Roos, M. Magnus Friedrich - Andachten zum Buch der Sprüche

Roos, M. Magnus Friedrich - Andachten zum Buch der Sprüche

Spr. 3

Durch Seine Weisheit sind die Wolken mit Thau triefend gemacht.
Spr. 3,20.

Salomo preist im dritten Kapitel der Sprüchworter die Weisheit, und muntert uns auch auf, dieselbe zu suchen. Er reizt uns nicht nur durch den Nutzen, den die Weisheit dem Menschen verschafft, zu diesem Suchen, sondern beschreibt auch die Weisheit, wie sie in Gott als das Urbild und die Quelle aller Weisheit ist, deren die Menschen theilhaftig werden können. Wer also weise wird, wird hierin Gott, der allein weise ist, ähnlich, und erlangt wieder Sein Ebenbild nach dem Maß der erlangten Weisheit. Von der göttlichen Weisheit sagt Salomo V. 19.20.: der HErr hat die Erde durch Weisheit gegründet, und durch Seinen Rath den Himmel bereitet; durch Seinen Rath sind die Tiefen zertheilt, und die Wolken mit Thau triefend gemacht. Die Tiefen oder Abgründe gehören zur Erde, und die Wolken zum Himmel. Die Tiefen sind zertheilt, daß sie das Wasser durch verschiedene unterirdische Gänge bis auf die Oberfläche der Erde herauftreiben, und also Quellen an sehr vielen und verschiedenen Orten anrichten, wo die Menschen und Thiere ihre Nahrung finden sollen. Die Wolken des Himmels aber hat der HErr mit Thau triefend gemacht, damit das Erdreich auch da, wo die fließenden Wasser nicht hinkommen, von oben her befeuchtet werde. Hieraus erhellt schon zur Genüge, daß die Weisheit Gottes eine wohlthuende Weisheit sei, und die Weisheit der Menschen auch eine solche sein solle. Gleichwie die göttliche Weisheit den Himmel und die Erde in eine liebliche Harmonie mit einander gesetzt hat, also wird auch der Mensch durch die wahre Weisheit, die von oben kommt, dasjenige, das sein soll, nie zerstören, und was zusammengehört, nie zertrennen, sondern erhalten, vereinigen und zusammenhalten. Was insonderheit den Thau anbelangt, so ist er ein reines Wasser, das sich ohne Geräusch aus den Wolken auf die Erde herabsenkt, und zur Fruchtbarkeit der Erde sehr Vieles austrägt. Gleichwie nun Gott die Wolken nicht so gemacht hat, daß sie täglich mit Ungestüm herabstürzen, sondern daß sie mit Thau triefen, also soll sich ein weiser Mensch vor allem ungestümen Geräusch, vor aller brausenden Heftigkeit hüten. Er soll seine guten Werke nicht ausposaunen, oder ausposaunen lassen, wie die Pharisäer gethan haben, auch soll er, wenn er wohlthun will, die Annehmlichkeit seiner Wohlthat nicht durch ungestüme und rauhe Vorwürfe verderben, sondern wie der Thau soll er sich still mit seiner Güte niederlassen, wo es nöthig ist, und zufrieden sein, daß Gott, der in’s Verborgene sieht, sein Thun weiß, und öffentlich vergelten wird. Jakobus drückt dieses Alles Kap. 3,17. so aus: die Weisheit von oben her ist friedsam, gelinde, lässet ihr sagen, voll Barmherzigkeit und guter Früchte, unparteiisch und ohne Heuchelei; die Frucht aber der Gerechtigkeit wird durch Wohlthun gesäet im Frieden, und kommt denen zu gut, die den Frieden halten. Auf diese Weise können uns viele Werke Gottes lehrreiche Beispiele sein, wie denn der HErr Christus einige derselben in Seinen Gleichnissen auf dieser Seite vorgestellt hat. Sie sind aber auch an sich selbst Proben der unerforschlichen Weisheit Gottes. wer ihrer achtet, hat eitel Lust daran, und soll Gott wegen derselben preisen.

Spr. 21

Des Königs Herz ist in der Hand des HErrn wie Wasserbäche, und Er neiget’s, wohin Er will.
Spr. Sal. 21,1.

Was hier von einem König gesagt wird, gilt ohne Zweifel auch von einem Fürsten, und von einem jeden andern Regenten, ja auch von ihren Räthen, denen sie einen Theil ihrer Gewalt übergeben. Gott hat unter Seinem Volk Israel ehemals Könige gesetzt, welche nach dem Gesetz Mosis regieren sollten; aber vom vierten Jahr Jojakims an, welches das erste Jahr Nebucadnezars war, hat Er Sein Volk und hernach die christliche Kirche in äußerlichen Dingen solchen Königen und Fürsten unterworfen, welche nach menschlicher Willkür und weltlichen Gesetzen regierten, und ehemals sogar Heiden waren. Damit aber rechtschaffene Israeliten und Christen bei dieser Anordnung Gottes nicht kleinmüthig werden, oder denken möchten, sie seien von Gott verlassen, und dem Willen gewaltiger Menschen ganz übergeben, so mußte Salomo sie trösten, und versichern, des Königs Herz sei in der Hand des HErrn wie Wasserbäche, und Er neige es, wie Er wolle. Salomo sagt dieses von einem König, insofern er König ist, und sagt nicht, ob er gläubig oder unglaubig, fromm oder gottlos sei. Gott lenkt allen Menschen das Herz Ps. 33,15., insonderheit aber den Königen und Fürsten, weil durch sie vielen Andern Gutes oder Böses widerfahren kann, und einige derselben auch viele Gerechte, die Gottes Augapfel sind, unter ihrer Herrschaft haben. Er neiget also ihre Herzen zur Strenge oder zur Milde, zum Strafen oder zum Verschonen, damit Seine Absichten erreicht werden. So erweckte Gott den Geist der Feinde Israels, wenn ER Israel strafen wollte (Jes. 13,17.), Ezeh. 23,22. Er erweckte den Geist Cores, Israel wieder in die Freiheit zu setzen, Esr. 1,1. Weil auch sehr Vieles auf die Worte eines Königs und Fürsten ankommt, und doch Vieles vor ihnen versteckt und verborgen wird, so sagt Salomo, Spr. Sal. 16,10.: Weissagung ist in dem Munde eines Königs, sein Mund fehlet nicht im Gericht, das ist, der König redet und richtet recht, wenn er unter der Herzlenkung Gottes steht, als ob er weissagte. Die Gerechtigkeit seiner Worte geht weiter als seine Einsicht. Er trifft’s oft in seinen Worten wie ein Wahrsager. Freilich können Könige und Fürsten im Thun und Reden auch ungerecht sein, und für sich selbst viele Sünden begehen: wenn nämlich Gott ihre Herzen nicht neiget, von ihnen weicht, und sie gar in einen verkehrten Sinn dahin gibt.

Wir lernen aber aus den Worten Salomo’s, daß ein Christ seinem König und Fürsten, er sei für sich selbst, wie er wolle, um des Gewissens willen treulich unterthan sein solle, weil Gott Seine herzlenkende Kraft an ihm beweiset, und ihn als ein Werkzeug in Seiner göttlichen Regierung braucht. Man kann und soll auch für gottlose Regenten bitten, weil Gott, wenn Er sie auch nicht bekehren kann, doch durch die Neigung ihrer Herzen verschaffen kann, daß Vieles geschieht, das geschehen soll, und man unter ihnen ein stilles und ruhiges Leben führen kann, in aller Gottseligkeit und Ehrbarkeit. Man kann auch durch einen jeden König einen rechtmäßigen und göttlichen Beruf zu einem Amt bekommen, wenn nämlich Gott sein Herz zu Ertheilung desselben neiget. Glückselig aber ist der König, dessen Herz Gott nicht nur zu politischen Werken und Rechtssprüchen, sondern auch zur Buße, zum Glauben und zu einem heiligen Wandel neigen kann, und der den Ruf Gottes annimmt, welcher Ps. 2,10.11.12. an ihn ergeht. Solche Könige werden dereinst ihre Herrlichkeit in’s neue Jerusalem bringen.(Magnus Friedrich Roos)

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