Rhegius, Urbanus – Unterricht: Wie ein Christenmensch Gott, seinem Herrn, täglich beichten soll. (Übertragung durch Anke)

Rhegius, Urbanus – Unterricht: Wie ein Christenmensch Gott, seinem Herrn, täglich beichten soll. (Übertragung durch Anke)

Wie ein Sünder Gott beichten soll usw.

Ehe der Mensch seine Bußfertigkeit der Kirche - mit demütiger, gehorsamer Beichte vor dem Priester – beweist, soll er vorher seine Sünde Gott, dem Herrn, herzlich bekennen. So wie der bekannte Sünder getan hat, der aus dem Grund seines Herzens sprach, Herr sei mir Sünder gnädig. Der Prophet David hat es oft getan. Er bezeugt im 32. Psalm: Herr, ich habe dir meine Sünde bekannt und meine Ungerechtigkeit vor dir nicht verborgen. Ich habe gesprochen, ich will meine Übeltat dem Herrn bekennen und du hast mir vergeben die Bosheit meiner Sünde … Ebenso spricht Johannes im ersten Brief, im ersten Kapitel: Wir sollen unsere Sünde Gott bekennen, er ist treu und gerecht, dass er uns rein macht von unserer Bosheit.

In den Worten werden wir unterrichtet, dass wir Gott vor allen anderen beichten sollen, denn er ist der, der die Sünde vergibt. Wenn wir beichten, dann mit dem Herzen und seufzend über unsere Sünde oder mit dem Mund – mit viel oder wenig Worten – bekennend, wie der Mensch dazu geschickt ist. Er möchte sich an meine Weisungen erinnern und sich ernstlich anklagen mit folgenden Worten:

Ach mein Gott, meine sündige Seele begehrt dir ihre Krankheit zu bekennen, aber ich weiß nicht, wie ich dich nennen soll. Spreche ich: mein Herr, wahrlich, du bist der Herr aller Herren, deinem Gebot dienen Himmel und Erde und was darinnen ist – aber -:

Wie darf ich dich einen Herren nennen, wenn ich ungehorsamer Sünder doch so oft aus deinem Dienst weggelaufen bin und deinem Feind, dem bösen Geist, gedient habe.

Soll ich dich dann einen Vater nennen, so wie du von uns genannt werden willst?

Da erschrickt mein armes Gewissen, denn ich weiß, wie ich von Jugend an, bis auf diese Zeit nie etwas getan habe, dass einem Sohn wohl ansteht oder einem Knecht und noch viel weniger einem Tagelöhner.

Ich habe mein Erbteil von dir aus Gnaden empfangen, d. h. meine Vernunft, den Willen, meine fünf Sinne, meinen Leib und Seele. Ich habe sie in einem fernen, irrigen Land der Laster übel verschleudert.

Soll ich dich einen Hirten oder einen Erlöser nennen?

So verurteile ich mich selbst, denn obwohl du ein treuer Hirte bist, der sein kostbares Leben für seine Schafe hingegeben hat, so bin ich doch das irrende, räudige Schaf, das des Hirten Stimme nie hören wollte.

Soll ich dich nun meinen Gott nennen?

Wahrlich, du bist mein Gott und es ist kein anderer Gott als du allein. Aber ich muss mich über die Maßen schämen, denn ich habe die Ehre, die allein dir gebührt, den Geschöpfen gegeben, die ich mehr schätzte als dich.

Wahrlich, du bist mein oberster Herr, mein gütiger Vater, mein getreuer Hirt und Erlöser, mein einiger Gott.

Aber ich habe mich mit meinen großen und vielen Sünden unwürdig gemacht, deine Gerechtigkeit überhaupt auszusprechen. Ich bin nicht würdig, dass ich deinen heiligen Namen durch meinen befleckten Mund nenne.

Aber da ist noch Eines, das mich elenden verlassenen Sünder tröstet – nämlich dein Erbarmen, das alle deine Werke übertrifft, denn dein Erbarmen ist unendlich groß und weit.

Alles von mir sollte allein zu deinem Dienst verpflichtet sein.

Mein Leib sollte dein Tempel sein.

Oh, wie habe ich denselbigen, deinen Tempel, so mit vielen schändlichen Lastern entweiht. Ich sollte denselben rein behalten und kostbar und ihn der Seele unterwerfen zur Erfüllung deiner Gebote.

Ach, Gott, so habe ich leider den Leib und alle meine Sinne gebraucht, um dem bösen Feind und der Welt zu gefallen. Ich habe meine gottähnliche Seele in aller Üppigkeit geübt und so nach allen Kräften verwüstet und dein heiliges Bild damit verwischt. Ich sollte meine Vernunft allein dazu gebrauchen, deinen heiligen Willen in der göttlichen Schrift zu erkunden. Mit bösen Gedanken und Ratschlägen, um allerlei Sünden zu begehen, habe ich dein Wort zerrissen und verdreht.

Mein Wille sollte allein dich als das höchste Gut begehren und alle anderen Dinge, um deines willens wegen, lassen.

Ich habe ihn mit unordentlicher Liebe zur Welt und mit unlauteren und fleischlichen Begierden ganz verdorben und verwüstet.

Mein Gedächtnis sollte die Güte deiner gnädigen Bekehrung allein dankbar betrachten, dass du mich blinden Sünder so oft erleuchtet hast und mir Gnade gibst meine Sünde zu erkennen, zu beweinen, zu beklagen und mein Leben zu bessern.

Ich habe mein Gedächtnis allein dazu missbraucht, fleischliche Werke zu betrachten. Statt mich an vergangene Sünden zu erinnern und zukünftige zu bedenken, habe ich Kurzweil und Freude gesucht und so stelle ich fest, dass nichts ganz und gesund an mir ist, weder an Leib noch an Seele. Da ist nichts, was nicht zerschlagen und mit bösem Willen und schändlichen Werken übel von mir mit Mutwillen verwüstet und zerrissen wurde.

Aber du, ewiger Gott, bist barmherzig. Du hast dem verlorenen Sohn lange zugesehen und geduldig auf seine Rückkehr gewartet. Du hast mich unter der schweren, übergroßen Last meiner Sünde nicht erdrücken lassen. Du ließest mich nicht in endgültiger Unbußfertigkeit stecken bleiben, sondern du hast mich gerufen aus lauter Gnade, dass ich zurückkomme und ein anderes Leben werde. Du hast aus lauter Güte beschlossen, den alten bösen Menschen in mir zu erneuern mit der heilsamen Arznei der wahren Buße, obwohl ich leider alle deine Gebote mutwillig, frevel- und boshaft übertreten habe als ein trügerischer, flüchtiger Knecht mit bösen Gedanken meines Herzens, mit meinem Willen, mit dem Mund und mit Werken.

Ich habe getan, was mir verboten ist. Ich habe gelassen und versäumt, was mir geboten ist, mit meinem bösen Leben viel Ärgernis gegeben. In Widerwärtigkeiten und Leiden, die du über mich verhängt hast, mir zum Nutzen, bin ich ungeduldig gewesen, in guten Zeiten undankbar. Deine Ermahnung und deine göttlichen Versprechen habe ich verachtet und nicht gelten lassen.

Kurz, all mein Tun und Lassen ist lauter Sünde.

Wenn ich bitte: Geheiligt werde dein Name in mir -

Ach Gott, wie wird er in mir geheiligt, so ich doch meinen Leib und meine Seele, deinen Tempel, mit so viel Unreinigkeit verunehre?

Ach Gott, wie gar weit ist dein Reich von mir, während in mir der alte Adam – also die böse Neigung zum Zorn, Neid und Hass, Unkeuschheit, weltliche Ehre, Hoffart und dergleichen Böses - noch so stark regiert?

Warum bitte ich: Dein Wille geschehe:

Nun bin ich doch blind in Eigenliebe, dass mir mein eigener Wille überall am besten gefällt und den breche ich niemals. Ich widerstrebe all denen, die ihn mir brechen wollen.

Ich begehre das täglich Brot deines Wortes und habe doch einen Unwillen darüber. Ich weiß auch nicht, wie ich die Vergebung meiner Schuld recht begehren soll, während in mir die Liebe zu meinem Nächsten erkaltet ist.

Wahrlich, ich bin der Schuldner mit zehn Pfunden im Evangelium und lass doch meinem Bruder nicht einen Heller nach. Ich begehre von dir, dass du mich nicht in Versuchung führst und bin doch mir selbst eine Ursache vieler böser Anfechtungen, da ich mutwillig Ursache zu den Sünden suche.

Zum letzten begehre ich Erlösung von allem Bösen und greif doch nach allem Übel. Darum fürchte ich mich, wenn ich von dem Samen höre, der auf Stein fiel und aus Mangel an Feuchtigkeit verdorrte. Da erkenne ich mein eigenes Herz, in das der edle Same des heiligen Gottes oft hineingefallen ist – aber er mag nicht gedeihen. Mein Herz ist hart durch die Gewohnheit zur Sünde und meine Sünden sind mehr als ich erzählen kann. Mein ganzes Leben ist voll Sünde.

Allein ein Ding erhält mich zutiefst niedergeschlagenen Menschen, versunken in der tiefen Pfütze aller Laster, so dass ich nicht in der schrecklichen Verzweiflung untergehe: nämlich, dass ich wohl weiß, wie die unermessliche Größe deiner grundlosen Barmherzigkeit meine große und schwere Bosheit weit übertrifft. Du willst den Tod des Sünders nicht, sondern dass er bekehrt werde und lebe. Darum kam ich armer betrübter Sünder, aller Hilfe entledigt, zu dir meinem einzigen Trost. Ich kam als ein tödlich Kranker zu dem rechten Arzt, als ein Durstiger zu dem Brunnen des wahren Lebens, als ein trauriger zu dem Weg der Wahrheit, als ein Gefangener zu dem gewaltigen Erlöser, als ein Schuldiger zu dem barmherzigsten Richter, den es geben kann und setze mein ganzes Vertrauen auf kein Geschöpf, sondern auf dich, allmächtiger Gott, mein Schöpfer, Erlöser und der, der mich selig macht. Verleihe mir durch den unendlich großen Verdienst deines schmerzlichen Todes, dass ich so in dich meine Hoffnung setze, dass meine Hoffnung nicht vergebens sei, dass du dich auch erbarmst über mich armen unwürdigen Sünder. Amen.

So soll sich der Sünder vor unserm Herrn Jesu Christo ernstlich beklagen, mit fleißiger Aufmerksamkeit die Hilfe Gottes begehren und mit gutem Vorsatz und soll sich selbst ohne Verzug richten, damit er nicht unter das strenge Urteil Gottes fällt. Denn das wird ihm viel zu schwer und weil der Mensch täglich sündigt, so ist es nötig, dass er sich mit solcher demütigen Selbstanklage täglich reinige und dem gerechten Urteil zuvorkomme, weil er keinen Augenblick versichert ist in seinem Leben, sondern allezeit erwarten muss, dass die Seele vom Leib getrennt und vor den Richterstuhl geführt wird, da jeder nach seinen Werken das Urteil empfängt.

Ein jeder soll sich das heilsame Wort von Matthäus in Kapitel 25 zu Herzen nehmen: Ihr sollt wachen, denn ihr wisst weder Tag noch Stunde in welcher der Sohn des Menschen kommen wird. usw.

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