Roos, M. Magnus Friedrich - Andachten zum Brief an die Hebräer

Roos, M. Magnus Friedrich - Andachten zum Brief an die Hebräer

Heb. 1

Christus ist so viel besser worden als die Engel, so viel einen höhern Namen Er von ihnen ererbet hat.
Hebr. 1,4.

Paulus wollte den HErrn Christum in dem Brief an die Hebräer hoch preisen, und bewies deßwegen, daß Er besser worden sei, als die Engel, und daß Er größer sei als Mose und Aaron, welche unter allen Menschen die höchste Würde erlangt haben, weil jener als Prophet, und dieser als Priester für sich und Andere zu Gott nahen durfte. Außer dem menschlichen Geschlecht gibt es keine so vortrefflichen Geschöpfe als die Engel. Auch die vier Thiere oder lebendigen Wesen, welche Johannes zunächst bei dem Thron Gottes sahe, sind in dem Brief an die Hebräer unter den Engeln begriffen, ob sie schon Offenb. 7,11. in einem andern Verstand von allen Engeln unterschieden werden. Christus nun, der Gesalbte, der Sohn der Maria, ist von Seiner Empfängniß an viel besser worden, als die Engel, so viel einen höhern Namen Er vor ihnen ererbet hat. Was ist dann dieses für ein Name? Es ist der Name: Sohn Gottes; denn der Apostel sagt: zu welchem Engel hat Gott jemals gesagt: du bist Mein Sohn, heute habe Ich dich gezeuget? Ps. 2,7., und abermal: ich werde Sein Vater sein, und Er wird Mein Sohn sein, 2 Sam. 7,14. Da also der Engel Gabriel Luk. 1,35. zu der Maria sagte: der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten; darum auch das Heilige, das von dir geboren wird, wird Gottes Sohn genannt werden: so belehrte er sie, daß Jesus schon als Kind viel besser, größer, ehrwürdiger und vornehmer als die Engel sein werde, und daß Ihn deßwegen alle Engel Gottes anbeten sollen, Hebr. 1,6. Menschen können Kinder Gottes heißen; Engel heißen, Hiob 38,7., Söhne Gottes; aber in demjenigen Verstand, in welchem Jesus der Sohn Gottes ist, ist’s Keiner von ihnen. Er ist der Eingeborne, der Seines Gleichen nicht hat. Er war vor Seiner menschlichen Geburt das Wort, und als das Wort bei Gott, und selber Gott, und konnte, da Er in der Niedrigkeit wandelte, sagen: Ich und der Vater sind Eins, und hat, nachdem Er die Reinigung unserer Sünden durch Sich selbst gemacht hatte, Sich zur Rechten der Majestät in der Höhe gesetzt, wohin kein Engel aufsteigen darf, und wo Er mit eben den Worten von den himmlischen Heerscharen gepriesen wird, mit welchen sie den Vater preisen.
Ist nun Jesus über die Engel und über Alles erhaben, und der eingeborne Sohn Gottes, ja der wahrhaftige Gott und das ewige Leben, so sollen wir Ihn anbeten, und in unsern Herzen, mit unserm Mund, und mit unsern Werken ehren. die Ehre, die wir Ihm erweisen sollen, hat keine Grenzen in der heiligen Schrift; wir dürfen also nicht fürchten, daß wir Ihn zu viel ehren können: da hingegen Johannes den Engel, der mit ihm redete, zweimal zu viel ehrete, da er vor ihm niederfiel. Auch können wir nicht zu viel Vertrauen auf Ihn setzen, und nicht zu viel Liebe gegen Ihn haben, wie bei einem jeden erschaffenen Wesen, wenn es auch sehr vortrefflich wäre, leichtlich geschehen könnte, weil doch seine Kraft und Güte Grenzen hätte. Alles, was wir dem Jehovah, dem Schöpfer des Himmels und der Erden, dem Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs leisten sollen, sind wir schuldig auch dem Messias Jesus zu leisten, wie viele Stellen der heiligen Schrift deutlich beweisen, weil Er selbst auch Jehovah, unsere Gerechtigkeit, ist. Wenn wir den Engel sähen, der Offenb. 10. beschrieben ist, so würden wir meinen, es gäbe nichts Herrlicheres: aber Jesus ist viel herrlicher. Die Engel sind Seine Engel, Er aber ist ihr HErr.

Ihn (Jesum, den Sohn Gottes) sollen alle Engel Gottes anbeten.
Hebr. 1,6.

Betet Ihn an alle Götter, sagte der Heilige Geist Ps. 97,7. von dem erstgebornen Sohn Gottes, und diese Worte werden Hebr. 1,6. so angeführt: es sollen Ihn alle Engel Gottes anbeten. Götter sind alle hohen und mächtigen Wesen; dergleichen aber sind auf Erden die Regenten, und im Himmel die Engel. Alle solche Götter sollen den Sohn Gottes anbeten, folglich auch die Engel. Der Sohn Gottes wird aber bei diesem göttlichen Befehl der Erstgeborne genannt, und hat diesen Namen deßwegen, weil Seine menschliche Natur das erste oder höchste unter allen erschaffenen Wesen ist. Das wesentliche Wort, welches Gott ist, wurde vom Anfang der Welt von den Engeln angebetet: hernach aber erging der Befehl Gottes an sie, daß sie auch Christum Jesum, den Erstgebornen unter Allem, was Gott erschaffen hat, der zugleich Gott über Alles gelobet in Ewigkeit ist, anbeten sollen. Sie thaten es auch ohne Zweifel bald nach Seiner Geburt von der Maria, und hernach immer, so lange Er in der Niedrigkeit lebte. Eine feierliche Anbetung, die dem erhöheten Jesu von den Engeln geleistet wurde, vernahm Johannes, da er auf der Insel Patmos im Geist war; denn er hörte eine Stimme vieler Engel um den Thron Gottes, und um die Thiere und um die Aeltesten her, und ihre Zahl war viel tausendmal tausend, die sprachen mit großer Stimme: das Lamm, das geschlachtet ist, ist würdig zu nehmen Gewalt und Reichthum und Weisheit und Stärke, und Ehre und Herrlichkeit und Lob. Offenb. Joh. 5,11.12. Man vergleiche diesen Lobspruch mit demjenigen, den alle Engel Offenb. Joh. 7,11.12. ihrem Gott zurufen, so wird man wahrnehmen, daß sie auch das Lamm als ihren Gott und HErrn gepriesen haben, weil beiderseits fast einerlei Worte vorkommen.
Die Ursache, warum alle Engel Jesum als ihren HErrn anbeten, ist diese, daß derselben einen viel höhern Namen vor ihnen ererbet hat. Sie selber sind Geister und Feuerflammen. Bei ihrem geistigen und feurigen Wesen, welches sehr vortrefflich ist, bleiben sie immer Diener Gottes, und werden als solche von Ihm ausgesandt, um eine Bedienung auszurichten wegen derjenigen Menschen, welche die Seligkeit ererben sollen. Hebr. 1,7.14. Keiner von ihnen heißt der Sohn Gottes. Aber zu Jesu hat der Vater gesagt: Du bist Mein Sohn, heute habe Ich Dich gezeuget. Wir arme und durch Jesu Blut erlöste und zu Seinem Eigenthum erkaufte Menschen sollen uns gern und täglich in der Anbetung Jesu mit den Engeln vereinigen. Es kann und soll aber in unsere Anbetung etwas einfließen, das bei den Engeln nicht stattfindet: wir können und sollen Ihm nämlich demüthig danken, daß Er uns erlöst und erkauft habe, und unser Fürsprecher bei dem Vater sei, und Sich nicht schäme, uns Seine Brüder zu heißen. Er ist das Haupt Seiner Kirche, die Sein Leib ist. In Ihm wohnet alle Fülle, das ist der ganze Reichthum und Ueberfluß göttlicher Kräfte, damit auch wir, die wir von Natur arm und leer sind, aus Ihm und durch Ihn mit aller Gottes-Fülle erfüllt werden können. Ihm sollen wir uns ganz aufopfern, Ihm leben und sterben. Ihn preise unser Herz und Mund, so lange wir wallen, und wenn wir bei Ihm daheim sein werden, so werden wir Ihn ohne Ende lieben, loben und anbeten.(Magnus Friedrich Roos)

Engel sind dienstbare Geister, ausgesandt zum Dienst um derer willen, die ererben sollen die Seligkeit.
Hebr. 1,14.

Der Apostel hatte Hebr. 1. von der unermeßlich hohen Würde und Herrlichkeit Christi gezeuget, und deßwegen bewiesen, daß Er höher als die Engel sei. Wenn es nun vortrefflichere Geschöpfe gäbe als die Engel, so würde sein Beweis nicht vollständig sein. Er sagte unter Anderem von ihnen: Gott habe keinem von ihnen den hohen Namen eines Sohnes Gottes beigelegt, sondern sie seien vielmehr angewiesen worden, den erstgebornen Sohn Gottes anzubeten; auch habe Gott zu keinem unter ihnen gesagt: setze dich zu meiner Rechten, bis daß ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße lege, sondern sie seien allzumal dienstbare Geister u.s.w. Geister sind also die Engel, und zugleich Feuerflammen, V. 7., dienstbare Geister sind sie, weil sie einen sehr geziemenden willigen und fröhlichen Dienst ihrem Gott leisten, den sie anbeten. Jesaias sah einmal etwas davon, Jes. 6., noch mehr aber Johannes, s. Offenb. Joh. 5,11., wo die Anbetung auf Christum gerichtet ist, der auf dem göttlichen Thron ist, da sie hingegen um denselben sind, und Off. 7,11., wo sie ihren Gott preisen. Neben diesem Anbetungsdienst, den sie Gott leisten, haben sie auch einen Dienst oder eine Bedienung in Ansehung anderer Geschöpfe zu verrichten, und werden dazu vom Himmel ausgesandt. Diese Dienstleistung aber geschieht um derer willen, welche die Seligkeit ererben sollen, und welche die Heiligen und Herrlichen auf Erden sind, an denen Christus alles Wohlgefallen hat. Um diese lagern sie sich, und helfen ihnen. Diese behüten sie auf ihren Wegen. Um derselben willen widerstehen sie oft den bösen Engeln, und zernichten ihre Anschläge. Auch haben sie bei ihrem Abschied aus der Welt ihre Verrichtung, wie denn Engel des Lazarus Seele in Abrahams Schoos getragen haben. Auch am jüngsten Tag werden sie zu einer sehr wichtigen Verrichtung, welche große Weisheit und Stärke erfordert, ausgesandt, Matth. 13,41.42. Bei dieser Bedienung zeigen sie sich als starke Helden, Ps. 103,20., weßwegen es unrecht ist, wenn man sie Engelein nennt, oder als Knaben mit Flügeln malt. Sie sind sehr herrliche Geschöpfe, wiewohl sie ihre Herrlichkeit auch verdecken können; weßwegen Abraham und Lot zwei Engel für Menschen hielten, und jener sie nebst der göttlichen Person, die dabei war, zu Gaste lud. Wenn sie aber etwas davon entdecken, so sieht man Feuer und Licht, das einem Türkis, einem Blitz, einer feurigen Fackel, einem glühenden Erz, ja der Sonne ähnlich ist, Hes. 1,13. Dan. 10,6. Matth. 8,3. Offenb. Joh. 10,1. Wie prächtig muß also eine Engel-Versammlung sein, von welcher der Apostel Hebr. 12,22. redet, und die Johannes Offenb. 5. und 7. gesehen hat! Wenn man nur das große Heer der Engel gedenkt, so erkennt man, daß das Reich Gottes nicht schwach sei: wiewohl Gott selber unermeßlich stärker ist, als sie. Sie nennen sich unsere Mitknechte, nicht unsere Brüder. Wir sollen also in unserem Theil auch Knechte Gottes sein. Sie haben Vorzüge vor uns, und wir um Christi willen vor ihnen. Zwischen ihnen und den Auserwählten waltet aber die reinste Harmonie. Wohl dem, der jetzt ihren Schutz genießt, und dereinst die Seligkeit erben darf, bei welcher man ihres Umgangs immer genießen wird. (Magnus Friedrich Roos)

Heb. 2

Wie wollen wir entfliehen, so wir eine solche Seligkeit nicht achten?
Hebr. 2,3.

Der Apostel macht hier diesen Schluß: so das Wort fest worden ist, das durch die Engel geredet ist, und eine jegliche Uebertretung und Ungehorsam hat empfangen seinen rechten Lohn: wie wollen wir entfliehen, so wir eine solche Seligkeit nicht achten? Welche, nachdem sie erstlich geprediget ist durch den HErrn, ist sie auf uns kommen durch die, so es gehört haben. Und Gott hat ihr Zeugniß gegeben mit Zeichen, Wundern und mancherlei Kräften, und mit Austheilung des Heiligen Geistes nach Seinem Willen, Hebr. 2,2.3.4. Er vergleicht hier die gepredigte Seligkeit mit dem Wort, das durch die Engel geredet worden ist. Dieses Wort ist alles dasjenige, was Gott auf dem Berg Sinai geredet hat, da Er die Engel als Werkzeuge brauchte, wie auch Gal. 3,19. und Apost. Gesch. 7,53. gesagt wird. Dieses Wort enthielt nicht nur das Gesetz, von welchem Paulus sonst sagt, daß es als abgerissen von den Verheißungen (wie die Juden es behandelten) tödte und verdamme, sondern es enthielt auch die große Verheißung, daß Gott Israels Gott sein wolle, und viele andere tröstliche Zusagen Gottes. Dieses Wort nun ist fest worden, das ist, Gott hast ernstlich darob gehalten, und wer dasselbe übertreten und ihm kein Gehör gegeben hat, empfing seinen rechten Lohn, oder seine gebührende Strafe. Was ist aber nun im Neuen Testament gepredigt worden? Seligkeit ist gepredigt worden. Obschon diejenigen, die das sinaitische Wort annahmen, vermöge der Verheißungen, die darin enthalten waren, auch selig werden konnten, so ist doch die Seligkeit viel heller und völliger im Evangelium des neuen Testaments gepredigt worden. Von wem ist sie aber gepredigt worden? Erstlich von dem HErrn, dem Sohn Gottes, selbst und unmittelbar, so daß die Engel dabei nicht gewürdigt wurden, die Werkzeuge zu sein. Von wem ist sie aber nach der Himmelfahrt des HErrn gepredigt worden? Von denen, die den HErrn selbst gehört hatten, nämlich von Seinen Aposteln und Jüngern. Diese haben die Seligkeitspredigt als etwas Wahres und Gewisses auf Andere übergetragen. Ist sie aber auch wahr? Ja, denn Gott hat ihr Zeugniß gegeben mit Zeichen und Wundern und mancherlei Geisteskräften, und mit Austheilung des Heiligen Geistes, der sich in verschiedenen Gaben offenbarte nach Seinem Willen. Wie wollen wir nun entfliehen, wenn wir eine solche gepredigte Seligkeit, ein solches Evangelium nicht achten, dessen erster Prediger der Sohn Gottes selber war, und dem Gott die deutlichsten Siegel der Glaubwürdigkeit aufgedrückt hat? Wer achtet sie aber nicht? Derjenige achtet sie nicht, der des evangelischen Worts nicht wahrnimmt, Kap. 2,1., darauf nicht Acht hat, die gepredigte Seligkeit nicht begierig ergreift, ein arges unglaubiges Herz behält, Kap. 3,12., und bei dem längern Gehör des Worts sein Herz verstockt, und zu den heilsamen Rührungen unfähiger macht, V. 15. Solche Leute fahren sodann an dem Port der Seligkeit vorbei und in’s Verderben dahin, Kap. 2,1., ob sie es schon als Träumende bei Leibesleben nicht wissen. Sie wollen nichts, und erlangen auch nichts von allem dem Guten, das ihnen gepredigt worden ist. Der HErr wecke uns also auf’s Neue auf, die gepredigte Seligkeit recht hoch zu achten, und des Worts wohl wahrzunehmen, damit wir selig werden nach Seinem Wort.(Magnus Friedrich Roos)

Jetzt sehen wir noch nicht, daß Ihm Alles unterthan sei.
Hebr. 2,8.

Paulus bewies aus Ps. 8,7., daß der Vater Seinem Sohne, insofern Er ein Menschensohn ist, Alles zu Seinen Füßen unterthan oder untergeordnet habe, und nimmt das Wörtlein Alles hiebei so genau, daß er noch zur Erläuterung hinzusetzt: der Vater habe nichts gelassen, das Er dem Sohne nicht unterthan hätte. 1 Kor. 15,28. aber behauptet er, daß bei dem Wörtlein Alles nur der Vater ausgenommen sei, der dem Sohn Alles unterthan habe. Diese Unterwerfung aller Dinge unter Christum als den Menschensohn ist schon geschehen, und wird Eph. 1,20-23. Kol. 1,16.17.18. 2,10. Hebr. 1,2. Matth. 28,18. beschrieben. Der Grund derselben ist einerseits die Schöpfung aller Dinge durch Christum als das wesentliche Wort, wie es dann billig ist, daß Alles, was durch Ihn erschaffen ist, Ihm auch als Gottmenschen untergeordnet sei, andererseits aber Sein im lautersten Gehorsam erlittener Tod, als durch den Er als Mittler würdig geworden ist, das Buch mit den sieben Siegeln, welches die Herrschaft über Alles enthält, anzunehmen, Hebr. 5,9., und Alles unter Seinen Füßen zu haben, Hebr. 2,9. Jetzt sehen wir aber noch nicht, daß Ihm Alles unterthan ist, und doch glauben wir’s um des Wortes Gottes willen. Warum sehen wir’s aber noch nicht? Darum, weil wir Ihn nicht sehen, wie Er auf dem göttlichen Thron über Alles herrscht, und weil wir unter den Geschöpfen noch viel Unordnung, ja viel Widerstreben gegen Ihn wahrnehmen. Er läßt die bösen Geister und bösen Menschen noch lästern, spotten, wüthen, ihre Bosheit ausüben und Schaden anrichten. Man kann noch immer aus Ps. 83,3. zu Ihm sagen: siehe, Deine Feinde toben, und die Dich hassen, richten den Kopf auf. Und doch ist Ihm schon Alles unterthan; allein Er waltet jetzt noch mit einer zulassenden Langmuth, mit einer nur einschränkenden und nicht alsbald niederschlagenden Macht, mit einer Weisheit, die auch aus bösen Dingen etwas Gutes herauszubringen weiß, über den bösen Geistern, und überdieß auch mit einer liebreichen Geduld, die auf Buße wartet, über bösen Menschen, und da tausend Jahre bei Ihm wie ein Tag sind, so wartet Er ohne Langeweile, bis am Tag Seiner herrlichen Erscheinung der gegenwärtige Himmel, der zu Seinen Absichten nicht herrlich genug ist, und die gegenwärtige Erde, die um der Sünde willen verflucht worden ist, und die gegenwärtige Erde, die um der Sünde willen verflucht worden ist, vergehen werden, und Alles neu gemacht sein wird. Er muß aber herrschen, bis der Vater alle Seine Feinde unter Seine Füße legen wird, 1 Kor. 15,25. Dieses Leben wird etwas Neues sein. Alsdann wird sich nichts mehr wider Christum sträuben. Alsdann wird dem Sohn Alles im vollkommensten Verstand unterthan sein, und der Sohn wird auch selbst unterthan sein Dem, der Ihm Alles unterthan hat, auf daß Gott, folglich auch der Sohn als Gott, sei Alles in Allen, V. 28. Dieses Ziel nennt Paulus V. 24. das Ende, und sagt, daß der Sohn alsdann das Reich, wie er es vorher als Mittler verwaltete, da Ihm noch nicht Alles wirklich unterthan war, nachdem dieser Zweck erreicht ist, Gott und dem Vater überantworten, und alle Herrschaft, und alle Obrigkeit und Gewalt aufheben werde. Wohl dem, der jetzt Christo freiwillig unterthan ist, und nie zu Seinen Füßen gelegt, sondern Sein Miterbe in der Herrlichkeit wird.(Magnus Friedrich Roos)

Heb. 3

Ermahnet euch selbst alle Tage, so lange es heute heißet. Hebr. 3,13.

Das Heute, von dem der Apostel redet, ist keine Ewigkeit, sondern eine eingeschränkte und für einen jeden Menschen abgemessene Zeit, worin er Gottes Stimme oder Wort hören kann. Hier kommt es nun darauf an, daß er glaube, was Gott geredet hat, und durch den Glauben den Ruhm der Hoffnung der ewigen Ruhe erlange, und diesen Ruhm bis an’s Ende fest behalte, und alsdann in die ewige Ruhe Gottes eingehe. Höret er aber die Stimme Gottes vergeblich, ist er bei diesem Gehör und zugleich bei dem Anblick der Werke Gottes unglaubig, irret er mit seinem Herzen, tritt er ab von dem lebendigen Gott, wird er bitter gegen den Geist Gottes, und gegen alle Menschen, die ihm das Sündigen im Namen Gottes wehren wollen, verstocket er sein Herz durch einen hartnäckigen Vorsatz zu sündigen, es möge darauf folgen, was da wolle: so gelangt er nicht zur Ruhe Gottes, ob sie ihm schon verheißen war, das Wort der Predigt hilft ihm nichts, und der Zorn Gottes schlägt ihn endlich so darnieder, daß er in das höllische Feuer versinkt.
Um diesem Jammer zu entgehen, sollen die Christen einander selbst alle Tage, so lange es heute heißet, ermahnen; folglich die Gefahr nicht für entfernt, und den Verfall nicht für unmöglich halten. Auch wer stehet, soll zusehen, daß er nicht falle, und deßwegen eine Ermahnung von Andern gern annehmen. Christen sollen einander ermahnen, daß nicht Jemand unter ihnen verstockt werde durch Betrug der Sünde. Die Sünde schleicht bei dem Menschen zuerst unter dem Schein des Rechts, der christlichen Freiheit, oder der Nothwendigkeit ein. Das arge Herz denkt, man dürfe doch ein wenig sündigen, Andere thun’s auch, man könne sich durch die Sünde ein Vergnügen oder ein Glück verschaffen, und doch in der Gnade verharren, oder bald wieder Gnade erlangen. Wenn aber nun die Sünde den Menschen betrogen hat, so verdammt ihn sein eigenes Herz, und wenn er wieder sündigt, so verdammt es ihn wieder; endlich aber findet er eine solche Annehmlichkeit in der Sünde, daß er ungeachtet aller Gewissensschläge lieber die Gnade und Christum und Sein Himmelreich fahren läßt, als die Sünde. Er fährt also im Sündigen fort, die Verdammungen des Gewissens werden schwächer, und hören oft gar auf, er wird ein Feind der Wahrheit, die ihn beunruhiget hat. Er macht sich eine eigene Religion, nach welcher seine Sünde keine Sünde ist, und verspottet den richtigen Weg, und nimmt sich vor, nimmer anders zu werden. Alsdann ist er aber durch den Betrug der Sünde verstockt, und fährt in das Verderben dahin. Wie nöthig ist’s also, daß Christen einander alle Tage ermahnen, weil nicht nur rohe Leute, die ihre Herzen gegen die vorlaufende Gnade verstocken, in diesen Verfall gerathen können, sondern weil auch Solche wieder abfallen können, welche einmal erleuchtet waren, und geschmeckt hatten die himmlischen Gaben, und theilhaftig worden waren des Heiligen Geistes, und geschmeckt hatten das gütige Wort Gottes und die Kräfte der zukünftigen Welt, Hebr. 6,4.5.6. Von den Israeliten, welche aus Aegypten gingen, wird Mos. 14,31. gesagt: sie fürchteten den HErrn, und glaubten an Ihn und Seinen Knecht Mose. Und doch richteten sie nach diesem guten Anfang in der Wüste eine Erbitterung an, und verstockten ihre Herzen, daß der HErr schwur in seinem Zorn, sie sollten nicht zu Seiner Ruhe kommen.

Heb. 4

So lasset uns nun fürchten, daß wir die Verheißung, einzukommen in Seine Ruhe, nicht versäumen, und unser Keiner dahinten bleibe.
Hebr. 4,1.

Gleichwie Christus Matth. 25,21.23. sagt, Er werde zu einem frommen und getreuen Knecht am Tage Seiner Zukunft sprechen: gehe ein zu deines HErrn Freude: also sagt der Apostel Hebr. 4,1., diejenigen, die bis an ihr Ende Glauben halten, werden in die Ruhe Gottes eingehen. Der HErr der Knechte freuet Sich als der Allerseligste in Seiner Herrlichkeit, und läßt Seine Knechte auch in diese Freude eingehen oder an derselben Antheil nehmen. Gott ruhete am siebenten Tage von allen Seinen Werken, und ruhet noch immer und wird ewiglich ruhen, ob Er schon immer thätig ist. In diese Ruhe Gottes sollen die glaubigen und treuen Christen einkommen und sie auch genießen, folglich auch von ihren Werken ruhen, wie Gott von den Seinigen. Nicht nur von den Leiden wird man also ruhen, sondern auch von den Werken, folglich keine Welten erschaffen, und überhaupt keine Werke mehr thun, wie sich die Leute einbilden, die in der Geschäftigkeit ihre Glückseligkeit suchen. Ruhen wird man, und das Gute genießen, das da ist, und keines Zuwachses mehr bedarf. Alles Bestreben nach etwas Neuem wird da aufhören. Diese Ruhe Gottes ist verheißen, wie der Apostel aus dem Spruch beweist: heute, so ihr Seine Stimme höret, so verstocket eure Herzen nicht; denn weil Gott vorher gesagt hatte: Ich schwur in Meinem Zorn, daß die Israeliten, die au Aegypten gegangen waren, nicht zu Meiner Ruhe kommen sollen, so schließt der Apostel aus dieser Ermahnung: heute, so ihr Meine Stimme höret u.s.w., daß dem Volk Gottes noch eine Ruhe verheißen sei, um deren willen es die Stimme Gottes hören und die Herzen nicht verstocken soll. Hierauf zielt auch die Ermahnung: lasset uns fürchten, daß wir die Verheißung, in die Ruhe Gottes einzukommen, nicht versäumen. Fürchten sollen wir uns, weil ein Mensch ein arges, unglaubiges Herz haben kann, das von dem lebendigen Gott abtritt, Kap. 3,12. Fürchten sollen wir uns, weil wir nach einem guten Anfang von Gott in den Versuchungen abfallen, und als Abtrünnig niedergeschlagen werden könnten, wie die Israeliten in der Wüste. Fürchten sollen wir uns, weil wir durch Betrug der Sünde, die sich oft unter einer guten Gestalt zeigt, verstockt werden, oder in ein hartnäckiges Widerstreben gegen die Zucht des Geistes hineingerathen könnten: und wenn dieses geschähe, würden wir bei der Erfüllung der Verheißung durchfallen oder zurückstehen müssen. So lange zwar der Mensch lebt, und das Gericht über ihn noch nicht gehalten wird, hofft er gemeiniglich von sich das Beste; auch können andere Menschen, die ihn nicht genau kennen, von ihm noch viel Gutes hoffen; wenn man aber sein arges und unglaubiges Herz, sein Abtreten von dem lebendigen Gott, seinen Rückfall aus einem bessern Zustand, und sein hartnäckiges Widerstreben gegen den Geist Gottes wahrnimmt, so scheint es, er habe die Verheißung fahren lassen, oder sei dahinten geblieben. Und von Vielen wird’s leider am Tag des Gerichts offenbar werden, daß es geschehen sei. So lasset uns denn die Ermahnung des Apostels zu Herzen nehmen, weil der Gewinn oder Verlust so groß ist. Wer nicht in die Ruhe Gottes hineinkommt, wird Gottes Rache und Strafe im Pfuhl, der mit Feuer und Schwefel brennt, empfinden.

Es ist noch eine Ruhe vorhanden für das Volk Gottes.
Hebr. 4,9.

Als Gott im Anfang die Welt erschaffen hatte, so ruhete Er am siebenten Tag, und wollte die Menschen diese Seine Ruhe ewiglich genießen lassen, allein der Sündenfall trieb sie aus derselben heraus. Als Er hernach das Volk Israel aus Aegypten führte, so versprach Er ihm eine Ruhe im Land Canaan, welche ein Vorbild und Vorschmack der ewigen Ruhe im himmlischen Vaterland hätte sein sollen; allein die Männer, die aus Aegypten gegangen waren, wurden in der Wüste niedergeschlagen, weil Gott wegen ihres halsstarrigen Unglaubens in Seinem Zorn geschworen hatte, daß sie nicht zu Seiner Ruhe im Land Canaan kommen sollen. Hernach sagte aber Gott durch David Ps. 95,7.8.: heute, so ihr Seine Stimme höret, so verstocket euer Herz nicht, wie zu Meriba geschahe, wie zu Massa in der Wüste. Hieraus macht dann der Apostel Hebr. 4. den Schluß, daß noch eine Ruhe für das Volk Gottes vorhanden se, weil die Menschen noch nach der Einführung Israels in’s Land Canaan vor der Verstockung ihrer Herzen gewarnt werden, und zwar durch Anführung des Beispiels der Israeliten, die zu Massa und Meriba Gott versucht hatten. Haben nun diese sich dadurch einer Ruhe verlustig gemacht, so sollen wir dagegen unsere Herzen nicht verstocken, nicht im Grimm wider Gott und sein Wort fest machen, weil wir sonst auch eine verheißene Ruhe verscherzen würden. Wo ist nun diese Ruhe zu finden? Im himmlischen Vaterland. Da kommt eine glaubige Seele zur Ruhe Gottes, und der Leib, wenn er auferweckt wird, auch. Der Weg zu diesem Vaterland geht durch die Wüste dieser Welt, wo dem Pilgrim viele Versuchungen begegnen. Hier muß er die Wege Gottes verstehen lernen, hier muß er Treue und Glauben halten. Aufwallungen des ungeduldigen Unglaubens gibt es mehrmalen. Nur soll er sich darin nicht festsetzen und verhärten, sondern, wenn er müde ist, um eine neue Kraft zum Ueberwinden und Fortschreiten bitten. Endlich wird die beschwerliche und gefährliche Reise zu Ende gehen. Endlich wird er in die Ruhe Gottes eingehen, und alsdann nicht nur von seinem Leiden, sondern auch von seinen Werken ruhen, wie Gott von den Seinen, Hebr. 4,10. Was wird er aber thun, wenn er keine Werke mehr verrichten wird? Er wird Gott sehen von Angesicht zu Angesicht, und in diesem Sehen ruhen. Er wird von den Ausflüssen Seiner Liebe satt sein, und nichts Weiteres begehren. So lasset uns nun fürchten, daß wir die Verheißung, einzukommen in Seine Ruhe, nicht versäumen, und unser Keiner dahinten bleibe. Hebr. 4,1. Am Glauben liegt’s. Wer einmal den himmlischen Beruf Gottes angenommen hat, und nach demselben aus dem Aegypten der argen Welt ausgegangen ist, soll nicht unglaubig murren, wenn er auf seinem Weg Mangel, Ungemach und Feinde antrifft, und wegen dieser Schwierigkeiten nicht in jenes Aegypten umkehren wollen. Auch dieses würde ihm nicht gelingen. Er würde niedergeschlagen werden, und weder die Ruhe Gottes, noch einen vergnüglichen Genuß der Welt erlangen. Lasset uns also Paulo nachahmen, der am Ende seines Lebens sagen konnte: ich habe den guten Kampf gekämpfet, ich habe den Lauf vollendet, ich habe den Glauben gehalten.(Magnus Friedrich Roos)

Lasset uns hinzutreten mit Freudigkeit zu dem Gnadenstuhl, auf daß wir Barmherzigkeit empfahen und Gnade finden auf die Zeit, wenn uns Hülfe noth ist.
Hebr. 4,16.

Diese Aufmunterung wird aus dem Hohenpriesterthum Jesu Christi hergeleitet. Der Apostel sagt nämlich V. 5.: wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht könnte Mitleiden haben mit unserer Schwachheit, sondern der versucht ist allenthalben, gleichwie wir, doch ohne Sünde; darum lasset uns hinzutreten mit Freimüthigkeit zu dem Thron der Gnade. Der Hohepriester hat nämlich ein Opfer für uns geopfert, das ewiglich gilt; auch lebet Er immerdar und bittet für uns. Seine Fürbitte aber ist auf unsere Schwachheit und auf unsere Versuchungen eingerichtet. Er kennt unsere Schwachheit nicht nur als Gott, sondern auch als Mensch aus der Erfahrung, denn er ist allenthalben gleichwie wir vom Satan und von der Welt versucht worden; auch haben Ihn nach dem Willen Seines himmlischen Vaters alle beschwerlichen Umstände des menschlichen Lebens betroffen. Er ist freilich nie von Seiner eigenen Lust gereizt und gelockt worden, weil Er eine heilige menschliche natur hatte, auch ist Er bei den Versuchungen, die von außen her auf Ihn drangen, unschuldig und unbefleckt geblieben; doch weiß Er, wie empfindsam und wie schwach die menschliche Natur sei, und wie weh Alles thue, das auf sie dringt. Daraus ist denn im Stand Seiner Erniedrigung ein empfindliches Mitleiden gegen uns entstanden, welches ihm zuweilen Thränen ausgepreßt hat; aber auch im Stand der Herrlichkeit ist ein liebreiches Mitleiden, doch ohne Leiden, in Ihm. Er erinnert Sich Seiner ehemaligen Versuchungen; Er weiß, was für ein Gemächt wir sind, Er denkt daran, daß wir Staub sind. Seine Fürbitte ist also eine barmherzige und mitleidige Fürbitte, und bezieht sich auf unsere Schwachheit. Um Seinetwillen ist der Thron der Majestät im Himmel, auf dem Er selber sitzt (Hebr. 8,1.)=, ein Thron der Gnade, weil immer die Begnadigung Vieler auf demselben geschieht, und von demselben reiche und tägliche Gnadenerweisungen ausgehen. Wir schwachen Leute dürfen uns nun unsere dem HErrn Jesu wohl bekannte Schwachheit nicht zurückschrecken lassen, sondern gläubig betend hinzutreten zu dem Gnadenthron und zwar nicht einmal mit einer blöden Schüchternheit, sondern mit der Freimüthigkeit, die Hebr. 10,22. beschrieben wird, und sich nicht auf unsere eigene Unschuld, Gerechtigkeit und Stärke, sondern auf das Opfer und die Fürbitte des mitleidigen Hohenpriesters Jesu gründet, und wenn wir so hinzutreten, so werden wir anstatt der Strenge Barmherzigkeit finden, und anstatt des Fluchs Gnade finden, auf die Zeit, da uns Hülfe noth sein wird. Diese Zeit ist nun freilich immerdar. Die ganze Frist vor meinem Tod erfordert eine aneinander hängende göttliche Hülfe. Zuweilen entstehen aber Nöthen und Gefahren, da auch eine besondere Hülfe nöthig ist. Bei dem Sterben fällt diese Nothwendigkeit einem Jeden in die Augen. So will ich denn das freimüthige Hinzutreten zu dem Gnadenthron auch heute und täglich üben; der HErr Jesus aber wird mir’s an rechtgelegener Hülfe nie mangeln lassen. Ihm sei Lob und Dank gesagt!(Magnus Friedrich Roos)

Heb. 5

Christus hat in den Tagen Seines Fleisches Gebet und Flehen mit starkem Geschrei und Thränen geopfert.
Hebr. 5,7.

Die Tage, welche Jesus im Stand der Erniedrigung auf Erden zugebracht hat, werden Luk. 17,22. Tage des Menschensohnes genannt, weil Er damals als ein Menschensohn sichtbar unter den Menschen wohnte und wandelte. Sie werden aber auch Hebr. 5,7. Tage Seines Fleisches genannt, weil Er in denselben Fleisch, das ist eine sichtbare, fühlbare und schwache menschliche Natur hatte. Nun in diesen Tagen Seines Fleisches, und zwar an einem derselben, der Seiner menschlichen Natur vor andern traurig und schwer war, hat Er Gebet und Flehen mit starkem Geschrei und Thränen geopfert. Es geschah dieses im Garten Gethsemane, wo Er dreimal gebetet, und Sich dabei auf die Kniee niedergelassen hat, und auf die Erde niedergefallen ist. Von einem Geschrei und von Thränen melden die Evangelisten nichts: hingegen erzählt Lukas, Jesus habe nachdem Er von einem Engel gestärkt worden war, gerungen, und heftiger gebetet, und Sein Schweiß sei worden wie die Blutstopfen, die auf die Erde fielen. Es ist kein Zweifel, daß eine Erzählung die andere ergänze. Das heftige Beten geschah mit einer sehr lauten Stimme, oder einem starken Geschrei. Es kamen auch Thränen dazu, wie es denn ohnehin glaublich ist, daß die Augen Jesu nicht werden trocken geblieben sein, da Sein ganzer Leib so viele Feuchtigkeit durch die Schweißlöcher von sich gab, daß der Schweiß zuletzt zu Blutstropfen wurde, die so häufig ausbrachen, daß sie auf die Erde fielen. Alles dieses hat Er Seinem himmlischen Vater geopfert und dargebracht. Mit Ihm hatte Er’s damals allein zu thun, mit Ihm redete Er, und derselbe sah Sein Gebet und Flehen und Seine Thränen mit Wohlgefallen an. Bei einer so ungemeinen und erstaunlichen Begebenheit fragt man billig auch nach der Ursache. Christus betete zu Demjenigen, der Ihn von dem Tod retten konnte, und wurde auch durch die Erhörung befreit von dem Grauen, wie Hebr. 5,7. gesagt wird. Aus diesem Allem ist zu schließen, daß der HErr Jesus, der Sich vorher Seinen bevorstehenden Tod oft vorgestellt, und mehrmals heiter davon geredet hatte, damals, da Er in den Garten Gethsemane gekommen war, ein sehr heftiges Grauen dagegen in Seiner menschlichen Seele empfunden habe. Er durfte dabei keinen Trost des Heiligen Geistes fühlen, Er durfte von der Verherrlichung, die auf Seinen Tod folgen sollte, keinen Vorschmack empfinden. Doch widerstrebte Er bei diesem Begehren keinen Augenblick dem Willen Seines Vaters, sondern sagte immer bei dem Anfang Seiner Bitten: Mein Vater ist’s möglich? ist’s nicht möglich? willst Du? und am Ende derselben: nicht wie Ich will, sondern wie Du willst, nicht Mein Wille, sondern Dein Wille geschehe. Sein menschlicher Wille verhielt sich also gegen den Willen Seines himmlischen Vaters nicht wie ein Widerpart gegen den andern, sondern so, wie sich etwas Schwaches gegen das Starke verhält. Sein Geist war willig, aber Sein Fleisch, Seine mit Grauen erfüllte Menschheit war schwach, und konnte sich nicht ohne ein heftiges Ringen zu dem Willen der Gottheit erheben. Endlich geschahe es aber. Der HErr Jesus wurde durch die Erhörung Seiner Gebete von dem Grauen befreit, und konnte bald hernach ruhig zu Petro sagen: soll Ich den Kelch nicht trinken, den Mir Mein Vater gegeben hat: wie würde aber die Schrift erfüllet? Es muß also gehen. Er empfand hernach alle Leiden auf das Lebhafteste, aber das Grauen empfand Er nicht mehr.(Magnus Friedrich Roos)

Heb. 6

Durch zwei Stücke, die nicht wanken (denn es ist unmöglich, daß Gott lüge), haben wir einen starken Trost, die wir Zuflucht haben, und halten an der angebotenen Hoffnung. Hebr. 6,18.

Paulus sagt Hebr. 6,13.14.: Gott habe dem Abraham eine Verheißung gegeben, und da Er bei keinem Größeren zu schwören gehabt, bei Sich selbst geschworen, und gesprochen: wahrlich, Ich will dich segnen und vermehren. Die Verheißung, auf welche der Apostel hier deutet, steht ausführlich 1 Mos. 22,16. u.ff., und lautet so: Ich habe bei Mir selbst geschworen, spricht de HErr, daß Ich deinen Samen segnen und mehren will, wie die Sterne am Himmel, und wie den Sand am Ufer des Meeres, und dein Same soll besitzen die Thore seiner Feinde, und durch deinen Samen sollen alle Völker auf Erden gesegnet werden. Paulus hat keine Verheißungen aus den Büchern des Alten Testaments so oft angeführt, und so ausführlich erklärt, als diejenigen, die dem Abraham gegeben worden sind. Er erinnert hiebei, Abraham habe die Verheißung von dem göttlichen Segen durch den Glauben bekommen, folglich werden Alle, die des Glaubens seien, mit dem glaubigen Abraham gesegnet, Gal. 3,9. Er behauptet ferner, der Samen Abrahams, von dem in diesen Verheißungen die Rede sei, bestehe aus allen Israeliten und Heiden, die in den Fußstapfen des Glaubens Abrahams wandeln; da also dem Abraham ein sehr zahlreicher und siegreicher Samen versprochen worden sei, so sei dadurch angezeigt worden, daß die Zahl der Glaubigen sehr groß werden, und sie über ihre Feinde triumphiren, ja zuletzt das Erdreich besitzen werden, Röm. 4,12. u.ff. Endlich lehret er, daß der Segen in diesen Verheißungen dem Fluch des Gesetzes entgegengesetzt sei, und daß uns Christus von diesem Fluch erlöst habe, da Er ein Fluch für uns worden sei, auf daß der Segen Abrahams unter die Heiden käme in Christo Jesu, und wir also den verheißenen Geist empfingen durch den Glauben, Gal. 3,13.14. Gleichwie also der Fluch des Gesetzes die Verdammniß in sich faßt, also schließt der Segen Abrahams die Seligkeit, und Alles, was dazu verhilft, folglich die Rechtfertigung und die Mittheilung des Heiligen Geistes in sich, wie denn Paulus Gal. 3. dieses Alles daraus herleitet. Endlich erinnert Paulus, daß die ausführliche Verheißung, die er aus 1 Mos. 22. angezogen hatte, sehr gewiß sei, und einen göttlichen Rathschluß in sich fasse, der nicht wanke, weil es erstlich unmöglich sie, daß Gott lüge, und weil Er zu Seinen an sich wahren Worten einen Eid hinzu gethan habe. Es seien also zwei Stücke da, die nicht wanken, nämlich erstlich der Ausspruch des wahrhaftigen Gottes selber, und der hinzugethane Eid. Wenn wir also zu unserm Gott und Heiland Zuflucht nehmen wollen, um die angebotene Hoffnung des ewigen Lebens zu ergreifen und uns zuzueignen, so haben wir einen starken Trost, der gegen alle Zweifel und Einwürfe bestehe, weil dieser Trost auf Gottes wahren Ausspruch und feierlichen Eid gegründet sei. Wir sollen also nicht träge, sondern Nachfolger derer werden, welche durch Geduld und Glauben die Verheißungen (nämlich die Erfüllung derselben) ererbet haben, V. 12. So segne uns denn, barmherziger Gott, und zwar vornehmlich mit geistlichem Segen in himmlischen Gütern, und laß uns um Deines Sohnes willen dem Fluch des Gesetzes ewiglich entrückt sein. (Magnus Friedrich Roos)

Wir haben die angebotene Hoffnung als einen sichern und festen Anker unserer Seelen, der auch hineingehet in das Inwendige des Vorhangs, dahin der Vorläufer für uns eingegangen, Jesus.
Hebr. 6,19.

Die Israeliten durften zur Zeit des Alten Testaments nur in den Vorhof des Tempels gehen, und darin anbeten: den Priestern aber war erlaubt, in das Heilige hineinzugehen, und da ihren Dienst zu verrichten: der Hohepriester aber durfte am großen Versühnungstag mit Blut in das Allerheiligste hineingehen, und da vor Gott, dessen vorbildlicher Thron der Gnadenstuhl oder der Deckel auf der Bundeslade war, erscheinen. Vor dem Allerheiligsten hing ein seidener Vorhang, den der Hohepriester zwar wegschob, wenn er hineinging, der aber hernach immer wieder den Eingang bedeckte. Hiemit deutete der Heilige Geist an, daß der Weg in das himmlische Heiligthum noch nicht entdeckt gewesen sei, so lange die erste Hütte oder der Tempel stand, Hebr. 9,8. Nun ist Christus als der ewige Hohepriester, nachdem Er Sich selber am Kreuz geopfert hatte, durch Sein eigenes Blut in das himmlische Heiligthum eingegangen, um zu erscheinen vor dem Angesicht Gottes für uns, und hat eine ewige Erlösung erfunden, Hebr. 9,12.24. Er hat aber den Eingang in dieses himmlische Heiligthum nicht wieder hinter sich zugeschlossen, sondern für uns offen gelassen, welches dadurch angedeutet wurde, daß im Augenblick Seines Todes der Vorhang im Tempel zu Jerusalem von oben an bis unten zerrissen wurde. Auch uns ist die Freudigkeit zum Eingang in das himmlische Heiligthum durch das Blut Jesu verschafft worden. Unsere Bestimmung ist diese, daß wir nach dem Tode vor dem Thron Gottes stehen, und unter dem Hohenpriester Jesu Ihm Tag und Nacht in Seinem Tempel dienen sollen, Offenb. 7,15. Eben dieses deutet uns der Apostel damit an, daß er sagt: wir haben eine Hoffnung, die uns in den gewissen Verheißungen Gottes angeboten und vorgelegt ist, und diese Hoffnung ist ein sicherer und fester Anker, welcher unsere Seele als ein Schiff hält und ruhig macht; dieser Anker geht aber hinein in das Inwendige des Vorhangs, oder in dasjenige, was hinter dem Vorhang ist: folglich in das himmlische Heiligthum. Gleichwie nämlich ein evangelischer Christ durch den Glauben daraus einen überschwenglichen Trost schöpft, daß Christus durch Sein eigenes Blut in dieses Heiligthum eingegangen ist, und eine ewige Erlösung gefunden hat: also ist er nach der Hoffnung gewiß, daß auch ihm durch das Blut Christi die Freudigkeit zum Eingang in dasselbe gegeben sei, und daß auch er nach dem Tod in den himmlischen Tempel werde aufgenommen werden, und da bei Christo dem Hohenpriester und HErrn desselben sein werde. Dieser ist als Vorläufer dahin eingegangen; und zwar durch Sein Fleisch, welches im Stand Seiner Erniedrigung ein Vorhang zwischen Ihm und dem Allerheiligsten war. Dieser Vorhang wurde weggethan, da Sein Fleisch verklärt wurde, und aufhörte ein solcher Vorhang zu sein; weil Er aber bei diesem Eingang ein Vorläufer war, so ist klar, daß auch wir Ihm dahin nachfolgen dürfen. Ein Christ hat also ein herrliches Ziel seiner Hoffnung in Ansehung der unsichtbaren Welt, in die er durch den Tod des Leibes übergeht. Aber auch hier hat er schon den Zugang zu Gott im Geist des Glaubens. Er soll nicht mit einer furchtsamen Schüchternheit immer in der Ferne stehen, sondern im Glauben an Christum Gott nahe werden, und von dem Guten das der himmlische Tempel enthält, einen Vorschmack bekommen.(Magnus Friedrich Roos)

Heb. 7

Christus hat ein unvergänglich Priesterthum; daher Er auch selig machen kann immerdar, die durch Ihn zu Gott kommen, und lebet immerdar, und bittet für sie.
Hebr. 7,25.

Weder Aaron, noch ein anderer Priester des Alten Testaments konnte immerdar Priester sein, weil der Tod sie nicht bleiben ließ. Auch ist das Priesterthum Aarons selber verändert worden, als der Sohn Gottes in die Welt gekommen war (Hebr. 7,12.23.). Dieser aber hat ein unvergängliches Priesterthum, und kann dasselbe in Ewigkeit selber verwalten, weil Er ewiglich bleibt, und immer lebt. Doch hat Er Sich selbst nur einmal geopfert, und wiederholt dieses einige Opfer, welches eine ewige Gültigkeit und Kraft hat, nicht mehr: Er ist aber jetzt Jedermann der Weg zu Gott, durch Ihn kann ein Jeder zu Gott kommen. Sein vergossenes Blut, Sein Leiden und Tod, Sein einiges Opfer verschafft einem Jeden, der’s glauben will, den Zugang zu Gott: und Er selbst kann nun, weil Er immerdar lebt, auch immerdar selig machen, die durch Ihn zu Gott kommen. Er hat nicht nur die Seligkeit als Priester erworben, sondern gibt sie auch als der wahrhaftige Gott und der HErr über Alles denjenigen, die durch Ihn und auf keinem andern Weg zu Gott hinkommen. Ueberdieß bittet Er auf eine sehr kräftige und geziemende Weise für sie. Wie der eingeborne Sohn Gottes als Priester für diejenigen bete, die durch Ihn als Glaubende und Betende zu Gott hintreten, ist uns jetzt unbegreiflich. Er thut’s aber wirklich. Er thut’s so, wie es dem eingebornen Sohn Gottes geziemt, der einerseits alle Auserwählten gleichsam auf Seinem Herzen trägt, wie Aaron die zwölf Edelsteine, in welche die Namen der zwölf Stämme Israels eingegraben waren, andererseits aber alle göttlichen Rechte vor Augen hat, und Seinen Vater auf die vollkommenste Weise ehrt. Da Er nun schon im Stand der Erniedrigung zu Seinem Vater gesagt hat: Ich weiß, daß Du mich allezeit hörest (Joh. 11,42.), so ist gewiß, daß Seine Fürbitte auch in Seinem Stand der Herrlichkeit immer gehört werde, und über diejenigen, für die Er bittet, einen Segen bringe. Wollen wir einigermaßen erkennen, wie Er Seine Fürbitte vor den Vater bringe, und was Er für die Glaubigen begehre, so dürfen wir nur das siebenzehnte Kapitel Johannis aufmerksam betrachten, da wir dann wahrnehmen werden, daß Er mit einer Freimüthigkeit, die nur dem eingebornen Sohn Gottes geziemt, für dieselben Bewahrung, Heiligung, Einigkeit und Herrlichkeit begehrt habe. Uns gebühret, nur durch Christum zu Gott zu nahen, und wegen Seines ewigen Lebens, wegen Seines unvergänglichen Priesterthums, und wegen Seiner kräftigen Fürbitte bei allen Bedrängnissen getrost zu sein. Doch sollen wir wissen, daß Er heilig sei, und Seine Fürbitte und ganzes Priesterthum auf die Zerstörung und nicht auf die Beibehaltung der Sünde ziele. Er will uns selig machen: die völlige Seligkeit aber schließt die völlige Reinigung von den Sünden, die uns völlig vergeben sind, in sich. Wer sich selbst für unschuldig vor Gott hält, und mit seiner eigenen Gerechtigkeit vor Ihm erscheinen will, verleugnet das Priesterthum Jesu, als welches voraussetzt, daß die Menschen unrein seien, und einer Versöhnung bedurft haben. HErr Jesu, laß uns Dein Versühnopfer und Deine Fürbitte zu gut kommen!(Magnus Friedrich Roos)

Heb. 9

Christus ist ein Mittler des Neuen Testaments, auf daß durch den Tod, so geschehen ist zur Erlösung von den Uebertretungen, die unter dem ersten Testament waren, die, so berufen sind, das verheißene ewige Erbe empfahen.
Hebr. 9,15.

Wenn in der heiligen Schrift von einem göttlichen Testament oder Bund die Rede ist, so werden Verheißungen gemeint, welche eine feierliche Bestätigung erlangt haben. Die Verheißung, daß keine Sündfluth mehr entstehen sollte, war ein Bund, weil sie durch den Regenbogen bestätigt wurde; die Verheißungen, welche Gott dem Abraham gegeben hatte, hießen nicht bälder ein Bund, als damals, da sie durch das Zeichen der Beschneidung bestätigt wurden. Die Verheißung, daß Gott Israels Gott sein wollte, wurde ein Bund, da Mose das Volk mit Opferblut besprengte, da der Sabbath mit einer größern Pünktlichkeit als vorher befohlen, und das ganze Gesetz, welches Israel als das Volk Gottes von den Heiden unterschied, demselben aufgelegt wurde. Bei allen diesen Fällen wurden die göttlichen Verheißungen nur durch Zeichen bestätigt, die an sich selbst kraftlos und nicht selber die Ursachen waren, um derenwillen Gott die Verheißung erfüllte. Diejenigen, mit denen Gott den Bund machte, waren schuldig, die Verheißung zu glauben, und das Bestätigungszeichen für ein solches zu halten, oder auch, wenn die menschliche Wirksamkeit dabei nöthig war, dasjenige mit redlicher Ehrfurcht und Liebe zu thun, was Gott befohlen hatte. Der Bund, den Gott mit Israel bei seinem Auszug aus Egypten machte, wird der alte Bund oder das Alte Testament genannt, Jer. 31,32. Hebr. 8,9.13. Dieser Bund enthielt die allergrößte Verheißung, daß Gott Israels Gott sein wolle, war aber mit vielen beschwerlichen Bestätigungszeichen verknüpft und faßte die wirkliche Erscheinung des Messias und der Mittheilung des Geistes der Kindschaft nicht in sich, sondern zeigte beides nur in der Ferne. Die Israeliten blieben nicht in diesem Bund, weil sie die Verheißungen nicht glaubten, und die Gebote Gottes freventlich übertraten. Von Christo und durch Christum wurde ein Neuer Bund gemacht, Jer. 31,31., das ist, alle göttlichen Verheißungen (welche nun von gegenwärtigen Gütern handelten) bekamen eine neue Bestätigung, und zwar durch Seinen Tod, und weil sie durch Seinen Tod bestätigt wurden, so bekamen sie mehr die Form eines Testamentes als eines Bundes. Auch dieses veredelte dieses Neue Testament, daß der Tod Jesu es nicht nur als ein Zeichen bestätigte, sondern daß dieser Tod die eigentliche verdienstliche Ursache war, um derenwillen Gott Seine Verheißungen erfüllte. Christus war hiebei der Mittler, weil Er es mit Gott in Seinem Leiden und Tod zu thun hatte, und den Menschen die Gnade verkündigte und durch Seinen Tod erwarb. Weil unter dem ersten Testament oder Bund die Uebertretungen den Glaubigen zwar vergeben, aber durch keine gültige Versühnung getilgt waren, so starb Er auch noch zur Erlösung von denselben. Und weil die Verheißungen durch Seinen Tod die Form eines Testamentes bekamen, so konnte man recht eigentlich auch von einem Erbe sagen, und zwar von einem ewigen Erbe. Diejenigen, welche von Anbeginn der Welt an berufen sind, und den Beruf angenommen haben, sollen vermöge des Neuen Testamentes das verheißene ewige Erbe empfahen. HErr Jesu, laß auch uns dieses Erbe empfahen!

Christus ist ein Mittler des Neuen Testaments, auf daß durch den Tod, so geschehen ist zur Erlösung von den Uebertretungen, die, so berufen sind, das verheißene ewige Erbe empfahen.
Hebr. 9,15.

Auch dieses gehört zu der Herrlichkeit des Mittleramts Jesu, daß Er ein Mittler des Neuen Testaments heißt, von welchem Hebr. 8,6. gesagt wird, daß es besser sei als das Alte, und daß es auf bessern Verheißungen stehe. Das Alte Testament ist dasjenige, das Gott mit den Vätern der Israeliten machte, da Er ihre Hand ergriff, sie auszuführen aus Aegyptenland. Damals redete Gott nicht unmittelbar mit den Menschen, sondern gab das Gesetz durch der Engel Geschäfte, wie Stephanus Ap. Gesch. 7,53. sagte, weßwegen es auch Hebr. 2,2 ein Wort genannt wird, das durch die Engel geredet worden, wiewohl es doch so lautete, daß Gott selber der Redende war. Moses war hiebei der Mittler zwischen den Engeln und zwischen Israel. Das Neue Testament aber ist al eine in Worten zugesagte Seligkeit durch den HErrn selber gepredigt worden, Hebr. 2,3., folglich hat Sich Gott bei demselben näher, ja unmittelbar mit den Menschen eingelassen, und schon bei der Verkündigung eine größere Leutseligkeit bewiesen, als bei dem Alten Testament. Bei dem Alten Testament war die Verheißung des ewigen Lebens mit vielen und schweren Satzungen verbunden: bei diesem sind neben den Geboten, welche die wesentliche Gerechtigkeit und Heiligkeit nothwendig macht, nur zwei Sakramente als leichte Satzungen, die noch dazu kräftige Gnadenmittel sind. Bei dem Alten Testament gab es viele Vorbilder, welche vor den zukünftigen Gütern hergingen, wie der Schatten vor dem Körper hergeht, wenn man die Sonne auf dem Rücken hat: bei dem Neuen ist das Wesen der Güter selber, ohne solche unkräftige Schatten. Dort waren die Glaubigen wie unmündige Kinder, die man den Hofmeistern und Haushaltern übergibt, und wurden auf diese Weise wie Knechte behandelt, und von einem knechtischen Geist regiert. durch das Neue Testament aber empfangen die Glaubigen einen kindlichen Geist, durch welchen sie Abba, Vater! rufen, und ihr Kindesrecht mit Freimüthigkeit gegen Gott brauchen dürfen, Gal. 4,1.2.6. Röm. 8,15. Unter dem Alten Testament war die Welt ein finsterer Ort, in dem die Kerze des prophetischen Wortes schien, unter dem Neuen aber bricht der Tag an, wo das Evangelium geglaubt wird, und der Morgenstern geht in den Herzen auf, 2 Petr. 1,19. Und wer will alles Neue erzählen, welches Christus durch das Neue Testament im Himmel und auf Erden angerichtet hat. Gott hat dasselbe als etwas, das besser als das Alte war, für uns zuvor versehen, auf daß jene, die als Glaubige unter dem Alten gestanden waren, nicht ohne uns vollendet würden, Hebr. 11,40. Christus ist aber nicht nur als ein Prophet der Mittler des Neuen Testaments geworden, wie Moses, sondern hat es auch durch Seinen Tod bestätigt oder in der Absicht auf uns gültig gemacht. Weil aber demselben die Uebertretungen aller Menschen entgegen standen, so hat Er davon erlöset, oder ein Lösegeld, das gütig war, dafür bezahlt. Nun kann und will Er selbst den Berufenen das Reich bescheiden, nun dürfen sie es als das verheißene Erbe wirklich empfahen.

Christus ist einmal geopfert, wegzunehmen vieler Sünden; zum andern Mal aber wird Er ohne Sünde erscheinen, denen, die auf Ihn warten zur Seligkeit.
Hebr. 9,28.

Gleichwie den Menschen gesetzt ist, einmal zu sterben, also ist Christus einmal geopfert, wegzunehmen Vieler Sünden. Das Sterben ist nämlich eine Folge der Sünde, auch wenn es nur den Leib betrifft, wie bei den Glaubigen geschieht; wenn aber der Mensch im Unglauben stirbt, so fängt er eigentlich an, bei seinem Sterben den Sold der Sünden zu empfangen, und sein Schicksal bekommt schon einen Ausschlag zum ewigen Verderben. Gelingt aber dieses einige Sterben, so gibt es einen gesicherten Ausschlag zum ewigen Leben. Wie kann es aber glingen? dadurch, daß Christus einmal geopfert ist, wegzunehmen Vieler Sünden. Die Sünden machen die Menschen bei ihrem Sterben unglücklich; wenn also die Sünden weggenommen sind, so hat es damit keine Gefahr. Es ist ein Gewinn. Es hat wenigstens in Ansehung der Seele keinen Stachel mehr. Wie sind aber die Sünden weggenommen? Sie sind dadurch weggenommen worden, daß Christus einmal am Kreuz geopfert wurde, und dem bußfertigen Sünder wird dieses Wegnehmen durch den Glauben so zugerechent, daß er’s im Sterben zu genießen hat. Aber nach dem Sterben wartet auch ein Gericht auf ihn. Wie wird’s ihm da ergehen, da Vieles in diesem Gericht zu seiner Verdammung offenbar werden könnte? Der Apostel sagt, Christus werde alsdann ohne Sünde erscheinen, nämlich ohne eine fremde Sünde, denn daß Er ohne eine eigene Sünde erscheinen werde, wäre nicht nöthig hier gemeldet zu werden, da Er immer ohne eigene Sünde war. Er war aber auf Erden das Lamm Gottes, das der Welt Sünde trug, und so lang Er sie trug, war sie noch nicht gebüßt, oder weggenommen. Da Er aber am Kreuz als ein Sündopfer starb, fiel die Last der Sünde von ihm weg, und Er fing ohne eine fremde Sünde an, im Geist zu leben. Am jüngsten Tag wird Er ohne Sünde erscheinen. Man wird’s sehen, daß Er keine Last der Sünde mehr auf Sich liegen habe. Seine Herrlichkeit wird Solches beweisen, und dieses wird den Gerechten, welche wissen, daß der HErr alle ihre Sünde auf Ihn geworfen habe, zur großen Freude gereichen. Er trägt unsere Sünde nicht mehr, werden sie sagen können: sie ist bezahlt, gebüßt, abgethan und weggenommen durch Sein einiges Opfer, auf das wir uns bei Leibesleben durch den Glauben vor Gott berufen haben; unsere Sache ist also im Gericht schon gewonnen. Wir haben auch bei Leibesleben und hernach in dem Zwischenzustand zwischen unserem Sterben und dem Gericht auf Ihn gewartet; nun erscheint Er uns zur Seligkeit, daß Er uns nämlich vollkommen selig mache, unsere Leibe verkläre, und uns Sein Reich als ein Erbe gerichtlich zuspreche und gebe. Das einige Sterben der Glaubigen wird also durch das einige Opfer Christi, welches Er bei Seinem Sterben geopfert hat, zu einem Gewinn, und das einige darauf folgende große und Alles entscheidende Gericht durch Seine Erscheinung ohne Sünde zu einer Vollendung ihrer Seligkeit.(Magnus Friedrich Roos)

Heb. 10

Lasset uns halten an dem Bekenntniß der Hoffnung, und nicht wanken, denn Er ist treu, der sie verheißen hat.
Hebr. 10,23.

Hoffnung ist einem Menschen, so lange er auf der Erde lebt, zu seiner Zufriedenheit und Glückseligkeit höchst nöthig. Salomo sagt Pred. 4,1. und ff.: er habe bei dem Anblick des Drucks, den die Menschen auf Erden leiden müssen, den Schluß gemacht, der Stand eines Todten sei besser als der Stand eines Lebendigen, weil jener sein Leiden zurückgelegt habe, dieser aber noch darunter stehe; der aber noch nicht sei, und das Böse, das unter der Sonne geschieht, nicht inne werde, sei besser daran, als jene beiden. Er setzt hier voraus, daß die Summe des Leids auf Erden größer sei, als die Summe der Freude, und betrachtet den Menschen weder als fromm, noch als gottlos, weder als selig, noch als verdammt, sondern nur als nicht geboren, oder lebend, oder todt, da er dann den Schluß macht, daß derjenige, der nicht geboren sei, der glücklichste sei, weil das Leid unter der Sonne die Freude überwiege. Eben diese Wahrheit ist auch in den Worten Pauli 1 Kor. 15,19. enthalten. Hingegen gibt Salomo Pred. 9,4. in einer andern Absicht einem Lebendigen den Vorzug vor einem Todten, und sagt durch ein Sprichwort: ein lebendiger Hund ist besser als ein todter Löwe, gibt aber diesen Grund des Vorzugs an, daß bei einem Lebendigen Hoffnung sei. Um der Hoffnung willen ist’s also besser, man sei, als man sei nicht, es ist besser, man lebe, als man lebe nicht. Was verschafft aber diese Hoffnung? Nichts als die Erkenntniß Gottes, der alle Dinge regiert, und das Vertrauen auf Seine Güte. Soll aber die Hoffnung geradezu auf’s ewige Leben gerichtet sein, und ihren guten Grund haben, so ist der christliche Glaube dazu nötig. Die Heiden waren und sind ohne Hoffnung in der Welt, und bei gottlosen Christen, welche ihrer Religion nicht von Herzen ergeben und treu sind, sieht es auch so aus; wahre Christen aber zeichnen sich vor ihnen durch die Hoffnung aus, welche in ihnen ist, und haben diese Hoffnung der Religion zu danken, zu welcher sie sich von Herzen bekennen. Deßwegen hat Petrus, da er die Christen ermahnen wollte, den Inhalt der christlichen Religion einem Jeden, der ernstlich darnach frage, vorzulegen, sich 1 Petr. 3,15. so ausgedrückt: seid bereit zur Verantwortung Jedermann, der Grund fordert der Hoffnung, die in euch ist. Er hat hier vorausgesetzt, daß glaubige Christen eine Religion haben, welche Hoffnung mache, und daß sie diese Hoffnung in sich selbst haben, und den Grund derselben angeben können. Auch hat Paulus Hebr. 10,23. geschrieben: lasset uns halten an dem Bekenntniß der Hoffnung, und nicht wanken, denn Er ist treu, der sie verheißen hat. Beide Apostel haben uns also ermahnt, diese Hoffnung, welche aus dem Glauben fließt, ohne Scheu und standhaft mit Worten und mit der Heiterkeit unsers Gemüths bei dem Leiden, ja auch bei der Annäherung des Todes zu bekennen. Paulus hat dabei die Versicherung gegeben, daß ein glaubiger Bekenner bei dieser Hoffnung nicht zu Schanden werde, weil derjenige Gott treu sei, der das gehoffte ewige Leben verheißen habe. Lasset uns also glauben, hoffen, bekennen, und treu sein, weil Gott treu ist.(Magnus Friedrich Roos)

Der Geist Gottes ist der Geist der Gnade.
Hebr. 10,29.

Es ist lieblich, daß der Heilige Geist Zach. 12,10. der Geist der Gnade und des Gebets, und Hebr. 10,29. der Geist der Gnade genannt wird. In beiden Stellen ist von dem Heiligen Geist die Rede, wie Er Sich im Neuen Testament offenbart. Es gibt Leute, welche mit einem finstern Grimm Andere richten, drücken, verdammen, und wenn es ihnen möglich ist, vertilgen, dabei aber selbst die Gnade Gottes nicht genießen. Wenn nun solche Leute vorgeben, sie seien im Heiligen Geist versammelt, oder sie werden von dem Heiligen Geist getrieben, so betrügen sie Andere, und vielleicht auch sich selber. Der Geist Gottes ist ein Geist der Gnade, weil Er nicht nur aus Gnade geschenkt wird, sondern auch die Gnade Jesu Christi den Menschen offenbaret, zueignet und zu genießen gibt, ja durch Seine Inwohnung und Wirkung das Pfand oder der Beweis derselben ist. Wer nun diesen Geist der Gnade empfangen hat, kann andere Menschen, wenn er sie auch für irrende und gottlose Menschen halten muß, nicht mehr grimmig richten und verdammen oder thätlich beleidigen; ja es steht ihm auch die Strenge nicht mehr an, welche den Heiligen des Alten Testaments wohl anstand, wie Christus Seinen Jüngern, die sich bei ihrem Eifer auf den Propheten Elias beriefen, Luk. 9,51-56. angedeutet hat. wenn der Geist der Gnade in dem Herzen eines Menschen wohnt, so fließt auch desselben Menschen Mund in Worten der Gnade, oder holdseligen Worten über, Luk. 4,22. Eph. 4,29. Licht ist in seinem Angesicht, Hiob 29,24., und Gnade auf seinen Lippen, Ps. 45,3. Er wandelt im Licht und in der Lieb, wie vornehmlich der Apostel Johannes gelehrt hat. Wo bleibt aber alsdann die Schärfe, die gegen das Böse ausgeübt werden muß? Auch diese mangelt nicht, wo der Geist der Gnade das Regiment führt, denn Er ist ein heiliger Geist, und die Gnade ist nicht die Rechtfertigung oder Entschuldigung des Bösen, sondern die Befreiung von dem Bösen, welche nicht ohne die Anwendung einer heilsamen Schärfe geschehen kann. Der Geist der Gnade lehrt also die Sünde hassen, und den Sünder lieben. Er treibt diejenigen, die Er regiert, zur Bestrafung der Irrthümer und Laster, erhält sie aber bei der lautern Absicht, das Heil der Irrenden und Lasterhaften zu suchen, und treibt sie an, ihnen zu vergeben und für sie zu bitten. Die Schläge eines solchen Liebhabers meinen es recht gut, da hingegen das Küssen des Hassers ein Gewäsche ist, Sprüchw. 27,6. Der Geist der Gnade bringt den Frieden Gottes in das Herz; denn wo Gnade ist, da ist auch Friede. Wenn also die Gottlosen wie ein ungestümes Meer sind, das nicht stille sein kann, und wenn Christen, die noch unter dem Gesetz sind, die verdammende Kraft desselben fühlen, und sich mit unkräftigen Bemühungen ermüden, so hat hingegen derjenige, welcher den Geist der Gnade empfangen hat, ein gereinigtes Gewissen, ein beruhigtes Herz, eine kindliche Zuversicht zu Gott, und eine Kraft, die Versuchungen zu überwinden. Wer den Geist der Gnade nicht empfangen will, und nicht darum bittet, stehet unter der Gewalt des bösen Feindes, der ein Lügner und Mörder von Anfang ist, und Lügner und Mörder aus den Menschen macht. Wer aber sogar den Geist der Gnaden, der in wahren Christen ist, schmähet, wird die Rache Gottes erfahren.

Wir aber sind nicht von denen, die da weichen und verdammt werden, sondern von denen, die da glauben, und die Seele retten.
Hebr. 10,39.

Stehet, ruft Paulus den Glaubigen Eph. 6,14. zu, umgürtet eure Lenden mit Wahrheit, und 1 Kor. 16,13.: wachet, stehet im Glauben, seid männlich und seid stark. Diesem Stehen ist aber das Weichen entgegengesetzt, wodurch man seinen Glaubensstand verläßt, der Wahrheit sich entzieht, der Zucht des Geistes entweicht, und das sanfte Joch und die leichte Last Christi abwirft. Wer aber seinen Glaubensstand so verläßt, verläßt auch seinen Gnadenstand, wer aber diesen verläßt, und nicht wieder dazu umkehrt, wird als ein Abtrünniger verdammt werden. Zum Weichen können wollüstige Reizungen bewegen, aber auch anhaltende Trübsale. Man mag aber durch jene, oder durch diese, oder auch durch beide versucht werden, so soll man ein Nachfolger derjenigen werden, deren Beispiel Paulus Hebr. 11. angeführt hat, und unter denen Moses durch den Glauben nicht mehr ein Sohn der Tochter Pharao heißen wollte, sondern viel lieber erwählte mit dem Volk Gottes Ungemach zu leiden, denn die zeitliche Ergötzung der Sünde zu haben, Andere aber zerschlagen wurden, und keine Erlösung von der Marter und vom Tod annahmen, ob sie ihnen gleich um die Verläugnung ihres Glaubens von den Tyrannen angeboten wurde; auf daß sie die Auferstehung zum ewigen Leben erlangen möchten, V. 25.35. Nicht ein jeder Christ hat so viele fleischliche Ergötzungen zu verläugnen als Moses, und nicht ein jeder wird durch Marter und Tod versucht, wie die Israeliten zur Zeit der Maccabäer, und doch weichen Viele. Das Wort Gottes ist ihnen nimmer wichtig, der Heiland der Welt nimmer groß in ihren Augen, das himmlische Erbe nimmer kostbar. Eine falsche Klugheit nimmt ihre Seele ein, sie stellen sich der Welt gleich, sie suchen der Welt Freundschaft, wie Gottes Feindschaft ist, sie wollen ihr Glück bei und in der Welt so machen, daß sie, um zu diesem Zweck zu gelangen, im Ernst und in der Verläugnung nachlassen und nachgeben, sie werden träge zum Gebet, schämen sich der Gemeinschaft mit den verachteten Gliedern Jesu Christi, verfallen nach und nach in grobe Sünden, und fahren auf diese Weise, wenn sie sich nicht bald erholen, in die Verdammniß hin. Wenn man den Seelenzustand solcher Leute mit wenigen Worten beschreiben will, so kann man sagen, daß der Unglaube ihre Herzen einnehme: denn diejenigen, die bis an’s Ende beharren und selig werden, sind solche Christen, welche glauben und ihre Seelen retten. Wer durch den Glauben in Christo Jesu bleibt, Seine Erlösung und Gnade und die Liebe des himmlischen Vaters hochschätzt, Seine Worte allen Einreden und Einstreuungen als die ewige Wahrheit vorzieht, und nicht auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare sieht, errettet auf diese Weise seine Seele von dem ewigen Verderben, und erlangt die Krone des ewigen Lebens. Geduld ist freilich hiebei nöthig (V. 36.): der Glaube aber wirket, so er rechtschaffen ist, Geduld (Jak. 1,3.). Man hat nöthig, in der Liebe Gottes und des Nächsten zu wandeln: der Glaube aber ist durch die Liebe thätig, Gal. 5,6. Das Leiden und der ganze Glaubenslauf scheinen oft lange zu währen, aber der Geist sagt: über eine kleine Weile wird kommen, der da kommen soll, und nicht verziehen; der Gerechte aber lebet seines Glaubens.(Magnus Friedrich Roos)

Heb. 11

Der Glaube ist eine gewisse Zuversicht deß, das man hoffet, und nicht zweifelt an dem, das man nicht siehet.
Hebr. 11,1.

Billig entsteht hier die Frage: wie kann ein sterblicher Mensch eine gewisse Zuversicht bekommen wegen zukünftiger Dinge, die er hoffen soll, und wie kann er eine gewisse Ueberzeugung bekommen von dem Wesen der Dinge, die er nicht siehet? Die einzige Antwort, die man hierauf geben kann, ist diese: es muß ein Wort des lebendigen Gottes vorhanden sein, welches dem Menschen eine gewisse Nachricht von den zukünftigen und unsichtbaren Dingen gibt; denn daß man sich hierin auf seine Vernunft verlassen dürfe, kann kein vernünftiger Mensch behaupten, der die Schriften der weisesten Heiden gelesen hat, die wegen der zukünftigen und unsichtbaren Dinge in einer beständigen Ungewißheit blieben, ja, wenn sie sich für weise hielten, und etwas Gewisses ausdenken wollten, zu Narren werden. Ist nun ein Wort Gottes vorhanden, so muß es lauter sein; denn wenn es mit etwas Unrichtigem vermengt wäre, und man eine Auswahl machen müßte, so würde die Sache vor den Richterstuhl der Vernunft gezogen; da dann wieder nichts als Ungewißheit entstünde. Doch sagt uns auch die heilige Schrift, daß nicht nur das Wort, sondern auch der Glaube Gottes Gabe sei (Eph. 2,8.), daß Er nicht nur das Licht aufstecke, sondern auch Augen dazu schenke (Eph. 1,18.), daß Er nicht nur die Wahrheit in die Welt herein gegeben habe, sondern auch den Sinn oder Verstand dazu schenke (1 Joh. 5,20.), und daß die Menschen glauben nach der Wirkung Seiner mächtigen Stärke, welche Er gewirkt, oder erwiesen hat an Christo, da Er Ihn von den Todten auferweckt hat (Eph. 1,19.20.). Die Nothwendigkeit dieser göttlichen Wirkung erhellt daraus, daß die verderbte Seele des Menschen gegen die zukünftigen und unsichtbaren Dinge und sonderlich gegen Gott selber eine Feindschaft, und dagegen eine überwiegende Lust zu gegenwärtigen und sichtbaren Dingen in sich hegt, und daß jene eine so feine und erhabene Natur haben, daß eine neue Fähigkeit in der Seele erschaffen werden muß, um sie zu verstehen, und von ihnen einen bleibenden Eindruck zu bekommen. Wenn aber nun diese Fähigkeit nicht nur geschaffen, sondern auch ein wenig erstarkt ist, wenn dieser Eindruck nicht nur gemacht, sondern auch vermehrt, oder wenn der Glaube in der Seele entstanden ist, und eine gewisse Festigkeit erlangt hat: so zeigt er sich im Thun und Leiden als sehr wirksam, wie Paulus Hebr. 11. durch viele Beispiele der Heiligen, die vor Christo gelebt haben, beweist. Die ganze Seele bekommt durch ihn gleichsam eine neue Gestalt; der ganze Wandel eine neue Einrichtung. Man kann durch den Glauben hassen, verlassen, suchen, lieben, dulden, thun, was man vorher nicht hat können. Er ist die Wurzel der ganzen Frömmigkeit. Der Glaube an Jesum Christum rechtfertigt, sobald er entsteht, und der Mensch merkt gemeiniglich den Augenblick nicht, worin er entsteht, allein der Friede Gottes, den man von de an empfindet, und die Proben, die der Glaube im Thun und Leiden ablegt, beweisen, daß er vorhanden sei. Diese Proben aber richten sich nach seiner Stärke; wiewohl keine Bosheitssünde neben ihm sein kann, sobald er entstanden ist.(Magnus Friedrich Roos)

Darum schämet sich auch Gott nicht, zu heißen ihr Gott, denn Er hat ihnen eine Stadt zubereitet.
Hebr. 11,16.

Es gibt viele thörichte und stolze Menschen, welche sich der Gottesfurcht, folglich eigentlich Gottes schämen, da es doch auf’s Höchste zu bewundern ist, daß Sich Gott der Menschen nicht schämet. Als Christus Seine eigene menschliche Natur, die ganz rein war, betrachtete, so sagte Er Ps. 8,5.: was ist der Mensch, daß Du sein gedenkest, und des Menschen Sohn, daß Du dich seiner annimmst? Wie viel mehr können wir sagen: was sind Abraham, Isaak, Jakob, die Menschen, die Sünder, daß Sich Gott nicht geschämet hat, zu heißen ihr Gott, und sie gleichsam in Seinen Titel zu setzen, welcher 2 Mos. ,15. ganz steht, und so lautet: Jehovah, eurer Väter Gott, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks, der Gott Jakobs? Was sind die Apostel gewesen, denen der Heiland hat sagen lassen: Ich fahre auch zu Meinem Gott und zu eurem Gott? Und was sind wir Abkömmlinge der Heiden, die wir von Paulo Röm. 3,29. die Versicherung erhalten haben, daß Gott auch der Heiden Gott sei? Gott schämet sich nicht, auch unser Gott zu heißen, weil Er uns eine Stadt zubereitet hat, welche eine Hütte Gottes bei den Menschen sein wird. In dieser Stadt wird Er bei ihnen wohnen, und sie werden Sein Volk sein, und Er selbst wird mit ihnen sein als ihr Gott, Offenb. 21,3. In dieser Stadt, deren Schöpfer und Baumeister Gott selber ist, wird also völlig offenbar werden, was der Ausdruck ihr Gott bedeute. Hier wird der allein gute Gott Sich Seinem Volk auf die herrlichste Weise zu genießen geben. Hier wird sich Sein Volk hoch freuen, daß Gott sein Gott sei. Ehe aber dieser völlige Genuß und diese hohe und unzerstörliche Wonne angeht, sollen wir dem guten Gott, der sich auch heute nicht schämet, unser Gott zu heißen, mit einem ehrerbietigen Glauben begegnen, durch denselben Ihn unsern Gott nennen, und gern zu dem Volk gehören, dessen Gott Er ist, und unser Glück darein setzen, daß wir uns zu Ihm halten, und in Gehorsam vor Ihm wandeln. Eben dieser Glaube soll diese Folge bei uns haben, daß wir nach dem Vorbild Abrahams, Isaaks und Jakobs nicht an unserm irdischen Vaterland und an den Gütern, die es einschließt, hangen, sondern eines bessern begehren, nämlich eines himmlischen, uns nach der Weise desselben in der Heiligung bilden lassen, und durch die Hoffnung, dasselbe zu erreichen, die Beschwerden unserer Pilgrimschaft geduldig ertragen. Insonderheit sollen wir mit den unfruchtbaren Werken der Finsterniß, die in unserm irdischen Vaterland im Schwang gehen, keine Gemeinschaft haben, sondern sie vielmehr mit Worten und Werken bestrafen, von der Welt, die im Argen liegt, ausgehen, und, wenn wir ausgegangen sind, ebenso wenig zu derselben im Fortgang des Lebens umkehren, als Abraham in das abgöttische Chaldäa umgekehrt ist. Wer im Glauben ein wenig versteht, was der Ausdruck bedeute: Gott ist der Gott Seines Volkes, und wer eine Hoffnungsaussicht auf die Stadt bekommen hat, die Er Seinem Volk bereitet hat, den werden diese Gebote nicht hart zu sein dünken. (Magnus Friedrich Roos)

Darum schämet Gott sich ihrer nicht, zu heißen ihr Gott; denn Er hat ihnen eine Stadt zubereitet.
Hebr. 11,16.

Die Christen sind gewohnt, oft zu sagen: mein Gott, oder unser HErr Gott. Wer bedenkt aber, was dieser Ausdruck bedeute? Abraham, Isaak und Jakob waren fromme Männer; der Apostel aber sagt: Gott habe sich nicht geschämt, der Gott Abrahams, Isaak und Jakobs, folglich ihr Gott zu heißen. Weil sie schwache Geschöpfe und Sünder waren, hätte sich Gott dessen schämen können, Er schämte sich aber dessen nicht bei einer großen Herunterlassung Seiner Liebe und um Christi willen. Christus hat Matth. 22. daraus, daß Gott noch zur Zeit Mosis Sich selber den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs genannt hat, den Schluß gemacht, daß diese Männer nach ihrem Tod noch leben, da dann der weitere Schluß auf die Auferweckung ihrer Leiber auch nach der Sadducäer Geständniß ganz richtig war, weil doch die Menschen nicht immer wider den Plan der Schöpfung unvollständige Menschen bleiben können, sondern die Seelen, wen sie übrig bleiben, ihre Leiber wieder bekommen müssen. Hernach sagte ein Engel zu dem Apostel Johannes, da er ihm das neue Jerusalem zeigte, Offenb. Joh. 21,3.: siehe da, eine Hütte Gottes bei den Menschen, und Er wird bei ihnen wohnen, und sie werden Sein Volk sein, und Er, Gott selbst, wird bei ihnen sein als ihr Gott. Wenn also Gott von Menschen sagt, Er sei ihr Gott, und diese Menschen ihrerseits auch sagen können: Gott sei ihr Gott, so bezieht sich dieser Ausdruck auf Menschen, die leben, denen sich also Gott offenbaren kann, die Seine Liebe genießen, Seine Herrlichkeit verehren und Ihn loben. Er ist aber von einer so reichen Bedeutung, daß von den Bürgern des neuen Jerusalems nichts Größeres gesagt werden kann, als daß Gott selbst bei ihnen sein werde als ihr Gott. Im neuen Jerusalem wird man also völlig erfahren, was dieser Ausdruck bedeute, darum sagt der Apostel: Gott habe sich nicht geschämt, Abrahams, Isaaks und Jakobs Gott zu heißen, weil Er ihnen eine Stadt zubereitet habe, nämlich das neue Jerusalem, in welcher er als ihr Gott bei ihnen und bei allen denjenigen, die ihrem Stammbaum durch den Glauben eingepfropft werden, wohnen, und Sich ihnen als der allein gute Gott, als das ewige und reinste Licht, und als die wesentliche Liebe mittheilen wird. Paulus fragt Röm. 3,29.: ist Gott allein der Juden Gott? Ist Er nicht auch der Heiden Gott? und antwortet: ja freilich, auch der Heiden Gott. Er hat also auch den Heiden, welche in den Fußstapfen des Glaubens Abrahams wandeln, folglich für Abrahams Samen geachtet werden, eine Stadt zubereitet. Die Namen der zwölf Geschlechter Israels sind an die Thore des neuen Jerusalems geschrieben, um anzuzeigen, daß die Auserwählten und Versiegelten aus diesen zwölf Stämmen darin wohnen; wer aber aus den Heiden die Gnade erlangt, von welcher Paulus Eph. 2,13 – 3,6. und Röm. 11,17. zeuget, wird einem von diesen zwölf Geschlechtern einverleibt. Weil auch die Namen der zwölf Apostel des Lammes auf die Gründe dieser Stadt geschrieben sind, so kann Niemand das Bürgerrecht darin erlangen, als wer durch den Glauben auf den Grund, das ist auf das Evangelium der Apostel und Propheten erbaut ist.(Magnus Friedrich Roos)

Heb. 12

Gott stäupet einen jeglichen Sohn, den Er aufnimmt.
Hebr. 12,6.

Der Apostel führt hier Worte des Königs Salomo an, welche Sprüchw. 3,11.12. stehen. Mein Kind, mein Sohn, sagt der Geist des Herrn durch Salomo und den Apostel zu einem Jeglichen unter ihnen. Dieses Kind oder dieser Sohn wird gewarnt, die Züchtigung des HErrn nicht zu verwerfen, oder gering zu achten, wie man etwas Ungereimtes oder Unbilliges verwirft oder gering achtet. Wenn nämlich die Menschen gehört haben, daß Gott Liebe sei, und Vater heiße, und Seine Güte ewig währe, und wenn sie überdieß von ihrer eigenen Frömmigkeit eine allzugute Meinung haben: so kann es gar leicht geschehen, daß sie die Züchtigung des HErrn, die ihnen widerfährt, als etwas, das mit der Liebe und Gerechtigkeit streite, verwerfen, oder daß sie dieselbe als etwas, das unnöthig oder unbillig sei, gering achten. Vor diesem Trotz, welcher die Ehre Gottes geradzu antastet, werden wir von Salomo und dem Apostel gewarnt. Sie versichern uns, daß der HErr denjenigen liebe, den Er züchtige, und denjenigen in Seine gnädige Vorsorge aufnehme, den Er stäupe. Sie lassen’s also so gar nicht gelten, daß die Züchtigung der Liebe entgegen stehe, daß sie dieselbe vielmehr als ein Zeichen der Liebe vorstellen. Wer dieses nicht glauben kann, halte eine Zeit lang mit seinen Gedanken und Reden inne, bis ihm das Licht besser aufgeht, und ihm insonderheit der Nutzen der Züchtigungen, worauf die heil. Schrift sehr oft weiset, vor’s Gesicht kommt.
Es gibt aber auch noch eine andere Unart des menschlichen Herzens, welche sich unter den Züchtigungen des HErrn offenbart. Wenn dem Menschen seine Sünden dabei aufgedeckt werden, und er sich vieler Vergehen schuldig achten muß, so siehet er die Züchtigungen nur nach dem Gesetz, und nicht auch nach dem Evangelium an. Er denkt: was mir widerfährt, habe ich mit meinen Sünden verdient; und denkt hierin recht. Der Unglaube aber gehet weiter, und sagt: nun bricht der Zorn Gottes über mich aus, nun wird mir’s auf’s Härteste gehen, nun wird Gott nicht nachlassen, bis Er mich ganz vertilgt und verderbt hat. Diesem Unglauben wollen Salomo und die Apostel steuern, indem sie zu dem gezüchtigten Menschen sagen: sei nicht ungeduldig, verzage nicht. sie versichern dabei, der Grund der Züchtigung sei kein verdammender Zorn, sondern Liebe, und es sei dabei nicht auf’s Vertilgen und Verderben, sondern auf die Aufnahme in das Leben, auf die Heiligung, und auf einen Nutzen, den man bei dem Genuß des Friedens Gottes spüren soll, angesehen, s. Hebr. 12,9.10.11. Ja sie bezeugen, das Verhältniß, das zwischen Gott und dem gezüchtigten Menschen ist, sei nicht dasjenige, das zwischen einem Richter und einem Uebelthäter, der verdammt und den Peinigern übergeben wird, sondern dasjenige, das zwischen einem Vater und seinem Sohn ist. folglich dürfe man zwar unter den Schmerzen, welche die Züchtigung verursacht, klagen, weinen, bitten: hingegen sei der Unglaube, welcher verzagen, fliehen, und das Aeußerste befürchten will, ganz unschicklich. Gott lehre uns durch Seinen Geist Seine Züchtigungen recht beurtheilen, und mit einem demüthigen Glauben annehmen, so wird die Frucht derselben bei uns herrlich sein.(Magnus Friedrich Roos)

Welche der HErr lieb hat, die züchtiget Er.
Hebr. 12,6.

Paulus hatte die Absicht, in der ersten Hälfte des 12. Kap. seines Briefs an die Hebräer die Bewegungsgründe zur christlichen Geduld im Leiden vorzutragen, dem Christen die Mittelstraße zwischen jener unnatürlichen Unempfindlichkeit, welche die heidnische Weltweisheit zur Tugend erhob, und dem gefährlichen Leichtsinn, der vermittelst der Zerstreuungen über das Unangenehme mit unglaublicher Geschwindigkeit hinweghüpfen will, aber auch der unglaubigen Schwermuth, die in den Wegen Gottes nichts als Zorn-Gerichte erblickt, zu zeigen. Jeder dieser Abwege ist für das Christenthum gefährlich und führt von Gott ab. Alle Züchtigung, wenn sie da ist, dünket uns nicht Freude, sondern Traurigkeit zu sein, sagt der Apostel. Alle Leiden, sie mögen von außen auf den Menschen zustürmen, oder ihr Dasein bloßen Vorstellungen, oder der geheimen Stimme des Gewissens zu danken haben, erregen in der Seele traurige und unangenehme Empfindungen, und darin besteht dann nicht die Stärke des Christenthums, daß man diese Empfindungen ersticke. Man soll und darf das Wehethuende empfinden, soll aber nicht bei dem Gegenwärtigen stehen bleiben. Eine weise Hand ist es, die Alles in der Welt ordnet, und diese Hand Gottes, der lauter Liebe ist, theilt einem Jeden sein Leiden zu; aber warum nicht lauter Freuden? deßwegen, weil Gott durch Leiden das wahre Wohl der Menschen befördern will, und um ihrer Beschaffenheit willen nicht ohne Leiden befördern kann. Er züchtiget uns zu Nutz, auf daß wir Seine Heiligung erlangen (Hebr. 12,10.). Besserung, Heiligung, ohne welche Niemand den HErrn sehen wird, ist also der Zweck der väterlichen und mannigfaltigen Züchtigungen Gottes in diesem Leben, folglich ist der Grund davon Liebe. – Man darf also nicht davor zurückbeben, nicht davor fliehen, nicht darüber murren. Züchtigungen sind dem Menschen so nöthig und heilsam zu seiner Erziehung für die Ewigkeit, als dem Kinde die Ruthe seines leiblichen Vaters; aber jede Züchtigung hat nicht nur ihren Grund in der Liebe des Vaters, sondern auch in einer eigenen Unart des Kindes; und diese Unarten, diese Fehler an sich unter den Züchtigungen Gottes mit unparteiischer Sorgfalt aufsuchen, sie sich durch den Geist Gottes aufdecken lassen, das ist auf Seiten des Menschen so nothwendig, wenn der wohlthätige Zweck Gottes erreicht werden soll, als jenes Mittel selbst; sonst würde die traurige Wahrheit an dem Menschen erfüllt: Du schlägest sie, aber sie fühlen’s nicht, Du plagest sie, aber sie bessern sich nicht. Sie haben ein härter Angesicht als ein Fels, und wollen sich nicht bekehren. Jer. 5,3. Es ist ein liebreicher Rathschluß Gottes, daß ein verlorner Sohn endlich auf irgend eine Weise darben soll; der heilsame Zweck Gottes wird aber nicht erreicht, es sei denn, daß derselbe in sich schlage, und sich aufmache und zu seinem Vater gehe u.s.w., Luk. 15,11. ff. Anfechtungen sind auch den Wiedergebornen nöthig, werden aber nur alsdann heilsam, wenn ihr Glaube dadurch wie das Gold geläutert wird. 1 Petr. 1,6.7. So will ich denn auch heute mich der Liebe meines Vaters anbefehlen und ruhig überlassen, von Seiner Hand gerne annehmen, was sie mir zu thun und zu leiden anweisen wird, vor allen Dingen aber mir den großen Gedanken tief einprägen, daß ich mit jedem Tag in der Heiligung zunehmen, und zu der seligen Ewigkeit tüchtiger werden soll.(Magnus Friedrich Roos)

Ihr seid nicht kommen zu dem Berg, der mit Feuer brannte, sondern ihr seid kommen zu dem Berg Zion, und zu der Stadt des lebendigen Gottes.
Hebr. 12,18.22.

Vor dem Anbruch des Neuen Testamentes gab es keine größere Offenbarung der Herrlichkeit Gottes als diejenige, die auf dem Berg Sinai geschah, weßwegen auch in den Psalmen und in den Büchern der Propheten sehr oft davon geredet wird. Wenn nun die Israeliten diesen Berg, der mit Feuer brannte, und den außer Moses Niemand anrühren durfte, immer vor Augen hatten, so konnte es nicht fehlen, es mußte eine Furcht bei ihnen entstehen, und sie mußten wie unmündige Kinder werden, welche man so behandelt, daß zwischen ihnen und den Knechten kein Unterschied ist. Gott hat zwar auch große Verheißungen auf diesem Berg ausgesprochen, oder vielmehr die älteren Verheißungen, die Er dem Abraham gegeben hatte, wiederholt und bestätigt: es wurden aber diese Verheißungen in so fürchterliche Offenbarungen des göttlichen Feuereifers eingehüllet, und mit so vielen Satzungen und Geboten verbunden, daß sich zwar der Glaube daran halten konnte, doch aber kein kindlicher Glaube werden, und zu keiner ganzen Freimüthigkeit gegen Gott erwachsen konnte. Nun sagt aber Paulus zu den Glaubigen des Neuen Testaments: ihr seid nicht kommen zu dem Berg, der mit Feuer brannte, daß ihr dabei still stehen, ihn immer ansehen, und eure ganze Erkenntniß Gottes dorther bekommen müßtet: sondern ihr seid kommen zu dem Berg Zion, und zu der Stadt des lebendigen Gottes. Was ist der Berg Zion? Ps. 2,6. sagt der himmlische Vater: Ich habe Meinen König eingesetzt auf Meinem heiligen Berg Zion. Gleichwie nämlich auf dem irdischen Berg Zion in der Stadt Jerusalem die königliche Burg Davids war, also ist auch auf Erden überall ein unsichtbarer Berg Zion, wo Christus als ein gnädiger König durch Sein Evangelium und durch Seinen Geist herrscht, und im Himmel ist der Berg Zion, wo sich der HErr Jesus als König in Seiner herrlichen, schönen Pracht offenbaret, und in Seinen mächtigen Thaten erzeigt. Johannes sah Offenb. 14,1. den himmlischen Berg Zion im Gesicht, und auf demselben das Lamm Gottes stehen, und mit Ihm Hundertundvierundvierzigtausend, die den Namen Seines Vaters an ihrer Stirne geschrieben hatten. Zu dem Berg Zion gekommen sein heißt also, eine lebendige Erkenntniß des Königs Jesu bekommen haben, und durch die Erleuchtung des Heiligen Geistes glauben, daß Er als Gottmensch über die durch Sein Blut erkauften und Ihm freiwillig unterworfenen Menschen mit großer Gnade, Weisheit und Macht herrsche, und sie durch sich selbst selig und herrlich mache. Diesen Blick auf Jesum und Sein Reich soll ein Christ niemals verlieren, denn er ist überwiegend gegen alle Versuchungen der Lust und Furcht. Ein neutestamentlicher Christ aber ist auch zu der Stadt Gottes, zu dem himmlischen Jerusalem gekommen, daß er es auch im Glauben und in der Hoffnung vor Augen habe, und nach den Sitten und Rechten desselben gebildet werde. In diesem himmlischen Jerusalem ist auch der königliche Thron Gottes und des Lammes, Offenb. 22,3., es ist aber auch eine Hütte Gottes bei den Menschen, und Er wird bei ihnen wohnen, und sie werden Sein Volk sein, und Er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein, Offenb. 21,3. (Magnus Friedrich Roos)

Ihr seid gekommen zu dem Mittler des Neuen Testaments, und zu dem Blut der Besprengung.
Hebr. 12,24.

Paulus schrieb diese Worte, als er die Vorzüge der Glaubigen des Neuen Testaments vor den Glaubigen des Alten Testaments in’s Licht stellen wollte. Er sagte also zu den Hebräern, welche neutestamentliche Christen waren: ihr seid nicht kommen zu dem Berge, der (von der göttlichen Majestät) berührt wurde, und mit Feuer brannte, noch zu dem Dunkel und Finsterniß und Ungewitter u.s.w., sondern ihr seid kommen zu dem Berge Zion, - und zu dem Mittler des Neuen Testaments, Jesu, und zu dem Blut der Besprengung, das da besser redet, denn Abels. Das Kommen bedeutet das Eintreten in ein Verhältniß, in welches die Seelen gegen die erzählten Dinge gesetzt werden, vermöge dessen sie diese Dinge betrachten, sich damit einlassen, von denselben Eindrücke bekommen, und beständige Gesinnungen, die denselben gemäß sind, erlangen. Der Berg, der mit Feuer brannte, war der Berg Sinai. Hier wurde unter fürchterlichen Zeichen das Gesetz von den Engeln angeordnet, und zwar durch die Hand des Mittlers Mosis, Gal. 3,19. Dieses Gesetz mit Inbegriff der Verheißungen, welche damals dazu gethan wurden, war der Alte Bund oder das Alte Testament. Als Moses vom Berg Sinai herabgekommen war, erzählte er dem Volk Israel alle Worte des HErrn und alle Rechte, welche diesen Bund ausmachten; ja er verfertigte ein Bundesbuch und las es vor den Ohren des Volks, und da die Israeliten sprachen: Alles, was der HErr gesagt hat, wollen wir thun, und gehorchen, so nahm Moses Opferblut, und sprengete das Volk damit, und sprach: sehet das ist das Blut des Bundes, den der HErr mit euch macht über allen diesen Worten, 3 Mos. 24. Es ist also auch der erste Bund nicht ohne Blut gestiftet worden, Hebr. 9,18., um anzudeuten, daß das Volk neben den Geboten und Verheißungen einer Versühnung bedürfe. Moses war dabei der Mittler, indem er’s einerseits mit Gott und Seinen Engeln, und andererseits mit dem Volk zu thun hatte. Jesus ist der rechte Mittler zwischen Gott und den Menschen, oder der Mittler des Neuen Bundes, welcher wegen Seines Todes die Form eines Testaments hat, und dessen Inhalt Hebr. 8,10.11.12. kurz beschrieben ist. Er ist der Stellvertreter der Menschen gegen Gott worden. Er ist, wie Paulus Hebr. 5,1. redet, für die Menschen gegen Gott gesetzt worden, und hat für die Sünden der Menschen ein Opfer gefordert, das eine ewige Gültigkeit hat. Er ist auch der Fürsprecher der Menschen bei dem Vater. Er hat aber auch den Menschen den Willen Gottes, der sie angeht, kund gethan, und macht sie durch die Heiligung des Geistes diesem göttlichen Willen gehorsam, und besprengt sie mit Seinem Blut (1 Petr. 1,2.), damit sie vermöge des Neuen Testaments Erben Gottes und Seine Miterben werden können. Er hat mit Einem Wort als Mittler mit Gott und den Menschen gehandelt, für die göttliche Ehre und der Menschen Heil zugleich gesorgt, und dadurch das Neue Testament gültig gemacht, und thut dieses Alles in Ansehung der Zueignung der Gnade noch. An dieses Alles sollen wir gläubig gedenken. Dieses Alles sollen wir uns zueignen, und deßwegen durch Christum getrost zu Gott nahen. Das Blut Abels schrie um Rache: das Blut Christi, mit welchem wir besprengt werden, redet gleichsam etwas Besseres, es zeugt nämlich von Gnade.(Magnus Friedrich Roos)

Heb. 13

Die Ehe soll in Ehren gehalten werden bei Jedermann, und das Ehebett unbefleckt.
Hebr. 13,4.

Bei keiner Sache hat sich einerseits die falsche Weisheit, und anderseits die fleischliche Freiheit der Menschen deutlicher geoffenbart als bei dem Ehestand. Es hat zu allen Zeiten Leute gegeben, welche verboten haben, ehelich zu werden, freilich nicht Jedermann, weil sie wußten, daß in diesem Fall die Welt ausstürbe, sondern denen, welche nach einer christlichen Vollkommenheit streben, welche Verlobte Gottes sein wollen, welche das Predigtamt verwalten u.s.w. Die Juden dachten freilich nicht so: hingegen bestand ihre falsche Weisheit darin, daß Jeder durch einen Scheidebrief aus einer geringen Veranlassung sich von seinem Ehegatten schied, und dadurch der Unlust, welche sein damaliger Ehestand mit sich führte, ausweichen wollte. Der HErr Jesus eiferte sehr wider diese Scheidebriefe, welche Moses nur auf besondere Fälle um der Herzenshärtigkeit willen gestattet hatte, und verbot sie den Christen im Neuen Testament, bei denen keine Herzenshärtigkeit sein soll, gänzlich. Aber unter den Heiden war der Ehestand so zerrüttet, befleckt, und aus der Ordnung gekommen, daß es schwer war, denselben bei den ersten Christen recht einzurichten, daß Viele eine Scheu davor hatten, und daß deßwegen auch die Korinther dem Paulus die Frage vorlegten, ob es rathsam sei, ehelich zu werden? (1 Kor. 7.) Die Apostel, welche wohl verstanden, was zur christlichen Vollkommenheit dienlich sei, nöthigten zwar Niemand zum Ehestand, gestanden auch die vorzügliche Bequemlichkeit des ledigen Standes (wenn es sich nämlich wohl schicke, außer der Ehe zu leben, 1 Kor. 7,36.), redeten aber immer ehrerbietig von dem Ehestand, und schrieben den christlichen Eheleuten ihre Pflichten vor. Unter andern Zeugnissen von dieser Art ist auch dieses klar und wichtig: die Ehe soll in Ehren gehalten werden, und das Ehebett unbefleckt. Freilich soll die Ehe in Ehren gehalten werden, weil sie von Gott gestiftet und verordnet worden, und zwar vor dem Sündenfall, da die Menschen noch unschuldig und heilig waren. Bei dem Anbruch des Neuen Testaments that der HErr Jesus Sein erstes Wunder bei einer Hochzeit, welcher Er als ein Gast beiwohnte. Er ehrte hiedurch den Ehestand auf eine ausnehmende Weise, und gab zu verstehen, daß er sich auch zu der Verfassung seines neutestamentlichen Himmelreichs schicke. Petrus hatte eine Schwieger, folglich auch ein Weib, und da die Apostel, und unter denselben des HErrn Bruder und Kephas, ausgingen, das Evangelium zu predigen, so führten sie ihre Weiber, die glaubige Schwestern waren, umher, wie Paulus, der immer ledig blieb, doch aber behauptete, daß er’s auch so machen dürfte, 1 Kor. 9,5. geschrieben hat. Es werden auch im Neuen Testament den Eheleuten ihre Pflichten vorgeschrieben, und dadurch wird der Ehestand den Christen angepriesen. Es soll aber das Ehebett unbefleckt gehalten werden. Es wird durch den Ehebruch befleckt, und wer dieses thut, soll wissen, daß Gott Hurer und Ehebrecher richten werde. Wie wird Er sie aber richten? So, daß weder die Hurer noch die Ehebrecher das Reich Gottes ererben werden, 1 Kor. 6,9., und daß der Theil der Hurer, folglich auch der Ehebrecher wird in dem Pfuhl sein, der mit Feuer und Schwefel brennt. Off. Joh. 21,8. O unzüchtige Christenwelt, was wartet für ein Urtheil auf dich! Gott mache einen Jeden durch Seinen Geist tüchtig, den Ehestand heilig und nicht in der Lustseuche zu führen, und in demselben dem Evangelio würdig zu wandeln. Die Wege des HErrn (folglich auch der Weg des Ehestandes) sind richtig, und die Gerechten wandeln darin: aber die Uebertreter fallen darin, Hos. 14.10.(Magnus Friedrich Roos)

Jesus Christus gestern und heute, und derselbe in Ewigkeit.
Hebr. 13,8.

Die Erde ist immer ein Schauplatz vieler und großer Veränderungen gewesen. Vor der Sündfluth gab es, wie man mit vieler Wahrscheinlichkeit aus der kurzen mosaischen Geschichte schließen kann, keine Könige und Fürsten, keine Priester, keine Bücher, keine gelehrte Welt u.s.w. Viele Wissenschaften und Künste, die jetzt sind, waren damals noch nicht: hingegen hatte man vielleicht einige, die jetzt nicht mehr sind. Nach der Sündfluth wurden die Menschen in Völker eingetheilt, von denen ein jedes eine gewisse Polizei errichtete, eine gewisse Religion ausbildete, und gewisse Künste und Wissenschaften vorzüglich trieb. Wie viele alte Reiche sind wieder gefallen! wie viele falsche Religionen verschwunden! wie viele Künste und Wissenschaften sind untergegangen, oder wenigstens umgeschmelzt, erweitert oder vermindert worden! Auch die Anstalten, die Gott selbst unter dem Volk Israel gemacht hat, haben, insofern sie Schatten und Vorbilder enthielten, durch Christum ihre Endschaft erreicht. Wird es aber wohl mit der Religion Jesu Christi auch so gehen? Wird sie von etwas Anderem verdrungen und abgelöst werden? Wird etwas Besseres an ihrer Statt auf den Schauplatz der Welt kommen? Viele Gelehrte und Halbgelehrte scheinen zu unserer Zeit solches zu erwarten, und wollen dazu mitwirken. Die Religion Jesu Christi war in gewissem Maße schon die Religion der Patriarchen und der Israeliten, und ist nach der neutestamentlichen Gestalt schon über 1800 Jahre in der Welt. Nun scheint sie vielen Leuten entleidet zu sein. Sie wollen etwas Neues, und wer etwas Neues erdacht zu haben meint, lobet sein Zeitalter und hiemit auch sich selbst als ein Thor. Man spricht von Riesenschritten, mit welchen die Christenwelt in der Verbesserung ihrer selbst fortgegangen sei. Was wird aber Gott, was wird die Nachkommenschaft zu diesem thörichten Selbstruhm sagen? Paulus, der auch zu seiner Zeit den leichtsinnigen Trieb nach Neuerungen bemerkt hat, schrieb an die Hebräer: Jesus Christus ist gestern und heute, und wird eben derselbe in Ewigkeit bleiben: folglich ist auch die Wahrheit, die Er gelehrt hat, unveränderlich. Sein Reich unbeweglich, und die Verehrung, die man Ihm schuldig ist, immer eben dieselbe. Kurz zu sagen, die Religion Jesu Christi darf und kann nicht verändert werden. Lasset euch also, setzt er hinzu, nicht mit mancherlei und fremden Lehren umtreiben; denn es ist ein köstlich Ding, daß das Herz fest werde. Diese Ermahnung soll ich zu der gegenwärtigen Zeit zu Herzen nehmen. Sobald ich Jesum Christum aus dem Gesicht verlöre, die von Ihm verkündigte und bestätigte Wahrheit fahren ließe, und mancherlei und fremden Lehren Gehör gäbe, so würde ein Umtrieb daraus, weil diese Lehren mancherlei sind, und weil, wie die Erfahrung lehrt, immer eine Partei und ein Geschlecht umreißt, was das andere aufgebauet hat. Jesus Christus, welcher gestern und heute und eben derselbe in Ewigkeit ist, soll mein Lehrer, mein König, mein Trost, mein Seligmacher sein. Bei Ihm will ich bleiben. Er hat vom Anfang der Welt als der Engel des Bundes Ausgänge zu den Menschen gemacht und mit ihnen geredet, Er hat gegen 33 Jahre unter den Menschen gewohnt und Vieles gelehrt, und nun sitzt Er zur Rechten auf dem Thron des Vaters. Ihn wird man ewiglich verehren.(Magnus Friedrich Roos)

Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.
Hebr. 13,14.

Zu derjenigen Zeit, da Paulus den Brief an die Hebräer, oder an die Christen von jüdischer Abstammung schrieb, waren die Juden eine sehr zahlreiche und mächtige Nation, die bei den römischen Kaisern und ihren Landpflegern oft Vieles vermochte. Ihre Religion war allenthalben privilegirt, und durfte frei geübt werden. Sie hatten sich in sehr vielen Ländern unter den Heiden angebaut, wo sie sicher wohnten, hatten aber auch ihr eigenes fruchtbares Land inne, und in demselben viele Städte und Dörfer, insonderheit aber das sehr feste, große und schöne Jerusalem, und in demselben einen prächtigen Tempel, der seines Gleichen in der Welt nicht hatte. In der Vergleichung mit ihnen waren die Christen ein armes und geringes Volk, von Juden und Heiden verachtet, nirgends privilegirt, und überall gehaßt. Sie konnten mit nichts, das scheinbar und ansehnlich wäre, prangen, mußten den Raub ihrer Güter erdulden (Hebr. 10,34.), und sich zuweilen auch das Leben nehmen lassen. Bei diesem Zustand standen hebräische Christen, oder Christen von der jüdischen Nation, in der Versuchung, wieder nach dem Judenthum, das sie verlassen hatten, zurückzusehen und zurückzukehren, weil sie da ihren Namen, ihre Güter und ihr Leben wieder sicher stellen konnten, und Paulus stand wegen der Hebräer, an die er schrieb, in der Sorge, sie möchten solches thun, weil sie ohnehin schwach und lässig waren, und warnte sie deßwegen zweimal vor einem solchen Rückfall, welcher mit der schrecklichsten Lästerung Jesu und Schmähung Seines Geistes verbunden gewesen wäre, Hebr. 6,4. und ff. und 10,26. ff. Er erinnert sie auch in dieser Absicht Hebr. 13,12., daß Jesus außer dem Lager Israels gelitten habe, das ist, daß Er von dem Judenvolk ausgestoßen, den Heiden übergeben, und als ob Er ein Verbannter gewesen wäre, außer der Stadt Jerusalem an einem unreinen Ort nach den heidnischen Rechten gekreuzigt worden sei. So lasset uns nun, setzt er hinzu, zu Ihm hinausgehen außer dem Lager, das ist, von dem unglaubigen Judenthum uns absondern und abgesondert bleiben, und Seine Schmach tragen; denn wenn wir auch unser Glück bei dem Judenthum machen wollten, so wäre es doch nichts Beständiges, und wenn wir sichere Wohnungen unter den Juden mit Verleugnung des christlichen Glaubens suchen wollten, so wären sie doch keine bleibende Stadt. Wir suchen aber eine zukünftige Stadt, die bleibend ist, nämlich das neue Jerusalem. Da wird das Israel Gottes wohnen; da werden wir wegen unserer Güter, wegen unsers Namens, ja wegen unsers Lebens, wenn es uns gewaltsam entrissen worden, schadlos gehalten, ja überschwänglich getröstet werden. Uns wird jetzt das Judenthum zu keiner Versuchung; hingegen versucht uns die Welt, die allenthalben auch unter den Christen im Argen liegt. Das finstere Herz kann denken, und der Teufel kann einraunen: siehe, da und dort könntest du dein Glück machen, Ehre und Güter sammeln, und dir eine bequeme Stätte bereiten, wenn du dich der Welt gleich stelltest, und die Mittel brauchtest, welche sie braucht. Gegen diese Versuchung waffne und tröste sich ein Jeder mit diesen Worten Pauli.(Magnus Friedrich Roos)

Gott mache euch fertig in allem guten Werk, zu thun Seinen Willen, und schaffe in euch, was vor Ihm gefällig ist, durch Jesum Christum.
Hebr. 13,21.

Es sind also göttliche Wirkungen nöthig, wenn ein Mensch fertig werden soll, Gottes Willen zu thun, und der Mensch bedarf, daß Gott in ihm schaffe, was vor Ihm gefällig ist, und dieses Alles geschieht durch Jesum Christum, welcher der Mittler zwischen Gott und Menschen ist, um Deßwillen sich Gott zu dem verdorbenen und zu allem Guten untüchtigen Menschen neigt, um wieder etwas Gutes in ihm zu wirken. Es ist aber merkwürdig, daß der Apostel wünscht, daß Gott die Hebräer, an die er schrieb, fertig machen möge, in allem guten Werk Seinen Willen zu thun; gleichwie er auch 2 Tim. 3,17. sagt, die heilige Schrift, welche von Gott eingegeben worden, könne einen Menschen Gottes vollkommen, und zu allem guten Werk geschickt machen. Es gibt gute Werke, auf denen auch bei der Welt keine Schmach liegt, und deren Ausübung weder beschwerlich noch gefährlich ist. Zu solchen mag sich denn auch ein schwacher Christ leichtlich entschließen. Es gibt aber gute Werke, um deren willen man bei der Welt verachtet, verspottet und gehaßt werden kann, und durch die man sich die Gefahr, sein zeitliches Glück, ja gar das Leben zu verlieren, zuziehet. Solche Werke thaten alle diejenigen, welche Christo in den Tagen Seines Fleisches anhingen und Ihm nachfolgten, Ihn beherbergten, Ihm Gutes thaten, und sich’s öffentlich ansehen ließen, daß sie Ihn hoch halten und an Ihn glauben. Auch haben alle Propheten und Apostel solche Werke gethan, und darüber Vieles gelitten. Wer aber auch kein Apostel oder Prophet, sondern nur ein vollkommener oder gegründeter Christ werden will, muß fertig werden, in solchen Werken Gottes Willen zu thun, und wird dazu auf dem Weg, auf welchem er wandelt, Gelegenheit finden. Wenn nun hier das Fleisch sich zurückziehen will, oder der Teufel den Gedanken einraunet: schone deiner selbst, so soll der Christ dennoch fertig sein, mit Verläugnung seiner selbst in dem guten Werk, das von ihm gefordert wird, den Willen Gottes zu thun, und sich nicht selber bereden oder von Andern bereden lassen, dasjenige sei dem Willen Gottes nicht gemäß, was seinem Fleisch beschwerlich ist, oder seiner Vernunft gefährlich zu sein scheint. doch ist freilich ein göttliches Licht nöthig, um zu prüfen, was der gute, wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes in den vorliegenden Fällen erfordere, damit man nicht in einem blinden Trieb zufahre, und große Thaten thun wolle, wozu man weder berufen noch tüchtig gemacht ist. Dasjenige allein ist gut, was vor Gott gefällig ist, und dieses Wohlgefallen Gottes empfindet derjenige, der unter der Leitung Seines Geistes nach Seinem Willen und zu Seiner Ehre Etwas gethan hat. Paulus sagt Gal. 1,10.: wenn ich Menschen gefällig wäre, so wäre ich Christi Knecht nicht; hingegen schrieb er 2 Kor. 5,9.: wir befleißigen uns, wir seien daheim oder wallen, daß wir dem HErrn wohlgefallen. Nun der Gott des Friedens, der von den Todten ausgeführt hat den großen Hirten der Schafe durch das Blut des ewigen Testaments, unsern HErrn Jesum, der mache uns auch fertig, in allem guten Werk zu thun Seinen Willen, und schaffe in uns, was vor Ihm gefällig ist, durch Jesum Christ, welchem sei Ehre in Ewigkeit. Amen.

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