ausdrücke ihrer wahren Gesinnung gewesen seien, so darf man aus den angeführten Worten schließen, daß sie von der Furcht des Todes frei gewesen seien, und ihren Tod als eine vorteilhafte Veränderung, auf die ihnen nicht bang war, angesehen haben. Was nun insonderheit die angeführten Worte Petri anbelangt, so war die Hütte, von welcher er schrieb, daß er sie bald ablegen müsse, sein sterblicher Leib, wie er denn auch V. 13. sagte: er sei noch in dieser Hütte. Der Leib ist aber eine Hütte in Ansehung der Seele. Es ist aber diese der Seele so angemessen, wie ein Kleid, weßwegen er auch 2 Kor. 5,4. sowohl eine Hütte genannt wird, worin die Seele wohne, als auch ein Kleid, von welchem sie entkleidet werde. Gleichwie man ein Kleid ablegt (Ap. Gesch. 7,57.), also kann man auch die Leibeshütte, die einem Kleid ähnlich war, ablegen. Ist man aber ein Gerechter, so hat man alsbald hernach einen Bau von Gott erbauet, ein Haus nicht mit Händen gemacht, das ewig ist, im Himmel, und dieses Haus wird das Kleid der Seele sein, die durch das Ausziehen des sterblichen Leibes bloß geworden war. Die bloße Seele wird mit jener himmlischen Behausung bekleidet, der ganze Mensch aber, der sein eigenes Kleid, das ist seinen sterblichen Leib, noch hat, könnte damit überkleidet werden.
Es ist wunderbar, daß Petrus von seinem Tod so gelassen und mit einem so sanften Ausdruck hat schreiben können, da er doch aus der Anzeige Christi Joh. 21.18. wußte, daß er am Kreuz schmerzlich sterben werde. Wie nahe oder wie entfernt die Ablegung meiner Hütte nach menschlicher Rechnung sei, ist mir nicht geoffenbaret: doch darf ich sie mir als nahe vorstellen; denn die Zeit ist überhaupt kurz, und das Leben nur einer Hand breit. Wie aber? Kann ich ohne Angst und Grauen daran gedenken? Und soll mich nicht diese Vorstellung antreiben, zu wachen, zu beten, allen Fleiß im Dienst des HErrn anzuwenden, der Heiligung nicht nachzuschleichen, sondern nachzujagen, und aufzuräumen, wo etwas aufzuräumen ist.(Magnus Friedrich Roos)

2. Petr. 2

Der HErr weiß die Gottseligen aus der Versuchung zu erlösen.
2 Petr. 2,9.

Der HErr Jesus ist selber auch im Stand Seiner Niedrigkeit versucht worden, weil Er aber eine reine Natur hatte, so konnte Er nie von Seiner eigenen Lust gereizt und gelockt werden, hingegen drangen die Versuchungen von außen her, und zwar oft mit der größten Heftigkeit auf Ihn zu: Er blieb aber dabei immer ein unschuldiges und unbeflecktes Lamm. Je heiliger eine Seele ist, desto mehr haßt sie die Sünde, und desto treuer und kräftiger widersteht sie allen Versuchungen. Auch die reizenden Bilder sind ihr eine Last; die schreckenden aber sieht sie ohne Furcht an. Uebrigens aber ist das Versuchtwerden immer ein Leiden für sie. Paulus ruft zwar den Christen, die versucht werden, muthig zu, 1 Kor. 16,13.: wachet, stehet im Glauben, seid männlich und seid stark, und Christus muntert sie Offenb. 2. und 3. durch sieben sehr herrliche Verheißungen zum Ueberwinden auf: doch ist es dabei immer erwünscht, wenn man aus der Versuchung gar erlöset, oder, ohne Schaden gelitten zu haben, davon befreiet wird. Und wer ist, der dieses kann? Petrus sagt: der HErr weiß die Gottseligen aus der Versuchung zu erlösen. Er weiß die rechte Weise, Mittel und Zeit dazu. Er erlöset aus vielen Versuchungen, alldieweil das irdische Leben noch währt, wenn Er den Menschen in andere Umstände versetzt, wie es dem David ergangen, da ihn Gott nach der Ueberschrift des achtzehnten Psalmen von der Hand seiner Feinde, und insonderheit von der Hand Sauls errettet hat, oder wenn Er die Seele innerlich mehr reiniget, daß eine oder die andere Versuchung aufhöret oder doch schwächer wird, oder wenn Er den bösen Geistern befiehlt, eine Zeit lang von dem Menschen abzulassen. Doch wird der Mensch nie von allen Versuchungen erlöset, bis er in den Himmel aufgenommen wird, wo eine vollendete Seele nichts mehr in und um sich haben wird, das sie versuchen könnte. Wie wohl wird sich’s da nach der Arbeit ruhen! Wie wohl wird’s thun! Wer fraget, ob es nicht besser wäre, wenn gar keine Versuchungen bei den gefallenen Menschen entstünden, der fraget nicht weislich; denn dem gefallenen und mit der Sünde angesteckten Menschen wird Alles zur Versuchung. Das Paradies wäre ihm eine Versuchung, wenn er noch drinnen wäre: nun ist’s ihm eine Versuchung, daß er mühselig außer demselben leben muß. Ueberdieß ist es Gottes Wohlgefallen, daß alle vernünftigen Geschöpfe Proben der Treue vor Ihm ablegen; weßwegen Er bald nach der Schöpfung über die Engel und Menschen Versuchungen kommen lassen, und nun, da ein Erlöser gekommen ist, alle Gottesfürchtigen in den Versuchungen zeigen heißt, daß ihr Glaube an den Erlöser und ihre Liebe zu Ihm rechtschaffen sei. Hier müssen sie nach der Lehrart Jakobi aus den Werken gerechtfertigt werden wie Abraham, da er seinen Sohn Isaak schlachten wollte. Ueberdieß gereichen denen, die Gott lieben, alle Dinge, auch die Versuchungen, zum Besten. Lasset uns also in den Versuchungen Treue beweisen und auf die Erlösung aus denselben warten.(Magnus Friedrich Roos)

So sie entflohen sind dem Unflatz der Welt durch die Erkenntniß des HErrn und Heilandes Jesu Christi, werden aber wieder in dieselbe eingeflochten und überwunden, ist mit ihnen das Letzte ärger, denn das Erste. 2 Petr. 2,20.

Petrus redet hier von rückfälligen Christen, welche durch die Verführung Anderer greuliche Leute worden waren, und es ist sehr wahrscheinlich, daß ihre Verführer eben dieselben gewesen seien, wider die auch der Apostel Judas in seinem Brief geeifert hat. Petrus sagt von den Verführten, daß sie einmal dem Unflath der Welt durch die Erkenntniß unsers HErrn und Heilande Jesu Christi entflohen gewesen seien. Diese Erkenntniß ist also so kräftig, daß sie die Seele treibt und stärkt, diesem Unflath zu entliehen. Man findet in Jesu Gnade und Friede. Man bekommt Licht und Leben durch Ihn. Dadurch wird dann dem Menschen der Unflath, oder das wüste sündliche Wesen der Welt entleidet. Er haßt es, er speit es gleichsam aus, er läßt sich davon reinigen und fliehet es. Ist’s möglich, daß solche Leute wieder in die unreinen Lüste der Welt eingeflochten werden? Ja, es ist möglich, weil es schon oft und auch zur Zeit der Apostel geschehen ist. Gemeiniglich geschieht es nicht plötzlich und auf einmal. Man läßt zuerst nach im Wachen über sich selbst, man wird träg zum Gebet und unterläßt es zuweilen gar, man wird leichtsinnig, und hält sich kleine Ausschweifungen in Worten und Werken zu gut, und entzieht sich durch beständige Zerstreuungen der innerlichen Bestrafung des Heiligen Geistes. Man entzieht sich dem Umgang mit frommen Christen, weil sie zu ernsthaft sind, und weil auf ihrem Umgang eine Schmach liegt, und begibt sich in einen unnöthigen und schädlichen Umgang mit eitlen Menschen. Eitle Gedanken, Reden und Bücher werden angenehmer, als das theure werthe Wort Gottes, welches man immer seltener und träger hört und liest. Nach und nach verliert man sein innerliches Licht und seine Kraft, und wird in die Unreinigkeit der Welt ganz eingeflochten, sonderlich wenn Verführer dazu kommen, welche auch als Rückfällige den Weg verlassen haben, V. 15., und hernach den albernen Menschen bereden, das genaue Christenthum sei ein gesetzliches Wesen, worein sich nur schwache Seelen einspannen lassen; Vieles sei nicht Sünde, was man für Sünde halte; der äußere Mensch könne Vieles thun, woran der innere keinen Antheil nehme, und es gebe eine geheime hohe und tiefe Weisheit, nach welcher man Niemand unterthänig sein, V. 10., seinen Gewinn wie Bileam in der Welt suchen, und fleischliche Wollüste ausüben könne, folglich als ein freier Mensch leben dürfe V. 13.14.15.19. Wer nun einer solchen falschen Beredung Gehör gibt, wird freilich ein zerrütteter, verkehrter und unseliger Mensch. Anstatt der Weisheit wandelt er im Irrthum, und anstatt der Freiheit wird er überwunden, und ein Knecht der Sünde. Sein Zustand wird schlimmer, als jener vor seiner Bekehrung gewesen war. Auch ist er jetzt ein gefährlicher Mensch für Andere, weil er dem Christenthum, das ihm bekannt ist, auf eine listigere Weise zusetzen kann, als ein Anderer, der es noch nie hat kennen lernen. Ach Gott, laß mich nicht zu Schanden werden, und bewahre mich mit Deiner Macht durch den Glauben zur Seligkeit!(Magnus Friedrich Roos)

2. Petr. 3

Wisset, daß in den letzten Tagen kommen werden Spötter, die nach ihren eigenen Lüsten wandeln und sagen: wo ist die Verheißung Seiner Zukunft?
2 Petr. 3,3.

Durch die List des Teufels und die Argheit der Menschen sind in der christlichen Kirche schon viele falschen Lehren aufgestanden. Schon zur Zeit der Apostel wurde die Lehre von dem göttlichen Wesen, von der menschlichen Natur Jesu Christi, von der Auferstehung, und von der Sünde durch ein ungeistliches, loses Geschwätz, und durch das Gezänk einer falsch berühmten Kunst, wie es Paulus 1 Tim. 6,20. nennt, angefochten und verleugnet. Hernach verleugneten Leute von einer andern Gattung die ewige Gottheit des Sohnes Gottes, oder irrten in Ansehung der Vereinigung Seiner göttlichen und menschlichen Natur. Bald hernach wurde der in aller Menschen Herzen steckende heuchlerische Stolz in eine Lehrform gebracht, und nach derselben eine falsche, geistlose und mit Aberglauben durchsäuerte Frömmigkeit aufgebracht, womit der Heilige Geist nichts zu thun haben sollte, und wobei auch die Nothwendigkeit Seiner Wirkungen ganz oder zum Theil ausdrücklich verleugnet wurde. Auch wurde die Ehre Seines Verdienstes durch aufgebrachte eigene Büßungen, falsche Opfer, und den Mißbrauch der Schlüssel des Himmelreichs geschmälert. Auch zur gegenwärtigen Zeit sind Lehrformen und Anstalten genug in der Welt, wodurch man Alte und Junge, ohne die Erbsünde in die Rechnung zu nehmen, und ohne die Wirkungen des Heiligen Geistes, durch natürliche Kräfte fromm machen will, und das theure Verdienst Christi wird von Vielen, die Christen und Lehrer der Christen heißen wollen, geleugnet. Ist etwas vom Aberglauben dabei gefallen, so ist der Unglaube desto höher gestiegen. Der Widerchrist wird das Gift aller Kezereien in sich haben. Er wird den Vater und Sohn leugnen, 1 Joh. 2,22. Er wird sich in den Tempel Gottes setzen als ein Gott, und wird vorgeben, er sei Gott, 2 Thess. 2,4., wider den Gott aller Götter aber wird er greulich reden Dan. 11,86. Nach seinem Untergang werden bessere Zeiten kommen: aber in den letzten Tagen der Welt werden Spötter kommen, die nach ihren eigenen Lüsten wandeln und sagen: wo ist die Verheißung Seiner Zukunft? Sie werden also vornehmlich den Artikel von der Zukunft Christi zum Gericht leugnen, und zwar zu einer Zeit, da diese Zukunft ganz nahe sein wird. Was ist nun bei so vielen Widersprüchen und Irrungen zu thun? Der Heilige Geist sagt es uns Offenb. Joh. 14,12., wo Er spricht: hie ist Geduld der Heiligen, hie sind, die da halten die Gebote Gottes, und den Glauben Jesu. Geduld der Heiligen ist nöthig, wenn man unter aberglaubigen und unglaubigen Menschen, unter Spöttern und Verächtern leben muß, und wenn diese endlich die Macht bekommen, die Bekenner der Wahrheit zu verfolgen. Hier erlangen aber diejenigen den Preis, welche die Gebote Gottes halten, folglich nicht wie die Spötter nach ihren eigenen Lüsten wandeln. Die Liebe zur Sünde ist immer eine Ursache des Hasses wider die Wahrheit, und eine jede Kezerei entsteht aus dem Ungehorsam gegen die Gebote Gottes. Der HErr erhalte und befestige uns durch Seinen Geist im Glauben, in der Geduld und in der ganzen Lauterkeit des Sinnes.(Magnus Friedrich Roos)

Der HErr verzeucht nicht die Verheißung, wie es Etliche für einen Verzug halten, sondern hat Geduld mit uns, und will nicht, daß Jemand verloren werde.
2 Petr. 3,9.

Das Warten auf die Zukunft Christi zum Gericht war zur Zeit der Apostel sehr gewöhnlich. Es gab Leute, welche meinten und sagten, sie sei schon nahe vorhanden, 2 Thess. 2,2., und bejammerten schon diejenigen, die starben, folglich den jüngsten Tag, den man für nahe hielt, nicht erlebten, weil man meinte, sie werden später zum Genuß der himmlischen Herrlichkeit kommen als diejenigen, die der jüngste Tag lebendig ergreifen werde. Paulus hielt deßwegen für nöthig, den Thessalonichern hievon eine richtige Erkenntniß beizubringen, 2 Thess. 2. und 1 Thess. 4. Als nun eine Zeit nach der andern verstrich, ohne daß der jüngste Tag einbrach, so sagten Einige: der HErr verzeucht die Verheißung; welch’ ein Verzug ist das! wie lange muß man doch warten! Hierauf antwortete Petrus: es gehe seltsam unter den Menschen her. In den letzten Tagen der Welt, wenn die Zukunft des HErrn ganz nahe sein werde, werden Spötter leben, die sagen: wo ist die Verheißung Seiner Zukunft? Diese Spötter werden von der langen Dauer der gegenwärtigen Welt den Anlaß nehmen zu sagen: die Verheißung von der Zukunft des HErrn werde gar nimmer erfüllt, und es werde gar kein jüngster Tag kommen, gleichwie sie in den Tagen des Noah nicht geglaubt haben, daß die Sündfluth einbrechen werde; zu derjenigen Zeit aber, da der jüngste Tag noch entfernt sei, beschuldige man den HErrn des Verzugs oder einer Langsamkeit, da doch ein Tag vor Ihm wie tausend Jahre sei, weil Er sehr schnell Vieles aufräumen und schaffen könne, und tausend Jahre wie ein Tag: folglich bei Ihm keine Langsamkeit statt habe, und wir uns auch im Geist an Seine göttliche Zeitrechnung anschließen, und einen Aufschub von tausend Jahren bei der Erfüllung der Verheißung vom jüngsten Tag für eine Kleinigkeit achten sollen. Endlich sagt er, wie unter diesem Aufschub eine göttliche Barmherzigkeit verborgen liege. Gott ist langmüthig gegen uns Menschen, und will nicht, daß Jemand verloren werde, sondern daß sich Jedermann zur Buße kehre. Er gibt also durch den Aufschub des jüngsten Tages den Menschen noch Raum, Buße zu thun, weil die Buße an demselben und nach demselben nicht mehr statt hätte. Diese Langmuth Gottes sollen wir uns dann zu Nutze machen, und die gegenwärtige Weltzeit als eine Frist ansehen, die uns gegeben wird, Buße zu thun. Dazu sollen wir sie auch anwenden. Gott schein in Seinen Werken den Menschen oft zu hurtig und oft zu langsam zu sein. Er thut aber Alles zur rechten Zeit. Der jüngste Tag wird einbrechen, wenn die Zahl der Auserwählten wird vollkommen, und wenn alle Weissagungen, welche von den Schicksalen der streitenden Kirche handeln, werden erfüllt sein. Diejenigen, welche er als lebendig ergreifen wird, werden diejenigen, die vorher entschlafen sind, nicht vorkommen, sondern beide werden mit einander hingerückt werden in den Wolken dem HErrn entgegen in der Luft, 1 Thess. 4,17. Lasset uns auf die Zukunft des HErrn warten, und mit der Vorbereitung dazu eilen, 2 Petr. 3,12. Gott verzeucht die Verheißung nicht, Er macht keinen unnöthigen Aufschub: wir aber sind langsame und träge Leute; Er aber hat Geduld mit uns, und diese Seine Geduld sollen wir preisen, und nicht meinen, daß wir bei dem Warten ein Recht zur Ungeduld haben. Sein Wille geschehe an uns; weil Er nicht will, daß Jemand verloren werde. Seine Gnade bereite uns in der Gnadenzeit zur Seligkeit.(Magnus Friedrich Roos)

So nun das Alles soll zergehen, wie sollt ihr denn geschickt sein mit heiligem Wandel und gottseligem Wesen.
2 Petr. 3,11.

Am Tag des HErrn, der als ein Dieb in der Nacht kommen wird, werden die Himmel, so viel ihrer sind, mit großem Krachen zergehen, die Elemente aber, das ist die großen Himmelskörper, werden vor Hitze zerschmelzen, und die Erde, und die Werke, die darinnen sind, werden verbrennen. So nun das Alles soll zergehen, wie sollt ihr denn, setzt Petrus hinzu, geschickt sein mit heiligem Wandel, und gottseligem Wesen? Diejenigen, welche die Erde nur als einen Schauplatz angesehen haben, auf welchem sie die Rollen reicher, lustiger, gewaltiger, berühmter Personen spielen müssen, diejenigen, die irdische gesinnt gewesen, und den Bauch zum Gott gemacht haben, diejenigen, die ihre Herzen mit Fressen und Saufen und mit Sorgen der Nahrung beschwert haben, wie auch diejenigen, die wegen der Sorge, sie möchten einen Theil ihrer irdischen Glückseligkeit verlieren, sich des HErrn Jesu und Seines Wortes geschämt, und Seinem Geist widerstrebt, folglich weder einen heiligen Wandel, noch ein gottseliges Leben geführt haben, werden, wenn Alles im Feuer zergehen wird, trostlos sein, und zu Schanden werden. Wenn Alles zergehen wird, so werden ihre Götzen auch zergehen: sie selbst aber werden nicht zergehen, sondern Menschen bleiben, aber bestürzte und verzweifelnde Menschen. Sie werden in die ewige Pein, in das höllische Feuer gehen, das dem Teufel und seinen Engeln bereitet ist.
Diesem Jammer zu entgehen, ist kein anderer Weg offen, als der Weg eines heiligen Wandels und eines gottseligen Wesens. Jener bezieht sich auf andere Menschen und auf die irdischen Dinge, unter denen man bei Leibesleben wohnen und wandeln muß, dieses aber auf Gott. Man gehe also heiliglich mit andern Menschen um, und lasse sein Licht vor ihnen leuchten. Man brauche und genieße die irdischen Dinge heiliglich, daß man davon nicht befleckt und beschwert werde, man hüte sich vor Geiz und Wollust, und hänge das Herz nicht an’s Irdische. Gegen Gott aber, der, wie Er ist, bleibet, und dessen Jahre kein Ende nehmen, sei man aufrichtig, ehrerbietig, glaubig. Man nahe oft zu Ihm im Gebet, man opfere Ihm sich selbst auf, man diene Seinem Willen, man hange Ihm an, alsdann wird man am jüngsten Tag die Himmel und die Erde ohne Schrecken und Schaden können zergehen lassen, und froh sein, daß Gott, den man für seines Herzens Trost und für seinen Theil hält, bleibet. In dem seligen Gott wird man auch selig sein, und überdieß an dem neuen Himmel und an der neuen Erde, in welchen Gerechtigkeit wohnet, seinen Antheil haben. Wer bedenkt aber dieses Alles? Wie laufen die Menschen nach Gütern, nach Ehre, nach Gewalt auf der alten befleckten Erde, als ob dieselbe ewiglich währte! Wer stellt sich das Ende aller Dinge, welches nahe gekommen ist, genugsam vor? Die Weisen dieser Welt dringen heut zu Tag sehr auf Leutseligkeit gegen dem Nächsten, welche ihren Lohn gemeiniglich mit sich führt, indem sie durch Lob und Dank von Menschen vergolten wird. Zu geschweigen aber, daß diese Leutseligkeit den ganzen heiligen Wandel nicht in sich faßt, so ist noch die Frage übrig: wo das gottselige Wesen oder die rechte Verehrung Gottes bleibe? HErr, mache uns tüchtig, züchtig, gerecht und gottselig zu leben in dieser Welt, damit, wenn sie vergehen wird, unser Loos in jener Welt auf’s Liebliche falle, und uns ein schönes Erbtheil werde.(Magnus Friedrich Roos)

Wir warten aber eines neuen Himmels und einer neuen Erde nach Seiner Verheißung, in welchen Gerechtigkeit wohnet.
2 Petr. 3,13.

Die Menschen müssen neue Herzen bekommen, von Neuem geboren und neue Kreaturen werden, hernach aber immerhin sich im Geist ihres Gemüths erneuern, und den neuen Menschen anziehen, der nach Gott geschaffen ist in rechtschaffener Gerechtigkeit und Heiligkeit. Solche Menschen nun dürfen eines neuen Himmels und einer neuen Erde, in welchen Gerechtigkeit wohnet, nach der Verheißung Gottes warten. Die Entstehung dieses neuen Himmels und dieser neuen Erde wird Offenb. Joh. 21,1. beschrieben, und daselbst, wie auch 2 Petr. 3., mit dem jüngsten Tag und der herrlichen Zukunft des HErrn verbunden. Was es mit dem ersten Himmel für eine Bewandtniß habe, können wir so eigentlich nicht wissen, von der ersten Erde aber ist uns bekannt, daß sie um der Sünde willen von Gott verflucht, und durch die Sündfluth verderbt worden, wie es dann unglaublich ist, daß Gott, dessen Werke schön und ordentlich sind, schon bei der Schöpfung den Erdboden so unförmlich, wie er jetzt aussieht, gemacht habe. Wir können’s also leicht begreifen, daß Gott Ursachen genug habe, wenn die Gerechten verklärte Leiber haben, und eine vollkommene Wonne genießen werden, die erste Erde vergehen, und eine neue entstehen zu lassen; es wird auch der erste Himmel, weil er zu den großen Absichten Gottes zu schlecht ist, vergehen, und ein neuer dargestellt werden. Auf der ersten Erde geht sehr viel Ungerechtigkeit im Schwang. Auch ist die Kreatur wider ihren Willen, aber auf Hoffnung, der Eitelkeit, das ist einem Dienst, der sie verzehrt, unterworfen: in dem neuen Himmel aber und auf der neuen Erde wird Gerechtigkeit wohnen. Keine Sünde wird da begangen werden, kein Geschöpf wird das andere beleidigen und verderben, und keines wird dem Willen Gottes widerstreben: und deßwegen werden dieser neue Himmel und diese neue Erde niemals veralten und vergehen.
Lasset uns hiebei die Ermahnung Petri zu Herzen nehmen, der 2 Petr. 3,14. sagt: darum meine Lieben, weil ihr auf den neuen Himmel und auf die neue Erde warten sollet, so thut Fleiß, daß ihr vor dem HErrn unbefleckt und unsträflich im Frieden erfunden werdet. Wessen Natur innerlich rein geworden ist durch die Heiligung des Geistes, derselbe ist unbefleckt, und wer nicht nur in Ansehung des neuen Sinnes, den er bekommen hat, sondern auch in Ansehung der vorhergegangenen Vergehungen keinen Tadel oder Vorwurf mehr bekommt, ist unsträflich. Beides zusammen versetzt den Menschen in einen tiefen Frieden, in eine süße Ruhe, in eine feste Wohlfahrt. Jetzt sind noch nicht alle Flecken bei uns abgethan, wir sollen aber darnach ringen, daß sie immer völliger und bei dem Uebergang in die Ewigkeit vollkommen abgethan werden. Je mehr solches geschieht, desto gewisser werden wir allem gerechten Tadel oder aller rechtmäßigen Anklage entgehen; wenn aber jetzt auch wegen der vorigen Ungerechtigkeit und der noch übrigen Mängel eine Anklage wider uns entstehen will, so sollen wir bußfertig und glaubig zu dem Gnadenstuhl Christi und der Liebe des Vaters unsere Zuflucht nehmen. Geheiligte und Gerechtfertigte sind es also, welche auf den neuen Himmel und auf die neue Erde mit einer heitern Hoffnung warten dürfen.(Magnus Friedrich Roos)

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