Piscator, Johannes - Erklärung Johannis Piscatoris von dem Streit zwischen dem Ministerio zu Bremen und M. Josepho Nasone über dem Heil. Abendmal des HERRN

Piscator, Johannes - Erklärung Johannis Piscatoris von dem Streit zwischen dem Ministerio zu Bremen und M. Josepho Nasone über dem Heil. Abendmal des HERRN

Wohlgeborner Graf,

Gnädiger Herr:

Mein Bedenken, wie der Streit zwischen dem Ministerio zu Bremen und M. Josepho Nasone durch Gottes Gnad möchte aufgehoben und hingelegt werden, hab ich in voriger Ew. überschickter Schrift, so viel die Kürze der Zeit damals hat erleiden können, vielfältig erkläret.

Dieweil aber E.G. vorgestern durch Doctorem Schilling, und darneben auch schriftlich mich berichtet haben, wie daß M. Naso sich hören lasse, als ob ich's durchaus mit Ihm hielte, und seine Sach billigte, und auch, daß E.G. meine Meinung aus gedachtem meinem Bedenken noch nicht genugsam vernommen, und deswegen mir gnädiglich befohlen haben, daß ich mich aufs neu erkläre: So hab ich mir durch Gottes Gnad fürgenommen, schlecht und rund zu erzählen, worinnen ich's mit M. Nasone halte, und worinnen ich's nicht mit ihm halte, und darnach auch mein Bekenntniß von des Herrn Abendmal kürzlich hinzuthun. Gott wolle seine Gnad hierzu verleihen. Amen.

Anfangs halte ich's mit M. Nasone darinnen, daß er mit dem Heidelberger Catechismo lehret, daß die Sacramenten sowohl, als das Wort, unsern Glauben auf das Opfer Christi am Kreuz als den einigen Grund unserer Seeligkeit, weisen. Und hierinnen haltens ohne Zweifel die Kirchendiener zu Bremen auch mit Ihm.

Zum andern kann ich Ihm, dem M. Nasoni darinnen nicht unrecht geben, daß er dafür hält, die Lehre von Gegenwart des Leibes und Blutes Christi gehöre nicht eigentlich zum Handel des heil. Abendmals, und sonderlich, daß Ihm diese Rede ärgerlich feye dünket, wenn man sagt, der Herr Christus seye nach seiner Menschheit, oder, mit seinem Leib und Blut, in uns Praesentissimus durch den Glauben. Dann da der Herr Christus das heil. Abendmal eingesetzt, hat er nicht fürgehabt zu lehren, wo sein Leib und Blut wäre, sondern wozu er das gebrochene Brod und den eingegossenen Wein verordne, nemlich zu einem Sacrament oder göttlichem Wahrzeichen, seines gebrochenen Leibs und vergossenen Bluts. Die Lehr aber von Gegenwart des Leibs und Bluts Christi ist entstanden aus falscher Auslegung der Worte Christi, da man nehmlich die Worte Christi, das ist mein Leib, das ist mein Blut, also ausgelegt hat, als hätte Christus wollen sagen, in, oder unter diesem Brod ist mein Leib, item, in, oder unter diesem Wein ist mein Blut. Welche Auslegung, nach dem sie die rechtverständige Lehrer verworfen haben, und darauf sind beschuldigt worden, sie haben ein Nachtmal ohne Christum, und haben nur bloße und leere zeichen, haben sie angefangen zu bekennen, Christi Leib und Blut seye etlicher Maaßen gegenwärtig im heil. Nachtmal, aber nicht leiblich noch wesentlich, sondern geistlich, nehmlich dem Glauben, oder der glaubigen Seele. Welches, ob es wohl wahr ist, so wäre doch besser gewesen, man hätte auf die gemelde Lästerung schlecht geantwortet, Es seye hier nicht die Frag, wo der Leib Christi seye, sondern worzu uns Christus dies Brod und Wein verordnet habe, nehmlich zu Sacramenten oder göttlichen Wahrzeichen seines gekreuzigten Leibs und seines vergossenen Bluts, und wirke Christus in Kraft seines heiligen Geistes, durch diese Zeichen kräftiglich dasjenige, so er dadurch seinen Glaubigen bezeuget, und seyen deßwegen dies nicht leere oder bloße Zeichen, sondern kräftige Werkzeuge Gottes, den Glauben der Auserwählten zu stärken, und also Ihre Gemeinschaft mit Christo zu vermehren.

Hätte also die Lehr, von Gegenwart des Leibs und Bluts Christi im hl. Nachtmal können unterlassen werden. Und zwar Dr. Olevianus seel. hat meines Wissens weder in Predigten noch Schriften diese Lehr von der geistlichen Gegenwart des Leibs und Bluts Christi geführet, sondern dagegen hat er in seinen letzten lectionibus in der Schule, (welches ich selber gehöret) diese Wort gesagt, Fides non facit res absentes Praesentes, das ist, der Glaub macht nicht daß abwesende Dinge gegenwärtig seyen. Und hat dasselbige erklärt mit dem Exempel Abrahams, welcher den Tag Christi im Glauben gesehen hat, und hat doch sein Glaub nicht gemacht, daß der Tag Christi schon gegenwärtig sey.

Sonderlich aber scheinet dies eine ärgerliche Rede, daß Christus nach seiner Menschheit in uns praesentissimus sey durch den Glauben: Dann die Einfältigen hieraus Ihnen leichtlich solche Gedanken machen mögen, daß Christi Leib und Blut wunderbarlicher, unerforschlicher Weiße in Ihre Seele kommen, wenn sie es nur glauben. Darum zu wünschen wäre, daß diese Red nicht mehr gebraucht würde. Und sofern halte ichs mit M. Nasone.

Dagegen halte ichs nicht mit ihm, in diesen Puncten:

Erstlich daß er diesen Vertrag nicht will eingehen, daß er in der Lehre vom Nachtmal solche Reden führe, die er achte erbaulich seyn, und nicht gezwungen seyn, die obgemlden Reden von Gegenwart des Leibs und Bluts Christi zu gebrauchen, allein, daß er seinen Mitbrüdern, den Kirchendienern zu Bremen frey stelle, dieselbe zu gebrauchen. Dann diese hartnäckigkeit ist wider die brüderliche Liebe und bringt Spaltung mit sich.

Zum andern kann ich auch dies nicht billigen, daß er die Lehre von Gegenwart des Leibs und Bluts christi im heil. Nachtmal so hart widerficht, daß er nicht zugeben will, Christi Leib und Blut seyen etlicher Maßen gegenwärtig, nehmlich der Glaubigen Seele.

Dann ja desjenige, welches uns Christus anbeut und mittheilet, und dessen wir theilhaftig werden, uns etlicher Maassen gegenwärtig sein muß, nehmlich auf die Weiße, wie es uns abgebotten, und mitgetheilet wird.

Nun wird uns Christi gekreuzigter Leib und sein vergossenes Blut angebotten durch die göttliche Zeugnisse, nehmlich durch die Verheißung des Evangeliums und durch die heil. Sacramenten, und werden uns diese himmlische Gaben mitgetheilt durch den Glauben. Derohalben auch solche Gaben auf diese Weise uns gegenwärtig sind, nehmlich wenn wir sie in der Verheißung und durch solches Anschauen des Glaubens mit dem Leib und Blut Christi geistlich und leiblich an unsern Seelen getränket werden, wie Christus Joh. 6 lehret.

Zum Dritten mißfällt mir höchst an M. Nasone, daß Er die Evangelische Lehre, welche die Reden von der geistlichen Gegenwart des Leibs und Bluts Christi führen, beschwerlicher Kezzereien bezüchtiget, da dargegen Ihre christliche Lehr an dem Tag ist.

Zum Vierten und lezten, kann ich mir keines Wegs gefallen lassen diese Verbitterung, daß M. Naso mit seinen Widersachern nicht ehe will zufrieden sein, es seie dann, daß sie Ihre Lehre öffentlich widerrufen.

Da er sich dargegen an Ihrer Schriftmäßigen Erklärung sollte begnügen lassen, und unterdeß Gott bitten, daß er Gnad gebe, daß sie mit der Zeit Ihre gefährliche Phrases fahren ließen.

Und so viel seie gesagt von dem Ersten Stück, nehmlich worinnen ichs mit M. Iosepho halte, und worinnen ichs nicht mit Ihm halte. Folget nun das andere, nehmlich was mein Glaub und Bekantnißseie, von des Herrn Abendmal.

Ich glaube, daß unser Herr Jesus Christus sein heiliges Abendmal seinen Jüngern und allen Glaubigen bis ans Ende der Welt eingesetzt und verordnet hat zum Theil zu seiner göttlichen Ehre, zum Theil aber zu Ihrem, der Glaubigen, Trost. Zu seiner göttlichen Ehre also, indem er befohlen hat, wir sollen dieses Brod essen, und diesen Wein trinken zu seinem Gedächtniß, d.i. (wie es Paulus erkläret) daß wir seinen Todt verkündigen, welches dann geschieht, wenn wir von Herzen erkennen und mit glaubigem Herzen bedencken, daß er seinen Leib und Blut am Stamme des Kreuzes für uns seinem himmlischen Vater aufgeopfert und uns also von der Gewalt des Teufels und dem ewigen Tod erlöst hat.

Indem er uns mit seinem Opfer verdienet und erworben hat Vergebung der Sünden, und Versöhnung mit Gott, die Annehmung zur Kindschaft, die Erneurung durch den heiligen Geist, und endlich das ewige Leben: Und wenn wir ihm für diese große Wohlthaten mit Herzen und Mund, ja auch mit diesem äußerlichen Gottesdienst dancken, Ihn als unsern einigen Erlöser und Seligmacher öffentlich loben und preisen. Und in sofern ist das Abendmal ein Danckopfer, daher es auch genennet worden … ein Danckopfer. Ein solches Danckopfer war in dem Alten Testament die Schlachtung und Nießung des Lammes, so man nennet das Osterlamm, welches genennet ward der Ueberschritt des Herrn (auf hebräisch Pesach, dafür in den Schriften der Evangelisten und Aposteln gebraucht wird das Wörtlein Pascha) darum weil es war ein Gedenckzeichen der Erinnerung und Erlösung der Kinder Israel aus Egypten, welche Erlösung damals geschehen war, da des Herrn Engel, der die Erstgeburten der Egypter zu todt schluge, für den Häusern der Kinder Israel, deren Pfosten mit des Lammes Blut besprengt waren, vorüberschritte und niemand umbrachte von Ihnen. Gleichwie nun die Kinder Israel das Lamm auf Gottes Befehl assen zur Dancksagung für die Erlösung aus Egypten, und gleich mit für die Erlösung vom Gewalt des Trübsals, welche durch jene ward fürgebildet, und zu seiner Zeit durch Christum sollte verrichtet werden. Also wir Christen essen das h. Abendmahl zur Danksagung für solche Erlösung, die schon allbereit durch Christum verrichtet und vollbracht ist. Und also dienet das h. Abendmal zu des Herrn Christi göttlicher Ehre.

Zu unserm Trost aber dient es also, so fern es verordnet ist zu einem Sacrament, d.i. zu einem göttlichen Wahrzeichen, Siegel und Pfand, dadurch uns Christus begegnet, daß gleichwie das Brod gebrochen, und der Wein in einen Becher oder Trinkgeschirr eingegossen wird: Also sei sein Leib am Kreuz gemartert, und endlich von seiner Seelen gerissen worden, item sein Blut seie aus seinen Wunden geflossen und vergossen worden, für uns; zum andern wie das gebrochene Brod und der eingegossene Wein uns dargereicht, übergeben und mitgetheilt wird: Also sei sein Leib für uns gegeben, uns sein Blut seie für uns vergossen, daß wir nehmlich dadurch haben Verzeihung der Sünden und Versöhnung mit Gott. Fürs dritte, gleichwie wir das gebrochene Brod essen und den eingegossenen Wein trincken und davon gespeiset und erquicket werden am Leibe; also essen und trincken wir geistlich nehmlich durch den Glauben, den gekeuzigten Leib und das vergossene Blut Christi, und werden davon gespeiset und erquicket an unsern Seelen; indem wir fühlen und empfinden die Huld und Gnade Gottes gegen uns, als welcher uns durch seinen Sohn unsern Herrn Christum versöhnet sei, unsern Sünden vergeben habe, uns durch seinen heiligen Geist je länger je mehr, als seine liebe Kinder erneuern und wiedergebehren wolle zum ewigen Leben. Und also dienet das heilige Abendmal zu unserm Trost.

Und zu diesem Trost gehöret die Lehre von der Gemeinschaft, die wir haben, beydes an Christo und mit Christo. Denn das h. Abendmal, insofern es unsern Glauben stärket, so befestiget es uns in dieser Gemeinschaft: Sintemal durch den Glauben haben wir Gemeinschaft an Christo und allen seinen Gütern oder Wohlthaten, an seinem gekreuzigten Leib und vergossenen Blut, an Verzeihung der Sünden, an der Kindschaft Gottes, an der Erneuerung des h. Geistes und endlich am ewigen Leben. Desgleichen durch den Glauben haben wir Gemeinschaft mit Christo als unserm Haupt: Sintemal der h. Geist, der in Christo nach seiner Menschheit wohnet, nach welcher Er den Geist ohne Maaß empfangen hat, derselbige Geist wohnet auch in uns, als in den Gliedern dieses Hauptes. Dann Christus ist das Haupt der Gemeinde, die Gemeinde ist der Leib dieses Hauptes, und ein jeder Glaubiger ist ein Glied dieses Leibs, wie Paulus lehret Ephes. 5. Gleichwie nun Christus die Gaben empfangen hat ohne Maaß und überschwenglich, also empfangen alle Glaubigen von Christo als ihrem Haupt eben dieselben Gaben, aber nach der Maaß, wie ihnen Christus dieselbige schencket und mittheilet. Dann gleich wie aus dem Haupt in die andern Glieder eine Kraft fleust, denselbigen Empfindung und Bewegung mitzutheilen, also auch der heilige Geist fleust gleichsam aus Christo in alle und jede Glaubigen, ihnen mitzutheilen die wahre Erkenntniß und Liebe Gottes. Und also haben wir Gemeinschaft mit Christo an den Gaben des h. Geistes, und aus dem geistlichen Leben, welches aus solchen Gaben entspringet. Zum andern haben wir auch Gemeinschaft mit ihm an Leiden und Verfolgung von wegen der Wahrheit, und dargegen an der himmlischen Herrlichkeit. Daher sagt Christus zu Paulo, als derselbe die Christen verfolget; Saul! Saul! was verfolgest du mich! Und Paulus spricht, leiden wir mit, so werden wir auch mit ihm herrschen. Diese Gemeinschaft, die wir mit Christo gemein haben, wird auch durch andere Gleichnisse aus der Schrift erklärt; als da Christus genennet wird unser Bräutigam und wir seine Braut. Denn Christus ist unser, weil er uns vom Vater geschencket ist Joh. 4. und dargegen sind wir sein, weil uns der Vater ihn gegeben Joh. 17. So haben wir auch alle Güter gemein, gleichwie Mann und Weib. Diese Gleichnisse hält uns Paulus für Ephes. 5.

Es führet auch Christus selbst ein ander Gleichniß ein, die Gemeinschaft abzubilden, da er sich Joh. 15 vergleichet einem Weinstock, uns aber, die Glaubigen, den Reben. Denn gleichwie aus dem Weinstock Saft fleust in die Regen, durch welches Saftes Kraft die Reben Frucht bringen; Also fleust auch aus Christo der heilige Geist in die Glaubigen, durch welches Kraft sie eine Gott wohlgefällige Frucht bringen; nemlich Werke des Glaubens und der Liebe, daß sie Gott aus Glauben anrufen und ihm für alle Wohlthaten dancken, daß Sie ihm aus Liebe dienen und Gehorsam leisten nach seinen heiligen Gebotten.

Diese Gemeinschaft nun, die wir haben, beydes an Christo und mit Christo, wird durch den Gebrauch des heiligen Abendmals befestiget und vermehret; indem der Glaub (durch welchen wir Gemeinschaft mit und an Christo haben) befestigt und vermehret wird. Daher Paulus das gebrochene Brod nennet die Gemeinschaft des Leibs Christi, und den gesegneten Wein, die Gemeinschaft des Bluts Christi: Sintemal uns durch dieses Brod und Wein bezeuget, daß wir Gemeinschaft haben an dem gekreuzigten Leib und vergossenen Blut Christi, und also auch mit Christo selbst, als unserm Haupt. Dies ist meine Meinung und Bekäntniß von dem Heil. Abendmal. Und eben diese Lehre hat auch Doctor Olevianus seeliger, in seinen Predigten, Lectionibus, und Schriften geführet. Welche Meinung guten Grund hat in Gottes Wort, und genugsam ist erwiesen, die Glaubigen zu erbauen. Darum der guten Zuversicht bin, E.G. werden mit diesem Bekentniß wohl zufrieden sein und mich keines Wegs verdünken, als ob ich eine besondere Meinung von dem Heil. Abendmal hätte, welche nicht mit der Lehr der reformirten Kirche übereinstimmt. Denn ob ich schon die Gegenwart des Leibs und Bluts Christi in diesem Handel nicht einführe, wie auch Doct. Olev. dieselbe nicht geführet, so verwerfe ich doch nicht die Lehre derjenigen, welche solche Lehren von der geistlichen Gegenwart des Leibs und Bluts Jesu Christi gebrauchen und nach der Schrift erklären. Allein wünsche ich, daß dieselbige Reden, als welche den Handel mehr verfinstern, als erklären, dermaleinst unterlassen werden, und man sich begnügen lasse an den Reden, welche die Schrift von diesem Geheimniß führet.

Darzu wolle Gott allen getreuen Lehrern die Gnade des heil. Geistes verleihen, durch Jesum Christum unsern Herrn. Amen!

Quelle: Sudhoff, Karl - C. Olevianus und Z. Ursinus Leben und ausgewählte Schriften

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/p/piscator/piscator-abendmahl.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain